BTGA Almanach 2024
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KALKSCHUTZ-<br />
ABER NATÜRLICH<br />
<strong>BTGA</strong> -<br />
ALMANACH<br />
<strong>2024</strong>
<strong>BTGA</strong> aktuell<br />
Zum Geleit<br />
Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Dürheimer,<br />
Präsident des <strong>BTGA</strong><br />
Frank Ernst,<br />
Hauptgeschäftsführer des <strong>BTGA</strong><br />
Die Branche der Technischen Gebäudeausrüstung<br />
(TGA-Branche) schaut mit Sorge auf<br />
die Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung<br />
in den Jahren <strong>2024</strong> und 2025: Der Einbruch<br />
in der Bauindustrie im vergangenen<br />
Jahr und die Verunsicherung, die durch politische<br />
Entscheidungen verursacht wurde,<br />
haben zu schlechten Aussichten auf die Auftragszahlen<br />
der kommenden Jahre geführt.<br />
Die Förderstopps Anfang und Ende 2023,<br />
der holprige Start der neuen Bundesförderung<br />
für effiziente Gebäude, ideologisch getriebene<br />
Vorgaben, endlose politische Streitereien<br />
sowie die Debatten und die rechtliche<br />
Auseinandersetzung um die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes<br />
haben dem Vertrauen<br />
in den Gestaltungswillen und die Verlässlichkeit<br />
politisch gesetzter Rahmenbedingungen<br />
der Bundespolitik nachhaltig geschadet. Die<br />
damit verbundene, in weiten Teilen unsachliche,<br />
falsche und polemische Berichterstattung<br />
hat diesen Trend zusätzlich verstärkt.<br />
Es ist für die gesamte Wirtschaft unseres<br />
Landes von entscheidender Bedeutung, den<br />
Weg zurück zu einer klaren, verständlichen,<br />
erklärenden und vor allem ehrlichen Kommunikation<br />
zu finden. Politik muss die Ziele<br />
und die als erforderlich erkannten Maßnahmen<br />
und Instrumente klar benennen und erklären.<br />
Diese müssen darüber hinaus längerfristig<br />
argumentativ und fördernd unterstützt<br />
werden – sowohl ideell als auch finanziell.<br />
Nur so sind vernünftige Entscheidungen<br />
möglich. Unternehmerinnen und Unternehmer<br />
dürfen nicht länger Spielball aufgeschobener<br />
oder revidierter Entscheidungen der<br />
Politik sein, sie brauchen vor allem verlässliche<br />
Rahmenbedingungen. Nur so können<br />
sie ihrer Verantwortung für die Gestaltung<br />
der Energie- und Gebäudewende, für sichere<br />
Arbeitsplätze und für das Funktionieren der<br />
Wirtschaft gerecht werden.<br />
Die vorliegende Ausgabe des <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong>s<br />
ist wieder ein faszinierendes Kompendium<br />
von Fachkenntnissen, Best Practices<br />
und wegweisenden Projekten. Sie spiegelt<br />
die Vielfalt der Disziplinen wider, die in<br />
der Gebäudetechnik zusammenkommen –<br />
von der Heizungs-, Lüftungs-, Klima-, Sanitär-<br />
und Elektrotechnik bis zur Regelungstechnik<br />
und Gebäudeautomation. Die Beiträge<br />
illustrieren eindrucksvoll, wie diese verschiedenen<br />
Elemente ineinandergreifen, um<br />
Gebäude effizienter, intelligenter und klimafreundlicher<br />
zu gestalten.<br />
Ein besonderer Schwerpunkt dieses <strong>Almanach</strong>s<br />
liegt auf der Hygiene unseres wichtigsten<br />
Lebensmittels: Trinkwasser. Verschiedene<br />
Fachleute beleuchten in ihren Beiträgen<br />
die geltenden Vorgaben für einen hygienischen<br />
Betrieb von Trinkwasser-Installationen<br />
und präsentieren Lösungsansätze für<br />
das Spannungsfeld zwischen „Gesundheitsschutz“<br />
und „Energieeffizienz“.<br />
Die Digitalisierung und die damit einhergehenden<br />
Chancen und Herausforderungen<br />
bilden einen weiteren Schwerpunkt<br />
des <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong>s. Die zunehmende Vernetzung<br />
von Gebäuden, die Integration von<br />
Künstlicher Intelligenz und die Nutzung von<br />
Big Data eröffnen neue Horizonte für die Gebäudetechnik.<br />
Gleichzeitig erfordern sie jedoch<br />
ein vertieftes Verständnis, verantwortungsvolle<br />
Anwendungen und eine ständige<br />
Weiterentwicklung der Sicherheitsstandards.<br />
Ein Fokus des <strong>Almanach</strong>s liegt auf den<br />
Menschen, die hinter der Technik stehen: Die<br />
Fachleute der Gebäudetechnik sind nicht nur<br />
Techniker, Ingenieure oder Planer, sondern<br />
Gestalter einer lebenswerten Umwelt. Ihre<br />
Expertise, ihre Leidenschaft und ihr Innovationsgeist<br />
prägen die TGA-Branche und tragen<br />
dazu bei, dass Gebäude nicht nur funktionale<br />
Räume sind, sondern Orte des Wohlbefindens,<br />
der Effizienz und der Sicherheit.<br />
Wir wünschen eine lohnende und erkenntnisreiche<br />
Lektüre!<br />
<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 3
<strong>BTGA</strong> aktuell<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Zum Geleit<br />
Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Dürheimer,Präsident des <strong>BTGA</strong><br />
Frank Ernst,Hauptgeschäftsführer des <strong>BTGA</strong> 3<br />
<strong>BTGA</strong> aktuell<br />
Die Organisationsstruktur des <strong>BTGA</strong> 6<br />
Der <strong>BTGA</strong> und seine Landesverbände 8<br />
Direkt- und Fördermitglieder des <strong>BTGA</strong> 9<br />
Technische Trends und Normung<br />
Gasbrennwertgeräte für den Betrieb mit Wasserstoff<br />
Dr.-Ing. Manfred Dzubiella, Head of Technical Innovation Management,<br />
Viessmann Climate Solutions SE, Allendorf<br />
Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Rogatty, Lead Trade Media,<br />
Viessmann Climate Solutions SE, Allendorf 10<br />
Versorgung auf Abruf durch Frischwasserstationen<br />
Adam Zuchowski, Produktmanager Energie & Wasserspeicher,<br />
Reflex Winkelmann GmbH, Ahlen 14<br />
Zu hohe Temperaturen in Deutschlands Schulen<br />
Dr.-Ing.Claudia Kandzia, Technische Referentin, FGK e.V.<br />
Thomas Waldhecker,Technischer Oberlehrer a. D., BLV e.V. 16<br />
Gebäudeautomation – Anforderungen an Investoren,<br />
Bauherren und Betreiber von Gebäuden<br />
Dipl.-Ing. Maik Benjamin Maibaum, Lead Solution Manager,<br />
Digital Water, Grundfos GmbH, Erkrath<br />
Dipl.-Ing. (FH) Franz Rebmann, technischer Referent, <strong>BTGA</strong> e. V. 20<br />
Gebäudeautomation –<br />
Gesetzliche Anforderungen fristgerecht umsetzen<br />
Dr.-Ing. Klaus Menge, Geschäftsführer,<br />
Horst Zacharias, Geschäftsführer, NEXZA GmbH, Hameln 22<br />
Zellularer Ansatz: Effiziente Lösung für die Zukunft der TGA<br />
Dipl.-Ing. Lukas Richter,<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter der AG „Intelligente hybride Heiztechnologien“,<br />
Bereich „Thermo-chemische Konversion“, DBFZ, Leipzig<br />
Dr.-Ing. Volker Lenz, Bereichsleiter „Thermo-chemische Konversion“,<br />
Forschungsschwerpunktleiter „Intelligente Biomasseheiztechnologien“,<br />
DBFZ, Leipzig<br />
M. Sc. Martin Dotzauer,<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter der AG „Biomasse im Energiesystem“,<br />
Bereich „Bioenergiesysteme“, DBFZ, Leipzig<br />
Prof. Dr.-Ing. habil. Joachim Seifert,<br />
Professur für Gebäudeenergietechnik und Wärmeversorgung, TU Dresden 24<br />
Zukunfts-Projekt: Energetische Sanierung im Gesundheitswesen<br />
Michael Jentzsch, Gebietsverkaufs leiter-Ost,<br />
Priva Building Intelligence GmbH, Tönisvorst 30<br />
Einfluss der Betriebsführung auf die Trinkwasserqualität<br />
Timo Kirchhoff M.Eng.,<br />
Leiter Produkt management, Gebr. Kemper GmbH + Co. KG, Olpe<br />
Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann, Ehem. FB Energie, Gebäude, Umwelt, FH Münster<br />
Prof. Dr. Lars Rickmann, FB Technik und Wirtschaft,<br />
SRH Hochschule in Nordrhein-Westfalen, Hamm<br />
Prof. Dr. Werner Mathys, Ehem. Institut für Hygiene, Universitätsklinikum Münster<br />
Prof. Dr.-Ing. Carsten Bäcker, FB Energie, Gebäude, Umwelt, FH Münster 34<br />
Das Resort Luisenhöhe – nicht alltägliche Herausforderungen<br />
Nicola Holweg M.A., Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,<br />
aquatherm GmbH, Attendorn 40<br />
Trinkwasserhygiene und Energiesparen im Einklang<br />
Dr. Peter Arens, Hygienespezialist, Schell GmbH & Co. KG, Olpe 44<br />
Arbeitsplätze für die Zukunft<br />
Dr.-Ing. Klaus Menge, Geschäftsführer,<br />
FRENGER SYSTEMEN BV Heiz- und Kühltechnik GmbH, Groß-Umstadt 48<br />
Qualifizierte Planung ist Grundlage<br />
für klimaresiliente Trinkwasserinstallation<br />
Dr. Christian Schauer, Leiter des Kompetenzbereichs Trinkwasser,<br />
Corporate Technology, Viega GmbH & Co. KG, Attendorn 52<br />
Nachhaltigkeit im Wohnungsbau<br />
Gerald Obernosterer, Leiter Key Account für Wärmenetze, Thermaflex<br />
Isolierprodukte GmbH, Herford<br />
Franz Rebl, Geschäftsführer Rebl & Penzkofer Immobilien GmbH &<br />
Geschäftsführer Franz Rebl Malereibetrieb GmbH, Landau an der Isar<br />
Alexander Penzkofer, Geschäftsführer Rebl & Penzkofer Immobilien GmbH &<br />
Geschäftsführer Penzkofer Bau GmbH, Regen 56<br />
Standardisierte oder spezialisierte Befestigungslösungen?<br />
Wolfgang Schwugier, Software & Service Manager Fastening and Protection,<br />
Hilti Deutschland AG, Kaufering 58<br />
Wirtschaftliche und umweltfreundliche Sicherheitsstromversorgung<br />
Dipl.-Ing. (FH) Stephan Kleiner, Key Account Manager für das Gesundheitswesen<br />
bei Bosch Thermotechnik GmbH, Buderus Deutschland, Wetzlar<br />
Dipl.-Ing. (FH) Vitalij Klassen, Produktmanager für KWK-Systeme und<br />
Stromspeicher bei Bosch Thermotechnik GmbH, Buderus Deutschland, Wetzlar 62<br />
Innovatives Ermitteln der Innenraumqualität<br />
mittels Simulationsmethoden und Virtual Reality<br />
Lukas Schmitt M.Sc., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Hermann-Rietschel-Institut,<br />
Technische Universität Berlin 64<br />
Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />
Mit praxisnahen Schulungen „Fit für Trinkwasser“<br />
Dipl.-Ing. M.Eng. Stefan Tuschy, Referent Berufsbildung, <strong>BTGA</strong> e.V. 68<br />
Künstliche Intelligenz im Gerichtssaal – Möglichkeiten und Grenzen<br />
Rechtsanwältin Britta Brass, Justiziarin des <strong>BTGA</strong> e.V. 72<br />
Die neue Trinkwasserverordnung 2023<br />
Rechtsanwalt Henning Wündisch, Partner, Rödl & Partner, Nürnberg<br />
Dipl.-Ing. (FH) Anke Klein, Geschäftsführende Gesellschafterin, SK+ TGM GmbH,<br />
Nürnberg 76<br />
Nominales Bauvolumen sinkt <strong>2024</strong> – Wohnungsbau bricht ein<br />
Jörn Adler, Referent für Wirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit, <strong>BTGA</strong> e.V. 80<br />
4 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
<strong>BTGA</strong> aktuell<br />
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ABER NATÜRLICH<br />
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nicht richtig warm, während andere völlig überhitzt<br />
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hydraulisch nicht optimiert und verschwendet<br />
teure Heizenergie.<br />
Der hydraulische Abgleich sorgt dafür, dass<br />
sich die Heizenergie optimal verteilen<br />
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Herausgeber: Bundesindustrieverband<br />
Technische Gebäudeausrüstung e.V.<br />
Hinter Hoben 149, 53129 Bonn<br />
Tel. 0228 94917-0 · Fax 0228 94917-17<br />
www.btga.de · E-Mail: info@btga.de<br />
Redaktion: Jörn Adler,<br />
Referent für Wirtschaft und<br />
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<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 5
<strong>BTGA</strong> aktuell<br />
Die Organisationsstruktur des <strong>BTGA</strong><br />
BDI – Bundesverband der<br />
Deutschen Industrie e. V.<br />
DIN – Deutsches Institut<br />
für Normung e. V.<br />
DVA – Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss<br />
für Bauleistungen<br />
DVGW – Deutscher Verein des<br />
Gas- und Wasserfaches e.V.<br />
EBD – Europäische Bewegung<br />
Deutschland<br />
FGK – Fachverband<br />
Gebäude-Klima e.V.<br />
IAI – Building Smart (Industrie-<br />
Allianz für Interoperabilität)<br />
Ifo – Institut für<br />
Wirtschaftsforschung e. V.<br />
planen-bauen 4.0 GmbH<br />
TWW – Technisches Weiterbildungszentrum<br />
Wolfenbüttel<br />
VDS – Vereinigung Deutsche<br />
Sanitärwirtschaft e. V.<br />
Verein für die Präqualifikation<br />
von Bauunternehmen<br />
ZIA – Zentraler Immobilien<br />
Ausschuss e. V.<br />
ZBA – Zentraler<br />
Berufsbildungsausschuss<br />
ZSPA – Zentraler<br />
Sozialpolitischer Ausschuss<br />
ZTA – Zentraler<br />
Technischer Ausschuss<br />
Fachbereiche: Elektrotechnik,<br />
Gebäudeautomation, Heizungstechnik,<br />
Kältetechnik, Raumluftund<br />
Reinraumtechnik, Sanitärtechnik<br />
ZWA – Zentraler<br />
Wirtschaftsausschuss<br />
FAR – Fachausschuss<br />
für Rechtsfragen<br />
BIM-Arbeitskreis<br />
Geschäftsführerkonferenz<br />
Präsidium<br />
Vorstand<br />
Mitgliederversammlung<br />
Fördermitglieder Direktmitglieder Landesverbände<br />
6 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
DEINZER + WEYLAND<br />
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<strong>BTGA</strong> aktuell<br />
Der <strong>BTGA</strong> und seine Landesverbände<br />
Bundesindustrieverband<br />
Technische Gebäudeausrüstung e.V.<br />
Hinter Hoben 149, 53129 Bonn<br />
Tel.: 0228 94917-0; Fax: 0228 94917-17<br />
Internet: www.btga.de<br />
E-Mail: info@btga.de<br />
Präsident: Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Dürheimer<br />
Hauptgeschäftsführer: Frank Ernst<br />
Industrieverband<br />
Technische Gebäudeausrüstung<br />
Baden-Württemberg e.V.<br />
Motorstraße 52, 70499 Stuttgart<br />
Tel.: 0711 135315-0; Fax: 0711 135315-99<br />
Internet: www.itga-bw.de<br />
E-Mail: verband@itga-bw.de<br />
Vorsitzender: Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Sautter<br />
Geschäftsführer: RA Jörg Staudenmayer<br />
Industrieverband<br />
Technische Gebäudeausrüstung<br />
Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen e.V.<br />
Raiffeisenstr. 18, 30938 Großburgwedel<br />
Tel.: 05139 8975-0; Fax: 05139 8975-40<br />
Internet: www.itga-mitte.de<br />
E-Mail: info@itga-mitte.de<br />
Vorsitzender: Dipl.-Ing. (FH) Niko Kirchdorfer<br />
Geschäftsführer: RA Dirk Drangmeister<br />
Industrieverband<br />
Technische Gebäudeausrüstung<br />
Bayern, Sachsen und Thüringen e.V.<br />
Am Tower 23, 90475 Nürnberg<br />
Tel.: 09128 92566-01<br />
Internet: www.itga-suedost.de<br />
E-Mail: info@itga-suedost.de<br />
Vorsitzender: Dipl.-Ing. (FH) M.Eng. Andreas Sell<br />
Geschäftsführer: Dipl.-Ing. (FH) Bernd Bürner<br />
VGT – Gesamtverband<br />
Gebäudetechnik e.V.<br />
Haynauer Str. 56A, 12249 Berlin<br />
Tel.: 030 76792910; Fax: 030 7761073<br />
Internet: www.vgt-az.de<br />
E-Mail: info@vgt-az.de<br />
Vorsitzender: Dipl.-Ing. M.Eng. Andreas Neyen<br />
Geschäftsführerin: Dipl.-Kffr. Carola Daniel<br />
Industrieverband Technische<br />
Gebäudeausrüstung und<br />
Umwelttechnik Hessen, Rheinland-<br />
Pfalz und Saarland e.V.<br />
(nach Eintrag im Vereinsregister)<br />
Emil-von-Behring-Straße 5,<br />
60439 Frankfurt/Main<br />
Tel.: 069 95809-109; Fax: 069 95809-233<br />
Internet: www.itga-hessen.de<br />
E-Mail: info@itga-hessen.de<br />
Vorsitzender: Dipl.-Ing. (FH) Martin Scherrer<br />
Geschäftsführer: RA Robert von Ascheraden<br />
Industrieverband<br />
Technische Gebäudeausrüstung<br />
und Energietechnik Nord e.V.<br />
Verband für Hamburg, Schleswig-Holstein<br />
und Mecklenburg-Vorpommern<br />
Winterhuder Weg 76, 22085 Hamburg<br />
Tel.: 040 329095-70; Fax: 040 329095-95<br />
Internet: www.itga-nord.de<br />
E-Mail: info@itga-nord.de<br />
Vorsitzender: Dipl.-Kfm. (FH) René Mannheim<br />
Geschäftsführer: RA Thomas Wiese<br />
Industrieverband<br />
Technische Gebäudeausrüstung<br />
Nordrhein-Westfalen e.V.<br />
Bilker Str. 3, 40213 Düsseldorf<br />
Tel.: 0211 329217/18; Fax: 0211 324493<br />
Internet: www.itga-nrw.de<br />
E-Mail: info@itga-nrw.de<br />
Vorsitzender: Dipl.-Wirtsch.-Ing. Jan Opländer<br />
Geschäftsführer: RA Tobias Dittmar, LL.M.<br />
8 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
<strong>BTGA</strong> aktuell<br />
Direkt- und Fördermitglieder des <strong>BTGA</strong><br />
Daldrop + Dr.Ing.Huber GmbH + Co. KG<br />
Daldropstr. 1, 72666 Neckartailfingen<br />
Tel.: 07127 1803-0, Fax: 07127 3839 · www.daldrop.com<br />
Direktmitglieder<br />
Direktmitglieder<br />
GA-tec Gebäude- und Anlagentechnik GmbH<br />
Waldhofer Str. 98, 69123 Heidelberg<br />
Tel.: 06221 7364-0, Fax: -100 · www.ga-tec.de<br />
Elevion GmbH<br />
Göschwitzer Str. 56, 07745 Jena<br />
Tel.: 03641 2934-100, Fax: -199 · www.eleviongroup.de<br />
ENGIE Deutschland GmbH<br />
Aachener Str. 1044, 50858 Köln<br />
Tel.: 0221 46905-0, Fax: -250 · www.engie-deutschland.de<br />
Konzmann GmbH<br />
Spatenstr. 14, 88046 Friedrichshafen<br />
Tel.: 07541 93626-0, Fax: -99 · www.konzmann.de<br />
Salvia Group GmbH<br />
Seewiesenstr. 12, 73054 Eislingen<br />
Tel.: 07161 6520-200, Fax: -222 · www.salvia-gebäudetechnik.de<br />
ACO Passavant GmbH<br />
Im Gewerbepark 11c, 36466 Dermbach<br />
Tel.: 036965 819-0, Fax: -361<br />
www.aco-haustechnik.de<br />
BerlinerLuft. Technik GmbH<br />
Herzbergstr. 87-99, 10365 Berlin<br />
Tel.: 030 5526-2040, Fax: -2211<br />
www.berlinerluft.de<br />
BLH GmbH<br />
Johann-Philipp-Reis-Str. 1, 54293 Trier<br />
Tel.: 0651 8109-0, Fax: -133<br />
www.blh-trier.de<br />
Danfoss GmbH<br />
Nordring 144, 63067 Offenbach<br />
Tel.: 069 8902-0; Fax: 069 47868-599<br />
www.danfoss.de<br />
Felderer GmbH<br />
Kreuzstr. 15, 85622 Feldkirchen<br />
Tel.: 089 2555537-0, Fax: 089 7428400-0<br />
www.felderer.de<br />
Georg Fischer GmbH<br />
Daimlerstr. 6, 73095 Albershausen<br />
Tel.: 07161 302-0, Fax: -259<br />
www.georgfischer.com<br />
Geberit Vertriebs GmbH<br />
Theuerbachstr. 1, 88630 Pfullendorf<br />
Tel.: 07552 934-881, Fax: -99881<br />
www.geberit.de<br />
Grundfos GmbH<br />
Schlüterstr. 33, 40699 Erkrath<br />
Tel.: 0211 92969-0, Fax: -3739<br />
www.grundfos.de<br />
Fördermitglieder<br />
HILTI Deutschland AG<br />
Hiltistr. 2, 86916 Kaufering<br />
Tel.: 08191 90-4237, Fax -174237<br />
www.hilti.de<br />
Huber & Ranner GmbH<br />
Gewerbering 15, 94060 Pocking<br />
Tel.: 08531 705-0<br />
www.huber-ranner.com<br />
Franz Kaldewei GmbH & Co. KG<br />
Beckumer Str. 33-35, 59229 Ahlen<br />
Tel.: 02382 785-0, Fax: -392<br />
www.kaldewei.de<br />
Gebr. Kemper GmbH + Co. KG<br />
Harkortstr. 5, 57462 Olpe<br />
Tel.: 02761 891-0, Fax: -176<br />
www.kemper-olpe.de<br />
Oventrop GmbH & Co. KG<br />
Paul-Oventrop-Str. 1, 59939 Olsberg<br />
Tel.: 02962 82-0, Fax: -401<br />
www.oventrop.de<br />
Reflex Winkelmann GmbH<br />
Gersteinstr. 19, 59227 Ahlen<br />
Tel.: 02382 7069-0, Fax: -9588<br />
www.reflex.de<br />
REHAU INDUSTRIES SE & Co. KG<br />
Ytterbium 4, 91058 Erlangen<br />
Tel.: 09131 925-0, Fax: -15299<br />
www.rehau.de<br />
Deutsche Rockwool GmbH & Co. KG<br />
Rockwool Str. 37-41, 45966 Gladbeck<br />
Tel.: 02043 408-387, Fax: -444<br />
www.rockwool.de<br />
Schell GmbH & Co. KG<br />
Raiffeisenstr. 31, 57462 Olpe<br />
Tel.: 02761 892-0, Fax: -199<br />
www.schell.eu<br />
Sikla GmbH<br />
In der Lache 17, 78056 Villingen-Schwenningen<br />
Tel.: 07720 948-0, Fax: -337<br />
www.sikla.de<br />
Trox GmbH<br />
Heinrich-Trox-Platz, 47504 Neukirchen-Vluyn<br />
Tel.: 02845 202-0, Fax: -265<br />
www.trox.de<br />
Uponor GmbH<br />
Industriestr. 56, 97437 Haßfurt<br />
Tel.: 09521 690-0<br />
www.uponor.com<br />
Viega GmbH & Co. KG<br />
Viega-Platz 1, 57439 Attendorn<br />
Tel.: 02722 61-0, Fax: -1415<br />
www.viega.de<br />
Viessmann Deutschland GmbH<br />
Viessmannstr. 1, 35108 Allendorf (Eder)<br />
Tel.: 06452 70-2834, Fax: -5834<br />
www.viessmann.com<br />
Wildeboer Bauteile GmbH<br />
Marker Weg 11, 26826 Weener<br />
Tel.: 04951 950-0, Fax: -27120<br />
www.wildeboer.de<br />
WILO SE<br />
Wilopark 1, 44263 Dortmund<br />
Tel.: 0231 4102-0, Fax: -7363<br />
www.wilo.de<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 9
Technische Trends und Normung<br />
Gasbrennwertgeräte<br />
für den Betrieb mit Wasserstoff<br />
Aktueller Stand der Entwicklung von Gasheizungen,<br />
die mit 100 Prozent Wasserstoff betrieben werden können<br />
Im Jahr <strong>2024</strong> könnte es zu einem Nachfrage-Boom bei Gasbrennwertgeräten kommen, die für den<br />
Betrieb mit reinem Wasserstoff vorbereitet sind. Grund dafür sind das im September 2023 verabschiedete<br />
Gebäudeenergiegesetz und das darin festgeschriebene so genannte H 2 -ready-Privileg.<br />
Doch ab wann ist die entsprechende Technik überhaupt verfügbar? Der folgende Beitrag gibt<br />
einen Überblick über den derzeitigen Entwicklungsstand.<br />
Dr.-Ing.<br />
Manfred Dzubiella,<br />
Head of Technical<br />
Innovation<br />
Management,<br />
Viessmann Climate<br />
Solutions SE,<br />
Allendorf<br />
Dipl.-Ing. (FH)<br />
Wolfgang Rogatty,<br />
Lead Trade Media,<br />
Viessmann Climate<br />
Solutions SE,<br />
Allendorf<br />
Die am 1. Januar <strong>2024</strong> in Kraft getretene<br />
Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)<br />
soll einen entscheidenden Beitrag zum Erreichen<br />
der nationalen Klimaschutzziele<br />
im Gebäudesektor leisten. In Neubaugebieten<br />
sind jetzt nur noch Heizsysteme erlaubt,<br />
die mindestens 65 Prozent Erneuerbare<br />
Energien nutzen. Das können grundsätzlich<br />
auch entsprechend geeignete Gasbrennwertgeräte<br />
sein, in der Regel sind je-<br />
Alle Abbildungen: Viessmann Climate Solutions SE<br />
Abbildung 1: Prüfstand im Jahr 2020 mit Prototypen für 100-Prozent-H 2 -ready-Gasbrennwertgeräte<br />
10 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
