Jvana Manser: Die Comic-Journalistin aus Appenzell

In ihrer gezeichneten Reportage schildert Jvana Manser das wahre Schicksal eines eritreischen Flüchtlings. Am Literatur- und Kunstfestival «Kleiner Frühling» wird die 25-jährige Appenzellerin Teile daraus live illustrieren.

Claudio Weder
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Ein Ausschnitt aus der Comic-Reportage «Diese Leute» von Jvana Manser. (Bild: PD)

Ein Ausschnitt aus der Comic-Reportage «Diese Leute» von Jvana Manser. (Bild: PD)

Mit ihrer Bachelorarbeit hat sich Jvana Manser aus Appenzell in ein eher ungewöhnliches journalistisches Genre vorgewagt: Die 25-Jährige hat den Studiengang Visuelle Kommunikation an der Hochschule der Künste in Bern mit einer Comic-Reportage über einen eritreischen Flüchtling abgeschlossen. «Diese Form der Reportage wird langsam weltweit zu einem immer beliebteren Genre, ist hierzulande aber noch nicht zum Durchbruch gelangt», erzählt sie. Und dies, obwohl sie gegenüber herkömmlichen Reportagen Vorteile biete:

«Comic-Reportagen eröffnen ganz neue Möglichkeiten des Erzählens. Mit Bildern lassen sich Dinge ausdrücken, die sich mit Worten nur schwer beschreiben lassen.»

Jvana Manser zeichnet, seit sie denken kann. Die Idee eines Comics schwebte ihr schon lange vor. Aber: «Es sollte ein spezieller werden, einer mit inhaltlichem Gewicht.» Das Thema war ebenfalls schnell gefunden: Anstoss gaben Medienberichte zur Flüchtlingskrise – insbesondere die Aussage eines SVP-Politikers, der die Flüchtenden als «diese Leute» bezeichnet hatte. «Diese Leute» lautet denn auch der Titel von Mansers Comic-Reportage. Anhand einer persönlichen Schicksalsgeschichte will sie aufzeigen, dass Flüchtlinge mehr sind als nur «diese Leute».

Magazin-Reihe in Planung

Erzählt wird die wahre Geschichte eines heute 26-Jährigen, der aus seiner Heimat Hagaz via Bologna in die Schweiz flüchtete und derzeit eine Lehre als Elektriker absolviert. Grundlage der Reportage bildet ein Interview. Die Zeichnungen illustrieren das Gesagte oder bieten dort, wo das Geschilderte zu brutal ist, dem Leser den entsprechenden Raum, sich sein eigenes Bild davon zu machen.

«Wichtig war mir, die Geschichte möglichst als seine eigene Geschichte darzustellen.»

Mansers Comic-Reportage ist erst ein Prototyp. Geplant sind weitere Reportagen in diesem Stil, die in Zusammenarbeit mit Journalisten entstehen und später als gedruckte Magazin-Reihe herausgegeben werden sollen. Die Appenzellerin ist überzeugt, dass die Comic-Reportage das Potenzial zum neuen Supermedium hätte, das dem Printjournalismus wieder zu neuem Aufschwung verhelfen könnte. Das Problem ist nur: «Comic-Reportagen sind sehr zeitaufwendig und folglich auch sehr teuer.»

Live-Performance am Buch- und Kunstfestival

Jvana Manser arbeitet derzeit in Luzern als freischaffende Illustratorin. Am Samstag ist sie am Buch- und Kunstfestival «Kleiner Frühling» in Appenzell zu Gast. Dort wird sie um 11.45 Uhr und um 16.30 Uhr bei der Druckerei des «Appenzeller Volksfreunds» einen Einblick in ihre Kunst gewähren: Ihr Gast und Mentor Alexander Elsässer wird aus dem Originaltranskript vorlesen, während sie dazu live illustriert.

Appenzell wird zum Literatur- und Kunstort

Von heute Donnerstag bis Montag findet in Appenzell das Buch- und Kunstfestival «Kleiner Frühling» statt. Den Auftakt macht Autor Lukas Linder am Donnerstagabend. Er wird aus seinem Roman «Der Letzte meiner Art» lesen, mit dem sich die Bevölkerung im Rahmen der Leseaktion «Appenzell liest ein Buch – Gais liest mit» bereits auseinandergesetzt hat.

Verschiedene Pavillons im Dorf werden von Freitag bis Montag von Kunstschaffenden wie Roman Signer, Muda Mathis und Sus Zwick, Ursula Palla oder Markus Müller bespielt. Am Samstag geben Autorinnen und Autoren wie Gianna Molinari und Dominic Oppliger, Irena Brežná oder Tanja Maljartschuk einen Einblick in ihr literarisches Schaffen. Ijoma Mangold sowie das literarisch-kulinarische Duo Die Maulhelden runden das Programm am Sonntag wie am Montag ab. Auch Musikalisches gibt es zu erleben. (wec)

www.kleiner-fruehling.ch