Hören wie Gott in Frankreich

Focal Alpha 65 Nahfeldmonitor im Test

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Der nahe Lyon ansässige französische Hersteller Focal blickt auf eine schon über 30 Jahre währende Firmengeschichte zurück und hat sich heute als Hersteller hochwertiger High-End-Produkte in mehreren Bereichen der Audiotechnik etabliert. Das Topmodell SM9 und auch die kleineren Modelle der CMS-Serie konnten sich so bereits in unseren Tests bestens darstellen. Unlängst wurde nun das Programm nach unten hin mit der Alpha-Serie ausgeweitet. Der von uns getestete Alpha 65 ist schon für einen Straßenpreis von knapp unter 300,— Euro erhältlich.

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(Bild: Dieter Stork und Anselm Goertz)

»Muss sich wirklich jeder Hersteller in diesem hart umkämpften Preissegment umtreiben?«, könnte man sich da fragen. Eigentlich nicht, aber fast jeder fängt einmal klein und auch mit kleinem Budget an. Als Edelhersteller mit einer preiswerten Serie auch hier schon für den Kunden präsent zu sein, kann sich somit indirekt auszahlen, wenn der Kunde zufrieden ist und der Marke weiterhin treu bleibt. Die Alpha-Serie geht mit drei Modellen der 80, der 65 und der 50 an den Start – die Zahl steht jeweils für den Durchmesser des Tieftöners in Zehntel-Zoll.

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Bestückt sind die Alpha in guter Focal-Tradition mit Tieftönern mit Polyglas-Membran. Diese ist als eine Art Sandwich aufgebaut und verspricht ein besonders resonanzarmes und steifes Verhalten. Der Hochtöner kommt als inverse Kalotte daher, ebenfalls eine Tradition bei Focal. Die Membranen der Kalotten in der Alpha-Serie bestehen aus Aluminium, im Gegensatz zu den teureren Modellen mit Membranen aus Beryllium. Umgeben wird die Membran von einem flachen Waveguide, das den Öffnungswinkel der Kalotte beim Übergang zum Tieftöner anpasst, sodass eine Sprungstelle in den Isobaren vermieden wird.

Das Gehäuse ist wie üblich aus MDF mit Kunststoffbeschichtung gefertigt. Im Innern gibt es noch eine Verstrebung zwischen den Seitenwänden, die so die größten Flächen der Box stabilisiert. Außen auf den Seitenflächen sind Verkleidungen aus Kunststoff aufgesetzt, die das Gehäuse insgesamt etwas abrunden und Kanteneffekte reduzieren.

Das Tieftongehäuse ist als Bassreflexgehäuse mit Tunneln auf der Vorderseite konstruiert. Auch hier hat man die Regeln der Technik beflissentlich beachtet und die Bassreflextunnel hinreichend großflächig und mit entsprechenden Rundungen an den Kanten sowohl innen als auch außen versehen.

Elektronik

Die Elektronik befindet sich komplett auf der herausnehmbaren Rückwand. Alle kritischen Teile sind ordentlich verklebt und die Kabel mit Schaumstoff umhüllt. Schaltungstechnisch ist die Elektronik »Old school«-Standard mit herkömmlichem Niederfrequenztrafo und TDA Endstufen ICs, was hier keineswegs negativ gemeint ist. In puncto Audioqualität sind die Class-AB-Verstärker in den TDA-ICs vielen modernen Class-D-Verstärkerchen immer noch deutlich überlegen. Ein zweites kleines Netzteil versorgt die Box im Standby-Modus; liegt über 30 Minuten kein Signal an, dann wird das große Netzteil automatisch abgeschaltet. Sobald das Eingangssignal einen bestimmten Level überschreitet, schaltet sich die Elektronik wieder zu.

