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Archäologie: Die wichtigsten Funde des Jahres

Foto: Stefan Sauer / dpa

Spektakuläre Entdeckungen 2018 Warum ein 13-Jähriger für diesen Schatz keinen Finderlohn will

Ein Schatz auf Rügen, ein schwarzer Sarkophag in Ägypten, das älteste Tierbild der Menschheit: Archäologen haben 2018 erstaunliche Entdeckungen gemacht. Die Highlights.

Für Archäologen ist der Begriff Schatz mitunter ziemlich ambivalent besetzt. Auf der einen Seite mögen sie ihn nicht sonderlich. Unterstellt er doch ein wenig, dass es Altertumsforscher nur auf wertvollste Geschmeide abgesehen haben könnten. Solche Einzelfunde sind zwar nett anzuschauen, versprechen aber nicht immer wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn. Auf der anderen Seite sorgen Schätze aber für recht große Aufmerksamkeit.

So war es auch in diesem Fall, der im April bundesweit Menschen begeisterte: Ein 13-jähriger Schüler und ein Dachdecker hatten auf einem Acker auf Rügen bei einem Metalldetektor-Suchgang Silberstücke gefunden. Schnell stellte sich heraus: Es liegt noch mehr in der Erde. Insgesamt barg ein Team von Archäologen und ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegern mehrere Hundert Stücke, darunter viele Münzen, Halsreifen, Perlen, Fibeln sowie Hacksilber.

Der vor etwa tausend Jahren vergrabene Fund war hervorragend erhalten und erreichte ein Gesamtgewicht von 1,5 Kilogramm. Ein Teil der Stücke war auf den legendären Dänenkönig Harald Blauzahn (910-987) zurückzuführen, zeigten Münzprägungen. Es war der größte Fund solcher Münzen in der Region.

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Münzen von Harald Blauzahn: Sie haben einen Schatz gefunden

Foto: Stefan Sauer / dpa

Interessant ist die Entdeckung aber noch aus einem anderen Grund. Zeigt sie doch, dass einige archäologische Landesämter inzwischen sehr erfolgreich Ehrenamtliche in ihre Arbeit einbinden. Die Taktik dürfte dazu beitragen, dass mehr Funde erkannt und gemeldet werden. Und weniger Schatzsucher mit Metalldetektoren wichtige Funde unterschlagen.

Von Raubgräbern distanziert sich die Gruppe der ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger um den 13-Jährigen ausdrücklich. Sie stört sich nicht mal daran, dass das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern keinen Finderlohn zahlte. Den Denkmalpreis des Landes, den die Blauzahn-Finder erhalten sollten, lehnte sie im September übrigens ab. Man sehe im Ehrenamt andere Aufgaben, als nur Schätze zu bergen, hieß es zur Begründung. Wichtiger sei es, die archäologische Geschichte der Insel zu sichern.

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Ringheiligtum: Die Toten von Pömmelte

Foto: André Spatzier / Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt

Wer als Archäologietourist durch Sachsen-Anhalt fährt, der macht vielleicht auch mal in Pömmelte halt. Der Ort gilt als deutsches Mini-Stonehenge, hier haben Menschen vor mehr als 4000 Jahren ein Heiligtum errichtet. Archäologen fanden Spuren von kreisrunden Erdwällen und Gräben sowie Palisaden aus mehr als 1200 Baumstämmen. Insgesamt maß die Anlage 115 Meter im Durchmesser. Doch unklar ist bis heute, was die Menschen einst in Pömmelte trieben und welche Rituale sie dort vollzogen.

Forscher haben nun Gruben analysiert, in die damals auch Frauen und Kinder geworfen wurden. Einige Skelette weisen heftige Schädel- und Rippenverletzungen auf, möglicherweise durch Waffen. Anderen fehlen ganze Gliedmaßen, in einem Fall sogar beide Arme und Beine. Ob die Menschen als Opfer sterben mussten oder aus anderen Gründen, lässt sich heute nicht mehr beantworten. Doch spätestens die toten Körper müssen Teil eines Rituals gewesen sein, glauben die Forscher.

