In der CDU regt sich scharfe Kritik am Umgang der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit der linksradikalen Antifa-Szene im Zusammenhang mit den Rettungsaktivitäten im Mittelmeer. „Dass die Flagge der Antifa ausgerechnet auf der aus kirchlichen Spendengeldern finanzierten ‚Sea-Watch 4‘ angebracht ist, lässt leider tief blicken“, sagte Mathias Middelberg (CDU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag WELT.
Das Antifa-Symbol sei zwar nicht strafbar, aber es werde „insbesondere im gewaltorientierten Linksextremismus breit verwendet“. Die EKD sei „daher gut beraten, sich davon sehr klar zu distanzieren“.
Die Besatzung der „Sea-Watch 4“ hatte vor zwei Wochen ein Foto veröffentlicht, das die Antifa-Flagge auf dem Mast des Schiffes zeigt. Dazu schrieb die Organisation auf Twitter: „Aufgrund der Stimmungsmache von AfD und anderen Rechten gegen eine Flagge der Antifaschistischen Aktion an unserem Bug haben wir uns entschieden, diese zu entfernen. Sie hängt jetzt etwas sichtbarer weiter oben.“
Die Organisation Sea-Watch teilte WELT am Dienstag mit: „Die Flagge weht weiterhin an Bord.“ Auf die Frage, ob sich eine Mehrheit der Sea-Watch-Mitarbeiter zur Antifa-Szene zähle, sagte die Sprecherin: „Unsere Crew-Mitglieder haben verschiedenste Hintergründe und Motivationen, sich aktiv bei uns einzubringen. Antifaschisten sind wir alle.“
Die Kirche verweist an Sea-Watch
Der CDU-Abgeordnete Volker Kauder sagte der evangelischen Nachrichtenagentur Idea, er habe „die Seenotrettung und auch die Aktion der EKD unterstützt, weil wir als Christen niemanden ertrinken lassen dürfen“.
Dass nun aus dem vor allem aus kirchlichen Spenden finanzierten Schiff jetzt ein Schiff der Antifa geworden sei, empöre ihn: „Noch mehr empört mich aber die Reaktion der EKD. Wer mit massiven Spenden die Aktion unterstützt, kann sich nicht einfach wegducken.“ Er erwarte, dass die Antifa-Flagge verschwinde oder die Spenden aufhörten, sagte der ehemalige Unionsfraktionsvorsitzende.
Eine EKD-Sprecherin hatte zuvor auf Idea-Anfrage zu der Antifa-Flagge geantwortet: „Bei allen Anfragen rund um die ‚Sea-Watch 4‘ wenden Sie sich bitte an Sea-Watch.“ Zudem sagte sie, dass die EKD mit vielen anderen Institutionen, Parteien und Organisationen für eine auf der Würde jedes Menschen gründende Gesellschaft einstehe.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Krauß forderte die EKD auf, ihre Unterstützung für die „Sea-Watch 4“ einzustellen, solange das Schiff unter Antifa-Flagge fahre. Die evangelische Kirche distanziere sich richtigerweise vom Rechtsextremismus. Das müsse aber auch gegenüber dem Linksextremismus geschehen: „Die Kirche kann nicht mit linken Gewalttätern in einem Boot sitzen.“
Die Antifa stehe für politisch motivierte Gewalt: „Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm muss jetzt ein Machtwort sprechen.“
Bedford-Strohm unterstützt Seenotrettung offensiv
Die „Sea-Watch 4“ ist mit 61 Meter Länge und einer Kapazität von rund 500 Personen das bisher größte Schiff der Organisation. Das ehemalige Forschungsschiff wurde von einem kirchlich initiierten Bündnis ersteigert und umgebaut.
Vor allem der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm hatte sich für das Projekt eingesetzt, weil mit den Seenotrettungsaktivitäten viele Menschenleben gerettet werden und die staatlichen Rettungsmissionen immer noch ausgesetzt sind. Diese wurden allerdings auch deshalb ausgesetzt, weil sich dadurch mehr Migranten in seeuntauglichen Booten auf das Meer begaben.
Nachdem Italien Ende 2013 die große Rettungsmission „Mare Nostrum“ gestartet hatte, vervierfachten sich die Überfahrten auf dieser Route. Die Todesfälle stiegen 2014 sogar um mehr als das Vierfache auf 3165 Tote. Im Jahr der meisten Seenotrettungseinsätze, 2016, starben auf der Zentralroute mehr Menschen als je zuvor: 4581 wurden damals von der Internationalen Organisation für Migration dort registriert.
Seitdem 2017 die Kooperation mit der teilweise brutal agierenden libyschen Küstenwache ausgebaut und die staatliche Seenotrettung der EU zurückgefahren wurde, kamen viel weniger Menschen über das Meer nach Italien und viel weniger kamen dabei ums Leben.