Berlin. Einst waren die Berlin Bruisers das erste schwule Rugbyteam Deutschlands. Heute haben sie ihren Kampf gegen Vorurteile ausgeweitet.

Beim Training auf dem weitläufigen Tempelhofer Feld fallen die Rugbyspieler der Berlin Bruisers gar nicht sonderlich ins Auge, trotz ihrer leuchtend lilafarbenen Trikots. Ganz anders als die provokanten Plakate, die das Team vor einem Jahr anlässlich des Christopher Street Days drucken ließ. Die Motive waren ein echter Hingucker. So drastisch wie dort hatte bis dahin noch kein Berliner Verein für sich geworben.

Auf ihren Transparenten hatten die Bruisers damals zu deftigsten Formulierungen gegriffen, sich ursprünglich homophob gemeinte Bezeichnungen zu eigen und so zu einem positiven Bekenntnis gemacht. Ein starkes Statement gegen Vorurteile, Ausgrenzung und Homophobie.

Auch Frauen sind willkommen

„Wir kämpfen gegen Diskriminierung und für Inklusion im Sport, sowohl auf als auch neben dem Feld“, erklärt Vereinspräsident Guillermo Aguilar. 2012 wurde der Klub als erstes schwules deutsches Rugbyteam gegründet. Mittlerweile sieht man sich selbst als inklusiven Sportverein, in dem jeder willkommen ist. Auch einige Frauen sind dabei. „Man muss nicht schwul sein, um bei uns mitzuspielen“, sagt Co-Kapitän Alex Mejda.

Die Bruisers sind immer noch etwas Besonderes. In Deutschland gibt es ansonsten nur noch zwei weitere schwule Rugbyteams in Köln und München. In den großen Rugbynationen sind es deutlich mehr – in London gibt es allein drei Klubs, von denen der größte gleich mit fünf Mannschaften im Spielbetrieb vertreten ist.

„Rugby ist inklusiver als Fußball“, meint Jan Suren Möllers. Tatsächlich outete sich schon 2009 der frühere walisische Rekordnationalspieler Gareth Thomas als homosexuell, ohne dass jemand daran Anstoß nahm. Andersherum wurde Israel Folau, ein australischer Rugby-Star, nach wiederholten Hasstiraden gegen Schwule und Lesben von seinem Verband gefeuert.

Der Fußball kann vom Rugby lernen

Auch viele andere Nationen zeigten danach öffentlich ihre Unterstützung für die LGBT-Gemeinde und trugen in der Folge Schnürsenkel in Regenbogenfarben. „Beim Fußball werden dagegen noch ganz andere Sachen gesagt, ohne dass sich jemand daran stört“, sagt Möllers.

Die Bruisers haben auf dem Feld bislang noch keine schlechten Erfahrungen mit homophoben Äußerungen gemacht. „Wir wurden mit offenen Armen empfangen“, sagt Guillermo Aguilar. Gerade der Berliner Rugby-Verband sei besonders fortschrittlich im Kampf für die Gleichberechtigung: Dort gibt es die Regel, dass jeder, der sich selbst als Mann sieht, auch einen männlichen Spielerpass beantragen darf, unabhängig vom Geschlechtseintrag beim Standesamt und von medizinischen Maßnahmen.

„Als Sport ist Rugby sehr konfrontativ. Umso enger hält die Rugbygemeinde zusammen“, sagt Jan Suren Möllers, das mache einen großen Teil der Faszination dieser Sportart aus. Mit den Bruisers spielt er aktuell in der Regionalliga Nordost, der dritthöchsten Spielklasse – bislang allerdings nicht sonderlich erfolgreich.

Drittliga-Team mit eigenem Varieté

Daneben tritt das Team auch regelmäßig beim Union-Cup, einer Art Vereins-EM, sowie beim Bingham-Cup an, wo sich Teams aus der ganzen Welt treffen. „Auch wenn wir in der Liga noch nie Probleme hatten, herrscht bei diesen Turnieren noch einmal eine ganz andere Magie“, sagt Alex Mejda. Daneben stellt der Klub einmal im Jahr ein eigenes Varieté auf die Beine, bei dem am Ende das ganze Team einen Striptease hinlegt.

„Das war das erste Mal, dass der ganze Saal johlt, wenn ich mein T-Shirt lüfte“, meint Jan Suren Möllers. Body Positivity, eine Bewegung gegen einheitliche Schönheitsideale, ist den Bruisers ebenfalls ein großes Anliegen. „Jeder Körper ist schön, und gerade beim Rugby werden ganz verschiedene Körpertypen gebraucht, auch die Dicken und die Kleinen“, sagt Möllers. Sportlich sind die Bruisers vielleicht nur mittelmäßig. Dank ihres Engagements sind sie trotzdem omnipräsent.