Die Bundesrepublik wird am Wochenende endgültig ihre finanziellen Schulden aus dem Ersten Weltkrieg (1914 bis 1918) begleichen. Mit dem zwanzigsten Jahrestag der Wiedervereinigung am Sonntag werden letzte Zinszahlungen in Höhe von fast 200 Millionen Euro für Staatsanleihen fällig, die in den zwanziger Jahren aufgelegt wurden, um die Entschädigungszahlungen Deutschlands nach dem Krieg zu finanzieren.

Die Zahlungen waren 1918 im Vertrag von Versailles festgelegt worden und sollten Frankreich und Belgien für die Kosten entschädigen, die den Ländern durch den Krieg entstanden waren. Die Belastung des Deutschen Reichs durch die Versailler Verträge galt als begünstigender Faktor für die Machtergreifung Hitlers.

Hintergrund des Endes der Entschädigungszahlungen ist das Londoner Schuldenabkommen von 1953, in dem sich die Bundesrepublik gegenüber den Alliierten verpflichtet hatte, die Auslandsschulden des Deutschen Reiches zu übernehmen. Diese waren während des Zweiten Weltkriegs nicht mehr bedient worden. Die Regelung sah vor, dass Deutschland Anleihen zur Finanzierung der Schulden aus dem Ersten Weltkrieg erstattet. Offen blieben jedoch Zinszahlungen für die Anleihen unter anderem aus der Dawes- und der Young-Anleihe für die Jahre 1945 bis 1952.

Die Vereinbarungen von 1953 sahen vor, dass diese Zinszahlungen erst im Falle einer Wiedervereinigung Deutschlands fällig werden sollen – ein Ereignis, das damals in weiter Ferne erschien. Mit der deutsch-deutschen Wiedervereinigung wurden dann am 3. Oktober 1990 neue Anleihen aufgelegt, welche die noch offenen Zinszahlungen mit einer Laufzeit von 20 Jahren regeln sollten. Wegen dieser Regelung und dem Stichtag 3. Oktober hat Deutschland dann am Sonntag seine finanzielle Kriegsschuld 92 Jahre nach dem Vertragsschluss von Versailles endgültig beglichen.