Scholz in Kiew: Ukraine sollte EU-Beitrittskandidat werden

Stand: 17.06.2022, 09:14 Uhr

Deutschland tritt dafür ein, dass die Ukraine und die Republik Moldawien den Status eines EU-Beitrittskandidaten bekommen. "Die Ukraine gehört zur europäischen Familie", sagte Bundeskanzler Scholz in Kiew.

Auch Italiens Regierungschef Mario Draghi, Rumäniens Präsident Klaus Johannis und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprachen sich für den Schritt aus. "Auf jeden Fall unterstützen wir den Beitrittsstatus der Ukraine zur Europäischen Union“, sagt Macron. Der Beitrittsstatus werde von einem Fahrplan begleitet und die Situation der westlichen Balkanstaaten berücksichtigen.

Selenskyj dankt Scholz, Macron, Draghi und Johannis

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stehen während einer Pressekonferenz nebeneinander

Selenskyj, Macron und Scholz

Noch in der Nacht zeigte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zufrieden mit dem Besuch - und dankte den vier Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Deutschland, Italien und Rumänien für die Unterstützung. "Wir wissen Ihre Solidarität mit unserem Land und unserem Volk sehr zu schätzen", erklärte er. "Der EU-Kandidatenstatus könnte eine historische Entscheidung für Europa sein." Noch nie sei man seit der Unabhängigkeit der Ukraine so nah an die Europäische Union herangerückt.

Die EU-Kommission will am Freitag das Ergebnis ihrer Prüfung des ukrainischen Aufnahmeantrags bekanntgeben. Selenskyj sieht in dem Antrag eine Chance, "endlich die Grauzone zwischen der EU und Russland in Osteuropa beseitigen".

Bereits kurz nach dem Angriff Russland hatte die Ukraine am 24. Februar einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt. Die Entscheidung in der EU-Kommission muss einstimmig getroffen werden, voraussichtlich beim EU-Gipfel am 23. und 24. Juni in Brüssel.

Scholz: Ein langer Weg in die EU

Voraussetzungen für den Beitritt seien etwa Fragen der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie, sagte Scholz im ARD-"Brennpunkt". "Hier geht es um Hoffnung. Europa ist eine gute Idee", fügte er hinzu. Zum Zeithorizont sagte Scholz, das könne niemand seriös beantworten.

Aber: "Es es lohnt sich, das ist doch die Botschaft", ergänzte er im ZDF. "Und das ist kein einfacher, sondern ein sehr voraussetzungsvoller Weg, der auch sehr lange Zeit in Anspruch nehmen kann", machte Scholz deutlich. Das wisse auch jeder in der Ukraine.

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Scholz, Macron und Draghi in Kiew

Macron, Scholz, Draghi und Iohannis besuchen die ukrainische Stadt Irpin. Sie stehen mit mehreren Soldaten vor einem zertrümmerten Auto.

Besuch in Irpin

Scholz und Macron war am Donnerstag zusammen mit Italiens Regierungschef Mario Draghi und Rumäniens Präsident Klaus Johannis in der Ukraine gereist. Sie besuchten zunächst Irpin, einen teils völlig zerstörten Vorort von Kiew, und trafen Präsident Selenskyj.

Kanzler Scholz wird durch einen zerstörten Stadtteil geführt

Scholz sieht sich zerstörte Häuser an

Ähnlich wie im benachbarten Butscha wurden dort nach dem Rückzug der russischen Armee Ende März knapp 300 getötete Zivilisten gefunden. In Irpin wurden sie vom Sondergesandten des ukrainischen Präsidenten Selenskyj begleitet. Kurz nach ihrer Ankunft in Kiew war in der ukrainischen Hauptstadt Luftalarm ausgelöst worden.

Scholz: Deutschland unterstützt die Ukraine massiv

Scholz sicherte der Ukraine zudem weitere Waffenlieferungen zu, ohne aber konkreten Zusagen zu machen. "Wir unterstützen die Ukraine auch mit der Lieferung von Waffen, und wir werden das weiterhin tun, solange die Ukraine unsere Unterstützung benötigt", sagte er. "Gerade bilden wir ukrainisches Militär an modernsten Waffen aus, an der Panzerhaubitze 2000 und am Flugabwehrpanzer Gepard."

Zusätzlich habe er zugesagt, das moderne Flugabwehrsystem Iris-T zu liefern, "das eine ganze Großstadt gegen Luftangriffe verteidigen kann", so Scholz, und das Spezialradar Cobra. "Deutschland unterstützt die Ukraine massiv", so die Bilanz des Kanzlers.

Für Scholz der richtige Reise-Zeitpunkt

Männer vor zerstörtem Gebäude

Ein Besuch in Ruinen

Die Reise sollte ein Zeichen der Unterstützung der EU für die Ukraine im Kampf gegen Russland sein. In der Ukraine waren daran viele Erwartungen geknüpft. Das Fazit von ARD-Korrespondentin Tina Hassel: "Das war mehr als Symbolik. Das EU-Beitrittskandidatenversprechen ist ein großer Schritt."

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