Die Bedienelemente sind klar angeordnet und beschriftet. Je ein Poti ermöglicht die Einstellung eines Low- und eines High-Shelving-Filters mit maximal ±6 bzw. ±3 dB Einstellbereich. Die Wirkung der Filter für die Extremeinstellungen zeigen die blauen Kurven in Abbildung 01 (s.Kasten Seite 38). Die Eingänge sind sowohl symmetrisch mit XLR-Buchse als auch unsymmetrisch mit Cinchbuchsen ausgeführt. Die Leistung der Endstufen wird von Focal mit 70 W für den Tieftöner und 35 W für den Hochtöner angegeben.

Aus dem Messlabor unter reflexionsfreien Bedingungen stammen die folgenden Messungen zum Frequenzgang, zum Abstrahlverhalten und zu den Verzerrungswerten. Der Klasse-1-Messraum erlaubt Messentfernung bis zu 8 m und bietet Freifeldbedingungen ab 100 Hz aufwärts. Alle Messungen erfolgen mit einem B&K 1/4″-4939-Messmikrofon bei 96 kHz Abtastrate und 24 Bit Auflösung mit dem Monkey-Forest Audio-Messsystem. Messungen unterhalb von 100 Hz erfolgen als kombinierte Nahfeld-Fernfeldmessungen.

Frequenzgang auf Achse gemessen in 2 m Entfernung. Oben die Filterkurven für die Bass(grün)- und Tweeter-Level(blau)-Einstellungen mit maximal ±6 und ±3 dB. Die graue Linie liegt bei −6 dB. Die Eckfrequenzen sind die Schnittpunkte mit dem Frequenzgang bei 38 Hz und 21,1 kHz. Die hellblauen Linien zeigen den Bereich der Welligkeit zwischen 100 Hz und 10 kHz.
Der Phasengang weist am unteren Ende auf das Bassreflexgehäuse mit zusätzlicher elektrischer Hochpassfilterung hin. Im Bereich der Trennfrequenz bei 3 kHz gibt es weitere 360°-Phasendrehung. Das aus dem Amplituden- und Phasenverlauf abgeleitete Spektrogramm aus Abbildung 04 weist bis 2 kHz einige Reso - nanzen auf.
Maximalpegel bezogen auf 1 m Entfernung bei höchsten 3 % Verzerrungen (rote Kurve) und bei höchstens 10 % Verzerrung (blaue Kurve) für den Tieftonbereich bis 200 Hz
Die Resonanzen gehen vermutlich auf stehende Wellen aus dem Gehäuse hervor. Ein Blick ins Innere der Monitore zeigt Dämmmaterial nur direkt auf den Gehäusewänden, wo die Wirkung weniger gut ist. Günstiger wäre, auch die Mitte des Gehäuses mit etwas Dämmmaterial zu füllen
Horizontales Abstrahlverhalten in der Isobarendarstellung; der Pegel ist beim Übergang von Gelb auf Hellgrün um 6 dB gegenüber der Mittelachse abgefallen.
Vertikales Abstrahlverhalten mit gemäßigten Interferenz-Effekten im Bereich der Übernahmefrequenz
Gute Verzerrungsverhalten: Messung der Intermodulationsverzerrungen mit einem Multisinussignal mit EIA-426B-Spektrum und 12 dB Crestfaktor bei 85 dBA Leq in 2 m Abstand (rote Kurve). Der Spitzenpegel Lpk betrug dabei 101,5 dB, ebenfalls in 2 m Abstand.
Gemittelte Frequenzgangmessung über je 30 Positionen für den linken und rechten Lautsprecher um den Hörplatz (blau). Unterhalb von 150 Hz sind die Raummoden gut zu erkennen. Aus den Messungen wurde ein EQ (grün) zur Raumkorrektur abgeleitet. Zusammen mit dem Raum-EQ stellt sich eine gemittelte Kurve um den Hörplatz entsprechend der roten Kurve ein.

