Seine Auszeichnung war im Vorfeld umstritten, nun wird sie abgesagt: Der rechtslastige Stadtrat der Deutschen Liga für Volk und Heimat (DLVH), Jürgen Schützinger, wird am Mittwoch in der Sitzung des Gemeinderats nicht mit der Verdienstmedaille des Städtetags geehrt. Die Vereinigung der deutschen Städte zog heute die Ehrung zurück – ein Affront auch gegenüber der VS-Stadtverwaltung, die Schützingers Wirken anders einschätzte. Die Berücksichtigung Schützingers sei versehentlich erfolgt, heißt es in einer Pressemitteilung des Städtetags. Dies werde bedauert und gleichzeitig klargestellt: Die Ehrung für 40-jähriges Wirken im Gemeinderat mit dem Verdienstabzeichen in Gold mit Lorbeerblatt „wird nicht erfolgen.“ Hintergrund ist Schützingers Engagement bei der rechtsextremen Kleinpartei NPD.

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Schützinger wurde heute Morgen von Oberbürgermeister Jürgen Roth informiert. Dem DLVH-Stadtrat war allerdings schon Ende September ein Schreiben zugegangen, in dem ihm die Verleihung der Verdienstmedaille in Gold mit Lorbeerkranz zugesagt wurde. Nun der Rückzieher. Hervorgerufen wurde der durch die Presseberichte der vergangenen Tage, erklärt Städtetag-Pressesprecherin Christiane Conzen. Die Städte selbst schlagen die zu ehrenden Kommunalpolitiker vor. Sie seien langjährig tätig, was bei Schützinger nicht in Zweifel gezogen wird. Außerdem müsse ihre Ratsarbeit als verdienstvoll eingeschätzt werden. Dieses Kriterium erfülle Schützinger nicht.

Liga-Stadtrat Jürgen Schützinger wird heute nicht geehrt.
Liga-Stadtrat Jürgen Schützinger wird heute nicht geehrt. | Bild: Patrick Seeger

Zunächst einmal werde die Mitarbeit und das Verhalten von der Stadt, die den Antrag stellt, beurteilt. Die Stadt Villingen-Schwenningen wollte ihm diese Anerkennung in Bezug auf seine Gemeinderatstätigkeit zollen. Diese Auffassung zog der Städtetag auch nicht „in Zweifel“, aber sie genüge nicht: „Gemeinderatsmitglieder haben über ihren unmittelbaren Wirkungsbereich hinaus auch eine tragende Rolle für den demokratischen Rechtsstaat und damit herausragende Vorbildfunktion für die demokratische Gesellschaft“, heißt es in der Mitteilung des Städtetags, sie müssten sich zum demokratischen Gemeinwesen uneingeschränkt bekennen.

Landespressesprecher der NPD

Bei Schützinger treffe dies nicht zu, denn er war etwa 19 Jahre Landesvorsitzender der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Nach seinem Ausscheiden aus diesem Amt übernahm er die herausgehobene Funktion des Landespressesprechers der NPD, die er bis heute innehabe. Er gehöre damit zu den bekanntesten Parteifunktionären und Repräsentanten der NPD in Baden-Württemberg. Das Bundesverfassungsgericht bewertete die NPD im Zuge des NPD-Verbotsverfahrens als Partei, die ein auf die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept vertrete. Schützinger wirke demnach langjährig an führender Stelle der NPD an der Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Deutschland und damit an der Abschaffung der vom Grundgesetz garantierten kommunalen Demokratie in Baden-Württemberg mit, auf der ein Gemeinderatsmandat in Baden-Württemberg fuße. Er behielt seine Führungsfunktion in der NPD auch bei, nachdem das Bundesverfassungsgericht das politische Konzept der NPD am 17. Januar 2017 unmissverständlich als mit dem Demokratieprinzip unvereinbar bewertet habe. Dass dies nicht verdienstvoll und damit nicht ehrungswürdig im Sinne der Städtetagsehrungsordnung ist, bedarf keiner weiteren Begründung, heißt es in der Pressemitteilung abschließend.

Hat die Auffassung auch für AfD Konsequenzen

Die Frage, ob künftig auch verstärkt AfD-Stadträte damit rechnen müssen, nicht geehrt zu werden, will Pressesprecherin Conzen nicht beantworten. Sie betont, dass „wir den aktuellen Fall zum Anlass nehmen, verstärkt unsere Städte auf die Statuten der Ehrungsordnung hinzuweisen“.