Politik

Merz-Forderung sei "Mackergeste" Scholz will Vertrauensfrage im Bundestag nicht stellen

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Hat zur Forderung von CDU-Chef Merz, die Vertrauensfrage zu stellen, eine ganz eigene Meinung: Kanzler Scholz.

Hat zur Forderung von CDU-Chef Merz, die Vertrauensfrage zu stellen, eine ganz eigene Meinung: Kanzler Scholz.

(Foto: picture alliance/dpa)

Kanzler Scholz sieht die Ampel bei der Haushaltspolitik auf einem guten Weg und sich fest im Sattel sitzen. Die Vertrauensfrage zu stellen, wie Oppositionsführer Merz es fordert, komme daher nicht infrage. Stattdessen preist der Regierungschef den eigenen Erfolg. Bei einem Thema weicht er jedoch aus.

Bundeskanzler Olaf Scholz will im Bundestag derzeit keine Vertrauensfrage stellen. Er warf Unionsfraktionschef Friedrich Merz vor, mit seiner Forderung nach solch einer Vertrauensfrage eine "missglückte Mackergeste" gezeigt zu haben. Merz hatte die Einigung der Regierungskoalition im Streit um den Bundeshaushalt 2024 scharf kritisiert und Scholz "finanzpolitische Trickserei" vorgeworfen. Es sei absehbar, dass die Bundesregierung 2024 mit dem Haushalt die Schuldenbremse nicht einhalten werde, so Merz. Scholz solle zudem im Zusammenhang mit dem geplanten Gesetzespaket gegen unerlaubte Migration im Bundestag eine Vertrauensfrage stellen.

"Dafür gibt es gar keinen Anlass, das gegenwärtig zu tun. Die Bundesregierung hat eine stabile Mehrheit und beschließt ihre Gesetze. Vielleicht wünscht sich Herr Merz, dass das anders ist und deshalb pfeift er laut im Walde. Aber ehrlicherweise, das ist eigentlich mehr - soll ich mal sagen - eine etwas missglückte Mackergeste", sagte Scholz in der ARD-Sendung "Farbe bekennen".

Den Vorwurf der Trickserei beim Bundeshaushalt 2024 wies Scholz zurück. Außerdem lobte er den erzielten Kompromiss, wie im kommenden Jahr 17 Milliarden Euro im Kernhaushalt eingespart werden sollen. Dies sei ein "ziemlich gutes Ergebnis, eins, das auch Zuversicht zeigen kann", so Scholz. Ziel sei es, "möglichst Ende Januar, Anfang Februar allerspätestens" den Haushalt 2024 zu beschließen.

Wirtschaft soll weiter transformiert werden

"Wir haben dafür gesorgt, dass Deutschland ein leistungsfähiger Sozialstaat bleibt", sagte Scholz. Außerdem werde es keine Erhöhung von Einkommens- und Körperschaftssteuern geben. Die zusätzlichen Belastungen durch die Haushaltseinigung der Ampel-Regierung bezeichnete er als vertretbar. Er betonte zudem, dass die Regierung weiter Mittel für die Modernisierung der Wirtschaft bereitstellen werde, die für Deutschland notwendig sei. Dazu zählte er die Produktion von Halbleitern, die Produktion von Stahl mithilfe grüner Energie und die Batteriezellproduktion.

Die Ampel-Spitzen hatten zuvor Eckpfeiler für einen überarbeiteten Etatentwurf vorgestellt. Viele Details müssen aber in den Ministerien noch ausgearbeitet werden, bevor sich Bundestag und Bundesrat damit befassen können. Scholz vermied abermals eine Entschuldigung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das der Ampel die aktuelle Haushaltskrise beschert hatte.

Teil der neuen Pläne sind ein höherer CO2-Preis für Sprit und Heizstoffe, außerdem wird Flugbenzin besteuert und ein Milliarden-Zuschuss zu den Strom-Netzentgelten entfällt. Scholz sagte, ein allmählich steigender CO2-Preis werde einen Beitrag leisten, um die Klimaziele zu erreichen und den Umbau der Wirtschaft Richtung Klimaneutralität zu finanzieren. Darüber hinaus baue die Regierung klimaschädliche Subventionen ab. Dies sei "sehr vertretbar und sehr verantwortbar auch im Hinblick auf die Belastung für die Bürger", so Scholz.

