Zum Inhalt springen

Reaktion auf Angriffskrieg Helmholtz-Gemeinschaft schließt Büro in Moskau

Lange forschten russische und deutsche Wissenschaftlerteams gemeinsam an Großprojekten. Der Ukrainekrieg brachte die Zäsur. Eine führende deutsche Organisation zieht nun weitere Konsequenzen.
Russische Hauptstadt Moskau: Das Büro der Helmholtz-Gemeinschaft in der Stadt wird es wohl nicht mehr lang geben

Russische Hauptstadt Moskau: Das Büro der Helmholtz-Gemeinschaft in der Stadt wird es wohl nicht mehr lang geben

Foto:

Alexandra Arciszewski / EyeEm / Getty Images

Botschafter, Wegbereiter und Trostspender in einem: Das alles sollte das Moskauer Büro der Helmholtz-Gemeinschaft (HGF) sein – ein Vermittlungsort für russische Fachleute und Forschungseinrichtungen, die Kontakte nach Deutschland knüpfen und gemeinsame Projekte anbahnen wollten. »Gekommen, um zu bleiben«, hieß es noch zum zehnjährigen Jubiläum des Büros im Jahr 2015 . Doch nun ist offenbar Schluss.

»Das Büro der Helmholtz-Gemeinschaft in Moskau hat seine Arbeit bereits vergangenes Jahr stark heruntergefahren und wird voraussichtlich im Laufe dieses Jahres ganz geschlossen«, teilte ein Sprecher der HGF dem SPIEGEL mit. Damit reagiert die Organisation auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Seit fast einem Jahr hat die HGF alle wissenschaftlichen Kooperationen mit staatlichen Institutionen und Wirtschaftsunternehmen Russlands eingefroren. Gemeinsame Veranstaltungen sind abgesagt, Fördergelder für die russische Forschung gestrichen. Neue Kooperationsprojekte? Soll es bis auf Weiteres nicht geben.

XXL-Anlagen der Wissenschaft betroffen

Betroffen vom Rückzug der HGF aus Russland sind auch hochkarätige Forschungsstandorte wie der Röntgenlaser European XFEL in Schenefeld bei Hamburg oder der Teilchenbeschleuniger FAIR in Darmstadt, der gerade noch gebaut wird. Die riesigen Anlagen sollen grundlegende wissenschaftliche Fragen beantworten.

Bei beiden Projekten sind Deutschland und Russland jeweils die größten Anteilseigner. Aber selbst dort ist der Austausch mit Russland auf ein Minimum reduziert, eine russische Finanzierung neuer Vorhaben wird unterbunden. Wer stattdessen für die Forschung zahlen soll? Ungewiss, man sei mit allen beteiligten Partnern im Austausch, hieß es von der HGF.

Blick auf die Baustelle des Teilchenbeschleunigers FAIR in Darmstadt

Blick auf die Baustelle des Teilchenbeschleunigers FAIR in Darmstadt

Foto: Dieter Fehrenz / GSI

Neben der HGF haben auch zahlreiche andere wissenschaftliche Institutionen die Verbindungen nach Russland gekappt. Das Großforschungszentrum Cern etwa hat die Veröffentlichungen neuer Studien in Fachzeitschriften ausgesetzt. (Mehr dazu lesen Sie hier .)

»Auch wenn Wissenschaft oft als diplomatische Brücke fungiert, sind wir immer noch der Auffassung, dass dieser Schritt absolut richtig war«, teilte die HGF mit. Der Angriff Russlands auf die Ukraine sei ein eklatanter Verstoß gegen allgemeines Völkerrecht und »gegen unser Zusammenwirken«.

Die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren ist nach eigenen Angaben die größte deutsche Organisation zur Förderung und Finanzierung der Forschung. Mit einem Budget von 5,8 Milliarden Euro und knapp 44.000 Mitarbeitenden gilt sie zudem als eine der größten wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen der Welt. Neben Moskau unterhält die HGF Auslandsbüros in Brüssel, Peking und Tel Aviv.