Urteil gegen notorische Holocaust-Leugnerin: 10 Monate Knast für Nazi-Oma (87)

Schande im Hamburger Gericht: Anhängerin überreichte der Rentnerin Blumen

Von: Von ANJA WIEBERNEIT

Hamburg – Amtsgericht Hamburg-Mitte, Saal 279. Die Angeklagte: Ursula H.-W. (87) aus Vlotho, dunkelblaues Kostüm, weiße Bluse, das weiße Haar mit einem Kamm hochgesteckt, aufrechte Haltung, rosige Haut. Die Rentnerin ist wegen Volksverhetzung in zwei Fällen angeklagt.

Ursula H.-W. soll im April in einer Warteschlange gegenüber NDR-Journalisten beim Prozess gegen Ex-SS-Mann Oskar Gröning (94) behauptet haben, Auschwitz sei kein Vernichtungslager, sondern ein Arbeitslager gewesen.

Dieselbe Behauptung wiederholte sie später vor der Kamera von „Panorama“ (Das Erste) und behauptete, die als Buch veröffentlichten Kommandantur-Befehle des Lagers Auschwitz lieferten den Beweis dafür. Beide Interviews der Nazi-Oma wurden gesendet.

Die Verhandlung

Zahlreiche ihrer Anhänger warten vor dem Saal, eine Frau reicht ihr vor Beginn der Verhandlung Blumen, nachträgliche Gratulation zum 87. Geburtstag am 8. November.

Später im Verlauf der 50 Minuten dauernden Verhandlung beginnen die Leute vor dem Saal laut zu krakeelen: „Wir wollen rein! Wir wollen rein!" Dann zieht eine Gruppe der vornehmlich älteren Leute ab, um sich beim Gerichtspräsidenten zu beschweren.

Die Angeklagte: „Ja klar habe ich das gesagt. Da bleib’ ich auch bei. Auschwitz war ein Arbeitslager aufgrund der Kommandantur-Befehle und der Reichsbefehle, die in England liegen.“

Sie fragt den Vorsitzenden und die Staatsanwältin: „Ist das Grundgesetz für Sie noch verbindliche Rechtsgrundlage?“ Antwort: „Davon können Sie ausgehen.“

Angeklagte: „Wir haben doch alle keine persönlichen Erfahrungen. Sie alle wissen es wie ich nur vom Hörensagen. Wer sagt uns, dass das wirklich stimmt?“

Der Vorsitzende spielt das Interview mit Prof. Dr. Norbert Frei ab, er ist jener Historiker, der die Kommandantur-Befehle, auf die sich Ursula H.-W. bezieht, veröffentlicht hat.

Frei spricht von einer „BDM-backfisch-artigen Art und Weise, mit der Ursula H.-W. „ihren geliebten Führer auch noch 70 Jahre danach“ verteidige.

Vorsitzender Richter: „Sie sehen, Herr Frei kann Ihrer Argumentation offenbar nicht folgen. Ich übrigens auch nicht.“

H.-W.: „Das muss man im größeren Zusammenhang sehen... Es gibt viele Zeugen, die sagen, das hat es überhaupt nicht gegeben.“

Vorsitzender: „Ich denke, Sie wollen sich hier im Gerichtssaal nicht erneut strafbar machen! Es ist müßig, mit Leuten zu diskutieren, die keine Fakten akzeptieren.“

Angeklagte: „Woher wissen Sie es denn?“

Vorsitzender: „Ich muss Ihnen auch nicht beweisen, dass die Erde rund ist.“

Sie ereifert sich über den Lüneburger Auschwitz-Prozess: „Der Gröning ist bearbeitet worden! Deswegen kam man auch nicht an ihn heran und konnte ihm kein Material übergeben. Dass man es nach 70 Jahren nötig hat, einen über 90-Jährigen vor Gericht zu zerren.“

Dann spricht sie darüber, wie viele Millionen Menschen denn nun in Auschwitz umgekommen sind.

Vorsitzender: „Es geht hier doch nicht um die Zahl! Ich habe keine Lust mehr, mit Ihnen Amalia Hinterwäldler vor Gericht zu spielen!“

Sie hält das Buch eines Wissenschaftlers über die Wirkungsweise von Zyklon B hoch und beantragt, den Autoren als Zeugen zu laden. Er werde bestätigen, dass mit Zyklon B keine Menschen getötet werden könnten.

Der Vorsitzende lehnt ihren Beweisantrag ab. Die Angeklagte: „Das hab’ ich mir gedacht, sehen Sie. Sie haben keinen einzigen Beleg!“

Vorsitzender: „Wollen Sie Angaben zu Ihren persönlichen Verhältnissen machen?

„Nein.“

Er verliest ihr Strafregister. Demnach ist Ursula H.-W. seit 2004 mehrfach wegen Volksverhetzung vorbestraft, zuletzt bekam sie 2010 vom Landgericht München 1 sechs Monate auf Bewährung.

Angeklagte: „Ich bin 2004 für die gleiche Sache verurteilt worden, Sie können nicht das Grundgesetz außer Kraft setzen und mich wieder deswegen verurteilen.“

Staatsanwältin: „Wenn Sie wegen Diebstahls verurteilt werden und weiter stehlen, werden Sie auch wieder verurteilt.“

Sie beantragt für die Angeklagte zehn Monate Haft ohne Bewährung.

Angeklagte: „Es handelt sich nicht um eine Straftat, sondern um eine Meinung! Ich halte dieses Verfahren nicht für einen normalen Prozess, es hat überhaupt niemand eine Straftat begangen. Ich werde dieses Urteil auf keinen Fall annehmen, ich beantrage Einstellung des Verfahrens.“

Urteil: zehn Monate Haft ohne Bewährung!

Vorsitzender: „Ich finde es bedauerlich, dass eine Frau, die in so hohem Alter noch so eloquent ist, ihre Energie dafür hergibt, so einen haarsträubenden Unsinn zu erzählen. Sie haben mir ja im Vorfeld von ihren vielen Terminen berichtet. Ich weiß nicht, wo Sie auftreten und wer den Mist, den Sie erzählen, überhaupt noch hören will.

Bei Ihnen habe ich die sichere Erwartung, dass Sie es wieder tun werden, darum kann ich Ihnen auch keine Bewährung mehr geben.“

Vor dem Saal wird Ursula H.-W. von ihren Anhängern mit Applaus empfangen.

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