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BMBF sagt Digitalpakt für die Hochschulen ab – "auf absehbare Zeit"

Ministerium nennt als Grund die "angespannte Haushaltslage". HRK: Forderung nach Digitalisierungspauschale bleibt "unverändert aktuell".

DER VON DER AMPEL angekündigte Digitalpakt für Hochschulen fällt offenbar flach. "Aufgrund der angespannten Haushaltslage ist in absehbarer Zeit nicht mit einem Programm Digitale Hochschule der Bundesregierung zu rechnen", teilte BMBF-Staatssekretär Jens Brandenburg dem DSW Journal schon vor einiger Zeit mit. Mehr in einem Nebensatz.

 

Dabei hatten SPD, Grünen und FDP der Hochschulszene überhaupt erst wieder Hoffnung gemacht. Nach jahrelangem Stillstand in der Angelegenheit versprachen die Parteien im November 2021 auf Seite 18 ihres Koalitionsvertrags: "Mit einem Bundesprogramm 'Digitale Hochschule' fördern wir in der Breite Konzepte für den Ausbau innovativer Lehre, Qualifizierungsmaßnahmen, digitale Infrastrukturen und Cybersicherheit."

 

Schon seit der Digitalpakt Schule verhandelt wurde und spätestens seit er 2019 an den Start ging, waren Forderungen aus der Wissenschaft laut geworden, auch für die Hochschulen eine eigene Initiative an den Start zu bringen. So hatten im Februar 2019 die EFI-Wissenschaftsweisen eine Digitalisierungspauschle angemahnt: pro Studierenden und Jahr 92 Euro. Motto: Gebt den Hochschulen einfach Geld, sie wissen am besten, was sie brauchen.

 

Im März 2020 traten die Wissenschaftsminister aller 16 Länder mitten an die damalige Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) heran: Die Bundesregierung solle zweimal 250 Millionen Euro von ihrem riesigen Corona-Konjunkturpaket in ein Programm "Digitalisierung in der Lehre" stecken. Als Pauschale pro Studierenden. Karliczek Ministerium nannte den Vorstoß "nun wirklich überraschend" und verwies lediglich auf Bund-Länder-Pakte wie den Zukunftsvertrag.

 

Statt einer Digitalisierungspauschale wollte
die Ampel ein Programm mit eigenen Schwerpunkten

 

Im Juni 2021 schließlich hatte der Senat der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) seine  "Forderungen an Bund und Länder zur Weiterentwicklung der digitalen Lehrinfrastrukturen", verabschiedet und, diesmal in exakter Analogie zur EFI, eine Digitalisierungspauschale von 92 Euro pro Studierende verlangt. Was auf 270 Millionen Euro jährlich hinauslief.

 

Die Ampel-Verhandler hatten dann zwar nicht das EFI/HRK-Konzept übernommen, sehr wohl aber die Idee eines eigenen Programms für die Hochschulen, das aus Sicht der Politik wichtige Schwerpunkte setzen sollte. Wieviel Geld die Ampel dafür einsetzen wollte, war offen, in den Koalitionsverhandlungen war allerdings von 125 Millionen Euro pro Jahr die Rede gewesen. Aus der Traum? 

 

Bei der HRK hofft man offenbar, an dem "auf absehbare Zeit" noch etwas drehen zu können."Ein Digitalisierungsprogramm, wie es die HRK seit längerem fordert, wäre ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Infrastrukturen und zur Zukunftsfähigkeit der Hochschulen", sagt Präsident Peter-André Alt auf Anfrage.  Und unterstreicht dann nochmal die Idee der Pauschale: "Unser Ansatz, auf der Basis eines Finanzierungsmodus, der sich an der Zahl der Studierenden in der betreffenden Hochschule orientiert, technische, organisatorische und didaktische Fördermaßnahmen zu unterstützen, bleibt für die HRK unverändert aktuell." Gerade in schwierigen Zeiten, fügt Alt hinzu, bedürfe es der langfristigen Investitionen in das Hochschulsystem. "Dazu gehört entscheidend auch die Verstärkung seiner Digitalstrukuren."

 


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Kommentare: 8
  • #1

    naja (Montag, 21 November 2022 09:34)

    Kein Digitalisierungspakt? Das hat auch seine guten Seiten. Etwas, dass keine Millionen für sinnlose, sogenannte Innovationen in der Lehre verschleudert werden. Keine von diesen bislang geförderten Konzepten hat nachweislich (!) zu irgendeiner (messbaren !) Verbesserung von Lehrqualität geführt. Messbar erhöht waren nur der Gewinn von beteiligten Unternehmen und die Stellenanzahl in der Hochschuldidaktik.