Abbildung 2: Vergleich der Eigenschaften von Wasserstoff und Erdgas sowie deren Auswirkungen<br />
doch Wärmepumpen meist die bessere<br />
Lösung.<br />
Anders sieht es dagegen im Gebäudebestand<br />
aus: Hier ist die kommunale Wärmeplanung<br />
maßgebend, die in Städten mit mehr<br />
als 100.000 Einwohnern spätestens bis zum<br />
30. Juni 2026 und in kleineren Kommunen<br />
bis spätestens 30. Juni 2028 darüber aufklären<br />
soll, welche Möglichkeiten der Wärmeversorgung<br />
in der Gemeinde und vor Ort zur<br />
Verfügung stehen. Wird vorher der Einbau<br />
einer neuen Heizung erforderlich, so dürfen<br />
Gasbrennwertgeräte eingesetzt werden,<br />
wenn diese schrittweise mit einem zunehmenden<br />
Anteil grüner Gase betrieben werden<br />
können, beispielsweise mit Biogas oder<br />
grünem Wasserstoff:<br />
• ab 2029 mit mindestens 15 Prozent,<br />
• ab 2035 mit mindestens 30 Prozent und<br />
• ab 2040 mit mindestens 60 Prozent.<br />
Paragraf 71k, Absatz 1, des GEG 1 macht jedoch<br />
eine Ausnahme für Gasheizgeräte, die<br />
für den Betrieb mit reinem Wasserstoff umgerüstet<br />
werden können – wenn die örtliche<br />
Wärmeplanung ein Wasserstoffnetz vorsieht<br />
und der Netzbetreiber einen verbindlichen<br />
Plan für die Umstellung auf den neuen Energieträger<br />
bis Ende 2044 vorgelegt hat. In diesem<br />
Fall können die Geräte eingebaut werden,<br />
ohne die Vorgaben zur Nutzung Erneuerbarer<br />
Energie erfüllen zu müssen.<br />
Damit ist ein H 2 -ready-Privileg entstanden,<br />
das für die Betreiber der über 14 Millionen<br />
Gasheizungen im Gebäudebestand 2 erhebliche<br />
Vorteile mit sich bringt, wenn sich<br />
deren Anlagen in zukünftigen Wasserstoffnetz-Ausbaugebieten<br />
befinden: Wer ab <strong>2024</strong><br />
seine alte Gasheizung gegen ein neues Gasbrennwertgerät<br />
austauscht (Abbildung 1),<br />
das sich für den reinen Wasserstoffbetrieb<br />
umrüsten lässt, darf weitere Jahre mit fossilem<br />
Erdgas heizen – und das bis auf Weiteres<br />
zu voraussichtlich geringeren Kosten.<br />
Zum einen wird sich die Investition in ein<br />
100-Prozent-H 2 -ready-Gerät etwa auf dem Niveau<br />
eines herkömmlichen Gasbrennwertgeräts<br />
bewegen; zum anderen dürfte der Preis<br />
für Erdgas noch für geraume Zeit geringer<br />
sein als für grünen Wasserstoff. Solange der<br />
neue Energieträger „grüner Wasserstoff“ lediglich<br />
in geringen Mengen verfügbar ist, haben<br />
die Erzeuger keinen Anlass, diesen günstiger<br />
als Erdgas anzubieten.<br />
Unterschiedliche<br />
Verbrennungseigenschaften<br />
Die Entwicklung von Gasbrennwertgeräten<br />
für die Verbrennung von reinem Wasserstoff<br />
hat bereits vor einigen Jahren begonnen. Aufgrund<br />
der in den Wand- und Kompaktgeräten<br />
der verschiedenen Vitodens Baureihen<br />
serienmäßig vorhandenen gasadaptiven Verbrennungsregelung<br />
Lambda Pro Plus ließen<br />
sich die Geräte bereits problemlos und ohne<br />
jegliche Umrüstung oder Umstellung mit Gemischen<br />
aus Erdgas und begrenzten Wasserstoffanteilen<br />
von 20 bis 30 Volumenprozent<br />
und auch mit beliebigen Anteilen von Bio-<br />
Erdgas betreiben. Es bestand also eine ausgezeichnete<br />
Basis für die Weiterentwicklung<br />
hin zu Gasbrennwertgeräten, die für den Betrieb<br />
mit reinem Wasserstoff vorbereitet sind.<br />
Reiner Wasserstoff als Brennstoff unterscheidet<br />
sich allerdings von Erdgas in einer<br />
Reihe von Eigenschaften (Abbildung 2). Diese<br />
Eigenschaften des Wasserstoffs haben praktische<br />
Auswirkungen auf nahezu alle verbrennungstechnischen<br />
Parameter eines Gasheizgerätes,<br />
beispielsweise auf Leistung, Luftzahl,<br />
Emissionen und Effizienz – aber auch<br />
auf die Gerätesicherheit. Das macht wesentliche<br />
technische Anpassungen erforderlich.<br />
Erster Schritt:<br />
Prüfen der Eignung<br />
In einem ersten Schritt wurden Wandgeräte<br />
aus einer laufenden Serie auf ihre Eignung<br />
für den Betrieb mit Erdgas-/Wasserstoff-Gemischen<br />
untersucht (Abbildung 3). In dem<br />
Testprogramm wurden geprüft:<br />
• die Gerätesicherheit – abgeleitet aus EN<br />
15502 (Sicherheits-Abschaltwege, Flammenrückschlag,<br />
Late Ignition),<br />
• die Geräte-Robustheit und Kernfunktionen<br />
(Zündverhalten, Ionisationsstrom,<br />
Flammenüberwachung Grenzgassimulation)<br />
und<br />
• die Geräteeigenschaften (Luftzahl und<br />
Leistung, CO- und NO x -Emissionen, Effizienz<br />
/ Wirkungsgrad).<br />
Alle Testkriterien wurden vollständig erfüllt,<br />
auch bei hohen Wasserstoffanteilen<br />
von bis zu 30 Prozent. Die Gerätesicherheit<br />
Abbildung 3: Seriengeräte<br />
aus dem Baujahr<br />
2019 wurden auf ihre<br />
Eignung für den Betrieb<br />
mit Erdgas-/Wasserstoff-<br />
Gemischen untersucht.<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 11
Technische Trends und Normung<br />
blieb auch bei dieser hohen Wasserstoff-Konzentration<br />
im vollen Umfang gewährleistet.<br />
Ebenso wurden die Kernfunktionen vollständig<br />
erfüllt und die Robustheit wurde nicht beeinträchtigt;<br />
das Zündverhalten verbesserte<br />
sich. Bei den Geräteeigenschaften war festzustellen,<br />
dass erwartungsgemäß die Luftzahl<br />
anstieg und die Leistung sank. Die Emissionen<br />
haben sich auf dem Prüfstand mit dem<br />
Gas-Gemisch erheblich verbessert, insbesondere<br />
die NO x - und die CO-Werte sanken deutlich.<br />
Nahezu unverändert blieb die Effizienz<br />
bzw. der Wirkungsgrad. Abbildung 4 zeigt<br />
die Ergebnisse an einem Beispiel.<br />
Zweiter Schritt: Geräte für<br />
reinen Wasserstoffbetrieb<br />
Die Untersuchungen zeigten aber auch, dass<br />
die aktuellen Wärmeerzeuger für den Betrieb<br />
mit reinem Wasserstoff nicht geeignet<br />
sind und dafür eine entsprechende Anpassungsentwicklung<br />
erforderlich ist. Kritische<br />
Punkte bei der Verbrennung von reinem<br />
Wasserstoff sind vor allem:<br />
• Die hohe Flammengeschwindigkeit, die<br />
bei Wasserstoff mit 346 Zentimetern pro<br />
Sekunde rund achtmal schneller ist als<br />
bei Erdgas, die Folge sind Flammenrückschlag<br />
und kritische Temperaturen.<br />
• Die höhere Flammentemperatur von<br />
2.130 Grad Celsius, die hohe Stickoxid-<br />
Emissionen begünstigt.<br />
• Die sehr geringe Zündverzugszeit<br />
(0,0001 s gegenüber 0,3 s bei Erdgas), die<br />
mit dem Risiko einer Selbstzündung verbunden<br />
ist.<br />
• Das fehlende Ionisationssignal aus der<br />
Flamme, auf dessen Grundlage die sicherheitsgerichtete<br />
Flammenüberwachung<br />
funktioniert und die Verbrennungsregelung<br />
den Verbrennungsprozess regelt.<br />
Das daraufhin erstellte Konzept für die Entwicklung<br />
von Geräten für den Betrieb mit<br />
reinem Wasserstoff sah vor, möglichst viele<br />
Serienkomponenten beizubehalten. Unumgänglich<br />
waren jedoch die Anpassung des<br />
Flammkörpers und eine Neuentwicklung des<br />
Flammüberwachungs- und Verbrennungsregelungs-Systems<br />
aufgrund des fehlenden Ionisationssignals<br />
(Abbildung 5).<br />
Nach dem heutigen Stand der Geräteentwicklung<br />
erhalten Flammüberwachung und<br />
Verbrennungsregelung ihre Signale beim Betrieb<br />
mit Wasserstoff von einem optischen<br />
Sensor und einem O 2 -Sensor. Das speziell<br />
für die Wasserstoffverbrennung entwickelte<br />
Perforationsmuster des Flammkörpers wurde<br />
mittels CFD-Simulationen (Computational<br />
Fluid Dynamics-Simulationen) berechnet und<br />
in zahlreichen Iterationsschritten auf dem<br />
Abbildung 4: Auswirkungen des Betriebs mit bis zu 30 Prozent Wasserstoff auf ein Seriengerät<br />
Abbildung 5: Für den Betrieb mit 100 Prozent Wasserstoff angepasste bzw. neu entwickelte Komponenten<br />
Abbildung 6: Nach der Umrüstung von Erdgas- auf Wasserstoff-Betrieb bleibt die Effizienz praktisch<br />
gleich.<br />
12 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
Prüfstand immer wieder optimiert, sodass<br />
unter allen Lastzuständen eine sichere Verbrennung<br />
bei unveränderter Effizienz gegenüber<br />
der Erdgasverbrennung und zugleich<br />
deutlich geringere Stickoxid-Emissionen gewährleistet<br />
sind (Abbildungen 6 und 7).<br />
SmartQuart:<br />
Erster Praxistest<br />
Die Entwicklungsarbeiten für die Wasserstoffbrennwertgeräte<br />
werden im Rahmen<br />
des vom Bundesministerium für Wirtschaft<br />
und Klimaschutz (BMWK) geförderten Projekts<br />
„SmartQuart“ durchgeführt. Im Quartier<br />
Kaisersesch entsteht derzeit eine komplette<br />
Infrastruktur von der Wasserstofferzeugung<br />
über Transport und Speicherung<br />
bis zur Endanwendung in den Sektoren<br />
„Wärme“, „Mobilität“ und „Industrie“ (Abbildung<br />
8). Sobald dort alle Vorbereitungen<br />
getroffen sind, werden fünf Gasbrennwertgeräte,<br />
die für den Betrieb mit reinem Wasserstoff<br />
vorbereitet sind, und fünf auf den<br />
Betrieb mit reinem Wasserstoff ausgelegte<br />
Brennstoffzellen-Heizgeräte in die Praxiserprobung<br />
gehen.<br />
Lange bevor diese Tests abgeschlossen<br />
sind, sind allerdings Gasbrennwertgeräte in<br />
Großserien verfügbar, die für den Betrieb mit<br />
reinem Wasserstoff vorbereitet sind. Seit Januar<br />
dieses Jahres hergestellte Gas-Brennwertgeräte<br />
der Baureihen Vitodens 300 und<br />
Vitodens 200 werden sich gemäß den Vorgaben<br />
des Gebäudeenergiegesetzes zukünftig<br />
auf den Betrieb mit reinem Wasserstoff umstellen<br />
lassen. Für die Umstellung der Geräte<br />
auf den Betrieb mit reinem Wasserstoff werden<br />
nach aktueller Planung ab Anfang 2026<br />
Umrüstkits zur Verfügung stehen. Diese werden<br />
im Wesentlichen aus einer neuen Brenner-Einheit<br />
mit der erforderlichen Sensorik<br />
bestehen. Damit kann zukünftig die Um rüstung<br />
einfach im Rahmen des so genannten<br />
Abbildung 7: Vergleich<br />
der NO X -Emissionen<br />
am Beispiel des Gasbrennwert-Wandgeräts<br />
Vitodens 200-W<br />
bei Betrieb mit Erdgas<br />
bzw. mit 100 Prozent<br />
Wasserstoff<br />
Gasnetzgebietstransformationsplans erfolgen.<br />
Die Zertifizierung der Geräte in Kombination<br />
mit den Umrüstsätzen erfolgt dabei<br />
nach den gültigen Vorgaben der ZP 3100.100<br />
und EN 15502.<br />
Abbildung 8:<br />
In Kürze werden in<br />
Kaisersesch die ersten<br />
Gasbrennwertgeräte und<br />
Brennstoffzellen-Heizsysteme<br />
für den Betrieb mit 100 Prozent<br />
Wasserstoff in der Praxis getestet.<br />
Fazit<br />
Laut GEG-Novelle sind Gasbrennwertgeräte,<br />
die sich auf den Betrieb mit reinem Wasserstoff<br />
umrüsten lassen und in einem zukünftigen<br />
Wasserstoffnetz-Ausbaugebiet betrieben<br />
werden, von der Pflicht befreit, Erneuerbare<br />
Energien zu nutzen. Das eröffnet<br />
Anlagen betreibern die Möglichkeit, auch<br />
weiterhin mit Erdgas zu heizen.<br />
Bereits vor einigen Jahren wurde mit<br />
der Entwicklung von 100-Prozent-H 2 -ready-<br />
Geräten begonnen. Seit Anfang des Jahres<br />
sind diese Wärmeerzeuger als Großseriengeräte<br />
im Markt und werden anstelle der<br />
herkömmlichen Gasbrennwertgeräte angeboten.<br />
Sie lassen sich zunächst mit Erdgas<br />
und Erdgas- / Wasserstoff-Gemischen betreiben.<br />
Sobald dann in einem Gasverteilnetz<br />
reiner Wasserstoff verfügbar ist, erfolgt<br />
die Umstellung auf den Betrieb mit<br />
reinem Wasserstoff mit standardisierten<br />
Umrüstkits.<br />
<br />
1 Gesetz zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes, zur<br />
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches, zur Änderung<br />
der Verordnung über Heizkostenabrechnung, zur<br />
Änderung der Betriebskostenverordnung und zur Änderung<br />
der Kehr- und Überprüfungsordnung vom<br />
16. Oktober 2023.<br />
2 Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie<br />
(BDH): Gesamtbestand zentrale Wärmeerzeuger 2022.<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 13
Technische Trends und Normung<br />
Versorgung auf Abruf<br />
durch Frischwasserstationen<br />
Moderne Trinkwasserlösungen punkten mit Hygiene, Komfort und Effizienz<br />
Wasser wird hierzulande wie selbstverständlich verwendet. Im täglichen Leben muss insbesondere<br />
warmes Trinkwasser auf Anhieb zur Verfügung stehen. Es wird gebraucht zum schnellen Händewaschen,<br />
zum Baden und Duschen und in der Küche zum Abspülen. Für die Bereitstellung des<br />
Wassers können entsprechende Trinkwasserspeicher zum Einsatz kommen. Diese gelten allerdings<br />
als sehr platzintensiv. Eine alternative Lösung sind Frischwasserstationen.<br />
Adam Zuchowski,<br />
Produktmanager<br />
Energie & Wasserspeicher,<br />
Reflex Winkelmann<br />
GmbH,<br />
Ahlen<br />
Bedeutung der Hygiene<br />
Auch wenn die technologischen Entwicklungen<br />
im Bereich „Trinkwasser“ sehr weit<br />
fortgeschritten sind, bildet stehendes Wasser<br />
immer ein Risiko. Hier kann es dazu<br />
kommen, dass sich gesundheitsschädliche<br />
Bakterien vermehren. An diesem Punkt setzen<br />
Frischwasserstationen an. Sie bieten<br />
eine bestmögliche Aufbaustruktur und optimale<br />
Voraussetzungen, um schnell hygienisches<br />
Trinkwasser bereitzustellen – ohne,<br />
dass es bevorratet werden muss. Nicht unerheblich<br />
sind in diesem Zusammenhang<br />
auch die Vorgaben der neuen Trinkwasserverordnung:<br />
verpflichtende Regelungen<br />
zur Gefährdungsanalyse, zur Risikobewertung<br />
und zur Entnahmearmatur bei den<br />
Verbrauchern.<br />
Abbildung 1: Ohne aufwendige Installation als Komplettsystem –<br />
Frischwasserstation „Reflex Hydroflow“ mit Verteiler und Speicher<br />
Aufbau und Funktion<br />
Fünf Basisbausteine gehören zu einer<br />
Frischwasserstation: ein Wärmetauscher,<br />
eine Pumpe, ein Temperaturfühler, ein Regler<br />
und ein entsprechender Pufferspeicher.<br />
Auf Abruf kann eine Trinkwasserstation<br />
warmes Trinkwasser bereitstellen. Im Wärmetauscher<br />
wird Trinkwasser durch das<br />
im Gegenstromprinzip fließende Heizungswasser<br />
aus dem Pufferspeicher auf die voreingestellte<br />
Temperatur erwärmt. Von Vor<br />
14 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
Alle Abbildungen: Reflex Winkelmann GmbH<br />
teil ist dabei auch die Minimierung des<br />
Trinkwasservolumens. Dadurch wird ein<br />
hoher hygienischer Standard sichergestellt,<br />
der die Ausbreitung von Bakterien verhindert,<br />
beispielsweise von Legionellen. Je<br />
nach Größe können Frischwasserstationen<br />
in Wohngebäuden, aber auch in größeren<br />
öffentlichen Bauwerken zum Einsatz kommen,<br />
in denen ein hohes Maß an Hygiene<br />
gefordert ist.<br />
Bei Bedarf als Komplettsystem<br />
Frischwasserstationen können auf Wunsch<br />
direkt im Komplettsystem angeboten werden.<br />
Dafür wird eine Frischwasserstation mit<br />
einem Pufferspeicher, einem Heizkreisverteiler<br />
und Anschlusszubehör ergänzt, so dass<br />
Konfiguration und Aufwand bei der Installation<br />
signifikant reduziert werden können.<br />
Die Komponenten sind dann auch ideal aufeinander<br />
abgestimmt. Installateure und Planer<br />
können so Zeit und Kosten sparen. Sowohl<br />
Frischwasserstationen als auch Pufferspeicher<br />
und Verteiler gibt es in unterschiedlichen<br />
Größen, um passgenau auf die individuellen<br />
Bedürfnisse eingehen zu können.<br />
Neben einem Komplettsystem ist es auch<br />
möglich, einzelne Module oder Kombinationen<br />
zu erhalten.<br />
Abbildung 2: Frischwasserstationen geben<br />
Bakterien keine Chance.<br />
Krankenhäuser und Schulen<br />
Für kleinere bis mittelgroße Anlagen bieten<br />
sich Frischwasserstationen wie beispielsweise<br />
„Reflex Hydroflow“ an. Sie sind vor<br />
allem für Gebäude geeignet, in denen besondere<br />
hygienische Anforderungen gelten –<br />
Krankenhäuser, Altenheime, Sporthallen<br />
oder Schulen. Auch die Trinkwasserverordnung<br />
gibt hier strenge Auflagen vor: Kommt<br />
es beispielsweise in öffentlichen oder gewerblich<br />
genutzten Einrichtungen beim Duschen<br />
zur Verneblung von Trinkwasser, besteht<br />
die Pflicht, das Trinkwasser zu untersuchen<br />
und Vorkehrungen zu treffen, um<br />
LegionellenBildung zu vermeiden. Doch<br />
auch im privaten Sektor können Endverbraucher<br />
in Ein und Mehrfamilienhäusern<br />
von der komfortablen und sicheren Trinkwasserversorgung<br />
durch Frischwasserstationen<br />
profitieren.<br />
Wasser auf Abruf<br />
Im Gegensatz zu einem Trinkwasserspeicher<br />
bevorratet eine Frischwasserstation<br />
kein Warmwasser. Sie arbeitet gewissermaßen<br />
„auf Abruf“. Damit wird das Risiko, dass<br />
sich in einer gesundheitsschädigenden Konzentration<br />
Bakterien bilden, im Vergleich zu<br />
Bevorratungssystemen deutlich reduziert.<br />
Das Wasser wird in der Station erwärmt<br />
und steht dann den gewünschten Nutzereinheiten<br />
im Haus zur Verfügung – von Bad bis<br />
Küche. Im Vergleich zu einem Trinkwasserspeicher<br />
ist auch das Risiko des Verkalkens<br />
deutlich geringer. Da am Wärmetauscher die<br />
Kaltleitung oben und die Warmleitung unten<br />
angeschlossen sind, wird das Kalkrisiko verringert,<br />
wenn bei Betriebspausen das Wasser<br />
schnell abkühlt.<br />
Abbildung 3: Blick ins Innenleben einer Frischwasserstation<br />
Regler zur Überwachung<br />
Es gibt drei Betriebsmodi, mit denen das<br />
Warmwasser zur Verfügung gestellt werden<br />
kann: Bei der thermischen Bereitstellung<br />
wird das Wasser im so genannten Zirkulationsset<br />
warmgehalten. Dank eines Reglers<br />
ist dabei ein konstantes TemperaturNiveau<br />
möglich. Die zweite Option basiert auf Anforderung:<br />
Erst wenn es einen Zapfimpuls in<br />
Richtung Frischwasserstation gibt, springt<br />
eine Zirkulationspumpe an. Besonders bei<br />
dieser Funktion ist eine deutliche Energieeinsparung<br />
möglich. Die Zirkulationspumpe<br />
ist bei der dritten Option „Dauerbetrieb“<br />
konstant eingeschaltet, kann aber über einen<br />
Timer am Regler auf bestimmte Laufzeiten<br />
am Tag limitiert werden. Der Regler<br />
überwacht alle Sensoren, Temperaturfühler<br />
und Pumpen in der Station sowie deren<br />
Zubehör.<br />
Der Regler stellt auch sicher, dass alle<br />
physikalischen Parameter optimal eingestellt<br />
sind, beispielsweise der Volumenstrom oder<br />
die Temperaturen. Bei Bedarf justiert er nach<br />
und sorgt so für einen hohen Komfort auf<br />
der Nutzerseite. Auch auf Hygiene wird geachtet:<br />
Über integrierte Programme kann bei<br />
Bedarf die Temperatur in den Rohrleitungen<br />
auf 70 Grad Celsius für eine thermische Desinfektion<br />
hochgefahren werden. Zudem wird<br />
über die Technik des Reglers aus dem Pufferspeicher<br />
stets nur so viel Wärme entnommen,<br />
wie zu dem angefragten Zeitpunkt tatsächlich<br />
auch benötigt wird.<br />
Vorteil: Kompakte Maße<br />
Frischwasserstationen beanspruchen mit ihren<br />
kompakten Maßen deutlich weniger Fläche<br />
und Raum als ein konventioneller Trinkwasserspeicher.<br />
Sie sind ideal für enge Platzverhältnisse,<br />
beispielsweise im Einfamilienhaus.<br />
Durch optionale Verrohrungssets und<br />
Plug and Play ist der Zeitaufwand für Installation<br />
und Inbetriebnahme merklich verringert.<br />
Auch entfällt der Wartungsaufwand<br />
nahe zu vollständig, da beispielsweise keine<br />
Anoden gewechselt werden müssen. Die<br />
Montagezeit verkürzt sich weiter, wenn zusätzlich<br />
ein umfangreiches Zubehör an elektrischen<br />
Heizstäben und passend konfektionierte<br />
Rohrsets angeboten werden.<br />
Eine Frischwasserstation ist auf Langlebig<br />
keit ausgerichtet, Ersatzteile lassen<br />
sich schnell tauschen. Die Stationen sind<br />
mit einer hochwertigen EPPDämmung ummantelt.<br />
Ist eine Station in Betrieb, wird das<br />
kaum bemerkt, so leise arbeitet sie.<br />
Fazit<br />
Moderne Frischewasserstationen erfüllen<br />
höchste hygienische Anforderungen. Sie<br />
sind effizient und stellen nur so viel Wasser<br />
zur Verfügung, wie tatsächlich benötigt wird.<br />
Zudem sind sie flexibel integrierbar und zu<br />
einem Gesamtsystem erweiterbar. <br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 15
Technische Trends und Normung<br />
Zu hohe Temperaturen in Deutschlands Schulen<br />
Negative Auswirkungen auf Gesundheit und Lernleistung<br />
Dr.-Ing.<br />
Claudia Kandzia,<br />
Technische<br />
Referentin,<br />
FGK e.V.<br />
Die Ergebnisse der aktuellen Pisa-Studie lenken<br />
die Aufmerksamkeit wieder deutlich in<br />
Richtung Bildungspolitik. Deutsche Schülerinnen<br />
und Schüler haben bei dieser Studie<br />
so schlecht abgeschnitten wie noch nie.<br />
Die Leistungseinbußen sind in Deutschland<br />
überdurchschnittlich hoch.<br />
Daraus leitet sich fast zwangsläufig die<br />
Frage ab, welche Faktoren verantwortlich für<br />
den Lernerfolg sind. Welchen Einfluss hat<br />
zum Beispiel das Gebäude bzw. das Klassenzimmer?<br />
Oft erschweren bauliche Defizite das<br />
Lehren und das Lernen: In vielen Schulen<br />
Thomas Waldhecker,<br />
Technischer Oberlehrer<br />
a. D.,<br />
BLV e.V.<br />
schwitzen die Menschen im Sommer in den<br />
Unterrichtsräumen und im Winter frieren<br />
sie. Nicht mehr zeitgemäß sind auch lange,<br />
schmale, für Frontalunterricht konzipierte<br />
Klassenzimmer. Beim Neubau von Schulgebäuden<br />
sollten stattdessen deutlich breitere<br />
Unterrichtsräume geplant werden, die<br />
sich auch für unterschiedliche Unterrichtsformen<br />
eignen. Akustikdecken erhöhen die<br />
Sprachverständlichkeit und erleichtern damit<br />
nicht nur den Unterricht in Fremdsprachen.<br />