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Sarkophag in Alexandria: "Wir haben ihn geöffnet"

Foto: AFP PHOTO / Egyptian Ministry of Antiquities

Es war ein ungewöhnlicher Fund, selbst für das von archäologischen Sensationen nicht gerade arme Ägypten: Im Sommer entdeckten Wissenschaftler in Alexandria - der Hafenstadt, die nach Alexander dem Großen benannt ist - einen enormen Sarkophag. Er war 2,65 Meter lang und 1,85 Meter hoch und bestand aus schwarzem Gestein. Die Entdeckung stammte aus dem Ptolemäerreich, jener makedonisch-griechischen Dynastie, die bis zur Eroberung durch die Römer über das alte Ägypten herrschte. Doch ziemlich schnell stellte sich heraus: Die Überreste des vor mehr als 2200 Jahren verstorbenen legendären Feldherrn, dessen Grab bis heute unentdeckt ist, liegen nicht in der Steinkiste.

Stattdessen fanden die Archäologen durch eingedrungenes Wasser stark beschädigte Reste von gleich drei Personen - vermutlich ein Familiengrab. Mostafa Waziri von der obersten Denkmalpflegebehörde Ägyptens, wies übrigens auch Befürchtungen zurück, durch das Öffnen des Sarkophags könne sich ein Fluch über die Bewohner der Stadt legen. "Wir haben ihn geöffnet, und - Gott sei Dank - die Welt ist nicht in Dunkelheit versunken."

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Borneo: Das Urzeit-Vieh aus der Höhle

Foto: Luc-Henri Fage/ dpa

Ein Fund auf Borneo gibt den Forschern weiterhin Rätsel auf: Auch nach eingehender Betrachtung weiß man nicht so genau, um was für ein Tier es sich handeln soll. Möglicherweise ist es eine Art Rindvieh. Immerhin ist das Wesen, das ein Felswand-Künstler in einer abgelegenen Höhle auf der Insel hinterlassen hat, die älteste Tierdarstellung der Menschheit. Es sei mindestens 40.000 Jahre alt, teilten die Forscher im November mit. Und damit älter als alle bisher gesicherten Ergebnisse aus Europa.

Lange dachten einige Anthropologen, dass die ersten Künstler in Europa und nicht in Asien gelebt haben müssten. Berühmt sind die Felszeichnungen der El-Castillo-Höhle in Spanien oder der Grotte Chauvet in Frankreich. Auch die kleinen Figuren aus Mammutelfenbein von der Schwäbischen Alb, zu der die berühmte Venus vom Hohlefels gehört, dürften Eiszeitbewohner schon vor maximal 40.000 Jahren geschnitzt haben. Doch nun zeigt sich: Auch anderswo wurde schon kreativ gearbeitet. Ein weiterer Hinweis für eine multiregionale Entwicklungstheorie, die sich zunehmend in der Paläoanthropologie durchsetzt.

Dass auch der Neandertaler, lang als unterentwickelter Verwandter des Menschen gebrandmarkt, schon zu erstaunlichen Kreativleistungen imstande war, gehört zu den weiteren Erkenntnissen des Jahres. Schon 20.000 Jahre bevor der moderne Mensch in Europa auftauchte, malte der Neandertaler auf der iberischen Halbinsel Höhlen voll, zeigten Datierungen. Diese Leistung war ihnen bisher nicht zugebilligt worden. Doch offenbar waren sie dem Homo Sapiens sehr viel ähnlicher als gedacht.

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Anthropologie: Bekanntschaft mit Folgen

Foto: Bence Viola / Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology

Als der Paläogenetiker Svante Pääbo im September bei der Verleihung des Körber-Preises in Hamburg einen Vortrag über seine jüngste Entdeckung hielt, da beeilte er sich, auch die beteiligten Archäologen zu loben. "Sie haben einen guten Job gemacht", sagt Pääbo. Der Satz war freundlich von ihm gemeint. Aber er kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es immer seltener die Archäologen sind, die mit beachtlichen Ergebnissen zur Paläoanthropologie an die Öffentlichkeit treten. Sondern eben Genetikexperten wie Pääbo, die im Labor zu ihren Ergebnissen gelangen.

