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Nach Drohnen-Vorfall: US-Senator fordert Abschuss russischer Jets – Moskau warnt vor „Kriegserklärung“

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Jet fliegt über dem Schwarzen Meer
Beweisvideo: Diese vom Pentagon veröffentlichten Aufnahmen sollen den Zwischenfall mit den russischen Jets und der US-Drohne zeigen. © IMAGO / Cover-Images

Der Zwischenfall mit der zerstörten US-Drohne lässt den Senator Lindsey Graham schäumen. Seine Aussagen werden vom russischen Botschafter in den USA umgehend und deutlich beantwortet.

München – Das Verhältnis zwischen den USA und Russland wird frostiger. Falls das angesichts der Eskalationen im Ukraine-Krieg überhaupt noch möglich ist. Jüngster Grund ist der Zwischenfall mit einer US-Militär-Drohne und russischen Kampfjets, bei dem erstere über dem Schwarzen Meer abstürzte. Für Lindsey Graham ist das offenbar der Stein, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.

In einem Fox-Interview mit Reporter Sean Hannity forderte der Republikaner, der für South Carolina im Senat sitzt, eine unmissverständliche Antwort darauf an den Kreml: „Wir sollten sie dafür zur Verantwortung ziehen und ihnen klarmachen: Wenn sie sich je wieder einem US-Flugobjekt in internationalen Gewässern nähern, wird ihr Flugzeug abgeschossen.“ In einem Interview mit FR.de von IPPEN.MEDIA hatte bereits der Politologe Prof. Dr. Gerhard Mangott von der Universität Innsbruck befürchtet, dass der Vorfall ein „großes Eskalationsrisiko“ zutage fördern könnte.

USA contra Russland: Senator Graham denkt an Reagan und nennt Biden „Reh im Scheinwerferlicht“

Graham verwies in dem Gespräch, das einer Abrechnung mit US-Präsident Joe Biden gleichkam, auf einen von dessen Vorgängern: „Was hätte Ronald Reagan nun getan? Er würde damit anfangen, russische Flugzeuge abzuschießen, wenn sie unsere bedrohen würden. Die amerikanische Außenpolitik befindet sich im freien Fall.“

Der 67-Jährige wähnt die USA „an verschiedenen Fronten“ in einer „gefährlichen Situation“, nannte dabei auch die chinesischen Spionage-Ballons über dem Territorium der Vereinigten Staaten oder den Zwist mit dem südlichen Nachbarn Mexiko. Biden warf er vor, „wie ein Reh im Scheinwerferlicht“ zu agieren – also so verängstigt, dass er nicht klar denken kann.

Lindsey Graham steht an einem Pult und hebt den rechten Zeigefinger
Fordert eine US-Antwort auf den Zwischenfall mit der Drohne: Senator Lindsey Graham knöpft sich US-Präsident Joe Biden vor. © IMAGO / ZUMA Wire

Graham schimpft nach Drohnen-Vorfall in Richtung Biden: „Niemand respektiert Sie“

Außerdem betonte Graham, dass die russische Annexion der Krim in die Amtszeit von Bidens Parteifreund Barack Obama fiel und fragte provokativ: „Glaubt jemand nur eine Minute, dass Russland die Invasion in die Ukraine gestartet hätte, wenn Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten wäre?“

Der entschiedene Befürworter von Militäreinsätzen begegnete dem 2020 abgewählten Staatsoberhaupt während dessen Amtszeit immer sehr kritisch. Jedoch lange nicht so sehr wie nun Biden, dem er über den Bildschirm entgegenwarf: „Niemand respektiert Sie. Wenn Sie ihr Spiel nicht ändern, kommt es zum Dritten Weltkrieg.“

Nach Drohnen-Zwischenfall: Russischer Botschafter warnt USA und spricht von „Kriegserklärung“

Den könnte jedoch auch Graham selbst mit seinen forschen Ansagen in Richtung Russland heraufbeschwören. Denn auf diese reagierte Anatoli Antonow, russischer Botschafter in den USA, laut der russischen Nachrichtenagentur TASS ebenso unmissverständlich: „Ein vorsätzlicher Angriff auf ein russisches Flugzeug im neutralen Luftraum ist nicht nur ein Verbrechen nach internationalem Recht, sondern eine offene Kriegserklärung an die größte Atommacht.“