Sie verringern auch den Schallpegel<br />
im Raum, beispielsweise bei der Gruppenarbeit.<br />
Ein Farbkonzept beeinflusst ebenfalls<br />
die Lernleistung der Kinder und Jugendlichen:<br />
Durch die Wahl geeigneter Farben<br />
lässt sich eine positive Wirkung auf das Verhalten<br />
der Kinder erreichen. Von Vorteil ist,<br />
wenn sich die Beleuchtung flexibel anpassen<br />
lässt. Bei Klassenarbeiten sollte sie die<br />
Konzentration fördern – bei hitzigen Diskussionen<br />
ist hingegen ein warmes Licht deutlich<br />
zielführender, das hilft, die Emotionen<br />
einzufangen.<br />
Die genannten Maßnahmen tragen erheblich<br />
zu einer angenehmen Umgebung bei, in<br />
der die Kinder und Jugendlichen leichter zu<br />
motivieren sind. So entstehen deutlich bessere<br />
Randbedingungen für die Lehrkräfte. Obwohl<br />
die Nachrüstung auch in bestehenden<br />
Gebäuden möglich ist, sind diese Verbesserungen<br />
in viel zu wenigen Unterrichtsräumen<br />
zu finden.<br />
Das gilt auch für Lüftungsanlagen, die automatisch<br />
– ohne Öffnen der Fenster, ohne<br />
Straßenlärm und ohne dass die Menschen<br />
im Raum frieren – eine Lüftungsrate sicherstellen,<br />
durch die die Lernerfolge deutlich<br />
steigen. Zudem wirken sie im Sommer durch<br />
Nachtauskühlung und bedarfsgeregeltes Lüften<br />
zu hohen Temperaturen in Klassenräu-<br />
Abbildungen: FGK e.V.<br />
Abbildung 1: Aufnahme des Messgerätes in einem der Klassenräume (links) und die Standorte der Schulen, die sich an der Messkampagne beteiligt haben<br />
(rechts)<br />
16 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
men entgegen. Im Sommer 2023 wurde dazu<br />
in verschiedenen Städten Deutschlands eine<br />
Messkampagne durchgeführt.<br />
Messkampagne in Klassenräumen<br />
In Schulgebäuden klettern die Temperaturen<br />
im Sommer teilweise in unerträgliche Höhen.<br />
Die Folgen sind sowohl für Lehrkräfte<br />
als auch für die Schülerinnen und Schüler fatal.<br />
Sie können sich schlechter konzentrieren,<br />
werden müde und sind erschöpft. Hitze verursacht<br />
Stress für den gesamten Körper. Ein<br />
produktiver Unterricht ist nahezu unmöglich.<br />
Im Idealfall soll die Temperatur in Klassenräumen<br />
zwischen mindestens 20 °C und<br />
höchstens 26 °C liegen. Wie heiß es tatsächlich<br />
im Klassenzimmer wird, hängt von verschiedenen<br />
Randbedingungen ab – beispielsweise<br />
von der Ausrichtung der Fenster im<br />
Gebäude, vom Dämmstandard und davon, ob<br />
Jalousien vorhanden sind.<br />
Im Sommer 2023 lagen die Außentemperaturen<br />
in Deutschland erheblich über dem<br />
vieljährigen Mittel. Uwe Kirsche, Pressesprecher<br />
des Deutschen Wetterdienstes (DWD),<br />
kommentierte die Sommerbilanz des nationalen<br />
Wetterdienstes: „Seit nun 27 Jahren<br />
werden in Deutschland zu warme Sommer<br />
gemessen. Wieder können wir den Klimawandel<br />
live erleben.“ Der höchste Messwert<br />
in Deutschland wurde am 15. Juli 2023 mit<br />
38,8 °C in Bayern gemessen. Die Badische<br />
Zeitung berichtete am 5. Juli 2023 über Schulen<br />
in Freiburg, in denen die Temperaturen<br />
auf bis zu 35 °C anstiegen. Eine Schulleiterin<br />
schilderte, dass die Konzentration nachlasse,<br />
viele Schülerinnen und Schüler schlapp<br />
wären und einige über Kopfschmerzen klagen<br />
würden.<br />
Um konkrete Daten darüber zu erhalten,<br />
wie warm es in Deutschlands Schulen<br />
tatsächlich wird, wurden in je einer Woche<br />
im Juni und im September 2023 Temperaturmessungen<br />
an neun Schulen durchgeführt.<br />
Dabei kamen baugleiche Messgeräte<br />
der Firma Wöhler zum Einsatz. Die Lehrerinnen<br />
und Lehrer dokumentierten zu vereinbarten<br />
Zeiten die jeweilige Temperatur<br />
im Klassenraum, indem sie das Messgerät<br />
fotografierten. Die erste Messwoche dauerte<br />
vom 26. bis zum 30. Juni, die zweite vom 11.<br />
bis zum 15. September 2023. Abbildung 1<br />
zeigt exemplarisch die Aufnahme aus einem<br />
Klassenraum in Dresden, die am 26. Juni um<br />
14:00 Uhr entstand. Die Temperatur in dem<br />
Raum betrug zu diesem Zeitpunkt 31,7 °C.<br />
Die rechte Seite der Abbildung 1 zeigt die<br />
Standorte der Schulen.<br />
Auswertung der Messergebnisse<br />
In Abbildung 2 sind die an den zehn Messtagen<br />
erfassten Temperaturen aufgetragen. Die<br />
Nummerierung der neun beteiligten Schulen<br />
entspricht der Zuordnung in der Deutschlandkarte<br />
(Abbildung 1). Da am 26. Juni in<br />
NRW bereits die Ferien begonnen hatten, liegen<br />
für die Messwoche im Juni keine Daten<br />
der Schule in Bonn vor. Die in Abbildung 2<br />
zusätzlich eingetragenen Linien entsprechen<br />
Werten konstanter Temperatur. Das Kreis diagramm<br />
gibt die prozentuale Verteilung der<br />
Messwerte wieder. Dabei ist die farbliche Zuordnung<br />
wie folgt: grün = Werte unterhalb<br />
von 26 °C, gelb = Werte zwischen 26 °C und<br />
28 °C, orange = Werte zwischen 28 °C und<br />
30 °C und rot = Werte oberhalb von 30 °C.<br />
Eine detaillierte Übersicht über die gemessenen<br />
Temperaturwerte an allen<br />
Messtagen enthält Abbildung 3. Wie bereits<br />
erwähnt, sollten die Temperaturen im Klassenraum<br />
zwischen 20 und 26 °C liegen, um<br />
ein behagliches Innenraumklima sicherzustellen<br />
und konzentriertes Lernen zu ermöglichen.<br />
Nur 11,8 Prozent der hier dargestellten<br />
Messwerte liegen in diesem Bereich.<br />
Alle anderen Temperaturen liegen<br />
oberhalb von 26 °C, davon 38,8 Prozent sogar<br />
über 30 °C.<br />
Grafik: FGK e.V.<br />
Grafik: FGK e.V.<br />
Abbildung 2: Darstellung der gemessenen Temperaturen an den neun Schulen für alle Messtage<br />
Abbildung 3: Übersicht der gemessenen Temperaturen an den neun Schulen für alle Messtage<br />
Interpretation und Empfehlungen<br />
Abbildung 4 zeigt eine Übersicht über den<br />
Einfluss der Raumtemperatur auf das Wohlbefinden<br />
und die Leistungsfähigkeit. Dieser<br />
Übersicht ist zu entnehmen, dass die in<br />
der Messkampagne erfassten Werte zu großen<br />
Anteilen in Bereiche fallen, in denen es<br />
zu Unbehagen, Reizbarkeit, Konzentrationsmangel<br />
und einem Leistungsabfall für geistige<br />
Arbeit kommt. Außerdem ist mit psychischen<br />
sowie psycho-physiologischen Störungen<br />
zu rechnen.<br />
Aus diesen Ergebnissen leiten sich die folgenden<br />
Fragestellungen ab:<br />
• Ist unter diesen Bedingungen Unterricht<br />
überhaupt noch möglich?<br />
• Wie reagieren Gewerkschaften bzw. Verbände,<br />
Elternvertreter und Unfallversicherungen<br />
auf die seit Jahren steigenden<br />
Temperaturen in den Unterrichtsräumen?<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 17
Technische Trends und Normung<br />
Grafik: BLV<br />
Abbildung 4: Leistungsfähigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur<br />
• Gibt es Lösungsvorschläge der Politik und<br />
der Schulträger, damit alle am Unterricht<br />
Beteiligten nicht im Sommer schwitzen<br />
und im Winter frieren müssen?<br />
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen,<br />
dass die Leistungsfähigkeit bei<br />
Raumtemperaturen über 26 °C in erheblichem<br />
Umfang abnimmt. So kommt beispielsweise<br />
eine Untersuchung aus Dänemark<br />
(Wargocki, Wyon 2006) zum Ergebnis,<br />
dass Schülerinnen und Schüler<br />
bei höheren Temperaturen signifikant<br />
schlechtere Ergebnisse erzielen und die<br />
Leistungsfähigkeit pro 1 °C Temperaturzunahme<br />
um zwei Prozent abnimmt.<br />
Quelle: km-bw.de/Lde/startseite/service/PM+Hitzefrei<br />
Gewerkschaften und Elternvertreter setzen<br />
sich für eine bundeseinheitliche Lösung für<br />
Hitzefrei an Schulen und insgesamt mehr<br />
Hitzeschutz ein. Anja Bensinger-Stolze (Vorstandsmitglied<br />
GEW) sagte, dass den steigenden<br />
Temperaturen, die mit dem Klimawandel<br />
auf uns zurollen, präventiv begegnet<br />
werden müsse. Der Verband der Amtsärzte<br />
fordert angesichts der hohen Temperaturen<br />
eine Siesta in der Mittagszeit.<br />
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung<br />
(DGUV) hat in ihrem „pluspunkt. Sicherheit<br />
& Gesundheit in der Schule“ vom<br />
April 2023 das Thema „Hitze und Sonnenschutz“<br />
unter dem Motto „Gut auf sich und<br />
andere achten“ behandelt. In dem Beitrag<br />
wird erwähnt, dass in ungünstigen Fällen<br />
die Temperaturen in den Klassenräumen<br />
auf über 35 °C ansteigen können. Lehrkräften<br />
wird empfohlen, bei den Schülerinnen<br />
und Schülern auf Anzeichen einer Überhitzung<br />
zu achten, da sonst gravierende<br />
gesundheitliche Risiken bestehen. Es folgen<br />
weitere Tipps, beispielsweise die Klassenzimmer<br />
nachts durch gekippte Fenster<br />
abzukühlen.<br />
Wie sind all diese Tipps aus Sicht des Arbeitsschutzes<br />
zu bewerten? Es handelt sich<br />
ausschließlich um Empfehlungen, die nach<br />
dem STOP-Prinzip Organisatorische Maßnahmen<br />
sind. Die einzelnen Maßnahmen<br />
des STOP-Prinzips sind in Abbildung 5 dargestellt.<br />
Viel trinken, kühlende Kleidung tragen,<br />
Verhaltensregeln und Unterweisungen sind<br />
Persönliche Maßnahmen. Ihre Wirksamkeit<br />
ist nach der Maßnahmenhierarchie des Arbeitsschutzes<br />
relativ gering. Für die Lehrkräfte<br />
ist es außerdem aufgrund einer Vielzahl<br />
anderer Aufgaben nahezu unmöglich,<br />
zu überprüfen, ob diese Verhaltensregeln<br />
eingehalten werden.<br />
Keine der empfohlenen Maßnahmen kann<br />
dazu beitragen, die Bildungsqualität zu erhöhen<br />
und gleichzeitig die Gesundheit der am<br />
Schulleben Beteiligten zu schützen!<br />
Aus pädagogischer Sicht bedeuten die<br />
empfohlenen Maßnahmen weitere zusätzliche<br />
Aufgaben für die Lehrkräfte und noch<br />
mehr Stress und Störungen des Unterrichts.<br />
Neben Lehrermangel, Unterrichtsausfall,<br />
fehlenden Bildungsreformen, Ausstattungsdefiziten<br />
und baulichen Mängeln wird das<br />
häufige Überschreiten bzw. im Winter Unterschreiten<br />
der empfohlenen Raumtemperaturen<br />
die Bildungsqualität weiter verschlechtern.<br />
Hitzefrei verbietet sich aus pädagogischer<br />
Sicht. Deutschland kann sich zu den<br />
fünf Prozent Unterrichtsausfall – 11,8 Prozent<br />
in Regionen mit niedrigem Haushaltseinkommen<br />
1 – keinen weiteren Unterrichtsausfall<br />
leisten. Eine so unzulängliche Lösung<br />
wäre gleichzeitig eine Kapitulation vor den<br />
geschilderten Defiziten im Bildungsbereich.<br />
Zum Lehrkräftemangel erklärte Professorin<br />
Dr. Felicitas Thiel, Co-Vorsitzende der<br />
Ständigen Wissenschaftlichen Kommission<br />
der Kultusministerkonferenz (SWK): „Die aktuelle<br />
Situation ist besorgniserregend.“ 2<br />
Lösungsmöglichkeiten<br />
Substitution als wirksamste Schutzmaßnahme<br />
scheidet leider aus, da Hitze nicht durch<br />
einen weniger gefährlichen Gefahrstoff oder<br />
ein anderes Verfahren ersetzt werden kann.<br />
Als einzig sinnvolle Schutzmaßnahme bleiben<br />
Technische Lösungen übrig.<br />
Um die Temperaturen im Klassenzimmer<br />
nach den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung<br />
zu gewährleisten 3 , wird empfohlen,<br />
die Räume durch Nachtlüftung abzukühlen<br />
oder in den sehr frühen Morgenstunden<br />
ausreichend zu lüften. Werden regelmäßige<br />
Lüftungsintervalle eingehalten, beispielsweise<br />
alle 20 Minuten für etwa fünf Minuten<br />
die Fenster öffnen, kann eine angemessene<br />
Raumluftqualität eingehalten werden. Dafür<br />
braucht es jedoch eine Anzahl zu öffnender<br />
Fenster, die möglichst an unterschiedlichen<br />
Wänden angeordnet sind. Nur so ist eine gute<br />
Querlüftung möglich. Sehr hohe Außentemperaturen<br />
verursachen aber im Tagesverlauf<br />
Abbildung 5: Darstellung der Gefahrenquelle und der verschiedenen Maßnahmen<br />
nach dem STOP-Prinzip<br />
Grafik: FGK e.V. nach BLV<br />
18 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
auch sehr hohe Temperaturen im Klassenraum.<br />
Außerdem zeigt die Erfahrung, dass<br />
das ausreichende Fensterlüften am Tag nicht<br />
funktioniert: Es stört den Unterricht, weil es<br />
draußen zu laut ist, Pollen und Feinstaub in<br />
die Klassenräume gelangen oder einfach vergessen<br />
wird, die Fenster zu öffnen.<br />
Für Unterrichtsräume ist deshalb generell<br />
eine ventilatorgestützte Lüftung zu empfehlen.<br />
Angeboten werden zentrale und dezentrale<br />
Lösungen. Zentrale Raumlufttechnische<br />
Anlagen mit einer Luftverteilung durch Deckenkanäle<br />
werden vor allem in Neubauten<br />
und bei Umbauarbeiten installiert.<br />
Dezentrale Lüftungsanlagen werden<br />
raumweise integriert und die Leitungen für<br />
Zu- und Abluft durch die Fassade geführt.<br />
Diese Lösung eignet sich besonders für die<br />
Nachrüstung von Bestandsgebäuden. Da sie<br />
nicht in allen Räumen gleichzeitig nach gerüs<br />
tet werden müssen, lassen sich individuelle<br />
Randbedingungen leicht berücksichtigen.<br />
Beide Lüftungssysteme arbeiten witterungsunabhängig.<br />
Sie ermöglichen es, alle<br />
Betriebsarten und Klimafaktoren zu berücksichtigen.<br />
Mit einer Wärmerückgewinnung<br />
kann zudem Wärme aus der Abluft auf die<br />
Zuluft übertragen und dadurch Heizenergie<br />
eingespart werden.<br />
<br />
1<br />
„So viele Schulstunden fallen bundesweit aus“,<br />
www.zeit.de, 26. April 2018.<br />
2<br />
„Einsatz optimieren, Bedarf senken: SWK empfiehlt<br />
zeitlich befristete Notmaßnahmen zum Umgang mit<br />
dem akuten Lehrkräftemangel“, gemeinsame Pressemitteilung<br />
von SWK und KMK vom 27. Januar 2023.<br />
3<br />
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />
(Hrsg.): Technische Regeln für Arbeitsstätten, ASR A3.5<br />
„Raumtemperatur“, 2022, Seite 198.<br />
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Technische Trends und Normung<br />
Gebäudeautomation – Anforderungen an<br />
Investoren, Bauherren und<br />
Betreiber von Gebäuden<br />
Dipl.-Ing.<br />
Maik Benjamin<br />
Maibaum,<br />
Lead Solution<br />
Manager, Digital<br />
Water,<br />
Grundfos GmbH,<br />
Erkrath<br />
Die Gebäudeautomation (GA) integriert die<br />
Mess-, Steuer-, Regelungs-, Überwachungsund<br />
Optimierungseinrichtungen von Gebäuden<br />
in ein System zur Datenerfassung, Weiterverarbeitung,<br />
Automatisierung, Optimierung<br />
und Datenspeicherung. Die Gebäudeautomation<br />
hat sich zu einem unverzichtbaren<br />
Bestandteil und zunehmend zu einer<br />
Leitdisziplin beim energieeffizienten Bauen<br />
und für die nachhaltige Bewirtschaftung von<br />
Gebäuden über den gesamten Lebenszyklus<br />
entwickelt. Zukünftig wird sie dank dem Aufkommen<br />
von IoT-Technologien, künstlicher<br />
Intelligenz (KI) und Big Data in ihrem Funktionsumfang<br />
ständig erweitert werden. Aus<br />
der aktuellen Gesetzgebung resultieren Anforderungen<br />
für die Gebäudeautomation an<br />
Investoren, Bauherren und Betreiber von Gebäuden,<br />
die nachfolgend näher betrachtet<br />
werden.<br />
Die EU-Gebäuderichtlinie<br />
Die EU-Gebäuderichtlinie (Energy Performance<br />
of Buildings Directive – EPBD) ist eine<br />
gesetzliche Vorschrift der Europäischen Union,<br />
deren Ziel es ist, die Energieeffizienz von<br />
Gebäuden zu steigern. Die Richtlinie muss<br />
von den einzelnen EU-Mitgliedstaaten in nationale<br />
Gesetze umgesetzt werden. Sie haben<br />
allerdings einen gewissen Spielraum bei<br />
der Umsetzung und können so nationale Besonderheiten<br />
und Bedingungen berücksichtigen.<br />
Die Umsetzung der EPBD-Richtlinie<br />
in Deutschland wird sich deshalb von der in<br />
anderen EU-Staaten unterscheiden. Im Jahr<br />
2023 wurde die EU-Gebäuderichtlinie novelliert.<br />
Die EU-Gebäuderichtlinie wurde in<br />
Deutschland zunächst durch die Energieeinsparverordnung<br />
(EnEV) umgesetzt und<br />
Dipl.-Ing. (FH)<br />
Franz Rebmann,<br />
technischer<br />
Referent,<br />
<strong>BTGA</strong> e. V.<br />
später durch das Gebäudeenergiegesetz<br />
(GEG).<br />
Die Richtline umfasst nicht direkt die<br />
Gebäudeautomation, jedoch kann diese ein<br />
wichtiger Bestandteil eines Sanierungskonzeptes<br />
sein, um durch geeignete Steuerung<br />
und Regelung den Gesamtenergiebedarf<br />
eines Gebäudes zu senken.<br />
Das Gebäudeenergiegesetz<br />
Das Gebäudeenergiegesetz ist am 1. November<br />
2020 in Kraft getreten, wurde 2023 novelliert<br />
und ist in der geänderten Fassung am<br />
1. Januar <strong>2024</strong> in Kraft getreten.<br />
Die Anforderungen an Nichtwohngebäude<br />
mit Temperierungsanlagen von mehr als<br />
290 Kilowatt sind aktuell in § 71a „Gebäudeautomation“<br />
des GEG definiert; die Umsetzung<br />
muss bis zum 31. Dezember <strong>2024</strong> erfolgen.<br />
Die Anforderungen umfassen das kontinuierliche<br />
Messen aller Mengen der Hauptenergieträger<br />
in digitaler Form mit dem Ziel,<br />
diese Daten zu speichern und weiterzuverarbeiten.<br />
Erst dadurch wird es möglich, zusammen<br />
mit weiteren Daten Kennzahlen zu<br />
bilden und mögliche Verbesserungen zu erkennen<br />
– und auch auf Verschlechterungen<br />
schnell zu reagieren. Außerdem muss eine<br />
verantwortliche Person oder ein verantwortliches<br />
Unternehmen benannt werden.<br />
Bei einem zu errichtenden Nichtwohngebäude<br />
ist darüber hinaus eine Gebäudeautomation<br />
entsprechend dem Automatisierungsgrad<br />
B nach der Vornorm DIN V 18599-<br />
11: 2018-09 „Energetische Bewertung von<br />
Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und<br />
Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung,<br />
Lüftung, Trinkwasser und Beleuchtung –<br />
Teil 11: Gebäudeautomation“ vorgeschrieben.<br />
Es wird klar gefordert, dass alle im Gebäude<br />
vorhandenen Sub-Systeme miteinander<br />
kommunizieren und ein „System aus Systemen“<br />
oder auch „System of Systems“ (SoS)<br />
gebildet werden muss. Bestandsgebäude mit<br />
entsprechendem Automatisierungsgrad B<br />
müssen bis zum Ablauf der Frist zum 31.<br />
Dezember <strong>2024</strong> ebenfalls auf den gleichen<br />
Ausbaustand des Systems aus Systemen gebracht<br />
werden.<br />
Aber auch bei Gebäuden mit deutlich kleinerer<br />
Leistung bringt eine Gebäudeautomation<br />
Vorteile, da nach § 74 Ansatz 3 und 4 die<br />
Plicht der Energetischen Inspektionen von<br />
Anlagen mit einem Kältebedarf von mehr als<br />
12 Kilowatt entfällt.<br />
Der Errichter des Gebäudeautomationssystems<br />
ist verpflichtet, dem Eigentümer<br />
nach Abschluss der Arbeiten unverzüglich<br />
das Einhalten der Vorgaben nach § 71a zu bestätigen<br />
(Unternehmererklärung).<br />
Die Zeitschiene und die Frist bis zum 31.<br />
Dezember <strong>2024</strong> dürfen nicht unterschätzt<br />
werden: Wenn sie nicht eingehalten werden,<br />
handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit<br />
und es können Bußgelder erhoben werden.<br />
Das Energieeffizienzgesetz<br />
Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) wurde<br />
2023 von Bundestag und Bundesrat verabschiedet<br />
und ist am 18. November 2023 in<br />
Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, die<br />
Energieeffizienz zu steigern und dadurch<br />
den Primär- und Endenergieverbrauch zu reduzieren<br />
und dazu beizutragen, den weltweiten<br />
Klimawandel einzudämmen. Zielgruppe<br />
des Gesetzes sind öffentliche Stellen, Rechenzentren<br />
mit einer Nennanschlussleistung ab<br />
300 kW (öffentliche Träger) bzw. 1 MW, Unternehmen<br />
mit einem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch<br />
von mehr als 2,5 Gigawattstunden<br />
und Unternehmen mit einem jährlichen<br />
Gesamtendenergieverbrauch von<br />
mehr als 7,5 Gigawattstunden.<br />
In den Paragrafen 8 „Einrichtung von<br />
Energie- oder Umweltmanagementsystemen“<br />
und 12 „Energie- und Umweltmanagementsysteme<br />
in Rechenzentren“ des EnEfG<br />
sind Aussagen zur Gebäudeautomation zu<br />
finden. In Paragraf 8 Absatz 3 Punkt 1. werden<br />
die Anforderungen an ein Energie- und<br />
Umweltmanagementsystem beschrieben:<br />
„1. Erfassung von Zufuhr und Abgabe von<br />
Energie, Prozesstemperaturen, abwärme-<br />
20 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
führenden Medien mit ihren Temperaturen<br />
und Wärmemengen und möglichen Inhaltsstoffen<br />
sowie von technisch vermeidbarer<br />
und technisch nicht vermeidbarer Abwärme<br />
bei der Erfassung der Abwärmequellen und<br />
die Bewertung der Möglichkeit zur Umsetzung<br />
von Maßnahmen zur Abwärmerückgewinnung<br />
und -nutzung.“<br />
In Paragraf 12 geht es um die Energieund<br />
Umweltmanagementsysteme in Rechenzentren.<br />
Hier werden kontinuierliche Messungen<br />
zur elektrischen Leistung und zum<br />
Energiebedarf der wesentlichen Komponenten<br />
gefordert. Das kann mit einem als<br />
Energiemanagementsystem zertifizierten<br />
GA-System umgesetzt werden.<br />
Das Gesetz zum Neustart<br />
der Digitalisierung der Energiewende<br />
Dieses Gesetz regelt den Einsatz von Smart<br />
Metern mit der Möglichkeit, dass Netzbetreiber<br />
intelligente Messstellen aus der Ferne<br />
auslesen und Großverbraucher steuern können.<br />
Ein direkter Einfluss auf die Gebäudeautomation<br />
besteht zwar nicht, doch bietet<br />
die eingesetzte Technologie neue Möglichkeiten<br />
in zweierlei Hinsicht: Anschlussnutzer<br />
und Service-Techniker können über<br />
die Home Area Network-Schnittstelle (HAN-<br />
Schnittstelle) Daten aus dem Smart Meter<br />
Gateway (SMGW) auslesen. Diese Schnittstelle<br />
kann als Messdatenquelle dienen. Jedoch<br />
