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Fachkräftetour – Region Bonn/Rhein-Sieg

Gruppenfoto

Minister Laumann auf Fachkräftetour in der Region Bonn/Rhein-Sieg

Auf seiner Fachkräftetour machte Minister Laumann Station in der Region Bonn/Rhein-Sieg und informierte sich über das dortige „Bündnis für Fachkräfte“ und dessen erfolgreiches Engagement. Vor Ort besuchte der Minister den Bonner Verein für Pflege- und Gesundheitsberufe.

Alle Potentiale nutzen - Minister Laumann in der Region Bonn/Rhein-Sieg

Wie lässt sich der Fachkräftemangel bewältigen? Die klare Antwort von Minister Laumann: „Wir müssen alle Potentiale nutzen!“ Genauso präzise seine zweite Devise: „Die Fachkräfteoffensive ist eine Gemeinschaftsaufgabe!“

Beide Grundsätze des Ministers sind in der Region Bonn/Rhein-Sieg weitgehend realisiert. Anlass für ihn, im Rahmen seiner Fachkräftetour vor Ort Genaueres über den Erfolg zu erfahren. Deutlich wurde hier, wie intensiv sich die Region auch speziell um das Potential von Menschen mit Migrationshintergrund bemüht.

Qualitativ hochwertig

In kaum einer anderen Branche ist der Fachkräftemangel so eklatant wie in der Pflege. Ein Lichtblick ist da der Bonner Verein für Pflege- und Gesundheitsberufe, erster Halt des Ministers in der Region. Der Verein ist Träger einer Pflegeschule mit zurzeit über 360 Schülerinnen und Schülern und laut Geschäftsführerin Edith Kühnle seit vielen Jahren „Garant für qualitativ hochwertige staatlich anerkannte Ausbildungen in den Pflegeberufen“.

Das vom Verein kreierte „Bonner Modell“ ermöglicht mit seiner klug konzipierten Bildungskette „Pflegekarrieren aus einer Hand“. Zudem fördert er mit Sprach- und Integrationskursen Menschen mit Migrationshintergrund, die sich für eine Ausbildung in der Pflege interessieren.

Bei seinem Unterrichtsbesuch sprach der Minister mit jungen Menschen, die kurz vor dem Abschluss ihrer dreijährigen Ausbildung zur Pflegefachkraft stehen. Von ihnen erfuhr er aus erster Hand nicht nur von deren beruflichen Gewinn durch die „Bonner Bildungskette“, sondern auch von den ganz praktischen Auswirkungen des Fachkräftemangels in der Pflege. Mitunter, so die Auszubildenden, müssen sie in ihren Einrichtungen Verantwortung übernehmen für Aufgaben, die ihren gegenwärtigen Ausbildungsstand fast überschreiten.

Im Verlauf eines weiteren Unterrichtsbesuchs berichteten Teilnehmende der Weiterbildung „Kenntnisprüfung zur Berufsanerkennung von zugewanderten Pflegekräften“ von Defiziten in der Anwerbepraxis ausländischer Interessentinnen und Interessenten für einen Pflegeberuf. Zur Verbesserung der Situation setzte sich der Minister für eine Zertifizierung von Anwerbeagenturen ein.

Bündnis für Fachkräfte

Zurückzuführen ist das von allen Seiten gelobte Bildungsketten-Modell vor allem auf die langjährige Zusammenarbeit von Wirtschaft und Arbeitsverwaltung, Kammern sowie vielen weiteren Verbänden, Institutionen und Bildungsträgern im regionalen „Bündnis für Fachkräfte“. Die Kooperation entwickelt nach Angaben von Victoria Appelbe und Regina Rosenstock, Wirtschaftsförderinnen Bonn und Rhein-Sieg-Kreis, bereits seit mehr als zehn Jahren in einem gemeinsamen Strategieprozess ganz konkrete Handlungsoptionen und Vorhaben zur Fachkräftesicherung.

Initiiert hatte das „Bündnis für Fachkräfte“ die Regionalagentur Bonn/Rhein-Sieg. Sie ist, wie auch die anderen Regionalagenturen in Nordrhein-Westfalen, eine wichtige Struktur im Rahmen der Fachkräfteoffensive. Sie informiert über Initiativen und Programme, begleitet die regionale Umsetzung, sorgt für sinnvolle Vernetzungen und forciert so die Bildung und Weiterentwicklung einer regionalen Strategie.

Nur folgerichtig also, dass Martina Schönborn-Waldorf, Leitung und Projektmanagement der Regionalagentur Bonn/Rhein-Sieg, die Moderation des anschließenden Fachdialogs übernahm.