Dem Schweden war zusammen mit anderen Forschern durch seine Analyse eines 50.000 Jahre alten Knochenstücks, das einst in einer Höhle in Russland gefunden wurde, Erstaunliches gelungen. Denn er konnte nachweisen, dass es zu einem Mädchen gehörte, dessen Mutter Neandertalerin und dessen Vater Denisova-Mensch war. Diese Frühmenschen lebten einst nebeneinander in Eurasien. Die Neandertaler bevölkerten den westlichen Raum, Denisovaner den östlichen. Dass sie untereinander auch Nachkommen gezeugt hatten, war bereits bekannt. Doch erstmals gelang nun ein direkter Nachweis für eine solche Liaison - ein Glücksfall.

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Maya-Archäologie: Das Papier aus der Höhle

Foto: INAH via AP

Spätestens seit September wissen Forscher: Die Geschichte der Maya in Mittelamerika muss umgeschrieben werden. Der Grund dafür liegt in einer alten Bilderhandschrift voller Hieroglyphen und Götterdarstellungen, die eine ziemlich abenteuerliche Geschichte hinter sich hat. Entdeckt wurde sie in den Sechzigerjahren angeblich einst in einer Höhle in Mexiko, dann verkauften Raubgräber sie an einen dubiosen mexikanischen Sammler, ehe erstmals Mayaforscher Kenntnis von dem Stück erlangten.

Doch lange glaubten etliche Experten: Der sogenannte Codex Grolier ist eine Fälschung. In den vergangen Jahren wendete sich das Blatt langsam, einiges sprach doch für ein Original. Klarheit brachten zuletzt chemisch-physikalische Analysen - Papier und Tinte stammen aus vorspanischer Zeit. Nach der Veröffentlichung hat das INAH (Instituto Nacional de Antropología e Historia), Mexikos Behörde für Altertümer, den Fund im September offiziell anerkannt. Nun gibt es vier statt bisher drei Maya-Codices, die aus der Zeit vor Ankunft der Spanier von der alten Maya-Kultur erhalten geblieben sind.

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Maya-Stätte: Vogelperspektive - aber ohne Bäume

Foto: Stringer ./ REUTERS

Wo wir gerade bei den Maya sind: Im Februar sorgte ein Sensationsfund für Aufsehen, der so sensationell gar nicht war. In Guatemala hatten Archäologen per Luftbildarchäologie angeblich großflächige Strukturen unter dem Urwalddach entdeckt, die auf Siedlungen der Maya zurückgehen. Sogar von neu entdeckten Städten war hier und da in den Medien zu lesen.

Doch bei genauerer Betrachtung wurde klar: Grundsätzlich war bekannt, dass unter dem dichten Dschungelwuchs noch viele nicht ausgegrabene Stätten liegen - ganze Stadtstaaten wurden nicht gefunden. Überzeugend ist allerdings die Gründlichkeit der großflächigen Urwald-Analyse, die im September im Fachmagazin "Science"  erschien. Dafür nutzten die Forscher die Lidar-Technik, das Lasersystem ermöglicht zentimetergenaue Oberflächenprofile.

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Archäologie-Ausstellung in Berlin: Die spektakulärsten Funde Deutschlands

Foto: Staatliche Museen zu Berlin/ Claudia Plamp

Zum Abschluss noch ein Ausstellungstipp: Die Schau des Jahres läuft derzeit im Berliner Gropius Bau. Um all die Exponate anschauen zu können, die bei "Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland" gezeigt werden, müsste man ziemlich viele Museen in ganz Deutschland abklappern. Denn die Macher haben es geschafft, aus allen Teilen der Republik spektakuläre archäologische Funde zusammenzutragen.

Unter den etwa tausend Exponaten sind die legendären Goldhüte aus Süddeutschland und Berlin, Pfeilspitzen aus einer der ältesten Schlachten in Nordeuropa oder die Venus vom Hohlefels. Und natürlich die berühmte Himmelsscheibe von Nebra. Doch wer die Ausstellung besuchen will, muss schnell sein. Sie läuft nur noch bis zum 6. Januar 2019.