  • #2

    Mathias Magdowski (Montag, 21 November 2022 18:55)

    @naja: Auch wenn man Trolle nicht füttern sollte, gebe ich doch mal zu bedenken, ob und wie bzw. auf Basis welcher Kriterien man denn eine "nachweislich (!)" signifikante Verbesserung der Lehrqualität "messbar (!)" machen möchte will, mal ganz abgesehen davon, dass es ja eigentlich nicht um das Lehren an sich sondern um das intendierte Lernen der Studierenden geht.
    Ich verweise diesbezüglich gern auf den Artikel "Wider den Mehrwert! Oder: Argumente gegen einen überflüssigen Begriff" von Axel Krommer (https://axelkrommer.com/2018/09/05/wider-den-mehrwert-oder-argumente-gegen-einen-ueberfluessigen-begriff/):
    "Dass durch die Ergebnisse der empirischen Bildungsforschung regelmäßig bestätigt wird, dass “neue” Medien nur einen geringen Lerneffekt haben (vgl. exemplarisch Zierer 2017, S. 45-46), verwundert vor diesem Hintergrund nicht. Würde man auf einer Sandbahn messen, welchen Effekt Schlittschuhe auf die Fortbewegungsgeschwindigkeit besitzen, käme man zu ähnlich ernüchternden Ergebnissen."
    Anders ausgedrückt: Wenn ich in einer Skript-auf-Tafel-Schreiben-Lehrkultur den Effekt von digitalen Medien wie interaktiven Quizzen oder kollaborativen Whiteboards messe, kommt nicht viel bei heraus.

  • #3

    naja (Montag, 21 November 2022 21:13)

    @mathias magdowski: mag sein, dass Sie in einer Skript-auf-Tafel-Schreiben-Lehrkultur-Umgebung lehren, in meiner Umgebung, der Mathematik, schreibt man keine Skripte auf die Tafel ab, sondern motiviert und entwickelt und formalisiert Konzepte und Beweise. Dafuer ist genau Tafel und Kreide und klare Gedankenfuehrung noetig und mehr nicht. Alles andere vernebelt das Wesentliche und taeuscht Studenten, die glauben, sie haetten etwas verstanden, wenn sie von billigen Effekten digitaler Medien beeindruckt werden.

  • #4

    anti-naja (Dienstag, 22 November 2022 10:55)

    nun, das ist natürlich erfreulich wenn Sie umgeben sind von guten Lehrkräften, die motivieren und sinnvolle Tafelbilder erstellen. In anderen Fächern sind diversere Zugänge durchaus wünschenswert. Und auch in der Mathematik könnte ich mir vorstellen, dass es z.B. für Studierende mit Sehbeinträchtigung interessant wäre, das Tafelbild heran zoomen zu können oder digital im Anschluss zu erhalten, um es in für sie passende Kontraste zu setzen.
    Sinnvolle Digitalisierung bedeutet mehr Inklusion, bitte vergessen Sie das nicht.

  • #5

    naja (Dienstag, 22 November 2022 22:30)

    @anti-naja: ... Studierende mit Sehbeeintraechtigung tragen in der Regel Kontaktlinsen oder einer Brille. Wenn das Ihr wesentliches Beispiel fuer digitale Medien ist, dann gute Nacht.

    Die Argumentation von Herrn Magdowski ist übrigens derjenigen von Homöopathen nicht unähnlich. Die können auch keine Belege für die Wirksamkeit (von gar nichts) erbringen und behaupten unerschütterlich weiter, das läge an ungeeigneten Messmethoden.

  • #6

    Von-wegen-naja (Mittwoch, 23 November 2022 10:50)

    Wenn man eine Sehbeeinrächtigung hat, setzt man sich dichter an die Tafel. Die Einschränkungen durch Corona
    haben doch mehr als klar gezeigt, wie wichtig der direkte Kontakt von Lehrkräften und Studierenden ist

  • #7

    probarrierefrei (Mittwoch, 23 November 2022 13:56)

    @naja
    Barrierefreiheit ist eben mehr als davon auszugehen, dass eine Brille hilft. Das hat @anti-naja auch sehr deutlich gemeint, wenn er von Kontrast usw. gesprochen hat.
    Und es geht nicht nur um wesentliche Beispiele, sondern gerade darum, welchen Mehrwert Digitalisierung bieten kann (nicht muss). Dass das Argument der Barrierefreiheit im Jahr 2022 von Ihnen mit "Brille tragen hilft" abgetan wird, zeigt den desolaten Zustand des Bewusstseins über potenzielle Barrieren bei lehrenden Kolleg:innen, egal in welchem Fach.

  • #8

    Björn Brembs (Montag, 28 November 2022 10:03)

    Investitionen in die Modernisierung der digitalen Infrastruktur verlangen Forschende ja nun schon seit mindestens 15 Jahren. Seit nun gut 10 Jahren ist das auch ohne zusätzliches Geld möglich, wie auch auf diesen Seiten bereits thematisiert:
    https://www.jmwiarda.de/2021/10/06/die-dreifaltigkeit-des-versagens/
    Wenn hinter der gewünschten digitalen Modernisierung tatsächlich ein Wille stehen würde, dann gäbe es hier auch Wege. Nach fast 30 Jahren Forschung in diversen internationalen öffentlichen Institutionen, habe ich so meine Zweifel, dass es sich hier um ernsthafte Bemühungen handelt...