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SPIEGEL-Spitzengespräch Gregor Gysi fordert 48-Stunden-Plan zu einer Waffenruhe in der Ukraine

Im SPIEGEL-Talk skizziert der Linken-Bundestagsabgeordnete, wie Waffenstillstand und Friedensverhandlungen zwischen Kiew und Moskau aussehen könnten. Zudem lehnt Gysi Druck auf wehrfähige Ukrainer in Deutschland ab.
Gregor Gysi im SPIEGEL-Spitzengespräch

Gregor Gysi im SPIEGEL-Spitzengespräch

Foto: DER SPIEGEL

Der Linkenpolitiker Gregor Gysi hat einen Plan zu einem Waffenstillstand in der Ukraine mit folgenden Friedensverhandlungen skizziert. »Der Westen könnte – natürlich nach Rücksprache mit der ukrainischen Regierung – sagen: Wir liefern in 48 Stunden keine Waffen mehr an die Ukraine, wenn Russland in 48 Stunden mit einem Waffenstillstand einverstanden ist«, sagte Gysi im SPIEGEL-Spitzengespräch mit der Politikwissenschaftlerin Claudia Major und dem SPIEGEL-Reporter Christoph Reuter sowie Moderator Markus Feldenkirchen.

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»Wenn Putin dann Nein sagt, sagt er: Liefert mal weiter Waffen. Das wird ihm schwerfallen. Wenn er Ja sagt, haben wir erst mal eine Waffenpause und dann müssen Verhandlungen beginnen.« Dann müssten Dritte anfangen zu vermitteln.

Angesichts des Stellungskriegs in der Ukraine sei dies der richtige Zeitpunkt, für eine Waffenruhe und Verhandlungen einzutreten. »Russland wird nicht die ganze Ukraine erobern können. Ich glaube, das haben sie selbst inzwischen begriffen.« Auch die Ukraine müsse das einsehen. »Wenn man militärisch das Donbass-Gebiet nicht zurückbekommt, dann kann man es nur durch Friedensverhandlungen zurückbekommen.«

Zu lange warten solle man nicht, warnt Gysi. »Wenn wir warten, bis vielleicht Trump US-Präsident ist – der macht dann ein Ende des Krieges, aber zum schweren Nachteil der Ukraine. Jetzt könnten wir noch versuchen, Bedingungen zu setzen, dass die Ukraine auf keinen Fall bei Friedensverhandlungen auf Territorium verzichten muss.«

Zudem kritisiert Gysi die Denkweise im Westen, dass es nur um Waffenlieferungen gehe. »Wir denken nur noch in Form des Krieges. Und ich möchte gern, dass wir wieder anfangen, darüber nachzudenken, wie wir zu einem Waffenstillstand und zu einem Frieden kommen.«

Gregor Gysi lehnt Druck auf wehrfähige Ukrainer in Deutschland ab

Gysi kritisiert zudem Forderungen aus Reihen der CDU , Ukrainern im wehrfähigen Alter die Sozialleistungen zu streichen, damit diese in ihre Heimat zurückkehren und sich nicht länger dem Kriegsdienst entziehen. »Dann finden sie andere Wege. Wenn du etwas entziehst, musst du dich immer damit abfinden, dass die Menschen dann zu anderen Handlungen neigen, um ihr Leben einigermaßen fristen zu können«, sagte Gysi im SPIEGEL-Talk.

Ukrainer zwischen 18 und 60 Jahren, also im wehrfähigen Alter, dürfen ihr Land nicht verlassen. Dennoch leben in Deutschland rund 200.000 ukrainische Männer dieser Altersklasse, in der gesamten EU geschätzt 600.000. Gysi zweifelt am militärischen Nutzen, wenn Deutschland diese Männer zurückschicken würde. »Leute, die nicht kämpfen wollen, sind als Soldaten nicht besonders geeignet, weil ihnen der Wille zum Kampf fehlt.«

Eine gewaltsame Rückführung schließt der Linkenpolitiker zudem aus. »Ich möchte niemanden dazu zwingen, an einem Krieg teilzunehmen.«

mgo