Darmstadt. Der Weg zum Getränkeautomaten am Arbeitsplatz ist regelmäßig unfallversichert. Das Landessozialgericht Hessen (LSG) hat in einem am Dienstag, 21. Februar 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: L 3 U 202/21) entschieden, dass ein Arbeitsunfall vorliegt, auch wenn sich der Getränkeautomat in einem Sozialraum befindet und die Arbeitnehmerin beim Kaffee-Holen stürzt. Von den Richtern in Darmstadt wurde jedoch die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zugelassen.

Eine Verwaltungsangestellte eines Finanzamtes hatte Klage eingelegt. Die 57-Jährige zog sich einen Lendenwirbelbruch zu, als sie beim Kaffee-Holen auf dem Weg zum Getränkeautomaten im Sozialraum des Finanzamtes auf nassem Boden stürzte. Sie wollte, dass die Unfallkasse Hessen den Unfall als Arbeitsunfall anerkennt.

Der Unfallversicherungsträger weigerte sich jedoch. Mit dem Durchschreiten der Kantinentür ende regelmäßig der Versicherungsschutz.

Das LSG stellte in seinem Urteil vom 7. Februar 2023 jedoch klar, dass es sich hier nicht um eine Kantine handelt habe. Das Zurücklegen des Weges zu einem Getränkeautomaten, der im Betriebsgebäude aufgestellt ist, habe einen inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit der Klägerin. Besorge sich ein Arbeitnehmer Nahrungsmittel zum alsbaldigen Verzehr, dann sei dies grundsätzlich unfallversichert. Anderes gelte nur, wenn die Lebensmittel für den häuslichen Bedarf gekauft werden. Nicht unter dem Versicherungsschutz falle die Nahrungsaufnahme selbst, da dies dem privaten Lebensbereich zuzurechnen sei.

Mit dem Durchschreiten der Tür zum Sozialraum ende hier auch nicht der Versicherungsschutz. Der Sozialraum befinde sich innerhalb des Betriebsgeländes. Damit gehöre er zum Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Das LSG stellte auch fest, dass der Sozialraum zum Zeitpunkt des Unfalls auch nicht als Kantine oder zur Nahrungsaufnahme genutzt worden sei.

Beim Toilettengang und dem Mittagessen in der Kantine handelt es sich nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte um eigenwirtschaftliche Tätigkeiten, die der Privatsphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen seien. Daher sind Unfälle, die sich in Toiletten oder Kantinen ereignen, nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung als Arbeitsunfälle gedeckt.

Nach einem Urteil des LSG Stuttgart vom 27.03.2017 gelte gleiches auch dann, wenn Beschäftigte während der Arbeit mal draußen „frische Luft schnappen“ wollen (Az.: L 3 4821/16).

Laut Stuttgarter Richter müsse bei einem Arbeitsunfall ein Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bestehen. Da die Frau den Kaffee direkt während der Arbeit trinken wollte, sei dies hier der Fall.