bestimmt der Gateway-Administrator<br />
die Qualität und den Inhalt der Schnittstelle<br />
und dieser sitzt bei den Netzbetreibern. Die<br />
Informationen der Energieverbräuche können<br />
für ein Monitoring interessant sein. Für<br />
Regelungsaufgaben sind aber die aktuellen<br />
Leistungsdaten in einer entsprechenden<br />
Qualität bzw. Auflösung nötig. Daher kann<br />
es sinnvoller sein, sich nicht in eine Abhängigkeit<br />
zu begeben und für solche Zwecke<br />
eine zusätzliche Messeinrichtung zu betreiben<br />
und in die Gebäudeautomation zu integrieren.<br />
Das aus Sicht der Gebäudeautomation<br />
viel spannendere Potenzial liegt in der kontinuierlichen<br />
Fernabfrage der Verbrauchswerte<br />
und in der Möglichkeit, einen Energiepreis<br />
zeitabhängig zu variieren. Mit Kenntnis<br />
der zukünftigen Preise werden zeitlich<br />
verschiebbare und energielastige Prozesse<br />
den Energiepreisen automatisiert angepasst<br />
bzw. Sollwerte bewusst verändert. Mit einfachen<br />
Mitteln ist es beispielsweise möglich,<br />
Speichersolltemperaturen oder Raumsolltemperaturen<br />
zu Zeiten mit hohen Preisen<br />
zu verringern und bei besonders günstigen<br />
Preisen über den Normalsollwert zu erhöhen.<br />
Ebenso wird es ein Umdenken im Lademanagement<br />
von Elektrofahrzeugen geben.<br />
Die Erfahrung wird zeigen, was alles<br />
sinnvoll und ohne zu viele Komforteinbußen<br />
bei Nutzern möglich ist. Es ist sicher, dass<br />
sich das persönliche Nutzerverhalten anpassen<br />
wird und dass sich auch Gewohnheiten<br />
ändern werden.<br />
Energiesparen<br />
durch Gebäudeautomation<br />
Paragraf 71a des Gebäudeenergiegesetzes<br />
fordert für neu zu errichtende Nichtwohngebäude<br />
ein System für die Gebäudeautomation<br />
entsprechend dem Automatisierungsgrad<br />
B nach der Vornorm DIN V 18599-11:<br />
2018-09. Außerdem muss das Gebäude mit<br />
den Anlagen der Technischen Gebäudeausrüstung<br />
ein technisches Inbetriebnahme-<br />
Management (IBM) einschließlich der Einregulierung<br />
der gebäudetechnischen Anlagen<br />
durchlaufen.<br />
Um die aktuellen gesetzlichen Anforderungen<br />
und Förderrichtlinien zu erfüllen,<br />
sollten bei der Planung und Realisierung der<br />
Technischen Gebäudeausrüstung und der Gebäudeautomation<br />
die beiden Normen DIN V<br />
18599-11: 2018-09 und DIN EN ISO 52120-1<br />
„Energieeffizienz von Gebäuden – Einfluss<br />
von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement“<br />
berücksichtigt werden.<br />
Weitere zurzeit noch anwendbare Normen<br />
zur Energieeffizienz der Gebäudeautomation<br />
sind die DIN EN 15232-1:2017-<br />
12 „ Energieeffizienz von Gebäuden – Teil 1:<br />
Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement<br />
– Module M10-4, 5, 6, 7, 8,<br />
9, 10; Deutsche Fassung EN 15232-1:2017“<br />
und die VDI-Richtlinie 3813-2 „Gebäudeautomation<br />
(GA) – Raumautomationsfunktionen<br />
(RA-Funktionen)“.<br />
Die Energieeffizienzklassen werden wie<br />
folgt definiert:<br />
• Energieeffizienzklasse A: hoch energieeffizientes<br />
Gebäudeautomationssystem,<br />
• Energieeffizienzklasse B: weiterentwickeltes<br />
Gebäudeautomationssystem,<br />
• Energieeffizienzklasse C: Standard-Gebäudeautomationssystem,<br />
• Energieeffizienzklasse D: einfache Regeltechnik.<br />
Die Gebäudeautomation ist in der Energieeffizienzklasse<br />
B oder höher auszuführen, um<br />
die Energiesparziele zu gewährleisten. Dafür<br />
sind folgende Leistungsmerkmale erforderlich<br />
bzw. sinnvoll:<br />
• technisches Gebäudemonitoring,<br />
• Energie-Monitoring,<br />
• Raumautomation,<br />
• automatische Bedarfserfassung,<br />
• regelmäßige Wartung,<br />
• Energieoptimierung.<br />
Die Regelung der Raumbeleuchtung soll hier<br />
als Beispiel dienen:<br />
• Energieeffizienzklasse D: Manueller<br />
Schalter Ein / Aus,<br />
• Energieeffizienzklasse C: Manuell Ein /<br />
Aus mit automatischer Ausschaltung,<br />
• Energieeffizienzklasse B: Präsenzerkennung,<br />
Belegungsauswertung,<br />
• Energieeffizienzklasse A: Tageslichtabhängige<br />
Beleuchtungsregelung.<br />
Fazit<br />
Die Anforderungen an das Energiesparen<br />
und die Energieeffizienz können nur mit einer<br />
hochwertigen Gebäudeautomation in einer<br />
hohen Effizienzklasse realisiert werden.<br />
Der Carbon Footprint einer Immobilie<br />
hängt wesentlich vom energieeffizienten Betrieb<br />
über die gesamte Lebensdauer der Immobilie<br />
ab – vom Bau bis zum Rückbau bzw.<br />
bis zur Generalsanierung. Darum ist ein permanentes<br />
Monitoring der Energieverbräuche<br />
und Teil-Energieflüsse in Abhängigkeit der<br />
Gebäudenutzung erforderlich. Dadurch können<br />
unnötige Energieverbräuche schnell erfasst<br />
und vermieden werden. Durch ein permanentes<br />
Monitoring in Verbindung mit<br />
künstlicher Intelligenz können komplexe<br />
Einflüsse zielgerichtet analysiert und zur Optimierung<br />
genutzt werden: Energieverbraucher<br />
wie Heizung, Klimaanlagen, Kälteanlagen,<br />
Beleuchtung, Produktionsanlagen werden<br />
im Zusammenhang mit vielen weiteren<br />
Daten analysiert und optimiert. Die Anforderungen<br />
und die Komplexität der Gebäudeautomation<br />
werden zukünftig weiter steigen.<br />
Systeme werden kleinteiliger und müssen<br />
zielgerichteter auf den tatsächlichen aktuellen<br />
Nutzen und Bedarf reagieren. Eine<br />
Gebäudenutzungsplanung und äußere Einflüsse<br />
– beispielsweise das Wetter – werden<br />
standardmäßig die Automatisierung vorausschauend<br />
beeinflussen. Die Gebäude werden<br />
dadurch am effektivsten genutzt und Energie<br />
wird eingespart.<br />
<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 21
Technische Trends und Normung<br />
Gebäudeautomation –<br />
Gesetzliche Anforderungen<br />
fristgerecht umsetzen<br />
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) wurde 2023 novelliert; die Novelle ist am 1. Januar <strong>2024</strong> in Kraft<br />
getreten. Darin sind auch Vorgaben für die Gebäudeautomation zu finden. Diese müssen teilweise<br />
bis zum 31. Dezember <strong>2024</strong> umgesetzt werden, da andernfalls Bußgelder drohen. Wie kann eine<br />
fristgerechte Umsetzung gelingen?<br />
Horst Zacharias,<br />
Geschäftsführer,<br />
NEXZA GmbH,<br />
Hameln<br />
2023 wurden das Gebäudeenergiegesetz<br />
(GEG) novelliert und das Gesetz zur Steigerung<br />
der Energieeffizienz in Deutschland<br />
(Energieeffizienzgesetz – EnEfG) verabschiedet.<br />
In beiden Gesetzen wurden Anforderungen<br />
an Anlagen der Gebäudeautomation<br />
formuliert, die teilweise über die üblichen<br />
Möglichkeiten solcher Anlagen hinausgehen.<br />
Verbunden wurden sie mit einer sehr<br />
kurzen Umsetzungsfrist bis zum 31. Dezember<br />
<strong>2024</strong>. Die Gebäudebetreiber und die Ersteller<br />
von Gebäudeautomations-Anlagen<br />
setzt das unter enormen Zeitdruck.<br />
Paragraf 71a „Gebäudeautomation“, Absatz<br />
2 des GEG <strong>2024</strong> lautet:<br />
„(2) Zur Erfüllung der Anforderung nach Absatz<br />
1 muss ein Nichtwohngebäude mit digitaler<br />
Energieüberwachungstechnik ausgestattet<br />
werden, mittels derer<br />
1. eine kontinuierliche Überwachung, Protokollierung<br />
und Analyse der Verbräuche<br />
aller Hauptenergieträger sowie aller gebäudetechnischen<br />
Systeme durchgeführt<br />
werden kann,<br />
2. die erhobenen Daten über eine gängige<br />
und frei konfigurierbare Schnittstelle zugänglich<br />
gemacht werden, sodass Auswertungen<br />
firmen- und herstellerunabhängig<br />
erfolgen können,<br />
3. Anforderungswerte in Bezug auf die Energieeffizienz<br />
des Gebäudes aufgestellt werden<br />
können,<br />
4. Effizienzverluste von gebäudetechnischen<br />
Systemen erkannt werden können und<br />
5. die für die Einrichtung oder das gebäudetechnische<br />
Management zuständige Person<br />
über mögliche Verbesserungen der<br />
Energieeffizienz informiert werden kann.<br />
Zusätzlich ist eine für das Gebäude-Energiemanagement<br />
zuständige Person oder ein Unternehmen<br />
zu benennen oder zu beauftragen,<br />
um in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess<br />
die Potenziale für einen energetisch<br />
optimierten Gebäudebetrieb zu analysieren<br />
und zu heben.“<br />
Das Gebäudeenergiegesetz lässt zu, dass<br />
diese Anforderungen auch durch beauftragte<br />
Dienstleister erfüllt werden können. Angesichts<br />
der kurzen Frist erscheint dieser Weg<br />
Die Cloud-Plattform als effektives<br />
Bindeglied zwischen Smart Metering,<br />
Technischer Gebäudeausrüstung<br />
(TGA) und ESG-Reporting<br />
Grafik: Aedifion, Köln<br />
22 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
sinnvoll – vor allem dann, wenn ein cloudbasiertes<br />
Energiemanagement-System eingesetzt<br />
wird, das zusätzlich auch den Gebäude-<br />
CO 2 -Ausstoß kontinuierlich auf vorgegebene<br />
Grenzwerte regeln kann.<br />
Eine Cloud-Plattform – gegebenenfalls<br />
von einem externen Dienstleister betrieben –<br />
bietet zahlreiche Funktionen, die Gebäudeeigentümern<br />
und -betreibern helfen können,<br />
kurzfristig die Anforderungen des novellierten<br />
GEG zu erfüllen. Eine aufwendige<br />
Nachrüstung der vorhandenen Gebäudeautomation<br />
bzw. der Management- und Bedieneinrichtung<br />
müssen nicht vorgenommen<br />
werden. Die Cloud-Plattform ermöglicht<br />
die Überwachung und Analyse des Energieverbrauchs<br />
in Echtzeit, die Identifikation von<br />
Einsparpotenzialen und die Optimierung des<br />
Gebäudebetriebs.<br />
I. Echtzeit-Überwachung,<br />
Protokollierung und Analyse<br />
Die kontinuierliche Überwachung, Protokollierung<br />
und Analyse der Verbräuche aller<br />
Hauptenergieträger und aller gebäudetechnischen<br />
Systeme sind durch eine Cloud-Plattform<br />
möglich. Das erlaubt die genaue und<br />
zeitnahe Erfassung des Energieverbrauchs<br />
und der Leistung der Gebäudetechnik. Gebäudeeigentümer<br />
und -betreiber können<br />
detaillierte Auswertungen über den Energieverbrauch<br />
erstellen und so ein besseres<br />
Verständnis für die Energieeffizienz ihrer<br />
Gebäude entwickeln.<br />
II. Einsparpotenziale<br />
identifizieren<br />
Eine Cloud-Plattform kann dabei helfen, Einsparpotenziale<br />
zu identifizieren: Durch die<br />
Analyse der Betriebsdaten können ineffiziente<br />
Prozesse oder Anlagen identifiziert und<br />
entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung<br />
der Energieeffizienz eingeleitet werden.<br />
Durch die Nutzung von Machine-Learning-<br />
Algorithmen kann die Plattform Vorhersagen<br />
über den zukünftigen Energieverbrauch<br />
treffen, Empfehlungen für die Optimierung<br />
der Gebäudebetriebsführung geben und direkt<br />
in die Steuerung des Gebäudes eingreifen.<br />
Sie kann auch dazu eingesetzt werden<br />
den CO 2 -Ausstoß von Gebäuden kontinuierlich<br />
auf einen bestimmten Maximalwert zu<br />
regeln. Die Plattform kann die Emissionen<br />
in Echtzeit überwachen und an vorgegebene<br />
Grenzwerte anpassen.<br />
III. Zugänglichkeit<br />
der Daten<br />
Die erhobenen Daten werden über eine gängige<br />
und frei konfigurierbare Schnittstelle<br />
zugänglich gemacht. Firmen- und herstellerunabhängige<br />
Auswertungen sind so möglich<br />
und eine hohe Flexibilität bei der Datenanalyse<br />
und -nutzung ist gegeben.<br />
IV. Aufstellung von<br />
Anforderungswerten<br />
Mit der Cloud-Plattform können Anforderungswerte<br />
in Bezug auf die Energieeffizienz<br />
des Gebäudes aufgestellt werden. Diese<br />
Werte können als Benchmark für die Leistung<br />
des Gebäudes dienen und helfen, Ziele<br />
für die Energieeffizienz zu setzen.<br />
V. Information über<br />
Verbesserungen<br />
Die für die Einrichtung oder das gebäudetechnische<br />
Management zuständige Person<br />
kann über mögliche Verbesserungen der<br />
Ener gie effizienz informiert werden. Eine<br />
proaktive Verwaltung und eine Optimierung<br />
der Gebäudeenergieeffizienz werden dadurch<br />
möglich.<br />
VI. Abgrenzung zu lokalen<br />
Management- und Bediensystemen<br />
Gegenüber einer lokalen Management- und<br />
Bedieneinrichtung (Gebäudeleittechnik) bietet<br />
eine Cloud-Plattform mehrere Vorteile.<br />
1. Skalierbarkeit<br />
und Flexibilität<br />
Eine Cloud-Plattform ist hoch skalierbar und<br />
kann problemlos an die Größe und Komplexität<br />
eines Gebäudes oder eines Gebäudeportfolios<br />
angepasst werden. Im Gegensatz<br />
zu lokalen Systemen, die oft hardware-intensiv<br />
und schwierig zu erweitern sind, ermöglicht<br />
die Cloud-Plattform eine einfache Skalierung<br />
und Anpassung an veränderte Anforderungen.<br />
2. Zugänglichkeit<br />
und Mobilität<br />
Die berechtigten Stakeholder können mit<br />
der Cloud-Plattform auf ihre Gebäudedaten<br />
von überall und jederzeit zugreifen, solange<br />
sie eine Internetverbindung haben. Das<br />
ist ein großer Vorteil gegenüber lokalen<br />
Systemen, die oft nur vor Ort zugänglich<br />
sind.<br />
3. Automatisierte<br />
Updates und Wartung<br />
Im Gegensatz zu lokalen Systemen, die regelmäßige<br />
manuelle Updates und Wartungsarbeiten<br />
erfordern, werden Updates und Wartungsarbeiten<br />
in der Cloud-Plattform automatisch<br />
durchgeführt. Das reduziert den<br />
Wartungsaufwand und stellt den Zugang zu<br />
den neuesten Funktionen und Sicherheitsupdates<br />
sicher.<br />
4. Integration<br />
und Kompatibilität<br />
Eine Cloud-Plattform ist so konzipiert, dass<br />
sie problemlos in eine Vielzahl von Gebäudesystemen<br />
und -technologien integriert werden<br />
kann. Das garantiert eine nahtlose Integration<br />
und Interoperabilität, die mit lokalen<br />
Systemen oft nur schwer zu erreichen ist.<br />
VII. Vernetzung von<br />
Gewerken und Systemen<br />
Die Grafik zeigt, wie eine Cloud-Plattform<br />
als effektives Bindeglied zwischen<br />
Smart Metering, Technischer Gebäudeausrüstung<br />
(TGA) und ESG-Reporting (ESG –<br />
Environmental Social Governance) fungiert.<br />
Durch die Integration von Smart Metering-<br />
Daten ermöglicht die Plattform eine genaue<br />
und zeitnahe Überwachung des Energieverbrauchs.<br />
Diese Daten können dann mit Informationen<br />
aus der TGA kombiniert werden,<br />
um ein umfassendes Bild der Gebäudeperformance<br />
zu erhalten. Darüber hinaus unterstützt<br />
die Plattform das ESG-Reporting, indem<br />
sie detaillierte Berichte über den Energieverbrauch<br />
und die CO 2 -Emissionen liefert.<br />
VIII. Ganzheitliche Betrachtung<br />
von Immobilienportfolios<br />
Die Abbildung eines gesamten Gebäudeportfolios<br />
über eine Cloud-Plattform bietet mehrere<br />
Vorteile gegenüber dem Verwenden vieler<br />
lokaler Leittechniksysteme: Erstens ermöglicht<br />
die zentrale Verwaltung in der Cloud<br />
eine konsistente Überwachung und Analyse<br />
über alle Gebäude hinweg – das führt zu<br />
einer effizienteren Betriebsführung. Zweitens<br />
erlaubt die Skalierbarkeit der Cloud die<br />
einfache Integration neuer Gebäude in das<br />
Portfolio. Drittens gewährleistet die Cloud-<br />
Plattform den Zugriff auf die Daten von überall<br />
und zu jeder Zeit – flexible und zeitnahe<br />
Reaktionen auf Probleme werden möglich.<br />
Schließlich können durch die Nutzung einer<br />
einzigen Cloud-Plattform statt vieler lokaler<br />
Systeme Kosten und Ressourcen eingespart<br />
werden, da weniger Hardware benötigt wird<br />
und Wartung und Updates zentralisiert werden<br />
können. Diese Vorteile tragen dazu bei,<br />
die Effizienz und Nachhaltigkeit des Gebäudebetriebs<br />
zu verbessern.<br />
<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 23
Technische Trends und Normung<br />
Zellularer Ansatz:<br />
Effiziente Lösung für die Zukunft der TGA<br />
Ein Algorithmus zur Bewältigung der Komplexität<br />
in der Energieerzeugung und -nutzung<br />
Die Branche der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) steht vor erheblichen Herausforderungen,<br />
um aktiv zur Verwirklichung einer fossilfreien Zukunft beizutragen. Die Verlagerung hin zu Erneuerbaren<br />
Energien, begleitet von der verstärkten Digitalisierung der TGA, führt zu einer signifikanten<br />
Dezentralisierung und Fluktuation in der zunehmend erneuerbaren Energieerzeugung und der<br />
wachsenden Notwendigkeit einer flexiblen Energienutzung. Wie kann diese immer weiter zunehmende<br />
Komplexität der Energielandschaft bewältigt werden?<br />
Dipl.-Ing.<br />
Lukas Richter,<br />
Wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter der AG<br />
„Intelligente hybride<br />
Heiztechnologien“,<br />
Bereich „Thermochemische<br />
Konversion“,<br />
DBFZ, Leipzig<br />
M. Sc.<br />
Martin Dotzauer,<br />
Wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter der AG<br />
„Biomasse im Energiesystem“,<br />
Bereich „Bioenergiesysteme“,<br />
DBFZ, Leipzig<br />
Dr.-Ing. Volker Lenz,<br />
Bereichsleiter<br />
„Thermo-chemische<br />
Konversion“,<br />
Forschungsschwerpunktleiter<br />
„Intelligente<br />
Biomasseheiztechnologien“,<br />
DBFZ, Leipzig<br />
Prof. Dr.-Ing. habil.<br />
Joachim Seifert,<br />
Professur für Gebäudeenergietechnik<br />
und Wärmeversorgung,<br />
TU Dresden<br />
Die Herausforderungen der Technischen Gebäudeausrüstung<br />
(TGA) in der Zukunft erstrecken<br />
sich auf verschiedene Bereiche, unter<br />
anderem Smarthome-Systeme, raumlufttechnische<br />
und kältetechnische Anlagen und<br />
die Umstellung auf fossilfreie Heizungsanlagen.<br />
Diese Beispiele wurden gezielt ausgewählt,<br />
da sie eine gemeinsame Eigenschaft<br />
teilen: In einer digitalisierten Welt verschmelzen<br />
die Energiesysteme der Gebäude nahtlos<br />
mit dem übergeordneten System. Das erfordert<br />
für jedes Beispiel fortschrittliche Informations-<br />
und Kommunikationstechnik sowie<br />
eine zuverlässige Stromversorgung auf Abruf.<br />
Die Elektrifizierung und Digitalisierung –<br />
verbunden mit der Integration dezentraler,<br />
fluktuierender, erneuerbarer Energiequellen<br />
– führen zu einer erheblichen Zunahme<br />
der Komplexität im Energiesystem. Das<br />
wird in Abbildung 1 ersichtlich. Um diesen<br />
gestiegenen Anforderungen an Informationsund<br />
Kommunikationstechnik gerecht zu werden<br />
und die Versorgungssicherheit jederzeit<br />
zu gewährleisten, ist ein Umdenken in neue<br />
Strukturen unumgänglich.<br />
Der nachfolgende Beitrag stützt sich auf<br />
die Ergebnisse des Forschungsvorhabens<br />
von Richter et al. [2].<br />
Alle Grafiken: Eigene Darstellung<br />
Abbildung 1: Klassische uni- (links) und zukünftig multidirektionale (rechts) Lastflussrichtung im<br />
Energie system [1]<br />
Zellulare Energiesysteme<br />
Wie in Abbildung 2 dargestellt, kann das<br />
Ener gie sys tem je nach örtlichen geografischen<br />
oder physikalischen Netzbedingungen<br />
in verschiedene Energiezellen aufgeteilt<br />
werden [3]. Diese Zellen sind hierarchisch<br />
strukturiert und folgen dem Prinzip<br />
der Subsidiarität. Subsidiarität bedeutet,<br />
dass lokale Probleme in erster Linie an der<br />
Ursache angegangen und erst sekundär mithilfe<br />
benachbarter Zellen oder Netzgebiete<br />
gelöst werden [4]. Dieser Ansatz ermöglicht<br />
24 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
Abbildung 2:<br />
Zellulares<br />
Energiesystem<br />
es, das Gesamtproblem der zeitdiskreten Bedarfsdeckung<br />
in kleinere Teilprobleme aufzuteilen,<br />
indem das Energiesystem von unten<br />
nach oben geregelt wird. Die hohe Autonomie<br />
und Autarkie jeder Energiezelle reduzieren<br />
den zentralen Steuerungs- und Kommunikationsaufwand<br />
erheblich.<br />
Nach dieser anfänglichen Optimierung<br />
kann der Zell-Manager (ZM) unter der Voraus<br />
set zung eines restriktionsfreien Betriebs<br />
direkt mit dem Strommarkt interagieren. Dabei<br />
hat er die Flexibilität, Energie zu kaufen,<br />
wenn die Nachfrage hoch ist und die Preise<br />
niedrig sind. Oder er verkauft überschüssige<br />
Energie, wenn die Nachfrage gering ist und<br />
die Preise attraktiv sind. Dieser direkte Zugang<br />
zum Strommarkt ermöglicht es der Zelle,<br />
dynamisch auf Marktschwankungen zu<br />
reagieren und wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen<br />
zu treffen, um die Ener gie versor<br />
gung zu optimieren und gleichzeitig die<br />
Kosten zu minimieren. Somit spielt der ZM<br />
eine entscheidende Rolle bei der effizienten<br />
Nutzung der dezentralen Energieanlagen<br />
und trägt dazu bei, eine nachhaltige und kosten<br />
günstige Energieversorgung zu gewährleisten.<br />
Die Festlegung von Restriktionen obliegt<br />
dem lokalen Clustermanager (LCM), der<br />
mehrere Level-0-Zellen in regionaler Nähe<br />
koordiniert. Dabei erhält der LCM lediglich<br />
notwendige und aggregierte Informationen<br />
von den untergeordneten Zellmanagern –<br />
und zwar basierend auf dem Subsidiaritätsprinzip<br />
und unter Berücksichtigung des Datenschutzes.<br />
Nach dieser Informationsaggregation<br />
überwacht der LCM nicht nur das Nieder-<br />
und Mittelspannungsnetz, sondern gleichermaßen<br />
auch Fernwärme- und Gasnetze<br />
auf mögliche zukünftige Grenzwertverletzungen<br />
sowie Unter- und Überversorgungen.<br />
Gegebenenfalls werden Beschränkungen für<br />
die untergeordneten Zellen festgelegt.<br />
Die höchste Instanz in diesem Energiesystem<br />
ist der zentrale Clustermanager (ZCM).<br />
Er koordiniert die Level-1-Zellen, die Strommärkte<br />
und das Hochspannungsnetz auf<br />