Weiter warnte der Diplomat, ein bewaffneter Konflikt zwischen Russland und den USA sei nicht vergleichbar mit dem „Stellvertreterkrieg, den die Amerikaner aus der Ferne gegen uns in der Ukraine führen“. Um dann in Richtung Graham zu schießen: „Ist das Kapitol bereit dazu, die amerikanischen Bürger und die internationale Gemeinschaft dem Risiko eines ausgewachsenen Atomkriegs auszusetzen? Geben Sie uns die Antwort, verehrter Senator!“

Video: USA veröffentlichen Bildmaterial zu Drohnen-Absturz

Zerstörung von US-Drohne: Russischer Botschafter wirft US-Militär „unprofessionelles Handeln“ vor

Zugleich wiederholte Antonow noch einmal die offizielle Reaktion des russischen Verteidigungsministeriums zum Zwischenfall, der zum Absturz der US-Drohne führte: „Unsere Kampfflugzeuge sind nicht mit der amerikanischen Drohne in Berührung gekommen.“ Vielmehr habe Russland alles dafür getan, um so einen Zwischenfall zu verhindern.

Natürlich sei der Verlust der „teuren Ausrüstung“ für das Pentagon „eine Schande“. Antonow sieht die Schuld aber bei den USA: „In diesem Fall sollte das US-Militär die Vorwürfe unprofessionellen Handelns bei sich selbst suchen.“

Graham contra Antonow: Russischer Botschafter erinnert an Aufruf zum Attentat auf Putin

Bezüglich Grahams Aussagen stellte er klar: „Die Forderungen einiger Abgeordneter gehen weit über den gesunden Menschenverstand hinaus.“ Zugleich monierte Antonow, dass es „keineswegs der erste Versuch dieses berüchtigten Abgeordneten“ sei, „eine gefährliche Eskalation in den amerikanisch-russischen Beziehungen zu provozieren. Vor einem Jahr forderte er unsere Bürger auf, ein Attentat auf den russischen Präsidenten zu verüben.“

Via Twitter hatte der Republikaner kurz nach Beginn der Invasion nach einem neuen Brutus oder Claus Schenk Graf von Stauffenberg gesucht, um Wladimir Putin zu beseitigen. Brutus zählte zu der Gruppe der Senatoren, die den römischen Herrscher Julius Cäsar ermordeten, Stauffenberg scheiterte mit dem bekanntesten Attentatsversuch auf Adolf Hitler, der mit seinem Eroberungsfeldzug in Europa den Zweiten Weltkrieg auslöste.

Anatoli Antonow steht vor mehreren Mikrofonen
Sieht die Schuld an dem Zwischenfall in den USA: Anatoli Antonow ist seit September 2017 Russlands Botschafter in Washington. © IMAGO / ITAR-TASS

Ukraine-Krieg: Graham moniert zu wenig Hilfe aus Frankreich und Deutschland

Antonow schlug aber auch versöhnliche Töne an, die allerdings wohl ebenso mit Vorsicht zu genießen sind wie die Drohungen. „Wir suchen keinen Konflikt mit einer Atommacht. Wir unterhalten weiterhin Kontakte, auch über das Verteidigungsministerium, um unbeabsichtigte Zwischenfälle zu vermeiden“, erklärte der Botschafter, ließ aber auch einen Seitenhieb folgen: „Ich wünschte, die US-Politiker hätten dieselbe Einstellung zu den Beziehungen mit Russland.“

Graham schoss derweil nicht nur gegen Moskau und den US-Präsidenten, sondern auch die Verbündeten in Europa. In jenem Fox-Interview schimpfte er: „Wir müssen Frankreich und Deutschland hart dafür rannehmen, dass sie der Ukraine nicht genug helfen, die in ihrem Hinterhof liegt.“ Sein Schlusssatz war sicher nicht ohne Hintergedanken platziert: „Ich war noch nie so besorgt über die Stabilität in der Welt wie aktuell.“ (mg)

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