Nach einführenden Worten von Regina Rosenstock, Leiterin der Wirtschaftsförderung, von Oberbürgermeisterin Katja Dörner und Minister Laumann, stellte Birgit Schierbaum vom Bonner Verein die „Bonner Bildungskette“ etwas detaillierter vor. Entwickelt wurde sie speziell für Menschen mit Migrations- oder Fluchthintergrund, die eine Ausbildung in der Pflege anstreben, aber noch nicht über die notwendigen Voraussetzungen verfügen. Zur Bildungskette gehören deshalb etwa Sprachkurse auf verschiedenen Niveaustufen. Angeboten wird zum Beispiel der Hauptschulabschluss mit Qualifikation zur „Zusätzlichen Betreuungskraft“, aber auch höhere Bildungsabschlüsse in der Pflege sind möglich. „Der Schlüssel zum Erfolg“, erklärte Birgit Schierbaum, „ist die kontinuierliche Betreuung bei uns im Haus. So müssen die Teilnehmenden nicht von einem zum anderen Anbieter wechseln, sondern werden von Anfang an bei uns auf eine Ausbildung in der Pflege vorbereitet.“

Gleich anschließend skizzierte Johanna Strohmeier, Geschäftsführerin des Vereins „Ausbildung statt Abschiebung“ (AsA e.V.). das Angebot ihres Vereins. Er unterstützt und begleitet gemeinsam mit etwa 150 Ehrenamtlichen rund 280 junge Geflüchtete zwischen 14 und 27 Jahren mit unsicherem Aufenthaltsstatus. Zum Portfolio des Vereins gehören aufenthalts- und sozialrechtliche Beratungen, Unterstützung bei der Wohnungssuche, Deutschkurse sowie Hilfe bei Berufsorientierung und Ausbildungsplatzsuche. Johanna Strohmeier: „Zugrunde liegt ein ganzheitlicher Ansatz: Nur durch ein möglichst lückenloses Ineinandergreifen der verschiedenen Angebote lässt sich der individuelle Hilfebedarf der jungen Geflüchteten passgenau decken.“

Gute Praxis

Unmittelbar nach den Referaten kamen in einer ersten Gesprächsrunde junge Menschen mit Migrationshintergrund zu Wort. Sie schilderten ihre Erfahrungen auf dem Weg in den Pflegeberuf. Saboor Deghan zum Beispiel war im Alter von 16 Jahren aus Afghanistan nach Deutschland geflüchtet. Aufenthaltsstatus und berufliche Zukunft waren lange Zeit ungewiss. Erst der Kontakt zum Verein AsA brachte Dynamik in den Prozess. Als erstes erwarb er den Hauptschulabschluss, gründete eine Fußballmannschaft, erwarb die Trainerlizenz und ist jetzt Auszubildender in der Kinderpflege. Seine Abschlussprüfung steht unmittelbar bevor.

Ebenfalls aus Afghanistan kommt Rasul Jamshedi. Er hat nach einem Sprachkurs eine Fliesenlegerausbildung absolviert und strebt jetzt die Meisterprüfung an. Neues gelernt hat er nach eigenen Angaben nicht nur beruflich, sondern auch privat, und zwar mit Blick auf die Gleichstellung von Mann und Frau. Nach Feierabend ist er im Haushalt aktiv, damit jetzt auch seine Frau an einem Sprachkurs teilnehmen kann.  

Nicht minder beschwerlich der Weg von Mireille Nlang in den Beruf. Die aus Westafrika stammende Alleinerziehende mit drei Kindern hatte zunächst als Helferin in der Altenpflege gejobbt. Erst ein Sprachkurs und ein nachgeholter Hauptschulabschluss eröffneten ihr die Chance, eine Fachausbildung in der Pflege zu beginnen. Heute arbeitet sie als Fachpflegerin in einem Sanatorium für Demenzkranke. Ihr Statement - „Ich kann mir keine schönere Arbeit vorstellen“ - dokumentiert die auch von der Politik angestrebte Zufriedenheit im Pflegeberuf.

Anna Tereshchenko, weitere Gesprächspartnerin beim Fachkräftedialog und gebürtig in der Ukraine, fungiert heute als Willkommenslotsin bei der IHK Bonn/Rhein-Sieg. Dass sie sich vor allem um die Berufsperspektiven geflüchteter Menschen aus der Ukraine kümmert, liegt auf der Hand.

Tief beeindruckt von den Schilderungen zeigte sich Minister Laumann: „Wir müssen so viele Menschen wie möglich in den Arbeitsmarkt integrieren. Hier sehe ich, dass es klappen kann.“

Gemeinsam für Lösungen sorgen

„Gemeinsam für Lösungen sorgen“ - das war das Thema in der zweiten Gesprächsrunde des Tages. An ihr nahmen Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Arbeitsverwaltung und Kommunen teil.

Victoria Applebe, Leiterin des Amts für Wirtschaftsförderung in Bonn, Mitinitiatorin des Bündnisses für Fachkräfte, hat sich schon früh im Themenfeld „Internationales und Integration“ engagiert. Sie verdeutlichte, wie vielschichtig das Thema Fachsicherung ist: Als Standort vieler UN-Einrichtungen beherbergt die ehemalige Bundeshauptstadt viele, meist mehrsprachige High Potentials. Gleichzeitig leben hier viele geflüchtete Menschen, von denen nicht wenige weder über einen Berufs- noch über einen Schulabschluss verfügen.

Einstimmiges Resümee der Runde: „Angesichts des Fachkräftemangels brauchen wir beide Gruppen, also alle.“ Das entsprach exakt dem Kern der Fachkräfteoffensive NRW.  


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