Grundlage der zellularen Charakteris tiken.<br />
Um zu überprüfen, ob die Implementierung<br />
des zellularen Ansatzes zu einem koordinierten,<br />
aber auch versorgungssicheren<br />
Energiesystem führt, wird im Rahmen des<br />
Forschungsvorhabens ein Beispielquartier<br />
untersucht. Der Schwerpunkt liegt dabei<br />
auf ländlichen Gebieten, in denen die Wärmenachfragedichte<br />
oft nicht ausreicht, um<br />
Nahwärmenetze zu etablieren. Als Alternative<br />
stehen dezentrale Energieanlagen zur<br />
Verfügung, die bei einer direkten Kopplung<br />
mit dem Stromsektor die Komplexität weiter<br />
erhöhen können, beispielsweise bei Wärmepumpen<br />
oder Blockheizkraftwerken. Bei<br />
der zukünftigen Ausgestaltung des Anlagenparks<br />
für ländliche Energiezellen wird ein<br />
besonderes Augenmerk auf festbiomassebasierte<br />
Hybridsysteme (FBHS) gelegt.<br />
Festbiomassebasierte Hybridsysteme<br />
FBHS sind eine Kombination aus mehreren<br />
erneuerbaren Energieerzeugern mit einem<br />
biogenen Energieerzeuger, wie exemplarisch<br />
Abbildung 3: Biomassebasiertes Hybridsystem<br />
in Abbildung 3 dargestellt ist. Dabei wird<br />
die dezentrale Nutzung von Biomasse in diesen<br />
Systemen von verschiedenen Faktoren<br />
wie Netzstabilität und wirtschaftlichen Indikatoren<br />
beeinflusst. Biomassekessel, Blockheizkraftwerke<br />
(BHKW) oder Kamine werden<br />
deshalb nur dann eingesetzt, wenn die<br />
Leistung der Hauptwärmequelle, beispielsweise<br />
eine Wärmepumpe, nicht aus reicht<br />
oder die Nutzung mit erheblichen wirtschaftlichen<br />
Nachteilen verbunden ist. Diese<br />
Nachteile können exemplarisch auftreten,<br />
wenn hohe Strompreise den Einsatz einer<br />
Wärmepumpe unwirtschaftlich machen.<br />
Die Biomasseanlage wird nach dem Prinzip<br />
betrieben, dass nur so viel Wärme erzeugt<br />
wird, wie tatsächlich benötigt wird oder gespeichert<br />
werden kann. Dieser Steuerungsmechanismus<br />
ermöglicht eine bedarfsorientierte<br />
Strom- und Wärmeerzeugung und<br />
kann Schwankungen in der Strom- und Wärmeerzeugung<br />
durch Wind- und Sonnenenergie<br />
zum Teil ausgleichen. Das trägt dazu bei,<br />
den Autarkiegrad der Zellen zu erhöhen und<br />
lokale Spitzenbedarfe zu glätten [5].<br />
Es ist wichtig zu betonen, dass Biomasse<br />
nur dann eingesetzt wird, wenn es keine andere<br />
ökologische und wirtschaftliche Alternative<br />
gibt, beispielsweise für Prozesswärme<br />
oder die Wärmeversorgung in ländlichen<br />
Gebieten. Das gewährleistet eine effiziente<br />
Nutzung des begrenzten Potenzials der Biomasse<br />
[5–8].<br />
Der kostenoptimale Anlagenpark<br />
ländlicher Quartiere<br />
Um den zellularen Ansatz mit einer kosteneffizienten<br />
Gestaltung eines Anlagenparks in<br />
einem ländlichen Quartier zu vereinen, wird<br />
auf die Methode der Energiesystemmodellierung<br />
zurückgegriffen. Im ersten Schritt<br />
wird der optimale Anlagenpark des ländlichen<br />
Quartiers berechnet. Dabei wird das<br />
Gebiet durch eine Zellenstruktur abgedeckt,<br />
bestehend aus mehreren Level-0-Zellen innerhalb<br />
einer Level-1-Zelle, um den zellularen<br />
Ansatz zu berücksichtigen. Interaktionen<br />
über diese Grenzen hinweg werden als<br />
Stromimport oder -export mit einem Verteilungsnetz<br />
zu dynamischen Preisen betrachtet.<br />
Die Optimierung erfolgt nach dem Prinzip<br />
des Bluefield-Ansatzes, der die Struktur<br />
des Ortes (Straßen, Häuser und Energiebedarfe)<br />
im Gegensatz zu vorhandenen Energieanlagen<br />
berücksichtigt.<br />
Zur Ermittlung der kosteneffizienten Anlagenkonfiguration<br />
wird dem Optimierer eine<br />
Auswahl an Energieanlagen mit den entsprechenden<br />
wirtschaftlichen und technischen<br />
Parametern vorgegeben. Auf Grundlage dieser<br />
Vorgaben entscheidet der Optimierer,<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 25
Technische Trends und Normung<br />
welche Technologien die optimale Lösung<br />
für die gegebene Struktur über den Betrachtungszeitraum<br />
von einem Jahr darstellen.<br />
Diese Technologien können im Hinblick<br />
auf das Optimierungsziel monovalent oder<br />
gemeinsam in Hybridsystemen eingesetzt<br />
werden. Für die Modellierung dieser Technologien<br />
ist ein detailliertes Verständnis der<br />
internen Prozesse und Einflussfaktoren unerlässlich.<br />
Die Modellierung basiert auf den<br />
Energieflüssen innerhalb der Technologien<br />
und zwischen ihnen, wobei Aspekte wie Hydraulik<br />
oder Spannungsstabilität vernachlässigt<br />
werden. Die relevanten Technologien<br />
für das ländliche Beispielquartier sind in Abbildung<br />
4 dargestellt.<br />
Um die Einflüsse des Einsatzes von FBHS<br />
in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen,<br />
müssen die Kosten bei der<br />
Umsetzung minimiert werden. Diese Minimierung<br />
basiert auf der Annuitätenmethode<br />
aus der VDI-Richtlinie 2067 [9]. Diese Richtlinie<br />
bezieht sich auf die Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />
von gebäudetechnischen Anlagen<br />
und ermöglicht es im Gegensatz zu den<br />
anderen Methoden, Investitionsvarianten<br />
mit unterschiedlichen Laufzeiten zu berücksichtigen.<br />
In dieser Investitionsrechnung<br />
wird eine Annuität berechnet, die sowohl einmalige<br />
In ves ti tionen als auch laufende Zahlungen<br />
über einen definierten Zeitraum mit<br />
Hilfe eines Annuitäts fak tors zusammenfasst.<br />
Die Umsetzung dieser Kostenminimierung<br />
erfolgt innerhalb des Forschungsvorhabens<br />
mit dem Tool oemof [10] in Python.<br />
Hierbei wird die Optimierung als lineare oder<br />
gemischt-ganzzahlige Optimierung auf Basis<br />
einer modularen Energiesystemmodellierung<br />
durchgeführt.<br />
Subsidiarität, Autonomie<br />
und Aggregation<br />
Nach der Investitionsoptimierung für das gesamte<br />
Quartier verfügt jedes Gebäude über<br />
die erforderlichen Anlagenleistungen, um<br />
den Bedarf des Quartiers kosteneffizient<br />
zu decken. Es ist jedoch zu beachten, dass<br />
bei der Minimierung einer einzigen systemischen<br />
Optimierungsfunktion die wirtschaftlichen<br />
Interessen der vorhandenen Akteure<br />
teilweise unberücksichtigt bleiben, wie<br />
von Fischer und Toffolo [11] festgestellt wurde.<br />
Das bedeutet, dass der berechnete Anlagenpark<br />
zu einem kostenminimalen Quartier<br />
führen kann – jedoch nicht zwangsläufig zu<br />
den optimalen Lösungen für einzelne Gebäude.<br />
Das ist insbesondere dann der Fall, wenn<br />
ein zentral gesteuerter Betrieb anstelle eines<br />
autonomen Betriebs bevorzugt wird. Um diesem<br />
Widerspruch zu den Charakteristiken<br />
des zellularen Ansatzes entgegenzuwirken,<br />
ist es notwendig, die lokalen Betriebsoptima<br />
jeder einzelnen Zelle zu berechnen. Laut<br />
Fischer und Toffolo führt die Berücksichtigung<br />
dieser lokalen Optima nicht zwangsläufig<br />
zu einem kostenminimalen Quartier, jedoch<br />
zu kostenminimalen Ausstattungen für<br />
die einzelnen Gebäude.<br />
Um diese Betrachtung der lokalen Optima<br />
durchführen zu können, müssen Zellen miteinander<br />
interagieren können – insbesondere<br />
dann, wenn die Versorgungssicherheit<br />
auf Zellebene 0 oder 1 nicht erreicht werden<br />
kann. Dafür müssen auf Grundlage des zellularen<br />
Ansatzes verschiedene<br />
Faktoren berücksichtigt werden:<br />
Im Sinne von Autonomie<br />
und Subsidiarität sollte jede<br />
Zelle nach der Konfiguration<br />
des Anlagenparks das primäre<br />
Ziel verfolgen, ihren eigenen<br />
Energiebedarf kostenminimal<br />
zu decken. Erst wenn<br />
das mit den eigenen Erzeugungskapazitäten<br />
nicht mehr<br />
Abbildung 4:<br />
Auswahl an Technologien<br />
Abbildung 5:<br />
Lokaler Strommarkt<br />
möglich ist, interagiert sie mit anderen Zellen<br />
der gleichen Ebene auf Basis des sekundären<br />
Ziels. Auf diese Weise können die Zellen<br />
Energie austauschen, um die Versorgungssicherheit<br />
auf gleicher und nächsthöherer<br />
Zellebene zu gewährleisten und gleichzeitig<br />
ihre eigenen Gewinne zu maximieren.<br />
Diese Implementierung basiert auf den Prinzipien<br />
der Autonomie und Subsidiarität sowie<br />
einem hohen Maß an Autarkie.<br />
Um diese Interaktion zwischen den verschiedenen<br />
Zellen zu modellieren, wird ein<br />
lokaler Strommarkt eingeführt. Die angepassten<br />
Prozesse des zellularen Ansatzes<br />
aus Abbildung 1 sind in Abbildung 5 detailliert<br />
dargestellt, um den Energiehandel zwischen<br />
den Zellen zu erfassen. Die Annahme<br />
in dieser Struktur ist, dass die Zellen ohne<br />
Einschränkungen miteinander interagieren<br />
können, sodass der lokale Clustermanager<br />
(LCM) und der zentrale Clustermanager<br />
(ZCM) nicht explizit betrachtet werden müssen.<br />
Das Hauptziel der Optimierung besteht<br />
darin, für jede Ebene-0-Zelle ein lokales Optimum<br />
des Anlagenbetriebs zu erzeugen.<br />
Für die Umsetzung dieser Betriebsoptimierung<br />
wird das Open-Source-Tool AMIRIS [12]<br />
verwendet. AMIRS ist ein Strommarktmodell,<br />
das auf einem Multiagentensystem basiert. In<br />
Multiagentensystemen spiegeln sich die Eigenschaften<br />
zellulärer Ener gie sys teme wider,<br />
da sie Probleme in Teilprobleme aufteilen<br />
und Agenten miteinander interagieren, um<br />
lokale und systemische Optima zu erreichen.<br />
Die begrenzte Kommunikation und der Austausch<br />
notwendiger Informationen zwischen<br />
den Agenten können die Systemkomplexität<br />
reduzieren und die Flexibilität erhöhen [13].<br />
Unter Berücksichtigung der primären und<br />
sekundären Ziele jeder Zelle sowie der Eigenschaften<br />
von AMIRIS plant jede Zelle zunächst<br />
ihre eigene Stromerzeugung. Wenn<br />
dabei eine Diskrepanz zwischen Angebot<br />
und Nachfrage entsteht, haben die Zellen<br />
die Möglichkeit, fehlenden Strom zu kaufen<br />
26 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
oder überschüssigen Strom anzubieten, um ihren<br />
Gewinn zu maximieren. Nach jedem Zellen-<br />
Dispatch werden aggregierte Informationen wie<br />
Stromüberschuss oder -defizit an den lokalen<br />
Strommarkt übermittelt, der daraufhin Nachfrage<br />
und Angebot zu einem Gleichgewichtspreis<br />
abgleicht. Stromanbieter erhalten den Erlös zu<br />
diesem Preis von den Stromverbrauchern, die<br />
den Zuschlag erhalten haben. Dieser Prozess<br />
wiederholt sich in jedem Zeitschritt des Marktes.<br />
Mit Hilfe dieser lokalen Betriebsoptimierungen<br />
ist es möglich, den zentralen Kommunikations-<br />
und Informationsaustausch im Sinne<br />
von Aggregation, Subsidiarität und Autonomie<br />
zu reduzieren.<br />
Wärme als Flexibilitätspotenzial<br />
Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde<br />
der Wärmesektor separat abgebildet, da AMIRIS<br />
als strombasiertes Marktmodell konzipiert ist.<br />
Bei einer Kopplung mit dem Stromsektor bietet<br />
der Wärmesektor ein beträchtliches Flexibilitätspotenzial.<br />
Beispielsweise kann überschüssiger<br />
Strom mithilfe von Wärmepumpen in Wärme<br />
umgewandelt werden, die dann entweder genutzt<br />
oder gespeichert werden kann. Das ermöglicht<br />
nicht nur eine effiziente Lastverschiebung,<br />
sondern gestattet auch die hoch effiziente Erzeugung<br />
von Wärme. Da Strom jedoch zunehmend<br />
fluktuierend erzeugt wird und Wärmepumpen<br />
im Winter einen geringen Wirkungsgrad aufweisen,<br />
was den Strombedarf drastisch erhöht,<br />
kann der zusätzliche Einsatz eines biogenen<br />
Wärmeerzeugers sinnvoll sein. Um dieses Flexibilitätspotenzial<br />
zu erfassen, wurde AMIRIS um<br />
den Wärmesektor erweitert. Dabei erfolgt auf<br />
Grundlage vorhandener Ausgangsdaten eine getrennte<br />
Optimierung der Wärmeerzeuger und<br />
-speicher, was letztendlich zu einer kosteneffizienten<br />
Bereitstellung von Wärme führt.<br />
Der Optimierungsalgorithmus<br />
Die in diesem Prozess dargestellten Schritte<br />
der Investitionsoptimierung und der Be triebsopti<br />
mie rung, kombiniert mit der Nutzung von<br />
Wärme als Flexibilitätspotenzial, sollen nun<br />
zu einem umfassenden und skalierbaren Algorithmus<br />
integriert werden. Das Ziel besteht darin,<br />
basierend auf der spezifischen Struktur des<br />
Ortes und den zu berücksichtigenden Energieanlagen,<br />
die kos ten- und betriebsoptimale Anlagenkonfiguration<br />
für jedes Gebäude zu ermitteln.<br />
Zudem soll gezeigt werden, ob der zellulare<br />
Ansatz in Verbindung mit festbiomassebasierten<br />
Hybridsystemen ein versorgungssicheres<br />
und gleichzeitig komplexitätsreduziertes ländliches<br />
Quartier gewährleisten kann.<br />
Die Umsetzung dieses Algorithmus ist in Abbildung<br />
6 veranschaulicht. Dabei werden die<br />
beiden Optimierungsschritte in aufeinanderfolgenden<br />
Iterationen ausgeführt, bis eine zufrie-<br />
Building<br />
Performance<br />
Wie wir arbeiten und wie wir leben ist maßgeblich<br />
geprägt von der Umgebung, die wir<br />
selbst erschaffen.<br />
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Technische Trends und Normung<br />
denstellende Konvergenz erreicht ist. Diese<br />
Konvergenz bezieht sich auf die Veränderungen<br />
des Anlagenparks zwischen zwei<br />
aufeinanderfolgenden Iterationsschritten<br />
nach der Investitionsoptimierung. Die Iteration<br />
wird als abgeschlossen betrachtet, wenn<br />
sich der Anlagenpark innerhalb des Quartiers<br />
nur noch minimal oder gar nicht mehr<br />
ändert. Diese iterative Vorgehensweise, bestehend<br />
aus Investitions- und Betriebsoptimierung,<br />
gewährleistet eine optimale Anpassung<br />
des Anlagenparks an den Betrieb innerhalb<br />
eines zellularen Energiesystems.<br />
Um diesen Anpassungsprozess sicherzustellen,<br />
findet ein Datentransfer zwischen<br />
den beiden Optimierungsstufen statt. Nach<br />
der Investitionsoptimierung wird der konfigurierte<br />
Anlagenpark an die Betriebsoptimierung<br />
übergeben. Dieser Optimierungsschritt<br />
ermöglicht es, zu ermitteln, welche Anlagengrößen<br />
aufgrund der veränderten Betriebsbedingungen<br />
angepasst werden müssen und<br />
wie hoch die Stromgestehungskosten innerhalb<br />
des Quartiers sind.<br />
Abbildung 6:<br />
Iterativer<br />
Optimierungsalgorithmus<br />
Zusammenfassung und Ausblick<br />
Die Technische Gebäudeausrüstung steht vor<br />
erheblichen Herausforderungen im Hinblick<br />
auf die aktive Förderung einer fossilfreien<br />
Zukunft. Die Umstellung auf Erneuerbare<br />
Ener gien und die zunehmende Digitalisierung<br />
in der TGA führen zu einer spürbaren<br />
Dezentralisierung und zu Schwankungen in<br />
der Energieerzeugung und -nutzung.<br />
Das vorgestellte zellulare Energiesystem<br />
bietet einen vielversprechenden Ansatz, um<br />
den steigenden Anforderungen der TGA zu<br />
begegnen. Durch seine hierarchische Struktur<br />
und das Prinzip der Subsidiarität ermöglicht<br />
dieses System eine hohe Autonomie<br />
bzw. Selbstständigkeit jeder Energiezelle.<br />
Das führt zu einer erheblichen Reduzierung<br />
des zentralen Steuerungs- und Kommunikationsaufwands.<br />
Die Integration eines lokalen<br />
Strommarkts in Verbindung mit fest bio masse<br />
ba sier ten Hybridsystemen sowie die Einbeziehung<br />
des Wärmesektors als Flexibilitätspotenzial<br />
haben gezeigt, dass ein zuverlässiges<br />
Energieversorgungssystem in ländlichen<br />
Gebieten geschaffen werden kann, das<br />
gleichzeitig die Komplexität gegenüber zentral<br />
organisierten Ansätzen reduziert. Die<br />
Kombination aus Investitionsoptimierung,<br />
Betriebsoptimierung und der Nutzung von<br />
Wärme als Flexibilitätspotenzial kann zu einer<br />
kosteneffizienten Anlagenkonfiguration<br />
führen und dabei die individuellen Bedürfnisse<br />
jedes Gebäudes berücksichtigen.<br />
Der entwickelte Algorithmus, der diese verschiedenen<br />
Aspekte integriert, zeigt vielversprechende<br />
Perspektiven für die Zukunft der<br />
Technischen Gebäudeausrüstung auf. Dies ermöglicht<br />
nicht nur eine nachhaltige und kostengünstige<br />
Energieversorgung, sondern<br />
trägt auch dazu bei, die Heraus forderungen<br />
im Zusammenhang mit der Dezentralisierung<br />
und den Schwankungen in der Energieerzeugung<br />
und -nutzung zu bewältigen.<br />
Obwohl die hier vorgestellten Erkenntnisse<br />
bereits vielversprechend sind, wird der<br />
Algorithmus noch weiter optimiert. Zukünftige<br />
Arbeiten werden sich auf die Identifizierung<br />
geeigneter Indikatoren zur quantitativen<br />
Erfassung der Wechselwirkungen zwischen<br />
Investitions- und Betriebsoptimierung<br />
konzentrieren. Außerdem wird die aktuell<br />
noch sehr lange Berechnungszeit, die hauptsächlich<br />
von der Investitionsoptimierung beeinflusst<br />
wird, durch den Einsatz eines Hochleistungscomputers<br />
perspektivisch auf einige<br />
Stunden reduziert werden. Abschließend<br />
wird der bisher theoretische Algorithmus<br />
anhand eines Use Cases erprobt und validiert.<br />
Dabei liegt der Fokus auf der Untersuchung<br />
und Bewertung des Einflusses des<br />
Einsatzes von festbiomassebasierten Hybridsystemen<br />
auf die Versorgungssicherheit und<br />
Wirtschaftlichkeit in einem zellular strukturierten<br />
ländlichen Energiesystem, wie im definierten<br />
Anwendungsfall spezifiziert. <br />
Literatur:<br />
[1] J. Seifert und P. Schegner: Zellulare Energiesysteme:<br />
Grundlagen, Teilsysteme, Märkte,<br />
Rahmenbedingungen, Praxisbeispiele. Berlin,<br />
Offenbach: VDE Verlag GmbH, 2023.<br />
[2] L. Richter, V. Lenz, M. Dotzauer and J. Seifert:<br />
„A 2-stage optimisation approach to ensure security<br />
of supply in rural cellular energy structures<br />
with solid biomass-based (hybrid) systems“ ETG<br />
Congress 2023, Kassel, Germany, 2023, pp. 1-7.<br />
[3] L. Kriechbaum, G. Scheiber und T. Kienberger:<br />
„Grid-based multi-energy systems—modelling,<br />
assessment, open source modelling frameworks<br />
and challenges“, Energ Sustain Soc, Jg. 8, Nr. 35,<br />
2018, doi: 10.1186/s13705-018-0176-x.<br />
[4] J. Beyer et al.: „Zellulares Energiesystem: Ein<br />
Beitrag zur Konkretisierung des zellularen Ansatzes<br />
mit Handlungsempfehlungen“, Verband<br />
der Elektrotechnik, Frankfurt am Main, Mai 2019.<br />
[5] V. Lenz, H. Haufe, K. Oehmichen, N. Szarka, D.<br />
Thrän und M. Jordan: „Systemlösungen im Wärmesektor:<br />
52 Modellkonzepte für eine klimaneutrale<br />
Wärme“, Focus On, Nr. 1, 2020.<br />
[6] Umweltbundesamt (Hrsg.): „BioRest: Verfügbarkeit<br />
und Nutzungsoptionen biogener Abfall-<br />
und Reststoffe im Energiesystem (Strom-,<br />
Wärme- und Verkehrssektor): Abschlussbericht“,<br />
Dessau-Roßlau, 2018.<br />
[7] Bundesministerium für Wirtschaft und<br />
Ener gie (Hrsg.): „Dialog Klimaneutrale Wärme:<br />
Zielbild, Bausteine und Weichenstellungen<br />
2030/2050“, Feb. 2021.<br />
[8] Triebel, Marc-André, Steingrube, Annette, G.<br />
Stryi-Hipp und P. Reggentin: „Modellierung Sektorintegrierter<br />
Energieversorgung im Quartier:<br />
Untersuchung der Vorteile der Optimierung von<br />
Ener giesystemen auf Quartiersebene gegenüber<br />
der Optimierung auf Gebäudeebene“, Berlin, Apr.<br />
2022.<br />
[9] Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen<br />
Grundlagen und Kostenberechnung, VDI<br />
2067, Verein Deutscher Ingenieure e. V., Berlin,<br />
Sep. 2012.<br />
[10] oemof.solph. Zenodo, 2023.<br />
[11] R. Fischer und A. Toffolo: „Is total system cost<br />
minimization fair to all the actors of an energy<br />
system? Not according to game theory“, Energy,<br />
Jg. 239, 2022, doi: 10.1016/j.energy.2021.122253.<br />
[12] Agent-based Market model for the<br />
Investigation of Renewable and Integrated<br />
energy Systems AMIRIS, 2022. [Online]. Verfügbar<br />
unter: https://gitlab.com/dlr-ve/esy/amiris/<br />
amiris.<br />
[13] Z. Ma, M. J. Schultz, K. Christensen, M.<br />
Værbak, Y. Demazeau und B. N. Jørgensen: „The<br />
Application of Ontologies in Multi-Agent Systems<br />
in the Energy Sector: A Scoping Review“, Energies,<br />
Jg. 12, Nr. 16, 2019, doi: 10.3390/en12163200.<br />
28 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
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Energetische Sanierung im Gesundheitswesen<br />
Foto: Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara<br />
Michael Jentzsch,<br />
Gebietsverkaufsleiter-Ost,<br />
Priva Building<br />
Intelligence GmbH,<br />
Tönisvorst<br />
Das renommierte Wuppertal Institut für Klima,<br />
Umwelt, Energie hat im Dezember 2022<br />
die Studie „Zielbild: Klimaneutrales Krankenhaus<br />
– Wuppertal Report Nr. 24“ vorgelegt.<br />
1 Aus Sicht des Instituts hat der Klimawandel<br />
zunehmend Auswirkungen auf das<br />
deutsche Gesundheitswesen: Angesichts<br />
wachsender Temperatur-Niveaus in Städten<br />
seien insbesondere Krankenhäuser im<br />
Sommer mehr und mehr gefordert, gesundheitliche<br />
Beschwerden der Bevölkerung zu<br />
versorgen. Gleichzeitig produzierten gerade<br />
die für die Behandlung zuständigen Krankenhäuser<br />
durch ihren 24-Stunden-Betrieb<br />
und hohen Energieverbrauch große Mengen<br />
an Treibhausgasen. Dem gesamten Gesundheitswesen<br />
werden zwischen 5,2 bis<br />
6,7 Prozent Anteil an den deutschen Klimagas-Emissionen<br />
zugeschrieben. Zum Vergleich:<br />
In der Industrie erreicht die Stahlindustrie<br />
ebenfalls einen Emissionsanteil um<br />
die 6 Prozent.<br />
Klimaschutzpotenziale<br />
deutscher Krankenhäuser<br />
