Siegfried Russwurm, BDI-Präsident, spricht an einem Pult.
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Siegfried Russwurm, BDI-Präsident: "Große Sympathie für eine optionale Erhöhung der Wochenarbeitszeit".

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BDI-Chef zeigt "Sympathie" für längere Wochenarbeitszeit

Der Arbeitskräftemangel in Deutschland wird immer größer. Neben der Rente mit 70 steht als Maßnahme auch die 42-Stunden-Woche im Raum. Industrie-Präsident Siegfried Russwurm hält letztere für leichter umsetzbar.

Arbeitskräfte fehlen, Deutschland sucht nach Lösungen. Ökonomen bringen dabei eine Verlängerung der Arbeitszeit ins Gespräch. Eine Maßnahme, über die auch der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, nachdenkt.

In einem Interview mit der "Funke-Mediengruppe" antwortete er, angesprochen auf die 42-Stunden-Woche: "Wenn die Babyboomer in Rente gehen, geht diesem Land massiv Arbeitskraft verloren, und schon heute fehlen uns an vielen Stellen Arbeitskräfte. Ich habe persönlich große Sympathie für eine optionale Erhöhung der Wochenarbeitszeit – natürlich bei vollem Lohnausgleich."

Längere Arbeitszeit als Ausgleich für Bevölkerungsentwicklung

Eine solche längere Wochenarbeitszeit "wäre sicherlich leichter umzusetzen als eine allgemeine Einführung der Rente mit 70", argumentierte der BDI-Präsident.

In der Diskussion um langfristig sinkende Einkünfte der Rentenversicherung hatte sich zuvor schon der Wirtschaftsforscher Michael Hüther für eine 42-Stunden-Woche als Regelarbeitszeit ausgesprochen. "Es braucht die 42-Stunden-Woche. Die Stunden werden natürlich bezahlt - es geht nicht darum, durch die Hintertür am Lohn zu kürzen", erklärte Hüther. In der Schweiz werde pro Woche bereits zwei Stunden mehr gearbeitet als in Deutschland, in Schweden eine Stunde mehr. "Wenn man das aufsummiert, dann würde man bis 2030 den demografisch bedingten Verlust an Arbeitsvolumen kompensieren."

Gewerkschaften halten nichts von 42-Stunden-Woche

Widerspruch kam prompt von den Gewerkschaften. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel empfindet längere Arbeitszeiten als "billige Scheinlösungen" für die Alterssicherung. Sie warnte vor "überlangen Arbeitszeiten", die auf Dauer krank machten. Um die Rentenversicherung stattdessen zukunftsfähig aufzustellen, seien eine flächendeckende tarifliche Entlohnung und eine Sozialversicherungspflicht ab dem ersten verdienten Euro nötig, ohne Ausnahmen bei Minijobs, Saisonarbeit, Selbstständigkeit und den Bezügen von Mandatsträgern.

Auch die IG Metall wies den Vorstoß zur höheren Wochenarbeitszeit zurück. "Längere Arbeits- und kürzere Ruhezeiten führen nicht zu mehr Fachkräften, sondern zu einem Raubbau an der Gesundheit der Beschäftigten", warnte Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Gewerkschaft. Sein Gegenvorschlag: Wer mehr Fachkräfte wolle, müsse Arbeitsplätze attraktiver machen, mehr aus- und weiterbilden, für mehr Vereinbarkeit sorgen sowie die Teilzeitfallen abbauen, mahnte Urban.

Debatte auch über Verkürzung der Arbeitswoche

Für Ehrenämter, die Versorgung von Angehörigen oder Freizeitaktivitäten würde bei einer längeren Arbeitswoche weniger Zeit bleiben. Um Berufe, etwa im Pflegebereich, attraktiver zu machen, wird stattdessen über eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit diskutiert. Zwar ist der Beweggrund dahinter ein anderer, aber auch die Debatte über eine Vier-Tage-Woche ist noch nicht vorbei.

BDI-Präsident fordert mehr Kohleverstromung

Neben der 42-Stunden-Woche mahnte BDI-Präsident Russwurm angesichts der gedrosselten Gaslieferungen aus Russland zudem einen Kurswechsel bei der Stromerzeugung an. Er sprach sich dafür aus, kurzzeitig wieder mehr auf Kohle zu setzen.

  • Zum Artikel: "Gasmangel: BDI fordert übergangsweise mehr Kohleverstromung"

Mit Material von dpa.

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