Probleme mit Kampfpanzer Leopard Bundeswehr muss für Nato-Truppe wieder auf Panzersuche gehen

Leopard-Panzer des Typs 2 A7V der Bundeswehr bei einer Übung
Foto: ari / IMAGOGut sechs Wochen nach Amtsantritt erreichen Verteidigungsminister Boris Pistorius, SPD, langsam die ersten Hiobsbotschaften aus seiner Truppe. Laut einem Bericht des ZDF-Magazins »Frontal« kann die Bundeswehr ausgerechnet ihre Zusagen für die VJTF, so nennt die Nato ihre mobilste Eingreiftruppe, nicht oder nur mit erheblichen Verrenkungen erfüllen. Für den Minister, der seit seinem Amtsantritt immer wieder betont, Berlin sei innerhalb des Bündnisses ein verlässlicher Partner, kommt diese Nachricht zur Unzeit.
Die Details der neuen Misere sind schnell erklärt. Demnach kämpft das Panzerbataillon 393, das derzeit zum Teil die deutschen Kräfte für die VJTF der Nato stellt, mit erheblichen Ausfällen der Kampfpanzer Leopard 2 A7. Von den hochmodernen Kampfmaschinen müsste der Verband im Ernstfall eigentlich innerhalb von nur wenigen Tagen mindestens 30 für eine schnelle militärische Reaktion der Allianz auf mögliche Angriffe bereitstellen. Das jedenfalls hat Deutschland bei der Nato versprochen.
Das Ziel ist allerdings laut den Zahlen nicht zu erreichen. Stattdessen müsste der Verband aus Thüringen, der sich seit mindestens zwei Jahren auf den VJTF-Einsatz vorbereitet, im Ernstfall Panzer von anderen Einheiten ausleihen, um die Zusagen zu erfüllen. Genau dieses Zusammenklauben von Material, bei der Truppe als »dynamisches Verfügbarkeitsmanagement« regelrecht verschrien, wollte die Bundeswehr für die Nato-Aufgaben eigentlich abstellen. Stattdessen sollten die für die VJTF vorgesehenen Einheiten komplett mit Material ausgestattet sein.
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Das ZDF beruft sich in dem Bericht auf eine interne Alarmmeldung, die in den vergangenen Tagen im Kommando Heer zirkuliert. Demnach sind nach aktuellem Stand nur 20 der rund 40 Panzer des Bataillons aus Thüringen einsatzbereit. Im Januar war der sogenannte Klarstand noch niedriger und lag bei nur 17 einsatzbereiten Leopard-2-Panzern. Für das kommende Jahr wird in dem Papier auch eine Prognose erstellt, die nicht besonders rosig aussieht. So rechnen die Planer nicht damit, dass das Bataillon bis Ende 2023 wieder aus eigener Kraft die der Nato versprochenen 30 Leopard-2-Panzer stellen kann.
In Bundeswehrkreisen wurden die neuen Probleme bestätigt. Demnach müssten die Leopard 2 A7V, die modernste Variante des Waffensystems, dieses Jahr fast komplett zur routinemäßigen Wartung, die alle zwei Jahre vorgeschrieben sei. Hinzu komme, dass es bei der Inspektion durch den Hersteller teils erhebliche Verzögerungen gebe, Grund sei unter anderem ein Mangel an dringend benötigten Ersatzteilen. Folglich müsse man für die VJTF-Verpflichtungen nun Leopard-Panzer aus anderen Verbänden abziehen.
Insgesamt verfügt das Heer über 40 einsatzbereite Leopard-Panzer des Typs 2 A7V
Die neuen Probleme sind für Deutschland ziemlich peinlich. So gilt die VJTF, die auch gern als Speerspitze der Allianz bezeichnet wird, als Beweis, dass die Allianz auf eine Aggression durch Russland schlagkräftig reagieren kann. Dass die Bundeswehr, die sich seit Jahren auf diese Aufgabe vorbereitet, ausgerechnet hier schwächelt, wird die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Deutschen erneut befeuern. Gut 8000 Soldaten und Soldatinnen stellt die Truppe derzeit für die VJTF, im Ernstfall müssten sie innerhalb von nur einigen Tagen kampfbereit ausrücken.
Konkret soll laut dem ZDF-Bericht nun ein anderer Verband die Lücken schließen. »Die VJTF-Verpflichtung kann nur unter Rückgriff auf das Panzerbataillon 104 erfolgen«, zitiert der Sender aus einem internen Bundeswehrpapier. Dieser Verband ist in Bayern stationiert, im Ernstfall müssten die Panzer also von dort erst mal nach Thüringen verlegt werden.
In Bundeswehrkreisen hieß es, die Situation sei mehr als unangenehm. Trotzdem aber könne die Bundeswehr mit viel Mühe ihre Nato-Zusagen erfüllen. Insgesamt gebe es beim Heer derzeit 40 einsatzbereite Leopard 2 A7V-Modelle, folglich könne man im Ernstfall 30 für die Nato abstellen. Die eigene Ambition, dass die Verbände für die Nato-Eingreiftruppe voll ausgestattet sein sollen, indes muss die Bundeswehr spätestens jetzt wieder einsammeln.