Scholz schweigt zu Mehrbelastungen für Familien

Auf die Frage nach den Mehrbelastungen für eine Durchschnittsfamilie reagierte der Kanzler ausweichend. Es gebe sehr unterschiedliche Berechnungen und auch an anderen Stellen bereits vereinbarte Entlastungen, etwa über ein höheres Wohngeld oder ein höheres Kindergeld. "Es gibt keine Sozialkürzungen." Er betonte zudem, dass gleichzeitig von der Ampel-Koalition beschlossene Steuerentlastungen in Höhe von 15 Milliarden Euro bestehen blieben. "Bei denen bleibt's. Und das betrifft kleine, mittlere Einkommen."

Dies bestätigte Bundesfinanzminister Christian Lindner im ZDF. Die Entlastung sei damit "wesentlich größer als der höhere CO2-Preis", der Heizen und Tanken verteuert. Daher verteidigte er die geplante Erhöhung des CO2-Preises. Der stärkere Anstieg auf 45 Euro pro Tonne CO2 im kommenden Jahr bringe dem Staat Mehreinnahmen von 1,3 Milliarden Euro.

Lindner rechtfertigte auch die Kürzungen im Bereich des Bürgergelds mit Blick auf Flüchtlinge aus der Ukraine. "Das ist erforderlich", sagte er. "Wir müssen unseren Sozialstaat treffsicher machen." Ziel sei es, die Geflüchteten in den Arbeitsmarkt zu integrieren. "Bei den Verweigerern von Arbeitsangeboten muss es Sanktionen geben." Deshalb sei es möglich, "1,5 Milliarden Euro im Bereich des Bürgergeldes einzusparen".

Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse werde die Ampel 2024 erneut aussetzen, wenn eine neue Notlage eintrete, erklärte Scholz weiter. Dies könne der Fall sein, wenn sich die Ukraine-Krise verschärft und mehr Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes mit Waffen und Finanzhilfe nötig ist. Die Aufhebung der Schuldenbremse müsse aber "nicht definitiv geschehen".

Scholz: Schuldenbremse könne Signal an Putin sein

Es müsse sichergestellt werden, "dass die Ukraine militärisch nicht überrannt wird", sagte Scholz und betonte: Bei der Ankündigung, notfalls erneut die Schuldenbremse auszusetzen, gehe es auch um eine "klare Botschaft" in Richtung von Russlands Präsident Wladimir Putin. Diese laute: "Rechne nicht damit, dass wir die Ukraine nicht mehr unterstützen".

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Die Einsparungen im Bundeshaushalt sind nötig, weil das Bundesverfassungsgericht der Koalition in einem Urteil untersagt hatte, Kreditermächtigungen aus der Corona-Pandemie in andere Jahre zu verschieben. Die Richter hatten den zweiten Nachtragshaushalt 2021 für unvereinbar mit dem Grundgesetz und damit nichtig erklärt. Laut dem Urteil durfte die Regierung Kreditermächtigungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie in Höhe von 60 Milliarden Euro nicht rückwirkend in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verschieben. Scholz erwartet, dass das Parlament über den Bundeshaushalt 2024 voraussichtlich Ende Januar oder Anfang Februar 2024 abstimmt.

Mit Blick auf die niedrigen Umfragewerte für die Ampel-Regierung und ihn selbst, zeigte sich Scholz überzeugt, dass sich dies bis zur Bundestagswahl 2025 ändern werde. In Zeiten vieler Krisen habe seine Regierung "viele Dinge zustande gebracht", sagte er. Dies könne die Basis dafür sein, dass sich auch er und seine SPD "erfolgreich an die Wiederwahl" machen könnten.

Quelle: ntv.de, als/DJ/rts/AFP

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