Paul Brandenburg (Mediziner)

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Paul Brandenburg (* 1978 in West-Berlin) ist ein deutscher Arzt und Unternehmer.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Brandenburg absolvierte das Medizinstudium an der Berliner Charité und in Japan. 2008 wurde er an der Charité summa cum laude[1] promoviert. Von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie wurde seine Dissertation Der Einfluss verlängerter Ischämie auf Nierentransplantatfunktion und antigen-abhängige Immunantwort nach Empfängerbehandlung mit CTLA4-Ig mit dem Preis Die Besten für die Allgemein- und Viszeralchirurgie 2008 ausgezeichnet.[2]

Brandenburg ging als Assistenzarzt an das Universitätsspital Zürich. 2010 kehrte er nach Berlin zurück, weil er sich in Zürich als Deutscher ausgegrenzt fühlte.[3] Seit 2011 ist er Facharzt für Allgemeinmedizin. Nach eigener Aussage brach er eine Karriere als Chirurg ab, weil er das Kliniksystem nicht mehr ertragen konnte.[4] 2013 veröffentlichte Brandenburg das Buch Kliniken und Nebenwirkungen mit Tipps für Krankenhauspatienten, welche die Rezensentin der FAZ zwar praktikabel, doch wenig ermutigend fand.[5] Das Buch war ein Kulturspiegel-Beststeller. 2015 gründete er das Online-Startup „DIPAT“ als Dienst zur selbstständigen Erstellung von Patientenverfügungen.

Als Notarzt wurde er nach eigenen Angaben von seinem Hauptauftraggeber, dem Land Berlin, nicht mehr engagiert, seit es ein staatsanwaltschaftliches Verfahren gegen ihn gegeben habe, das aber eingestellt wurde.[6] Brandenburg lebt in Berlin.[7]

In einem Ärzte-Talk mit Maybrit Illner hatte Brandenburg im Januar 2013 mehrfach darauf hingewiesen, dass an dem „von Abhängigkeiten und Ängsten geprägten Arbeitsplatz Krankenhaus“ allein dadurch Fehler passierten, weil sich niemand traue, auf offensichtliche Missstände hinzuweisen. Ulrich Montgomery, Jens Spahn und Britta Konradt waren sich, so Dennis Ballwieser in Der Spiegel, mit Paul Brandenburg einig, dass ein auf den „allmächtigen Chefarzt ausgerichtetes Kliniksystem“ das Risiko für Fehler erhöhen kann.[8]

COVID-19-Pandemie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Brandenburg ist einer der Initiatoren und Vorsitzender des im April 2020 entstandenen Vereins „1bis19 – Initiative für Grundrechte und Rechtsstaat e. V.“, der aus seiner Sicht „unverhältnismäßige Grundrechtseinschränkungen und eine fehlende Langzeitstrategie der Regierung zur COVID-19-Pandemie in Deutschland“ kritisiert.[9] Als im Mai 2021 ein Medienbericht spekulierte, Brandenburg sei der „Drahtzieher“ hinter der Aktion #allesdichtmachen, dementierte Brandenburg dies, er sei „leider gar nicht“ beteiligt gewesen, auch wenn er „durch persönliche Bekanntschaft früher als die Öffentlichkeit von der Aktion“ erfuhr.[10]

Im Sommer 2021 bezeichnete Brandenburg die Mitglieder der Bundesregierung als „Faschisten“ und warnte vor einem „Merkel-Faschismus“. Zudem behauptete er, es habe „aus ärztlicher Sicht nie eine Corona-Pandemie in Deutschland“ gegeben. Über Twitter verbreitete Brandenburg ein Video, in dem er erklärte, wie sich ein Impfpass fälschen lässt. YouTube löschte das Video.[11] Twitter sperrte Brandenburgs Konto von November 2021 bis Februar 2023, nachdem er mehrfach Falschinformationen verbreitet hatte.[12] Während der Corona-Pandemie betrieb Brandenburg drei Corona-Testzentren in Berlin.[13] Am 4. Mai 2021 wurden ihm Gewerberäume gekündigt. Eine Mitmieterin, die Mitarbeiterin der SPD-Fraktion Stephanie Weyand, hatte sich in einer Mail an die Hausverwaltung über Brandenburgs politische Gesinnung beklagt, die sie aus Artikeln des Tagesspiegels kannte.[14]

Ermittlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach einem anonymen Hinweis gab es am 23. Mai 2022 einen Einsatz des Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei Berlin in der Wohnung Brandenburgs, bei dem Datenträger, andere Beweismittel und Schusswaffen beschlagnahmt wurden. Er gab an, dass es sich bei den Schusswaffen um Jagdgewehre handelte, wofür er als Jäger eine Erlaubnis besitze. Gegen Brandenburg wird wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz ermittelt.[15][16]