Bereits im Jahr 2020 hatte die Konferenz der<br />
bundesdeutschen Gesundheitsminister die<br />
Herausforderungen des Klimawandels für<br />
das Gesundheitswesen diskutiert. Als Ergebnis<br />
wurden verschiedene Beschlüsse gefasst,<br />
die unter anderem Investitionen in die zukünftig<br />
notwendige energetische Sanierung<br />
des Krankenhauswesens betreffen.<br />
Die Konferenz bat die Deutsche Krankenhausgesellschaft<br />
(DKG), die klima- und energierelevanten<br />
Daten der bundesdeutschen<br />
Krankenhäuser zu ermitteln, um zunächst<br />
eine verlässliche Datenbasis für zukünftige<br />
energierelevante Maßnahmen zu erhalten.<br />
Mit der Datenerhebung und -auswertung<br />
wurde das Deutsche Krankenhausinstitut<br />
(DKI) beauftragt, das eine entsprechende<br />
Studie erarbeitete. Das Institut kommt in seinem<br />
Mitte 2022 veröffentlichten und Anfang<br />
2023 aktualisierten Untersuchungs-Bericht<br />
2 zu folgendem Urteil über die Klimaschutzpotenziale<br />
deutscher Krankenhäuser:<br />
Notwendig sei eine kontinuierliche energetische<br />
Sanierung der Häuser, wobei unter anderem<br />
an der Optimierung technischer Anlagen,<br />
der Kälteversorgung der Krankenhäuser,<br />
der Verbesserung der Energienutzung<br />
und -versorgung anzusetzen sei. Für die notwendige<br />
energetische Sanierung seien umfassende<br />
Investitionen notwendig. Um entsprechende<br />
Maßnahmen schnell und effizient<br />
umzusetzen, empfiehlt das DKI, die Möglichkeiten<br />
des Energieeffizienz-Contractings<br />
zu nutzen.<br />
Fallbeispiel Krankenhaus<br />
St. Elisabeth und St. Barbara<br />
Wie ein größeres Projekt der energetischen<br />
Sanierung in der Krankenhaus-Praxis gemanagt<br />
werden kann, soll ein Fallbeispiel zeigen.<br />
Das Krankenhaus St. Elisabeth und St.<br />
Barbara in Halle an der Saale ist ein großes<br />
Krankenhaus mit rund 1.200 Beschäftigten<br />
und 600 Betten, in dem pro Jahr ca. 60.000<br />
Fälle behandelt werden. Das Krankenhaus<br />
gehört zum katholischen Elisabeth Vinzenz<br />
Verbund, der Träger von 13 Kliniken mit einer<br />
Vielfalt an Fachgebieten ist.<br />
Vor der Entwicklung konkreter Sanierungsmaßnahmen<br />
nahm das Krankenhaus<br />
Kontakt mit einem spezialisierten Energiekonzept-Dienstleister<br />
auf. So sollte sichergestellt<br />
werden, dass das umzusetzende Sanierungsprojekt<br />
förderfähig ist. Vom Krankenhaus<br />
beauftragt, entwickelte der Dienst leister<br />
ein Energieeffizienz-Konzept, das bestmögliche<br />
öffentliche Förderung versprach.<br />
Gemeinsam mit den TGA-Experten des<br />
Projektdienstleisters wurden im nächsten<br />
Schritt die Anlagen des Krankenhauses im<br />
Detail untersucht. Es galt zu ermitteln, wo<br />
durch Erneuerung bzw. Optimierung größte<br />
Erfolgsaussichten bestanden – in Bezug auf<br />
Verbesserung der Umweltbilanz, höhere Effizienz<br />
und erhöhte Ausfallsicherheit. Im Ergebnis<br />
wurden vier Pflichtmaßnahmen-Felder<br />
definiert und Mindesteinsparungen festgelegt.<br />
Das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara in Halle an der Saale ist ein bedeutender<br />
Schwerpunktversorger in Sachsen-Anhalt und im nördlichen Sachsen sowie Lehrkrankenhaus<br />
der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.<br />
Vier Pflichtmaßnahmen<br />
und eine PV-Anlage<br />
Der Auftrag, die Maßnahmen umzusetzen,<br />
ging an einen großen und erfahrenen<br />
Contractor, der Krankenhäusern ein umfassendes<br />
Paket in den Bereichen „Energie-Management“<br />
und „Energie-Effizienz“ anbietet.<br />
Im Jahr 2019 begann er mit der Umsetzung<br />
30 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
des Sanierungsprojekts des Krankenhauses<br />
St. Elisabeth und St. Barbara. Eine Auflage<br />
war, während der Umsetzungs-Phase rund<br />
um die Uhr einen ungestörten Klinik-Betrieb<br />
sicherzustellen. Außerdem sollten die Optimierungs-Ziele<br />
und Einsparungen unbedingt<br />
erreicht – wenn möglich sogar übertroffen<br />
werden. Tatsächlich gelang es, die<br />
vier Pflichtmaßnahmen plangerecht umzusetzen:<br />
1. Die Raumlufttechnik wurde optimiert,<br />
bestehende Anlagen wurden mit Frequenzumrichtern<br />
umgebaut und teilweise<br />
modernisiert.<br />
2. Die Kältetechnik wurde erneuert. Dazu<br />
wurde die bestehende Kälteerzeugung<br />
auf eine Gesamtleistung von 1.000 kW erhöht,<br />
indem neben einer Quantum-Turbo-<br />
Kältemaschine mit 480 kW eine Absorptions-Kältemaschine<br />
mit 300 kW installiert<br />
wurde. Diese Kältemaschine wurde<br />
zur besseren Nutzung der Kraft-Wärme-<br />
Kälte-Kopplung mit den drei am Standort<br />
St. Elisabeth laufenden wärmegeführten<br />
Blockheizkraftwerken (BHKW) verbunden.<br />
Damit ist es beispielsweise möglich,<br />
in den Sommermonaten überschüssige<br />
Wärmeleistung zu nutzen, um die Aus lastung<br />
der BHKW zu verbessern und Spitzenlastzeiten<br />
mit erhöhtem Kältebedarf<br />
abzudecken.<br />
3. Die Dampferzeugung wurde angepasst. Es<br />
wurden ein neuer Schnelldampferzeuger<br />
eingebaut und ein Brenner an einem bestehenden<br />
Dampfkessel ausgetauscht.<br />
4. Besonders wichtig war es, die Gebäudeleittechnik<br />
zukunftsgerecht zu erneu-<br />
Foto: Priva Building Intelligence GmbH<br />
Die Automationslösung<br />
ermöglicht<br />
eine flexible<br />
Ansteuerung<br />
von Anlagen<br />
mit beliebigen<br />
digitalen Endgeräten.<br />
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Foto: post@marcowarmuth.de / Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara<br />
ern, da sie die Basis für zukünftige Optimierungen<br />
der Gebäudeausrüstung ist.<br />
Aufgrund ihres Alters konnten die bisher<br />
genutzten drei Automations-Systeme<br />
nicht mehr aktualisiert werden. Um<br />
die Bedienung zukünftig zu erleichtern<br />
und übersichtlicher zu gestalten, wurde<br />
ein übergeordnetes integriertes Automatisierungssystem<br />
installiert. Eine solche<br />
Lösung bietet den Vorteil, bereits genutzte<br />
Feldgeräte verschiedenster Hersteller<br />
und bestehende Verkabelungen zu<br />
nutzen. Darüber hinaus ermöglicht eine<br />
Automationslösung den Fernzugriff über<br />
das Internet – nicht nur durch ein virtuelles<br />
privates Netzwerk (VPN). Werden<br />
beispielsweise ein Priva Edge Gateway<br />
als Router-Lösung und ein Priva Building<br />
Operator als Cloud-gestützte Anwendung<br />
eingesetzt, stehen dem Gebäudemanagement<br />
des Krankenhauses wichtige erweiterte<br />
Funktionen zur Verfügung: laufende<br />
Echtzeiteinblicke in den Status der<br />
Gebäudetechnik, vereinfachte Optimierungen<br />
des Energieverbrauchs, flexible<br />
Ansteuerung von Anlagen mit beliebigen<br />
digitalen Endgeräten (Smartphones, Tablets<br />
usw.). Außer dem kann ein digitales<br />
Notification Center realisiert werden, das<br />
es dem Wartungspersonal ermög licht,<br />
rund um die Uhr auf eventuell auftretende<br />
Störungen aus der Ferne zu reagieren.<br />
Als ergänzende Energie-Effizienzmaßnahme wurde auf dem Dach des Standorts St. Elisabeth eine<br />
Photovoltaik-Anlage installiert.<br />
Über diese vier Pflichtmaßnahmenfelder hinaus<br />
wurde auf dem Dach des Standorts St.<br />
Elisabeth eine Photovoltaik-Anlage als ergänzende<br />
Energie-Effizienzmaßnahme installiert.<br />
Für die Finanzierung wurde erfolgreich<br />
ein separater Förderantrag bei der Investitionsbank<br />
Sachsen-Anhalt gestellt.<br />
Bilanz der Sanierungsmaßnahmen<br />
Inzwischen kann eine erste Bilanz der Sanierungs-Aktivitäten<br />
gezogen werden: Der vor<br />
Beginn der Maßnahmen gestellte Förderantrag<br />
erreichte mit Blick auf die zuwendungsfähigen<br />
Investitionen des Projekts in Höhe<br />
von über 1,1 Millionen Euro eine Förderquote<br />
von 35 Prozent (Förderprogramm der Investitionsbank<br />
Sachsen-Anhalt „Sachsen-Anhalt-Energie“).<br />
Bereits im Jahr 2019 zeigte sich, dass es<br />
durch die skizzierte Erneuerung der Anlagen<br />
möglich ist, die Energiekosten deutlich<br />
zu senken. Es wurde eine Amortisation der<br />
Investitionen innerhalb von 10,8 Jahren errechnet.<br />
Mitte des Jahres 2023 konnte festgestellt<br />
werden, dass aufgrund der Sanierung der<br />
Anlagen im Gesamtverbrauchsjahr 2022<br />
463,6 Tonnen CO 2 eingespart wurden.<br />
Die Effizienz-Mission geht weiter<br />
Doch die Mission „Optimierung der Energieeffizienz“<br />
ist für das Krankenhaus St. Elisabeth<br />
und St. Barbara längst nicht abgeschlossen.<br />
Bereits heute zeichnen sich weitere<br />
Sanierungs-Projekte ab: Die Gebäudehüllen<br />
der Häuser sind mit Blick auf die Erfordernisse<br />
des Klimaschutzes zu optimieren.<br />
Auf der Basis der erneuerten Kälteerzeugung<br />
sind das zentrale Kältenetzwerk zu erweitern<br />
und gleichzeitig alle dezentralen Kälteanlagen<br />
– beispielsweise Klimaanlagen –<br />
zu substituieren und in die Gebäudeautomation<br />
einzubinden.<br />
<br />
Foto: Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara<br />
Im Rahmen der Sanierung wurde die Gebäudeleittechnik erneuert; ein übergeordnetes integriertes<br />
Automatisierungssystem wurde installiert.<br />
1 Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie (Hrsg.):<br />
„Zielbild: Klimaneutrales Krankenhaus“ – Wuppertal<br />
Report Nr. 24 (2022).<br />
2 Deutsches Krankenhausinstitut (Hrsg.): „Klimaschutz<br />
in deutschen Krankenhäusern: Status quo, Maßnahmen<br />
und Investitionskosten. Auswertung klima- und<br />
energierelevanter Daten deutscher Krankenhäuser“,<br />
Düsseldorf 2022 und 2023.<br />
32 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
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Westfalen, Hamm<br />
Prof. Dr.<br />
Werner Mathys,<br />
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Münster<br />
Prof. Dr.-Ing.<br />
Carsten Bäcker,<br />
FB Energie,<br />
Gebäude, Umwelt,<br />
FH Münster<br />
In Trinkwasserinstallationen werden häufiger<br />
als erwartet Kontaminationen des kalten<br />
Trinkwassers mit Legionellen nachgewiesen.<br />
1 Diese Kontaminationen lassen sich<br />
fast immer auf zu hohe Temperaturen des<br />
Kaltwassers in Stagnationsphasen zurückführen.<br />
Insbesondere in Gebäuden mit besonderer<br />
Nutzung (Krankenhäuser, Pflegeheime<br />
sowie andere medizinische Einrichtungen<br />
usw.) besteht dadurch eine erhöhte Infektionsgefährdung<br />
aufgrund möglicher immunsupprimierender<br />
Grunderkrankungen oder<br />
medikamentöser Therapien bei Patienten<br />
und Heimbewohnern. Probleme bereiten in<br />
erster Linie große Leitungssysteme mit ungenügendem<br />
Durchfluss. 2<br />
Unter Berücksichtigung der maßgeblichen<br />
Einflussfaktoren „Temperaturhaltung“,<br />
„Qualität der Durchströmung“ und<br />
„Intensität des Wasseraustauschs“ werden<br />
im Folgenden verschiedene Konstruktionsprinzipien<br />
und Betriebsweisen für Trinkwasserinstallationen<br />
miteinander verglichen.<br />
Die Ergebnisse werden unter Verwendung<br />
eines Faktors für die Erstellungskosten<br />
bewertet.<br />
Die daraus resultierenden Erkenntnisse<br />
können auf Trinkwasserinstallationen mit<br />
einer zu erwartenden unregelmäßigen Nutzung<br />
übertragen werden.<br />
Einflussfaktoren auf die<br />
hygienische Qualität<br />
Gemäß DIN 1988200 müssen Trinkwasserinstallationen<br />
so geplant werden, dass an allen<br />
Entnahmestellen die Trinkwasserqualität<br />
den Anforderungen der Trinkwasserverordnung<br />
genügt. 3<br />
Neben Wasseraustausch, Temperaturhaltung<br />
und Art der Durchströmung hat der<br />
Eintrag von Nährstoffen nachhaltigen Einfluss<br />
auf die hygienische Qualität des Trinkwassers.<br />
Insbesondere zur Temperaturhaltung<br />
gibt es im Technischen Regelwerk für<br />
Planung, Bau und Betrieb von Trinkwasserinstalla<br />
tionen eine Vielzahl von zum Teil erheblich<br />
voneinander abweichenden Anforderungen.<br />
Anforderungen an die Temperatur<br />
Als technisch moderateste TemperaturAnforderung<br />
an der Entnahmestelle gilt die so<br />
genannte 30SekundenRegel aus DIN 1988<br />
200. Danach darf die Temperatur des kalten<br />
Trinkwassers bei bestimmungsgemäßem Betrieb<br />
maximal 30 s nach dem vollen Öffnen<br />
einer Entnahmestelle 25 °C nicht mehr übersteigen.<br />
4<br />
DIN 1988200 verweist in Hygienefragen<br />
auf die VDIRichtlinie 6023. In dieser<br />
Richtlinie wird abweichend von DIN 1988<br />
200 gefordert, dass die Temperatur des kalten<br />
Trinkwassers maximal nur 25 °C betragen<br />
darf. Dazu und hinsichtlich Ausnahmen<br />
wird auf DIN 1988200 und auf das DVGW<br />
Arbeitsblatt W 551 A verwiesen. Es muss<br />
dabei beachtet werden, dass die Grundanforderung<br />
aus DIN 1988200 zum Nachweis<br />
der Gebrauchstauglichkeit einer Trinkwasser<br />
installa tion, die so genannte 30SekundenRegel,<br />
durch die Anforderungen aus<br />
VDI 6023 zur „Ausnahme“ erklärt wird. Als<br />
„Prüfparameter für eine systemische Prüfung<br />
zum Nachweis der einwandfreien Beschaffenheit<br />
zur Übergabe/Abnahme“ wird<br />
hier eine 3LiterRegel neu eingeführt – alternativ<br />
zu der Regelung in DIN 1988200.<br />
Danach muss die Kaltwassertemperatur verschärfend<br />
bereits nach dem Ablauf von drei<br />
Litern 25 °C unterschreiten, und nicht erst<br />
34 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
nach 30 Sekunden. 5 Weltweit wird allerdings<br />
überwiegend das Einhalten einer Temperaturgrenze<br />
von 20 °C im kalten Trinkwasser<br />
gefordert. 6<br />
Im Planungsprozess für Trinkwasserinstallationen<br />
in Gebäuden mit „besonderer<br />
Nutzung“ muss daher berücksichtigt werden,<br />
dass das Risiko einer Kontamination<br />
mit Legionellen im kalten Trinkwasser erst<br />
dann auf ein Minimum reduziert ist, wenn<br />
die Temperatur dauerhaft unter 20 °C gehalten<br />
werden kann – unabhängig von inneren<br />
und äußeren Wärmelasten.<br />
Verantwortlich für das Erhalten der gesundheitlichen<br />
Unbedenklichkeit des abgegebenen<br />
Trinkwassers ist nach Trinkwasserverordnung<br />
der Eigentümer der Installation<br />
bzw. der Betreiber.<br />
Auf Grund der vorstehenden Zusammenhänge<br />
ist es erforderlich, dass der Planer einer<br />
Trinkwasserinstallation seinen Auftraggeber<br />
über den Zusammenhang zwischen<br />
der Kaltwassertemperatur und dem Betriebsrisiko<br />
informiert. Insbesondere muss er darüber<br />
aufklären, dass sich mit höher zugelassenen<br />
Kaltwassertemperaturen (> 20 °C)<br />
sukzessive auch das Betriebsrisiko und damit<br />
gegebenenfalls auch der betriebliche<br />
Aufwand erhöhen.<br />
Es gilt die Regel: Je höher der Wasseraustausch<br />
und je geringer die Kaltwassertemperaturen<br />
sind, desto besser sind die mikrobiologische<br />
Qualität und Stabilität des Trinkwassers.<br />
Und umso geringer ist auch das Betriebsrisiko.<br />
Modellrechnungen<br />
Die folgenden Modellrechnungen sollen zeigen,<br />
wie in einer geplanten Trinkwasserinstallation<br />
unter Berücksichtigung hygienerelevanter<br />
Rohrnetz und Betriebsparameter<br />
das jeweils verbleibende Betriebsrisiko<br />
bewertet werden kann. Das Berechnungsbeispiel<br />
ist eine Trinkwasserinstallation mit horizontal<br />
verlaufenden Verteilungsleitungen<br />
Abbildung 2: Doppelnasszelle mit einer Reihenleitungs-Installation<br />
in fünf Geschossen und umfasst insgesamt<br />
100 Doppelnasszellen (Abbildung 2). Alle<br />
Modellrechnungen basieren auf realen Volumenstrom<br />
und Temperaturmesswerten<br />
(Messzeitraum 14 Tage) aus einer Trinkwasserinstallation<br />
mit unregelmäßiger Nutzung<br />
(Abbildung 1).<br />
Aufbau der Rohrnetze<br />
Wie schnell sich das nach einem Entnahmevorgang<br />
stagnierende Kaltwasser wieder erwärmt,<br />
ist von der Umgebungslufttemperatur,<br />
dem Wasserinhalt der Rohrleitung und<br />
von den Eigenschaften der Leitungsdämmung<br />
abhängig. Sind die Umgebungslufttemperatur<br />
hoch (> 25 °C) und der Inhalt der<br />
Kaltwasserleitung gering, erfolgt die Erwärmung<br />
über 25 °C sehr schnell – meistens in<br />
weniger als einer Stunde.<br />
Stockwerks und Einzelzuleitungen mit<br />
geringem Innendurchmesser (DN 12 / DN 15)<br />
sind daher besonders temperaturkritisch.<br />
Die Erfahrung zeigt, dass eine unzulässige<br />
Temperaturerhöhung in Stockwerksund<br />
Einzelzuleitungen nur durch einen intensiven<br />
Wasseraustausch vermindert bzw.<br />
vermieden werden kann.<br />
Reihenleitungen<br />
Ein erster Schritt, um den Wasseraustausch<br />
in temperaturkritischen Leitungen zu verbessern,<br />
ergibt sich bereits, wenn die Stockwerksinstallationen<br />
statt mit den in der Vergangenheit<br />
üblichen Stichleitungen mit so<br />
genannten Reihenleitungen ausgestattet<br />
werden. Wird die am Ende angeordnete Entnahmearmatur<br />
genutzt, werden alle Teilstrecken<br />
der Stockwerksinstallation bis hin<br />
Grafik: Kemper<br />
Grafik: Kemper/Rickmann<br />
Abbildung 1: Messwerte<br />
für den<br />
Volumen strom in der<br />
Stockwerks-Verteilungsleitung<br />
(Durchgang)<br />
und im Abzweig<br />
zur betrachteten<br />
Stockwerksinstallation<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 35
Technische Trends und Normung<br />
zum jeweiligen Armaturenanschluss durchströmt.<br />
Ein Optimum für die Durchströmung<br />
ergibt sich, wenn die am häufigsten genutzte<br />
Entnahmestelle am Ende der Reihenleitung<br />
angeschlossen wird. Im Normalfall handelt<br />
es sich dabei um das WC (Abbildung 2). 7<br />
Das Temperaturverhalten einer Reihenleitungskonstruktion<br />
in Abhängigkeit von der<br />
Wasserentnahme zeigen die Ergebnisse einer<br />
Modellrechnung (Abbildung 3). Bei unzureichender<br />
thermischer Entkopplung, spätestens<br />
aber in den Sommermonaten, liegen<br />
die Lufttemperaturen in der Installationsvorwand<br />
bei 27 bis 28 °C. In längeren Stagnationsphasen<br />
folgt die Temperatur des kalten<br />
Trinkwassers der Umgebungslufttemperatur.<br />
Dadurch befindet sich die Kaltwassertemperatur<br />
im Mittel mehr als 18 Stunden am Tag<br />
über 25 °C (77 Prozent). Im Betrachtungszeitraum<br />
liegt die mittlere Temperatur in der<br />
ersten Teilstrecke der Stockwerksinstallation<br />
bereits bei 25,8 °C. Diese Betriebsverhältnisse<br />
müssen trinkwasserhygienisch als risikoreich<br />
bewertet werden.<br />
Wie die Ergebnisse aus Rohrnetzberechnungen<br />
und Feldmessungen in ausgeführten<br />
Trinkwasserinstallationen zeigen, muss davon<br />
ausgegangen werden, dass die Temperaturanforderungen<br />
für das kalte Trinkwasser<br />
aus einschlägigen DIN/VDI/DVGWRegelwerken<br />
in ReihenleitungsInstallationen<br />
ohne manuelle Eingriffe durch den Betreiber<br />
oder durch automatisierte Prozesse zur Temperaturhaltung<br />
allgemeingültig nicht eingehalten<br />
werden können. 8<br />
Die systemische Prüfung zum „Nachweis<br />
der einwandfreien Beschaffenheit zur Übergabe/Abnahme<br />
(Verantwortungsübergang)“<br />
gemäß DIN 1988200 bzw. VDIRichtlinie<br />
6023 wird in der Regel an Waschtischarmaturen<br />
vorgenommen.<br />
Eine einfache Überlegung verdeutlicht<br />
das Problem: Nach einer unterstellten Stagnationsphase<br />
von fünf Stunden ist nicht nur<br />
das kalte Trinkwasser in den Stockwerksleitungen<br />
kritisch überwärmt, sondern auch<br />
in den in Zwischendecken verlegten StockwerksVerteilungsleitungen<br />
mit geringem<br />
Innendurchmesser. Mit diesem Ergebnis<br />
ist die Trinkwasserinstallation sowohl auf<br />
Grundlage der DIN als auch der VDIAnforderungen<br />
formal gesehen nicht „einwandfrei<br />
beschaffen“.<br />
Im Hygieneplan muss daher festgelegt werden,<br />
dass der Betreiber bei fehlenden automatisierten<br />
Prozessen zur Temperaturhaltung<br />
durch geeignete manuell ausgelöste Spülmaßnahmen<br />
dafür sorgen muss, dass es im laufenden<br />
Betrieb nicht zu längeren Stagnationsphasen<br />
und damit auch nicht zu hygienekritischen<br />
Kaltwassertemperaturen kommt.<br />
Fehlt dieser Hinweis im Hygieneplan, ist<br />
im Fall eines Streits die Position des Planers<br />
geschwächt.<br />
Ringleitungen mit Strömungsteilern<br />
Zur weiteren Intensivierung des Wasseraustauschs<br />
in temperaturkritischen Kaltwasserleitungen<br />
wurde in den vergangenen 15 Jahren<br />
bereits eine Vielzahl von Stockwerksinstallationen<br />
in Krankenhäusern, Hotels,<br />
Seniorenheimen usw. erfolgreich mit Ringleitungen<br />
ausgestattet, die mit so genannten<br />
Strömungsteilern an Steig bzw. Verteilungsleitungen<br />
angeschlossen wurden.<br />
Bedingt durch den Strömungsteiler fließt<br />
in der Ringleitung auch dann noch ein Volumenstrom,<br />
wenn in Fließrichtung hinter der<br />
betrachteten Stockwerksinstallation eine Entnahmearmatur<br />
betätigt wird. Der auf diese<br />
Weise in der Ringleitung erzeugte Volumenstrom<br />
wird als Induktionsvolumenstrom 9 bezeichnet<br />
(Abbildung 4, dunkelblau dargestellte<br />
Messwerte). Im Betrachtungszeitraum<br />
des Beispiels erzeugen die in der Ringleitung<br />
„fremdinduzierten“ Volumenströme im Mittel<br />
einen zusätzlichen 24fachen Wasseraustausch<br />
pro Tag. Der Wasseraustausch durch<br />
Induktion liegt damit um mehr als das Doppelte<br />
höher als der Austausch, der sich durch<br />
Wasserentnahmen über die Entnahmearmaturen<br />
einstellt. Im gegebenen Fall verkürzen<br />
die Induktionsvolumenströme auch die<br />
maximale Stagnationszeit von ursprünglich<br />
sechs Tagen (Abbildung 3) auf weniger als<br />
einen Tag (Abbildung 4).<br />
