Kolumne „Import Export“ :
Eine Moschee für Erdogan in Wuppertal

Von Ronya Othmann
Lesezeit: 3 Min.
Der Bau einer großen Ditib-Moschee in Wuppertal ist beschlossene Sache. Göttingen hat schon eine, das Bild zeigt die Spitze ihres Minaretts
In Wuppertal soll eine riesige Ditib-Moschee gebaut werden. Dass die Organisation Erdogans langer Arm in Deutschland ist, scheint dort niemanden zu stören.

Wie kommt eine Stadt wie Wuppertal nur auf die Idee, den Bau einer Moschee zu genehmigen, die einem größenwahnsinnigen Möchtegern-Sultan untersteht? Dreimal dürfen Sie raten, um wen es geht. Ja, Erdogan, der so reizende Sätze gesagt hat wie: „Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.“

Auf 6000 Quadratmetern: Moschee, Seniorenresidenz und Studentenwohnheim – alles in DITIB-Hand. Wofür DITIB so steht, dürfte regelmäßigen Lesern dieser Kolumne bekannt sein: Kinder, die als Soldaten verkleidet Krieg spielen, Ehrengräber für Drahtzieher des Völkermords an den Armeniern (Sehitlik-Moschee, Berlin), Spitzeltätigkeiten und Hetze gegen Juden.

Islamistische Parteien mit der CDU gleichzusetzen, ist falsch

Naiv sei man in Deutschland, heißt es oft. Das ist die freundliche Lesart. Ein bisschen zu gutgläubig. Man verstehe wohl nicht, wie ein Regime funktioniert, dass es einen Unterschied gibt zwischen islamistisch und konservativ. Dass die Parteien der Muslimbrüder nicht bloß so etwas sind wie eine islamische CDU. Eine andere Lesart ist: Opportunismus. Im Großen wolle man es sich nicht mit der Türkei verscherzen (Flüchtlingsdeal und so), und im Kleinen giert man nach potentiellen Wählerstimmen.

Sieht man sich die Ratsversammlung der Stadt Wuppertal an (gibt es online), in der über den DITIB-Neubau debattiert wird, bleibt man ratlos zurück angesichts dieser Revue der Realitätsverweigerung, die sich einem da bietet. Da heißt es, die Nähe zum türkischen Staat sei umstritten. Man wolle die Dialogbereiten stärken und nicht diejenigen, die sich abschotten. Projektträger sei ja DITIB Wuppertal und nicht DITIB Deutschland – als hätte das eine nichts mit dem anderen zu tun, als wäre nur zufällig der Name gleich. Und jede Kritik wird routinemäßig als Gerücht, Raunen oder Islamfeindlichkeit abgewatscht.

Ronya Othmann
Ronya OthmannKat Menschik

Es ist immer das Gleiche. Egal wie viele Argumente man bringt, wie oft man die Fakten abspult und dann klingt wie eine kaputte Schallplatte. Fest steht: Die DITIB untersteht der türkischen Religionsbehörde Diyanet, die direkt Erdogan untersteht. Der Großteil der Imame in den DITIB-Moscheen sind türkische Staatsbeamte, entsandt von der Behörde in Ankara. Seit Kurzem hat die DITIB zwar ein eigenes Ausbildungsprogramm für Imame in Deutschland, was aber nicht heißt, dass man sich von der Diyanet losgesagt hat. Ein Großteil der Teilnehmer hat sowieso zuvor schon in der Türkei studiert. Gestaltungsspielraum gibt es da nicht. Die Religionsattachés in den türkischen Konsulaten beaufsichtigen die Moschee­gemeinden. Und die setzten schon mal ganze Vorstände von Stadtteilmoscheen ab, wenn sie nicht auf Linie sind. Der Bundesvorstand von DITIB wird von der Diyanet bestimmt, das ist in der Satzung des Vereins festgeschrieben. Wollte man sich wirklich von Ankara lösen, müsste man zuerst die Satzung ändern.

Im Mai sind in der Türkei Wahlen, wenn Erdogan nicht noch die verbliebene Opposition in den Knast wirft oder wunderliche Ausnahmezustände ausruft. Um auch die Wähler außerhalb der Türkei zu erreichen, hat die AKP das Auslandswahlen-Koordinationszentrum ins Leben gerufen, das schon fleißig Wahlkampfveranstaltungen durchführt – auch in den Moscheen der IGMG (Islamische Gemeinschaft Milli Görüs) und DITIB.

Zerstörung jesidischer Friedhöfe

Im März ist es fünf Jahre her, dass das türkische Militär und seine dschihadistischen Söldner völkerrechtswidrig in der kurdischen Stadt Afrin in Nordsyrien einmarschierten – wofür damals auch in den DITIB-Moscheen gebetet wurde. Seit fünf Jahren leben die Menschen in Afrin, sofern sie nicht geflohen sind, unter islamistischer Terrorherrschaft. Frauen dürfen nur noch verschleiert aus dem Haus, Menschen werden verschleppt, gefoltert. In den Schulen wird nur noch Arabisch und Türkisch unterrichtet. Und jesidische Friedhöfe wurden mit Bulldozern planiert. In der nahe gelegenen Kleinstadt Jindires, die auch von der islamistischen Jaysh al-Sharqiya kontrolliert wird, erschoss ein Mitglied der Miliz kürzlich vier Kurden, die das Newroz-Fest feiern wollten: Farhan, Ismail, Muhammad und Muhammad Ismail Othman. Das schien niemanden groß zu interessieren. Ein Aufschrei blieb aus. Dabei ist die Türkei NATO-, Wirtschafts- und Dialogpartner.

Um das noch einmal klarzustellen (auch wenn ich befürchte, dass das nichts bringt): Die DITIB-Moscheen in Deutschland werden von demselben Regime unterhalten, das Afrin völkerrechtswidrig besetzt hält. Und die Ideologie, die in DITIB-Moscheen verbreitet wird, ist dieselbe, in deren Namen in Afrin Verbrechen verübt werden. Aber das ist schon tausendmal gesagt worden. Noch im Januar hatte die DITIB Wuppertal einen „Historiker“ zu Gast, der sich mit schwurbeligen Büchern voller Antisemitismus, Nationalismus und Leugnung des Genozids an den Armeniern einen Namen gemacht hat. Man darf gespannt sein, welche illustren Gäste in der nigelnagelneuen Moschee empfangen werden und ob auch Erdogan wieder, wie schon 2018 in Köln, zur Eröffnung kommen wird.