Einigung gefordert

DGB zur Kinder­grundsicherung: „Finanzminister Lindner darf einer Einigung nicht länger im Weg stehen“

Ein kleines Kind hält eine Erdbeere und Schokolade in den Händen in der Ausgabestelle Paul-Schneider-Haus der Berliner Tafel. (Symbolbild)

Ein kleines Kind hält eine Erdbeere und Schokolade in den Händen in der Ausgabestelle Paul-Schneider-Haus der Berliner Tafel. (Symbolbild)

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Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat Bundes­finanz­minister Christian Lindner (FDP) aufgefordert, seinen Widerstand gegen die von Familien­ministerin Lisa Paus (Grüne) geplante Kinder­grundsicherung aufzugeben und an Kompromissen mitzuwirken. „Finanz­minister Lindner darf einer Einigung nicht länger im Weg stehen“, sagte DGB-Vorstands­mitglied Anja Piel dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND). Wenn die Kinder­grundsicherung wie geplant Ende August vom Kabinett beschlossen werden solle, müsse sich die Ampel zügig sortieren, betonte sie. „Aber nicht allein die FDP, sondern auch die übrigen Koalitions­partner mit Bundes­kanzler Olaf Scholz persönlich an der Spitze sind dafür verantwortlich, dass jetzt aus einem guten Plan ein gutes Gesetz wird, eines, das für alle Kinder mehr Chancen schafft“, mahnte die Gewerkschafterin.

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Inhaltlich forderte der DGB unter anderem, auch die Leistungen aus dem sogenannten Teilhabe­paket von monatlich 15 Euro in die Kinder­grundsicherung zu integrieren. „Im Moment kommen Hilfen beispielsweise für den Sportverein oder Ferien­freizeiten nämlich nur bei einem von sechs berechtigten Kindern tatsächlich an“, sagte Piel. Pauschale Leistungen, die ohne Hürden an die Familien ausgezahlt würden, funktionierten am besten. „Statt dem so oft gepredigten ‚einfach und unbürokratisch‘ will die FDP, dass ausgerechnet die durch Arbeitslosigkeit und Armut gebeutelten Familien sich die passenden Hilfen für soziale Teilhabe über ein Online­portal zusammen­suchen sollen“, kritisierte sie. Die Sorge, dass Eltern das Geld aus der Kinder­grundsicherung zweck­entfremden, sei im Übrigen ebenso vorurteils­beladen wie unbegründet. Das belege unter anderem eine wissenschaftliche Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung.

Leistungen erreichen nicht die Anspruchs­berechtigten

Die Ampel hatte sich im Koalitions­vertrag darauf geeinigt, eine Kinder­grundsicherung einzuführen und darunter verschiedene Familien­leistungen zu bündeln. Die Kinder­grundsicherung soll aus einem Garantie­betrag für alle Kinder und einem einkommens­abhängigen Zusatz­betrag bestehen. Die Grünen dringen im Rahmen der Reform auf eine Erhöhung der Leistungen für Kinder. Die FDP ist der Ansicht, dass es ausreicht, wenn alle Kinder, die anspruchs­berechtigt sind, auch die finanzielle Unterstützung erhalten. Aktuell beantragen viele Familien gewisse Hilfen nicht, weil sie entweder nicht ausreichend Informationen darüber haben oder die Anträge zu kompliziert sind.

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Der Sozialverband VdK verlangte eine automatisierte Überweisung des Garantie- und Zusatz­betrages der Kinder­grundsicherung. „Wir brauchen eine Kinder­grundsicherung mit einer automatisierten Auszahlung“, sagte Verbandschefin Verena Bentele dem RND. Dazu müsse Finanz­minister Lindner die Voraus­setzungen schaffen, nämlich durch Verknüpfung und Austausch von Steuerdaten mit den Behörden, die die Sozial­leistungen auszahlten. Nur so ist eine automatisierte Auszahlung des einkommens­abhängigen Zusatz­betrages durch die Familien­kasse möglich.

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„Das Argument, das Geld sei nicht da, halte ich für nicht schlüssig“

Bentele beklagt, aktuell würden die Bildungs- und Teilhabe­leistungen nur zu 15 Prozent in Anspruch genommen und der Kinder­zuschlag nur zu 35 Prozent. „Alle Kinder würden bei einer automatischen Auszahlung eine gute Förderung erhalten“, sagte sie und pochte weiter auf eine Abkehr vom aktuellen System. „Heutzutage profitieren Eltern mit mehr Geld noch mehr durch Kindergeld und Steuer­freibeträge, während Eltern mit wenig Geld benachteiligt werden. Sie erhalten nur das Kindergeld“, kritisierte sie.

Bentele hält bis zu 24 Milliarden Euro zur Umsetzung der Kinder­grundsicherung für notwendig. „Das halte ich für einen guten, finanziellen Rahmen, um eine echte Kinder­grundsicherung umzusetzen“, sagte sie und forderte zur Finanzierung der Kosten Steuer­erhöhungen: „Zur Gegen­finanzierung könnte die Ampel großes Vermögen und Erbschaften höher besteuern“, so die Verbandschefin.

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Paus hatte zuletzt von einem Bedarf von bis zu 7 Milliarden Euro gesprochen, während im Haushalt bisher allerdings nur ein Platzhalter von 2 Milliarden Euro eingestellt wurde. Bentele sagte, die 2 Milliarden Euro, die Lindner bisher vorgesehen habe, würden auf keinen Fall reichen, um eine gute Kinder­grundsicherung zu finanzieren. „Das Argument, das Geld sei schlichtweg nicht da, halte ich für nicht schlüssig. Das ist eine Frage des politischen Willens“, mahnte sie.

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