Vom Ringheiligtum zum Bestattungsplatz

23. Mai 2021 | Nachrichten | Keine Kommentare

Als Fund des Monats Mai 2021 beschreiben die Wissenschaftler des Landesamtes für Archäologie in Halle jüngste Untersuchungen der spätbronze- und früheisenzeitlichen Urnenbestattungenim Bereich der Ringgrabenanlage von Schönebeck. Funde belegen, dass nach Aufgabe der Ringgrabenanlage offenbar hier eine Nekropole bestand mit zahlreichen Grabhügeln und Urnenbestattungen. Luftbildsondierungen und geomagnetische Analysen ergänzt durch kürzliche erste Grabungen ließen auf bemerkenswerte Dimensionen des Bestattungsplatzes an der Elbe schließen.  

Erstaunliche Erkenntnisse gewann man durch neue aufwändige Untersuchungsmethoden. Während man früher meist invasiv die Urnen und Grabbeigaben vor Ort studierte, wurden jetzt höchst moderne aufschlussreiche Techniken eingesetzt. Die Urnen und sonstige Beigaben bleiben zunächst unberührt und werden im Fundzustand eingegipst. Diese transportablen Blöcke durchleuchtet man sorgfältig und zerstörungsfrei. Danach wird im Labor schonend eine sogenannte Mikro-Ausgrabung durchgeführt. Sorgfältig wird Schicht für Schicht der Leichenbrand freigelegt und ermöglicht anthropologische Untersuchungen an den Knochenresten. Beigaben wie Schmuck und Bronzenadeln liefern weitere Hinweise; Füllmaterial in den Urnen kann Pollen enthalten, was Aussagen über die Zeit der Bestattung ermöglicht. Die Urnengefäße waren oft Gebrauchsgefäße und dienten zunächst der Lagerung von Lebensmitteln. Darauf deuten Lipid- und Proteinanalysen an Urnenscherben hin. Die Restaurierung der Urnenbehältnisse ermöglicht ihre stilistische Einordnung in bestimmte zeitliche Horizonte.

Die Anwendung der Mikro-Ausgrabungstechnik eröffnet den Archäologen bislang nicht mögliche Erkenntnisse über unscheinbar wirkende Funde. Archäologische Funde können ohne Zeitdruck analysiert werden. Die unsachgemäße Entnahme von Funden aus ihrem Zeithorizont stellt oft einen unermeßlichen Schaden dar. Die unprofessionelle, auf Profit zielende Raubgräberaktivität zur Himmelsscheibe ist ein beredtes Beispiel hierfür.

(H.J. Ferenz)

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