Die durch Wasserentnahme und Induktion<br />
erzeugte, intensivere und gleichmäßiger<br />
über den Tag verteilte Durchströmung der<br />
StockwerksRingleitung reduziert die mittlere<br />
Temperatur des kalten Trinkwassers<br />
auf 22,9 °C. Im Vergleich zu einer ReihenleitungsInstallation<br />
führt das zu einer Absen<br />
Abbildung 3: Temperaturverlauf des kalten Trinkwassers in einer Reihenleitungs-Installation in<br />
Abhängigkeit von der Wasserentnahme<br />
Abbildung 4: Temperaturverlauf des kalten Trinkwassers in einer Strömungsteiler-Installation in<br />
Abhängigkeit von der Wasserentnahme und den Induktionsvolumenströmen<br />
Grafik: Kemper/Rickmann/Dendrit Grafik: Kemper/Rickmann/Dendrit<br />
36 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
kung der mittleren Kaltwassertemperatur in<br />
den Stockwerksleitungen um ca. 3 K (Abbildungen<br />
4 und 6). 10 Ein Überschreiten der kritischen<br />
Temperaturgrenze von 25 °C ergibt<br />
sich im Betrachtungszeitraum nur noch für<br />
ca. sieben Stunden/Tag (31 Prozent) – überwiegend<br />
in den Nachtstunden.<br />
Bereits mit dem laufenden Betrieb kann<br />
nur durch den geänderten konstruktiven Aufbau<br />
des Rohrnetzes eine erhebliche Intensivierung<br />
des Wasseraustauschs und damit eine<br />
Verbesserung der trinkwasserhygienischen<br />
Verhältnisse erreicht werden, ohne dass Wasserverluste<br />
durch Spülmaßnahmen entstehen.<br />
Bleibt die Trinkwasserinstallation allerdings<br />
vollständig oder in Teilabschnitten<br />
über einen längeren Zeitraum ungenutzt,<br />
stagniert das kalte Trinkwasser in unzulässiger<br />
Weise, unabhängig vom konstruktiven<br />
Aufbau des Rohrnetzes.<br />
Fehlen automatisierte Prozesse zur Temperaturhaltung,<br />
müssen Spülprozesse von<br />
Hand ausgelöst werden. Während dafür in<br />
der ReihenleitungsInstallation des Beispiels<br />
in 100 Doppelnasszellen die WC<br />
Spülungen, jeweils am Ende der Reihenleitungen,<br />
manuell ausgelöst werden müssen,<br />
reicht in StrömungsteilerInstallationen dafür<br />
die Betätigung von nur fünf beliebigen<br />
Entnahmearmaturen, jeweils in der letzten<br />
Doppelnasszelle der horizontal verlaufenden<br />
StockwerksVerteilungsleitungen<br />
(z. B. Abbildung 5). Der Wasseraustausch in<br />
allen anderen Nasszellen erfolgt durch Induktionsvolumenströme,<br />
die mit dem Spülvolumenstrom<br />
über die Strömungsteiler in<br />
den Ringleitungen erzeugt werden. Neben<br />
dem erhöhten Personalaufwand ist auch der<br />
Wasserverlust durch manuell durchgeführte<br />
Spülmaßnahmen in einer Reihenleitungs<br />
Installation erheblich höher als bei einer<br />
StrömungsteilerInstallation.<br />
Die jeweils erforderlichen Spülmaßnahmen<br />
müssen vom Planer im Hygieneplan in<br />
Abhängigkeit von der Rohrnetzstruktur beschrieben<br />
werden.<br />
Grafik: Rickmann/Dendrit<br />
Abbildung 6: Trinkwasserhygienische<br />
Bewertung<br />
der Ergebnisse<br />
von Modellrechnungen<br />
(Temperaturhaltung,<br />
Durchströmung,<br />
Wasseraustausch) in<br />
Abhängigkeit vom Konstruktionsprinzip<br />
und<br />
der Betriebsweise; mit<br />
zugehörigem Kostenfaktor<br />
Automatisierte Spülmaßnahmen<br />
Der gemäß DIN 1988200 geforderte Wasseraustausch<br />
zur Temperaturhaltung kann<br />
durch das so genannte temperaturgeführte<br />
Spülen automatisiert werden. Werden dafür<br />
dezentrale oder zentrale Spüleinrichtungen<br />
vorgesehen, muss zur Minimierung des Wasserverbrauchs<br />
bedarfsabhängig gespült werden.<br />
Das heißt, dass mit möglichst geringem<br />
Spülvolumenstrom nur dann gespült wird,<br />
wenn die Temperaturhaltung es erfordert.<br />
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Technische Trends und Normung<br />
Grafik: Kemper/Rickmann/Dendrit<br />
Abbildung 5: Temperaturverlauf des kalten Trinkwassers in einer Strömungsteiler-Installation in<br />
Abhängigkeit von der Wasserentnahme, den Induktions- und den Spülvolumenströmen<br />
Mit solchen Systemen kann eine geforderte<br />
Temperatur ≤ 25 °C dauerhaft sichergestellt<br />
werden. Die mittlere Temperatur des kalten<br />
Trinkwassers in der im Beispielsfall untersuchten<br />
Stockwerksinstallation liegt bei<br />
22 °C (Abbildungen 5 und 6).<br />
Das zur Temperaturhaltung erforderliche<br />
Spülvolumen ist in StrömungsteilerInstallationen<br />
mit zentralen Spüleinrichtungen wesentlich<br />
geringer, da hier das mittlere Temperaturniveau<br />
mit dem laufenden Betrieb bereits<br />
um ca. 3 K niedriger liegt als in ReihenleitungsInstallationen<br />
mit dezentral angeordneten<br />
Spüleinrichtungen.<br />
Dezentrale Spülmaßnahmen erfolgen<br />
häufig über zeitgesteuert auslösende WC<br />
Spülungen am Ende der jeweiligen Reihenleitung.<br />
Trotz dieser Intervallspülungen,<br />
beispielsweise einmal am Tag, liegt die Temperatur<br />
des kalten Trinkwassers noch mehr<br />
als 17 Stunden am Tag über 25 °C (72 Prozent).<br />
Die mittlere Temperatur in der ersten<br />
Teilstrecke der Stockwerksinstallation<br />
liegt bei 25,3 °C und befindet sich damit auf<br />
dem Temperaturniveau einer Reihenleitung<br />
ohne Spülmaßnahmen. Zeitgesteuerte Spülmaßnahmen,<br />
die ganzjährig immer nur zu<br />
einem vorgegebenen Zeitpunkt (zum Beispiel<br />
einmal täglich) mit einem relativ hohen<br />
Spülvolumenstrom spülen, haben keinen<br />
nennenswerten Einfluss auf die Temperaturhaltung,<br />
führen zu hohen Wasserverlusten<br />
und dienen „nur“ dem Wasseraustausch.<br />
Die Nachhaltigkeit solcher Maßnahmen<br />
ist fragwürdig. Die Grundanforderung aus<br />
DIN EN 8062 ist zu beachten: „Der Planer<br />
hat den Wasser und Energiebedarf der<br />
TrinkwasserInstallation zu berücksichtigen<br />
und ist gehalten, diese zu minimieren.“<br />
11<br />
Kreislaufkühlung<br />
Spätestens im Sommer, bei hohen Eintrittstemperaturen<br />
des Trinkwassers in das Gebäude<br />
(> 15 °C), werden temperaturgeführte<br />
Spülmaßnahmen unwirtschaftlich. Eine bedarfsabhängige<br />
Temperaturhaltung durch<br />
eine modulierende Kreislaufkühlung ist wesentlich<br />
wirtschaftlicher. Mit der definierten<br />
Durchströmung aller Leitungsteile kann im<br />
Kühlkreislauf zu jeder Zeit eine vorgegebene<br />
Temperatur des kalten Trinkwassers (z. B.<br />
< 20 °C) vor jedem Armaturenanschluss sichergestellt<br />
werden, ohne dass Wasserverluste<br />
durch Spülmaßnahmen entstehen. In<br />
der Praxis hat sich gezeigt, dass bei Trinkwassertemperaturen<br />
unter 20 °C nur sehr<br />
selten Legionellen nachgewiesen werden.<br />
In Trinkwasserinstallationen, in denen<br />
eine vorgegebene Kaltwassertemperatur<br />
< 20 °C gehalten werden kann und ein<br />
permanenter Wasseraustausch in allen Teilstrecken<br />
unabhängig vom Nutzerverhalten<br />
erfolgt, gibt es kein Stagnationswasser mehr<br />
und keine unbemerkte Temperaturerhöhung.<br />
Das verbleibende Betriebsrisiko ist dadurch<br />
minimiert.<br />
Fazit<br />
Die Erfahrung zeigt, dass ohne automatisierte<br />
Prozesse zur Temperaturhaltung reaktive<br />
Maßnahmen zum Regelbetrieb einer Trinkwasserinstallation<br />
gehören können, beispielsweise<br />
die personalintensive Durchführung<br />
von manuellen Spülmaßnahmen, der<br />
dauerhafte Einsatz von endständigen Filtern<br />
an den Entnahmearmaturen und/oder die<br />
Durchführung von chemischen Desinfektionsmaßnahmen.<br />
Die Forderung nach einem höchstmöglichen<br />
Wasseraustausch im laufenden Betrieb,<br />
bei definierter Temperaturhaltung unter<br />
20 °C, kann idealerweise mit Kaltwasser<br />
Zirkulationssystemen erfüllt werden, die jeweils<br />
bis an die Entnahmestellen herangeführt<br />
werden. Mit solchen Systemen ergibt<br />
sich bei turbulenten Fließvorgängen ein ununterbrochener<br />
Wasseraustausch in allen<br />
Teilstrecken der Trinkwasserinstallation und<br />
das auch in entnahmeschwächeren Zeiten.<br />
Wasseraustausch und Temperaturhaltung in<br />
allen Teilstrecken sind dabei völlig unabhängig<br />
vom Nutzerverhalten. Dadurch ist das Betriebsrisiko<br />
minimiert.<br />
Im Vergleich zu einer Reihenleitungs<br />
Installation mit dezentralen Spüleinrichtungen<br />
und einem immer noch erheblichen<br />
betrieblichen Risiko (Kostenfaktor 1,0) ist<br />
eine StrömungsteilerInstallation mit Kreislaufkühlung<br />
(Kostenfaktor 1,1), das heißt<br />
Mehrkosten von weniger als zehn Prozent,<br />
nahezu kostenneutral. Die betrieblichen Risiken<br />
sind hier aber minimiert und die laufenden<br />
betrieblichen Aufwendungen wesentlich<br />
geringer (Abbildung 6).<br />
StrömungsteilerInstallationen erhöhen<br />
signifikant und präventiv die hygienische Sicherheit<br />
der Trinkwasserinstallation (kalt),<br />
die in der heute praktizierten Risikobewertung<br />
hinsichtlich ihres Beitrags zum Infektionsgeschehen<br />
durch wasserbürtige Mikroorganismen<br />
deutlich unterschätzt wird. Dieser<br />
präventive Ansatz, der auch bei der zukünftigen<br />
Entwicklung der Trinkwasserverordnung<br />
einen immer größeren Stellenwert einnehmen<br />
wird, lässt sich gut in die Erstellung<br />
eines Water Safety Plans integrieren, mit dem<br />
hygienische Sicherheit durch vorbeugende<br />
Betriebskonzepte erreicht werden soll. <br />
1 Flemming, C. et al.: Erkenntnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt<br />
„Biofilme in der Trinkwasserinstallation“.<br />
Bundesministerium für Bildung und Forschung,<br />
2010.<br />
2 Robert-Koch-Institut (Hrsg.): Legionellose – Primärprävention<br />
von Legionellosen, 2019.<br />
3 DIN 1988-200, 3.2 Grundlagen.<br />
4 DIN 1988-200, 3.6 Betriebstemperatur.<br />
5 VDI 6023 Blatt 1:2022-09, Hygiene in Trinkwasser-Installationen,<br />
Tabelle 1, Temperatur des kalten Trinkwassers:<br />
maximal 25 °C nach Ablauf von 3 Litern, gemessen<br />
in 250 ml in einem Messbecher.<br />
6 Mathys, W.: Legionella, Pseudomonas und Co., 2.<br />
Auflage, Mai 2019, Tabelle 17.<br />
7 Ergebnisse einer Expertenanhörung am 31. 03. 2004<br />
im Universitätsklinikum in Bonn, veröffentlicht im<br />
Bundesgesundheitsblatt 49 (2006), S. 681–686.<br />
8 VDI 6023-1:2022-09, Begriffsdefinition: „bestimmungsgemäßer<br />
Betrieb“.<br />
9 Die Mitnahme von Wasser aus Stockwerksinstallationen<br />
durch den Hauptstrom in der Steig-/ Verteilungsleitung.<br />
10 Rickmann, L.: Einfluss neuer Konzepte bei Planung<br />
und Konstruktion von Trinkwasserinstallationen<br />
in Großgebäuden auf die hygienische Qualität des<br />
Trinkwassers, UMIT, September 2014.<br />
11 DIN EN 806-2, 3.2.2 Wasser- und Energieeinsparung.<br />
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Die Luisenhöhe bietet ihren Gästen auf einem<br />
Hochplateau am Westhang des Schauinsland-<br />
Massivs ein außergewöhnliches Gesundheitsund<br />
Naturerlebnis.<br />
Foto: Luisenhöhe<br />
Das Resort Luisenhöhe –<br />
nicht alltägliche Herausforderungen<br />
Nicola Holweg M.A.,<br />
Referentin für<br />
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,<br />
aquatherm GmbH,<br />
Attendorn<br />
Inmitten der Naturlandschaft des UNESCO-<br />
Biosphärengebiets Schwarzwald ist die<br />
„Luisenhöhe – Gesundheitsresort Schwarzwald“<br />
entstanden. Das moderne Resort in<br />
Horben bei Freiburg im Breisgau verfügt<br />
über 61 Zimmer und 22 Suiten. Den Gästen<br />
wird auf einem Hochplateau am Westhang<br />
des Schauinsland-Massivs in 600 m Höhe<br />
ein außergewöhnliches Gesundheits- und<br />
Naturerlebnis geboten –unter nachhaltigen<br />
Aspekten.<br />
Unter dem Motto „Modern Health & Nature<br />
Luxury“ sollen die Gäste ein Gesundheits-<br />
und Naturbewusstsein mit den „neuen<br />
Luxusgütern” Zeit, Einzigartigkeit, Authentizität,<br />
Flexibilität, Kreativität und Individualität<br />
erleben können. Die Hotelanlage<br />
umfasst 18.500 Quadratmeter; Highlights<br />
sind ein Spa mit In- und Outdoorbereichen,<br />
Panoramablick-Saunen, ein Panorama-Regenerations-Pavillon<br />
im Bergwald,<br />
ein 25 m langer Outdoorpool, eine Innen-<br />
Die Gäste sollen ein Gesundheits- und<br />
Naturbewusstsein mit den „neuen Luxusgütern”<br />
Zeit, Einzigartigkeit, Authentizität,<br />
Flexibilität, Kreativität und Individualität<br />
erleben können.<br />
Foto: Luisenhöhe<br />
40 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
und Außenerlebnisgastronomie, eine Panoramaterrasse<br />
und ein Innenhof mit Blick in<br />
den Naturgarten. Die Bankett- und Konferenzmöglichkeiten<br />
bieten Platz für kleinere<br />
Veranstaltungen und exklusive „Gipfeltreffen“.<br />
Rund 60 Millionen Euro kostete der Neubau,<br />
mit dem das Kapitel „Luisenhöhe“ in<br />
Horben neu geschrieben wurde. Bereits 1896<br />
wurde die Luisenhöhe als Kurhotel im Chalet-Stil<br />
erbaut. Nach einer wechselvollen Geschichte<br />
– die vollständige Zerstörung durch<br />
einen Brand 1908 oder die Nutzung als Altersheim<br />
– erwarb 2015 die Gesundheitsresort<br />
Schwarzwald Luisenhöhe GmbH & Co. KG Gebäude<br />
und Gelände, um dort ein Gesundheitsund<br />
Naturresort zu planen. Nachdem 2018<br />
die Abrissarbeiten der alten Luisenhöhe begonnen<br />
hatten, erfolgte im Oktober 2019 der<br />
Spatenstich des Neubau-Projekts.<br />
I. Ressourcenschonende Techniken<br />
Das gesamte Konzept des Neubaus basierte<br />
auf ressourcenschonenden Materialien,<br />
Techniken, Energien und Arbeitsweisen:<br />
Besondere Akzente setzen die erneuerbare<br />
Ener gieversorgung mit einem großen Erdsondenfeld<br />
unter der Tiefgarage, die Wärmerückgewinnung<br />
und die großzügigen naturnahen<br />
Retentionsflächen, beispielsweise<br />
die Begrünung aller Dachflächen mit zusätzlicher<br />
Wasserrückhaltungs- und Versickerungsfunktion.<br />
Außerdem war das Bauprojekt<br />
mit zahlreichen Maßnahmen zum Naturund<br />
Artenschutz verbunden.<br />
Die technische Gebäudeausrüstung projektierte<br />
das Planungsbüro HTG Petra Haberland<br />
aus Euskirchen. Geothermie ist der<br />
Hauptenergieträger, mit dem die Hotelanlage<br />
erwärmt und gekühlt wird. Sie wird mit<br />
vier Sole-Wasserwärmepumpen für Niederund<br />
Hochtemperaturwärme versorgt. Hinzu<br />
kommen ein Luftwärmetauscher zur Regeneration<br />
des Erdreichs und Rückkühler<br />
im Außenbereich. Unter der Tiefgarage befindet<br />
sich ein Feld aus 55 Erdwärmesonden,<br />
die bis in eine Tiefe von rund 145 m<br />
reichen. Sie decken den gesamten Energiebedarf<br />
für das Kühlen und Heizen des Hotels<br />
und des Außenpools ab. Die Stromversorgung<br />
erfolgt über einen eigenen 1.000<br />
kVA-Transformator.<br />
II. Heizen und Kühlen über<br />
Decken und Wände<br />
Die öffentlichen Räume im Erdgeschoss<br />
und zum Teil im ersten Obergeschoss werden<br />
auf 1.620 Quadratmeter über eine Heizund<br />
Kühldecke temperiert. Die Konferenzbereiche<br />
und die Spa- und Fitnessflächen<br />
im Erdgeschoss werden zusätzlich über ak-<br />
Gemeinsam<br />
durchatmen.<br />
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<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 41
Technische Trends und Normung<br />
Foto: Luisenhöhe<br />
Foto: Luisenhöhe<br />
Die Klimatisierung erfolgt über die Decke mittels Heiz- und Kühlregistern aus dem Hause aquatherm.<br />
Die Architektur des Neubaus mit vielen Rundungen war eine Herausforderung für die Planung.<br />
42 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
tivierte Wandflächen gekühlt. In allen Fällen<br />
zum Heizen und Kühlen wurden schwarze<br />
Register aus dem korrosionsbeständigen<br />
Kunststoff Polypropylen eingesetzt. Sie sorgen<br />
durch einen gleichmäßigen Strahlungsaustausch<br />
mit den Raumumfassungsflächen<br />
für eine optimale Raumtemperatur im Kühlund<br />
Heizbetrieb. Zugluft oder Staubaufwirbelungen<br />
sind durch diesen Prozess ausgeschlossen.<br />
Durch den geringen Verlegeabstand der<br />
Registerrohre und der dadurch erzielten<br />
quadratmeterbezogenen hohen Flächendichte<br />
kann das System mit niedrigeren Vorlauftemperaturen<br />
als konventionelle Heiz- bzw.<br />
mit höheren Vorlauftemperaturen als andere<br />
Kühlsysteme betrieben werden. Es ermöglicht<br />
in Verbindung mit seiner schnellen Reaktionsfähigkeit<br />
einen besonders effizienten<br />
und energiesparenden Betrieb unter wechselnden<br />
Bedingungen. Rund 600 Quadratmeter<br />
des Systems wurden in der Luisenhöhe<br />
installiert. Diese im Verhältnis zur Gesamtfläche<br />
des Resorts relativ kleine Quadratmeterzahl<br />
genügt, um alle erforderlichen Bereiche<br />
des Hotels zu heizen oder zu kühlen.<br />
III. „Wenig rechte Winkel,<br />
vieles ist geschwungen“<br />
Eine Herausforderung für die Planung war<br />
die Architektur des Neubaus, die sich an den<br />
Höhenrücken des Schwarzwalds orientiert:<br />
„Das Gebäude und seine einzelnen Räume<br />
besitzen wenig rechte Winkel. Vieles ist geschwungen,<br />
rund oder gedreht“, erklärte<br />
Thomas Bille, Leiter der Planungsabteilung<br />
„Consulting & Service“ bei aquatherm. „Mit<br />
unserem System mussten wir uns daher den<br />
Gegebenheiten vor Ort anpassen, was durch<br />
eine entsprechende Planung problemlos gelang.“<br />
Konkret wurden die einzelnen Elemente<br />
des Systems am Hauptsitz des Unternehmens<br />
passgenau in verschiedensten Maßen<br />
angefertigt, so dass sie im Objekt in die<br />
Decken und Wände eingesetzt werden konnten.<br />
IV. Nachhaltiger dank Polypropylen<br />
Das Heiz- und Kühlsystem besteht aus Polypropylen,<br />
einem der beiden wichtigsten Standardkunststoffe.<br />
Durch Lebenszyklusanalysen<br />
gemäß ISO 14040 werden die Auswirkungen<br />
der Rohstoffherstellung auf die Umwelt<br />
untersucht. Studien belegen deutlich<br />
geringere CO 2 -Emissionen von Polypropylen-<br />
Rohren im Vergleich zu anderen Rohmaterialien,<br />
speziell Stahl. Polypropylen zeichnet<br />
sich durch lange Lebensdauer, sehr gute Umweltverträglichkeit<br />
und Wiederverwertbarkeit<br />
aus.<br />
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Trinkwasserhygiene und<br />
Energiesparen im Einklang<br />
Planung und Betrieb von Trinkwasser-Installationen:<br />
Kosten reduzieren durch ökologische Maßnahmen<br />
Ob in Büros, Sportstätten oder Gesundheitseinrichtungen – die Auflagen für die Trinkwasserhygiene<br />
in öffentlichen und halböffentlichen Gebäuden sind in Deutschland besonders hoch.<br />
Mit dem Inkrafttreten der neuen Trinkwasserverordnung 2023 wurden die Standards und Untersuchungspflichten<br />
für Betreiber aus gutem Grund zusätzlich verschärft: Infektionserreger im Trinkwasser<br />
können bei besonders anfälligen Personen schwerwiegende Gesundheitsprobleme verursachen.<br />
Trotz des konstanten Drucks, die Bau und Sanierungskosten zu minimieren, muss die<br />
Maxime „Gesundheitsschutz geht vor Energieeinsparung“ unumstößlich im Zentrum stehen.<br />
Wie kann es also gelingen, TrinkwasserInstallationen in (halb)öffentlichen Einrichtungen so zu<br />
planen und umzusetzen, dass Investitions, Energie, Wasser und Abwasserkosten im Betrieb<br />
gesenkt werden, ohne dabei die Trinkwassergüte zu gefährden? Welche Maßnahmen bieten<br />
sich in Neubauten an und welche im Bestand?<br />
Dr. Peter Arens,<br />
Hygienespezialist,<br />
Schell GmbH & Co. KG,<br />
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I. Neubauten<br />
1. Empfehlungen für die Planung<br />
Im Neubau können durch wassersparende<br />
Entnahmestellen erhebliche Investitionsund<br />
Betriebskosten eingespart und auch ökologische<br />
Verbesserungen erreicht werden.<br />
Die Trinkwasser-Installation kann hier von<br />
vorneherein auf einen sparsamen und gleichzeitig<br />
hygienischen Betrieb ausgelegt werden.<br />
Dazu bedarf es einer innovativen und<br />
weitsichtigen Planung, werden doch beim<br />
Neubau die Betriebskosten der Gebäude für<br />
die nächsten 50 Jahre festlegt.<br />
Für die Dimensionierung einer Trinkwasser-Installation<br />
nutzt der Fachplaner jedoch<br />
fast immer die Berechnungsdurchflüsse gemäß<br />
DIN 1988-300 Tabelle 2, die pauschalisiert<br />
in jeder Planungssoftware hinterlegt<br />
sind. Mit diesen Werten lässt sich das Einsparpotenzial<br />
wassersparender Entnahmestellen<br />
allerdings nicht ausschöpfen. Es ist<br />
deshalb notwendig, von diesen normativen<br />
Berechnungsdurchflüssen abzuweichen. In<br />
den „Wichtigen Hinweisen“ unter Tabelle 2<br />
in der DIN 1988-300 ist das auch ausdrücklich<br />
erwähnt: „Ist die Trinkwasser-Installation<br />
aus hygienischen und wirtschaftlichen<br />
Gründen für die geringeren Werte zu bemessen,<br />
muss dieses Vorgehen mit dem Bauherrn<br />
vereinbart und die Auslegungsvoraussetzungen<br />
für die Entnahmestellen (Mindest-<br />
Fotos: Schell GmbH & Co. KG<br />
Die Duschpaneele im hochmodernen Gebäude des Sportvereins FV Brühl e.V. wurden mit einem Wassermanagement-System vernetzt. Seitdem unterstützen<br />
automatisierte Wasserwechsel den Betreiber beim Erhalt der Trinkwassergüte.<br />
44 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
Foto: Schell GmbH & Co. KG<br />
Über ein Wassermanagement-System lassen sich elektronische Armaturen vernetzen und steuern.<br />
Stagnationsspülungen laufen an mehreren Armaturen automatisiert – bei Bedarf auch zeitgleich.<br />
fließdruck, Berechnungsdurchfluss) in die<br />
Bemessung aufgenommen werden.“<br />
Soll die Trinkwasser-Installation also<br />
monetär und ökologisch optimiert werden,<br />
sollten Auftraggeber und Fachplaner sich<br />
frühzeitig über mögliche Maßnahmen austauschen.<br />
Im gemeinsamen Einverständnis<br />