Hörtest

Im Hörtest verhielten sich die Alphas gutmütig. Neben den unvermeidlichen Raumkorrekturen waren kaum Anpassungen notwendig, um auf den Wunschfrequenzgang zu kommen. Dank des gleichmäßig breiten Abstrahlverhaltens gestaltet sich auch die Wahl der Hörposition weitgehend unkritisch. Lediglich in der Vertikalen sollte man darauf achten, mit den Ohren möglichst auf der Höhe der Mittelachse zwischen Hoch- und Tieftöner zu sein. Die Alphas sollten zudem, wie fast alle 2-Wege-Monitore, unbedingt aufrecht stehend betrieben werden und nicht auf der Seite liegend, wie man es immer mal wieder sieht.

Eine Abhörentfernung von 1 bis 2 Metern ist optimal. Größere Distanzen fallen den Alpha 65 schwer. Bei kurzen Distanzen profitieren sie vom geringen Abstand zwischen Hoch- und Tieftöner. Das Klangbild neigt ein wenig dazu, an den Lautsprechern zu kleben, wobei das Stereobild auch weit außerhalb des Hotspots gut erhalten bleibt. Überzeugen können zudem die tiefen und bei Bedarf auch kräftigen Bässe aus dem kleinen Focal-Monitor.

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(Bild: Dieter Stork und Anselm Goertz)

 

Fazit

Die Alpha 65 als mittleres Modell in der preiswerten Alpha-Serie des französischen Herstellers Focal kommt als gutes Arbeitstier daher, wenn man diesen Ausdruck hier einmal benutzen darf: keine Extreme, gutmütig in der Anwendung, unkritisch in der Aufstellung und durchweg neutral im Charakter. Launen und bevorzugte Musikarten kennt die Alpha nicht, so wie es bei einem guten Monitor sein sollte. Die Messwerte sind ordentlich, Verarbeitung und Ausstattung sind ebenfalls ok, und der Preis stimmt allemal.

+ Messwerte

+ Klangqualität

+ Einsatzmöglichkeiten

+ Verarbeitung und Wertigkeit

++ Preis/Leistungs-Verhältnis

Alpha 65

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(Bild: Dieter Stork und Anselm Goertz)

Hersteller/Vertrieb

Focal / Sound Service

UvP/Straßenpreis

pro Paar 712,— Euro / ca. 590,— Euro

www.sound-service.eu


 

Profil Focal Alpha 65

Frequenzbereich: 38 Hz — 21,1 kHz (−6 dB)

Welligkeit: 6,4 dB (100 Hz — 10 kHz)

hor. Öffnungswinkel: 120 Grad (−6 dB Iso 1 kHz — 10 kHz)

 hor. Standardabweichung: 16 Grad (−6 dB Iso 1 kHz — 10 kHz)

ver. Öffnungswinkel: 83 Grad (−6 dB Iso 1 kHz — 10 kHz)

ver. Standardabweichung: 36 Grad (−6 dB Iso 1 kHz — 10 kHz)

max. Nutzlautstärke: 100,2 dB (3% THD 100 Hz — 10 kHz)

Basstauglichkeit: 101 dB (10% THD 50 — 100 Hz)

Maximalpegel in 1 m (Freifeld) mit EIA-426B-Signal bei Vollaussteuerung: 93 dBA Leq und 108 dB Peak

Paarabweichungen: 2,4 dB (Maxwert 100 Hz — 10 kHz)

Störpegel (A-bew.): 25 dBA (Abstand 10 cm)

Maße: 252 x 348 x 309 mm (BxHxT)

Gewicht: ca. 9,4 kg

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich plane die Monitore ohne Subwoofer zu betreiben.
    Reichen hier die 65er oder sollte man hier die Alpha 80 nehmen.

    Vielen Dank im Voraus.

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Hi Daniel,

      habe heute die Focal 65 bei JustMusic Probe gehört, verglichen mit Adam T7V, Kali LP-6 und KRK RP7 hatten die Focal 65 tatsächlich den besten Bass. Volumen, Räumlichkeit und Knackigkeit klar besser.
      Die 80er hatte ich kurz an, habe aber keine Verbesserung in der Musik gemerkt. Die offiziellen Reviews sprechen sich auch für die 65er ggü. den 80ern aus.
      “Reichen” ist relativ. WIllst du Disco, brauchst du nen Sub! 😉

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