Aktuell erleben wir auf der einen Seite eine Sensibilisierung in feministischen Fragen, auf der anderen Seite Rückschritte, wie zum Beispiel Angriffe auf die Möglichkeit der Abtreibung. Woran denken Sie, liegt das?
Liv Strömquist: Wir leben heute in einer sehr komplizierten Welt, in der vieles gleichzeitig passiert. Auf der einen Seite kann ich sehr viele feministische Ideen erkennen, die erfolgreich umgesetzt werden. Auf der anderen gibt es immer wieder Versuche Grundrechte von Frauen, wie das auf Abtreibung, einzuschränken.

© Strömquist

Gab es für Sie eigentlich eine Art Erweckungsmoment, sich stärker mit Feminismus auseinanderzusetzen?
Ja, damals war ich 17 Jahre alt. Ich bin auf dem Land großgeworden und habe in meiner Kindheit nie von Feminismus gehört. Auch in der Schule gab es keine Diskussion um dieses Thema. Wenn überhaupt von Feministinnen die Rede war, dann wurde dieses Wort immer negativ konnotiert. Per Zufall kam ich nach Stockholm und habe dort an einem Workshopshop einer schwedischen Soziologin teilgenommen. Darin präsentierte sie ihre Untersuchungsergebnisse über die Ungleichheiten in Beziehungen und zwischen Männern und Frauen.
Ich konnte mich sehr stark in dem wiederfinden, was sie vortrug – ich hatte wirklich eine augenöffnende und lebensverändernde Erfahrung. Auf diese Weise wurde aus mir eine sehr überzeugte Feministin – auch wenn ich auf meiner Schule die einzige war.

Ihre Comics vermitteln den Eindruck, als würde es sich hier um ein Gesamtwerk handeln. Kann man hier weitere Bände erwarten?
„Der Ursprung der Welt“, „Der Ursprung der Liebe“ und „I’m every woman” sind drei von fünf Werken. Nach „I’m every woman” habe ich noch ein Comic gezeichnet, das bis jetzt erst in Schwedisch erschienen ist. Aktuell arbeite ich gerade am fünften Band – dieser wird im Herbst erscheinen.

Sie pflegen einen sehr individuellen Stil – Ihre Comicstrips sind eher schlicht gezeichnet, dafür oft textlastig – was ist hier der Hintergrund?
Ich habe meinen persönlichen Stil entwickelt, während ich studiert habe. Damals habe ich sehr viele politikwissenschaftliche Essays geschrieben. Der Gebrauch von Fußnoten und zunächst die Theorie anhand von wissenschaftlichen Studien und Werken zu erarbeiten war daher erlernt, und ich wendete beides ganz natürlich auch in meinen Comics an. Daher würde ich sagen, ich habe meinen Comicstil aus einem Mix von alternativen Comics und politikwissenschaftlichen Arbeiten entwickelt.