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Zensur in Russland ARD und ZDF setzen Berichterstattung aus Moskau vorerst aus

Russlands Präsident Putin hat unabhängige Medien massiv eingeschränkt, künftig kann unliebsame Berichterstattung mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden. Nun haben auch deutsche Sender reagiert.
Foto: Peter Kneffel / picture alliance/dpa

ARD und ZDF setzen die Berichterstattung aus ihren Moskauer Studios vorerst aus. Damit reagieren sie auf eine Gesetzesänderung, die das russische Parlament am Freitag verabschiedet hatte. Mit dieser kann die Verbreitung angeblicher Falschinformationen über die russischen Streitkräfte mit hohen Geldstrafen und bis zu 15 Jahre Haft bestraft werden.

Von den öffentlich-rechtlichen Sendern hieß es am Samstag in einem abgestimmten Statement: »ARD und ZDF prüfen die Folgen des am Freitag verabschiedeten Gesetzes und setzen die Berichterstattung aus ihren Moskauer Studios erst einmal aus. Die beiden öffentlich-rechtlichen Sender werden von ihren anderen Standorten aus weiterhin das Publikum umfassend über das Geschehen in Russland und der Ukraine informieren.«

Zuvor war bekannt geworden, dass mehrere internationale Sender und Agenturen ihre Arbeit in dem Land ganz oder teilweise einstellen. »CNN wird den Sendebetrieb in Russland einstellen, während wir die Situation und unsere nächsten Schritte weiter bewerten«, sagte ein Sprecher des US-Senders. Die US-Nachrichtenagentur Bloomberg hatte zuvor erklärt, ihre Berichterstattung auf russischem Gebiet zu stoppen. Auch die britische BBC stoppt zunächst jegliche Form der Berichterstattung auf dem Gebiet der Russischen Föderation.

»Reporter ohne Grenzen« zeigt Verständnis für Entscheidung von ARD und ZDF

Die Ankündigung von ARD und ZDF stößt bei »Reporter ohne Grenzen« auf Verständnis. »Vor dem Hintergrund der offenen Zensur und der Kriminalisierung unabhängiger Berichterstattung bleibt den Kolleginnen und Kollegen in Moskau keine andere Wahl«, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. »Wladimir Putin will sämtliche Inhalte verbieten, die der staatlichen Propaganda widersprechen. Dass er nun auch die ausländischen Medien direkt ins Visier nimmt, ist eine neue Qualität, war aber angesichts der dramatischen Entwicklungen der vergangenen Tage zu erwarten. Sorgen bereitet uns vor allem die Situation der lokalen Mitarbeitenden von ARD, ZDF und anderen internationalen Medien.«

RSF geht davon aus, dass nun immer mehr Journalistinnen und Reporter aus Russland das Land verlassen werden, weil sie wegen ihrer unabhängigen Berichterstattung akut von drakonischen Strafen bedroht sind. »Deshalb appellieren wir an die deutsche Bundesregierung, auch für flüchtende Medienschaffende aus Russland unbürokratische Aufnahmeverfahren zu ermöglichen, so wie sie es bereits für ukrainische Journalistinnen und Journalisten tut«, sagte Mihr.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Freitagabend mehrere Gesetze zur weiteren Einschränkung der freien Meinungsäußerung in Russland unterzeichnet, mit denen unabhängige Medienberichterstattung weiter beschnitten wird. Bis zu 15 Jahre Haft drohen demnach für die Verbreitung von angeblichen »Falschinformationen« über die russischen Streitkräfte. Strafen drohen auch jenen, die öffentlich die Armee »verunglimpfen«. Das russische Parlament hatte zuvor einer entsprechenden Gesetzesänderung zugestimmt. Bereits seit vergangener Woche ist es Medien in Russland verboten, in der Berichterstattung über den Krieg gegen die Ukraine Begriffe wie »Angriff«, »Invasion« und »Kriegserklärung« zu verwenden. Moskau bezeichnet den Krieg als militärische »Spezialoperation«.

hej/dpa