Mitgliedschaften und Funktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Brandenburg war Mitglied der FDP.[13]
  • Brandenburg war Gründungsmitglied und im Vorstand des Spitzenverbandes Digitale Gesundheitsversorgung e. V.[17]

Rechtsstreit mit Rainer Woratschka[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem Brandenburg die Bundesregierung im März 2023 auf Twitter als „illegitimes Terrorregime“ bezeichnet hatte, nannte Tagesspiegel-Journalist Rainer Woratschka ihn einen „Volksverhetzer“. Brandenburg ging juristisch dagegen vor. Als das Landgericht Köln signalisierte, dass diese Aussage unter die freie Meinungsäußerung falle, zog Brandenburg die Klage zurück.[18]

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Der Einfluss verlängerter Ischämie auf Nierentransplantatfunktion und antigen-abhängige Immunantwort nach Empfängerbehandlung mit CTLA4-Ig. ISBN 978-3-00-024898-6.
  • Kliniken und Nebenwirkungen. Überleben in Deutschlands Krankenhäusern. Fischer Scherz, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-651-00065-0.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. DGAV , Die Besten , Die Besten 2008 – Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e. V. (DGAV). Abgerufen am 27. Januar 2021.
  2. DGAV , Die Besten , Die Besten 2008 – Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e.V. (DGAV). Abgerufen am 13. Februar 2023.
  3. Werden die deutschen Ärzte am Zürcher Uni-Spital gemobbt? (Memento vom 27. Oktober 2014 im Internet Archive) (Artikelkopie bei archive.org, ursprünglich veröffentlicht im Tages-Anzeiger, 22. März 2010, Kopie zuletzt abgerufen am 20. Juli 2016).
  4. Dennis Ballwieser: Maybrit-Illner-Talk über Behandlungsfehler: Unkultur der Medizin. In: Der Spiegel. 25. Januar 2013, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 8. Oktober 2023]).
  5. Paul Brandenburg: Kliniken und Nebenwirkungen. Überleben in Deutschlands Krankenhäusern - Perlentaucher. Abgerufen am 7. Oktober 2023.
  6. Pandemie-Skeptiker mit drei Testzentren: Ein Spaziergang mit Paul Brandenburg. 31. Mai 2021, abgerufen am 7. Oktober 2023.
  7. Paul Brandenburg, Website der Literarischen Agentur Simon, abgerufen am 23. Dezember 2020 (Archiv).
  8. Dennis Ballwieser: Maybrit-Illner-Talk über Behandlungsfehler: Unkultur der Medizin. In: Der Spiegel. 25. Januar 2013, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 8. Oktober 2023]).
  9. Der bürgerliche Corona-Protest: Was er fordert und wie er sich von Schreihälsen und Verschwörungstheoretikern abgrenzt. In: Neue Zürcher Zeitung, 22. Mai 2020.
  10. Aurelie von Blazekovic: Seltsame Beziehungen. In: sueddeutsche.de, 2. Mai 2021, abgerufen am 6. Mai 2021.
  11. Sebastian Leber: Im Impfstoff sind „so etwas wie lebendige Kraken“. In: tagesspiegel.de, 4. Oktober 2021, abgerufen am 20. Oktober 2021.
  12. Alexander Fröhlich, Julius Geiler: Waffen bei Corona-Skeptiker Paul Brandenburg beschlagnahmt. In: Der Tagesspiegel. 25. Mai 2022, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 27. Mai 2022]).
  13. a b Dominik Bardow: Pandemie-Skeptiker mit drei Testzentren: Ein Spaziergang mit Paul Brandenburg. Abgerufen am 3. Februar 2023.
  14. Ulli Kulke: Paul Brandenburg: Rauswurf wegen Gesinnung? 11. Mai 2021, abgerufen am 7. Oktober 2023 (deutsch).
  15. Christian Gehrke: SEK-Einsatz: Razzia bei Corona-Kritiker Paul Brandenburg. In: Berliner Zeitung. Aktualisiert am 26. Mai 2022, abgerufen am 27. Mai 2022.
  16. Alexander Dinger, Tim Röhn: SEK stürmt Wohnung von bekanntem Corona-Skeptiker nach anonymem Hinweis. In: WELT.de. 27. Mai 2022, abgerufen am 27. Mai 2022.
  17. Vorstand, Website des Spitzenverbandes Digitale Gesundheitsversorgung e. V., abgerufen am 18. April 2020 (Archiv).
  18. Matthias Meisner: Paul Brandenburg muss damit leben, „Volksverhetzer“ genannt zu werden. In: Volksverpetzer. 14. November 2023, abgerufen am 14. November 2023.