sollte die Dimensionierung der Trinkwasser-Installation<br />
mit verringerten Berechnungsdurchflüssen<br />
erfolgen. Das bedeutet,<br />
es muss von Beginn an mit einer Sechs-<br />
Liter- statt einer Neun-Liter-Dusche gerechnet<br />
werden, bei Waschbecken mit 3 Liter pro<br />
Minute statt 4,2 Liter pro Minute usw. Auf<br />
diese Weise lassen sich bis zu 40 Prozent<br />
bei Wasserinhalt und Verbrauch einsparen –<br />
und damit auch beim Energieeinsatz der<br />
Warmwasserbereitung. Sehr wahrscheinlich<br />
ist das die einzige ökologische Maßnahme,<br />
durch die zugleich die Investitions- und<br />
nicht nur die Betriebskosten sinken: Geringere<br />
„Liter leistungen“ der Entnahmestellen<br />
benötigen bei angepasster Berechnung deutlich<br />
verringerte und damit kostengünstigere<br />
Dimensionen bei Rohren, Verbindern, Dämmungen<br />
und Rohrschellen. Der Materialeinsatz<br />
bei Rohren und Fittingen lässt sich um<br />
bis zu 40 Prozent Gewicht reduzieren.<br />
Ein weiterer Vorteil ist, dass durch eine<br />
verschlankte Trinkwasser-Installation mehr<br />
Nutzfläche gewonnen wird, da die Schächte<br />
kleiner werden können. Weitere Einsparmöglichkeiten<br />
lassen sich durch T-Stück-Installationen<br />
umsetzen. Anders als übergroße, hydraulisch<br />
oftmals nicht beherrschbare Ringin-Ring-Installationen<br />
weisen sie einfache,<br />
klare Fließwege auf, führen weniger Wasser<br />
und besitzen weniger Oberflächen, die Wärme<br />
aufnehmen können. Dadurch lassen sich<br />
Wasserinhalt und Investitionskosten durchschnittlich<br />
noch einmal um rund 20 Prozent<br />
senken. Gleichzeitig wird ein Beitrag zum<br />
passiven Schutz des Trinkwassers kalt gegen<br />
Erwärmung und damit zum Schutz der<br />
Trinkwasserhygiene geleistet. Ein um 20 Prozent<br />
und mehr verringerter Wasserinhalt erhöht<br />
auch den Wasserwechsel im Betrieb um<br />
diesen Wert und damit die hygienische Sicherheit,<br />
denn die Anzahl an Nutzern ist in<br />
beiden Fällen identisch.<br />
2. Automatisierte Wasserwechsel<br />
beugen Legionellenbefall vor<br />
Ein regelmäßiger Wasserwechsel ist die effektivste<br />
Methode, um die Trinkwasserhygiene<br />
zu unterstützen und einer zu hohen<br />
Legionellenkonzentration vorzubeugen. In<br />
Deutschland muss der Wasserwechsel nach<br />
spätestens drei Tagen erfolgen und gemäß<br />
VDI-Richtlinie 6023 Blatt 1 über alle Entnahmestellen<br />
stattfinden – Bakterien können<br />
über ungenutzte Entnahmestellen auch gegen<br />
die Fließrichtung, also retrograd, in die<br />
Trinkwasser-Installation gelangen. Die Zeitdauer<br />
von maximal drei Tagen ohne Wasserwechsel<br />
ist jedoch nur unter bestimmten Bedingungen<br />
hygienisch akzeptabel: Das Kaltwasser<br />
(PWC) darf nicht wärmer als 25 °C<br />
werden und das Warmwasser (PWH) muss<br />
mindestens 55 °C warm sein. Der Grund dafür<br />
ist, dass sich alle Krankheitserreger bevorzugt<br />
in einen Temperaturbereich um die<br />
37 °C vermehren – also im Bereich der Körpertemperatur<br />
von Menschen. Temperaturen<br />
um die 37 °C sind daher „weiträumig“ zu vermeiden.<br />
In großen (halb-)öffentlichen Gebäuden<br />
werden Teilbereiche der Trinkwasser-Installation<br />
aus verschiedenen Gründen gar nicht<br />
genutzt oder nicht so genutzt, wie mit dem<br />
bestimmungsgemäßen Betrieb in der Planung<br />
ursprünglich hinterlegt. Hier kann<br />
ein Wassermanagement-System die Betreiber<br />
beim Erhalt der Trinkwassergüte unterstützen.<br />
Es ist empfehlenswert, ein solches<br />
System bei Neubauten von vorneherein einzuplanen.<br />
Doch auch für die Bestands nachrüstung<br />
gibt es geeignete Lösungen. Mit<br />
einem Wassermanagement-System lassen<br />
sich Trinkwasser-Installationen wesentlich<br />
effizienter und nachhaltiger betreiben als<br />
über manuelles Spülen, da automatisiert umgesetzte<br />
Spülvorgänge viel genauer und ohne<br />
zusätzlichen Aufwand gleichzeitig möglich<br />
sind. Diese Gleichzeitigkeit des Spülens ist<br />
notwendig, um einen qualifizierten, hygienisch<br />
wirksamen Wasserwechsel zu erreichen.<br />
Im Vergleich zu einer händischen Umsetzung<br />
durch den Facility Manager wird der<br />
Personal-, Zeit- und Kostenaufwand so enorm<br />
reduziert.<br />
3. Trocken geprüfte Bauteile einsetzen<br />
Der bestimmungsgemäße Betrieb der Trinkwasser-Installation<br />
beginnt schon mit ihrem<br />
Befüllen. Dabei sollten trocken geprüfte und<br />
in dieser Weise auch gegen mikrobiologische<br />
Verunreinigungen geschützte Bauteile zum<br />
Einsatz kommen. Für die Praxis ist dieses<br />
Vorgehen so bedeutend, dass es dazu aktuell<br />
neue Regelwerke gibt (DVGW W 551-4<br />
und DVGW W551-7). Wenn die Installation<br />
mit Trinkwasser befüllt wurde, ist der Fachhandwerker<br />
bis zur Übergabe für den Wasserwechsel<br />
verantwortlich. Das bedeutet in<br />
Deutschland, dass er spätestens nach drei Tagen<br />
für einen Wasserwechsel zu sorgen hat.<br />
In einem Krankenhaus mit 800 Betten wären<br />
dafür mindestens drei Mitarbeiter an fünf Tagen<br />
je Woche nur für Spülmaßnahmen von<br />
Hand im Einsatz. Auch hier ist der Einsatz<br />
eines Wassermanagement-Systems sinnvoll:<br />
Bereits vor der Inbetriebnahme können die<br />
Wasserwechsel damit automatisiert umgesetzt<br />
werden. Für Gebäude mit erhöhten hygienischen<br />
Anforderungen, beispielsweise<br />
Krankenhäuser oder Pflegeheime, ist es darüber<br />
hinaus ratsam, das Befüllen der Installation<br />
schrittweise durchzuführen – stets in<br />
Verbindung mit einer mikrobiologischen Probennahme<br />
und Freigabe (DVGW W 551-4).<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 45
Technische Trends und Normung<br />
II. Bestandssanierung<br />
1. Wassertemperatur auf<br />
maximal 55 °C senken<br />
Auch in Bestandsbauten bieten sich Möglichkeiten,<br />
die Energiekosten zu senken, ohne<br />
einen kritischen Legionellenbefall zu riskieren.<br />
Beispielsweise kann unter bestimmten<br />
Voraussetzungen an der Stellschraube<br />
„Wassertemperatur“ gedreht werden: Viele<br />
Warmwasserbereiter laufen ohne Kenntnis<br />
der Nutzer mit einer automatisierten wöchentlichen<br />
oder gar täglichen thermischen<br />
Desinfektion, der so genannten Legionellenschaltung.<br />
Wird die Anlage ansonsten fachgerecht<br />
betrieben, kann diese Funktion ohne<br />
hygienische Risiken abgeschaltet werden.<br />
Bei Großanlagen sollte außerdem geprüft<br />
werden, ob die Temperatur am Austritt des<br />
Trinkwassererwärmers deutlich über 60 °C<br />
liegt. Auch hier besteht oftmals ein großes<br />
Einsparpotenzial, indem der Energieeinsatz<br />
gesenkt wird.<br />
Beträgt die Temperaturspreizung zwischen<br />
Speicheraustritt und Rücklauf der Zirkulation<br />
deutlich mehr als 5 K, sollte der hydraulische<br />
Abgleich der Zirkulationsstränge<br />
optimiert werden und/oder die Wärmedämmung.<br />
Bei mangelhaftem hydraulischen Abgleich<br />
sind elektronische Zirkulationsregulierventile<br />
die erste Wahl im Bestand, da sie<br />
ohne detaillierte Berechnung eingebaut werden<br />
können. Weiteres Optimierungspotenzial<br />
besteht in Anlagen, bei denen die Temperaturspreizung<br />
zwar nur rund 5 K beträgt,<br />
aber die Wassertemperatur an den Entnahmestellen<br />
und beim Wiedereintritt der Zirkulation<br />
in den Trinkwassererwärmer deutlich<br />
über 55 °C liegt. In diesem Fall kann die<br />
Anlage allein schon durch das Verringern der<br />
Austrittstemperatur am Speicher energetisch<br />
optimiert werden.<br />
2. Durchflussmengen reduzieren<br />
Die deutlichsten Einsparpotenziale liegen<br />
im Reduzieren von Wasserleistungen. Doch<br />
auch hier gilt „nur in Maßen“, denn der Hygienegrundsatz<br />
„Wasser muss fließen“ ist<br />
weiterhin oberstes Gebot. Auch nach solchen<br />
Maßnahmen darf die Verweilzeit des Wassers<br />
in der Trinkwasser-Installation nicht<br />
Häufig weisen Armaturen im Bestand größere Durchflussmengen auf als nötig. Daher ist es sinnvoll,<br />
die Durchflussmengen im Bestand zu prüfen, und da, wo möglich, zu reduzieren.<br />
über 72 Stunden liegen – egal, ob Kalt- oder<br />
Warmwasser. Für Gesundheitseinrichtungen<br />
empfiehlt die VDI-Richtlinie 6023 sogar eine<br />
noch kürzere Verweilzeit von maximal 24<br />
Stunden. Das gilt für jede Entnahmestelle<br />
und Teilstrecke einer Trinkwasser-Installation,<br />
denn ein „Stau“ des Trinkwassers in der<br />
Installation könnte zu gesundheitlichen Risiken<br />
führen. Entnahmestellen mit extrem<br />
geringer oder gar keiner Nutzung müssen<br />
daher unbedingt regelmäßig gespült werden,<br />
entweder manuell oder automatisiert. Bei extrem<br />
selten genutzten Entnahmestellen ist<br />
ein Rückbau zu empfehlen, andernfalls wird<br />
hier dauerhaft Trinkwasser aufgrund von<br />
Stagnationsspülungen verschwendet.<br />
An Entnahmestellen mit hohem Verbrauch<br />
und häufiger Nutzung lassen sich<br />
große Einspareffekte mittels Wasserspararmaturen<br />
oder Durchflussbegrenzern und<br />
Strahlreglern erzielen. Demnach ist es sinnvoll,<br />
die Durchflussmengen an Entnahmestellen<br />
zu prüfen und die Mengen einzustellen,<br />
die der Planer bei der Dimensionierung<br />
der Trinkwasser-Installation zugrunde gelegt<br />
hat: Das geschieht durch den Vergleich<br />
der Berechnungsdurchflüsse aller Entnahmestellen<br />
aus der Planung, also mit Werten<br />
aus der DIN 1988-300 Tabelle 2, mit den realisierten<br />
„Literleistungen“ in der Praxis. Hier<br />
ergeben sich oft erhebliche Einsparpotenziale<br />
von 40 bis 50 Prozent.<br />
Außerdem können Waschtischarmaturen<br />
mit einem hohen Verbrauch zumeist durch<br />
den einfachen Tausch des Strahlreglers auf<br />
eine normative Literleistung von 4,2 l/min<br />
optimiert werden, wenn das Gebäude auf<br />
Basis der DIN 1988-300 Tabelle 2 dimensioniert<br />
wurde. Auch die Wassermengen von<br />
WC und Duschen bieten Einsparpotenziale:<br />
Bei WC-Spülkästen reicht im Allgemeinen<br />
eine Sechs-Liter-Spülung statt einer Neun-<br />
Liter- Spülung.<br />
Doch auch hier gibt es Grenzen: In modernen<br />
Altenheimen sollten beispielsweise die<br />
Waschtischarmaturen mit einem überhöhten<br />
Durchfluss von acht bis zehn Liter pro Minute<br />
nicht auf die normativ geringeren Berechnungsdurchflüsse<br />
reduziert werden, da<br />
sie erfahrungsgemäß selten genutzt werden.<br />
In diesem Fall ist es sinnvoll, wenn dann die<br />
doppelte Wassermenge pro Nutzung oder<br />
Spülung ausgetauscht wird. Grundsätzlich<br />
sollte also jeder Fall einzeln betrachtet und<br />
bewertet werden.<br />
III. Fazit<br />
Das größte ökonomische und ökologische Potenzial<br />
bietet sich beim Planen und Umsetzen<br />
von Neubauten durch die gezielte Kombination<br />
zweier Einsparmöglichkeiten: reduzierte<br />
Durchflussmengen an den Entnahmestellen<br />
und das bevorzugte Verwenden von<br />
T-Stück-Installationen.<br />
Bei bestehenden Gebäuden kann geprüft<br />
werden, ob die Literleistung an bestimmten<br />
hoch frequentierten Entnahmestellen reduziert<br />
werden kann – denn oftmals wurden<br />
Armaturen mit höheren Durchflussmengen<br />
installiert, als bei der normgerechten Planung<br />
berücksichtigt wurden. In solchen Fällen<br />
kann die Literleistung verringert werden,<br />
ohne die Güte des Trinkwassers zu beeinträchtigen.<br />
<br />
Abbildung: Schell GmbH & Co. KG<br />
46 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
BLEIBT DER BESTIMMUNGSGEMÄE<br />
BETRIEB AUS, SETZT DAS RISIKO<br />
FÜR DIE TRINKWASSERHYGIENE EIN.<br />
Fakt ist: Erneuerbare Energien schützen die Umwelt, erreichen aber nicht<br />
die notwendigen Temperaturen, um die Trinkwasserhygiene zu sichern.<br />
Innovative Lösungen, wie Sie die Trinkwassergüte erhalten,<br />
finden Sie auf viega.de/Trinkwasser<br />
Viega. Höchster Qualität verbunden.
Abbildung 1: Rund 30.000 Quadratmeter<br />
Bürofläche und Platz für 1.500 Mitarbeitende<br />
bietet der neue Standort eines großen<br />
IT-Dienstleisters in Süddeutschland.<br />
Alle Abbildungen: FRENGER SYSTEMEN BV Heiz- und Kühltechnik GmbH<br />
Arbeitsplätze für die Zukunft<br />
Deckensegel heizen und kühlen markanten Neubau<br />
und optimieren gleichzeitig die Akustik<br />
Im Süden Deutschlands hat ein IT-Dienstleister einen beeindruckenden neuen Standort errichtet:<br />
Mit einer Bauzeit von sechs Jahren und Baukosten von rund 113 Millionen Euro blieb der Bauherr im<br />
Zeit- und Kostenplan. Insgesamt fünf neue Gebäude mit rund 30.000 Quadratmeter Fläche und<br />
Platz für 1.500 Mitarbeitende sind entstanden. Die modernen Büroräume werden mit innovativer<br />
Technik effizient beheizt und gekühlt. Zusätzlich wird die Akustik erheblich verbessert.<br />
Dr.-Ing.<br />
Klaus Menge,<br />
Geschäftsführer,<br />
FRENGER SYSTEMEN<br />
BV Heiz- und<br />
Kühltechnik GmbH,<br />
Groß-Umstadt<br />
Die Außenanlage des neuen Standorts eines<br />
der größten IT-Dienstleisters Deutschlands<br />
erinnert an einen Campus. Bei Bedarf kann<br />
sie für Veranstaltungen oder zum Public<br />
Viewing genutzt werden. Der Eingangsbereich<br />
des Vorplatzes wird von einem Urwelt-<br />
Mammutbaum beherrscht, der beim Pflanzen<br />
schon stattliche 16 Meter Höhe aufwies.<br />
Das erforderte eine nicht alltägliche Pflanzaktion<br />
und den Einsatz eines 600 Tonnen<br />
Krans. Gelohnt hat es sich allemal, denn der<br />
Baum steht als zentraler Blickfang am Ende<br />
der Zugangstreppe. Die markanten Gebäude<br />
offenbaren auch im Inneren ihre Qualitäten.<br />
Alle fünf Gebäude und auch die Bestandsgebäude<br />
sind an eine rund 135 Meter lange so<br />
genannte Innovation-Lounge im Zentrum angeschlossen.<br />
Wie eine große Piazza wirkt dieser<br />
Bereich, der sich für unterschiedlichste<br />
Veranstaltungen anbietet.<br />
I. Markante Gebäude<br />
Verteilt auf fünf Stockwerke, bieten die Neubauten<br />
sehr unterschiedliche Räume für klei-<br />
48 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
Die Rohrregister sind die Basis der Heizund<br />
Kühlsegel. Sie bestehen aus Qualitätsstahl<br />
und wurden mit einem Außendurchmesser<br />
von 21,3 Millimeter und einer Wandstärke<br />
von 1,5 Millimeter gefertigt. Der Abstand<br />
zwischen den einzelnen Rohren beträgt<br />
100 Millimeter. Je nach Jahreszeit zirkuliert<br />
durch diese Register warmes oder<br />
kaltes Wasser. Übertragen wird die Temperatur<br />
an die Strahlflächen der Deckensegel<br />
durch hochwertige Aluminium-Strangpress-<br />
Profile, die mittels patentierter Magnettechnik<br />
befestigt sind. Auf der Oberseite sind<br />
die Segel mit einer 40 Millimeter dicken Mineralfaser<br />
gedämmt, die in schwarze Folie<br />
aus Low Density Polyethylen (LDPE) eingeschweißt<br />
ist. Auf der Sichtseite sind die Segel<br />
mit Strahlblechen aus Stahl verkleidet.<br />
Abbildung 2: Der Neubau bietet unterschiedliche Räume und Zimmergrößen, verteilt auf fünf Stockwerke.<br />
nere und mittlere Meetings und sollen die Kreativität<br />
fördern. Einer der Räume erinnert mit<br />
ausgedientem Kasten, Bock und einer Sprossenwand<br />
an eine alte Turnhalle. Ein anderer<br />
bietet Urlaubsfeeling mit Strandkorb, großem<br />
Küstenbild und sandfarbenem Teppich. In jedem<br />
Stockwerk gibt es eine zentrale Cafeteria<br />
und großzügig geschnittene Arbeitsplätze.<br />
Dafür durften die Beschäftigten ihre Wünsche<br />
einbringen, denn eine attraktive Arbeitsumgebung<br />
soll nicht nur die Mitarbeitenden motivieren,<br />
sondern auch helfen, neue Arbeitskräfte<br />
für die Firma zu begeistern.<br />
So sind denn auch die modernen Büros<br />
und Besprechungsräume hell, freundlich<br />
und mit vielen Pflanzen eingerichtet. Das<br />
schafft eine angenehme Atmosphäre im IT-<br />
Unternehmen.<br />
II. Heizen und Kühlen von der Decke<br />
Effiziente Technik sorgt dabei für ein angenehmes<br />
Raumklima. Über 1.600 aktive<br />
Decken segel des Typs „Smartline“ wurden<br />
installiert. Sie heizen und kühlen in den<br />
kleinen und großen Räumen und optimieren<br />
gleichzeitig die Akustik – und das völlig ohne<br />
Zugluft und Geräusche. Die Baulängen der<br />
montierten Segel variieren von 1,45 Meter<br />
bis 2,55 Meter. Die Baubreite beträgt jeweils<br />
1,0 Meter. Lackiert sind die Smartline-Segel<br />
in Weiß, ähnlich RAL 9010, und hochwertig<br />
beschichtet im so genannten Coilcoating-<br />
Verfahren. Sie sind mit einer akustisch wirksamen<br />
Perforation versehen. Ihre Lebensdauer<br />
liegt bei mindestens 30 Jahren – und<br />
das ohne jede erforderliche Wartungsmaßnahme.<br />
III. Akustik einfach verbessert<br />
Herzstück sind die innovativen Akustik-Volumenabsorber<br />
(AVA), die auf den Smartline-<br />
Segeln montiert sind. Dabei handelt es sich<br />
um eine Eigenentwicklung aus dem Hause<br />
Frenger Systemen. Die AVA schlucken Schall<br />
und Geräusche und verbessern damit erheblich<br />
die Akustik und Nachhallzeit. Herausfordernd<br />
für Architekten und Raumplaner<br />
sind besonders die tiefen und mittleren Frequenzen<br />
der menschlichen Sprache. Gerade<br />
in diesem Frequenzbereich sind die AVA besonders<br />
wirksam: Hier bietet das Akustik-<br />
Element eine um bis zu 220 Prozent bessere<br />
Schallabsorption und vermeidet dadurch<br />
teure und aufwendige Ersatzmaßnahmen.<br />
An den Heiz- und Kühlsegeln sind Pendelleuchten<br />
befestigt, pro Segel ist eine Leuchte<br />
angebracht. Deren Anbringung direkt an den<br />
Deckensegeln war aufgrund des soliden Aufbaus<br />
mit Rohrregistern aus Stahl problemlos<br />
möglich. Rauch- und Präsenzmelder wurden<br />
ebenfalls direkt in die Segel integriert, die<br />
Auf ganzer Strecke<br />
leichter planen<br />
Flexible TGA-Planung mit DDScad<br />
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• Alle Wege offen für die Zusammenarbeit<br />
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Technische Trends und Normung<br />
Ausschnitte dafür wurden werksseitig vorgenommen.<br />
Die Bewegungsmelder steuern<br />
automatisch das Licht und eine eventuell erforderliche<br />
Beschattung der Fensterflächen<br />
durch Jalousien, die automatisch je nach Erfordernis<br />
nach oben oder unten fahren. Für<br />
den Heizfall sind die Smartline-Segel mit<br />
einer Vorlauftemperatur von 34° C und einer<br />
Rücklauftemperatur von 30° C bei einer<br />
Raumtemperatur von 22° C ausgelegt. Die<br />
Werte für die Kühlung liegen bei 16° C im<br />
Vorlauf, 18° C im Rücklauf und einer Raumtemperatur<br />
von 26° C. Aufgrund der niedrigen<br />
Vorlauftemperaturen sind die Deckenheizungen<br />
ideal für den Betrieb mit Wärmepumpen,<br />
wie sie bei dem Softwareunternehmen<br />
eingesetzt sind.<br />
Arbeitsplatz und Besprechungsraum<br />
können über ein internes Buchungstool gebucht<br />
werden. Ob Homeoffice oder Präsenz<br />
im Büro – darüber entscheidet jede Mitarbeiterin<br />
und jeder Mitarbeiter selbst. Die Tiefgarage<br />
bietet Ladestationen für E-Autos und<br />
E-Bikes. Im Gebäude stehen den Fahrrad-<br />
Pendlern Duschen zur Verfügung.<br />
Dank der neuen Zentrale können nun<br />
andere, angemietete Flächen im Stadtgebiet<br />
aufgegeben und die Belegschaft zentral<br />
am neuen Standort angesiedelt werden. Das<br />
Software-Unternehmen verspricht sich davon<br />
deutlich kürzere Wege und eine bessere<br />
Vernetzung der Mitarbeitenden.<br />
Abbildung 3: Die Deckensegel „Smartline“ von Frenger Systemen sind perforiert ausgeführt,<br />
zusätzliche Akustik-Volumenabsorber sorgen für eine erstklassige Raumakustik.<br />
VI. Effiziente und nachhaltige Heizung<br />
Die Wärmeerzeugung erfolgt per Geothermie-Vollversorgung<br />
über zwei Wärmepumpen<br />
mit jeweils 400 kW Heizleistung und<br />
510 kW Kühlleistung, die an insgesamt 220<br />
Sonden mit 70 Meter Tiefe angeschlossen<br />
sind. Für die Niedertemperaturkälte steht<br />
eine weitere Kältemaschine mit 800 kW Leistung<br />
zur Verfügung. Die Stromversorgung<br />
wird durch Photovoltaikanlagen auf jedem<br />
der fünf Dächer mit einer Gesamtleistung<br />
von knapp 300 kWp unterstützt. Damit werden<br />
bis zu 75 Prozent der benötigten Energie<br />
selbst produziert. Auch hier punkten die eingesetzten<br />
Heiz- und Kühlsegel in der Kombination.<br />
Abbildung 4: Pendelleuchten, Rauch- und Bewegungsmelder sind in die Deckensegel eingebaut.<br />
50 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
gehört<br />
Der Podcast für<br />
SHK-Installateure und<br />
TGA-Fachplaner!<br />
QR-Link zu den Podcasts<br />
auf IKZ-select<br />
Ausgewählte IKZ-Themen als Podcast.<br />
Ideal für unterwegs und zur Information im<br />
Büro oder auf der Baustelle!<br />
gehört<br />
gibt es bei allen bekannten Podcast-Anbietern und auf www.ikz-select.de
Technische Trends und Normung<br />
Qualifizierte Planung ist Grundlage für<br />
klimaresiliente Trinkwasserinstallation<br />
Der Klimawandel stellt neue Herausforderungen<br />
an die Planung der Technischen Gebäudeausrüstung<br />
Dr. Christian Schauer,<br />
Leiter des<br />
Kompetenzbereichs<br />
Trinkwasser,<br />
Corporate<br />
Technology,<br />
Viega GmbH & Co. KG,<br />
Attendorn<br />
„Der Wasserkreislauf gerät infolge des Klimawandels<br />
und menschlicher Aktivitäten<br />
aus dem Gleichgewicht.“ Mit dieser Kernaussage<br />
belegt der Bericht der Weltorganisation<br />
für Meterologie den Zustand der Wasserressourcen<br />
2022. Die Auswirkungen sind<br />
selbst in Deutschland schon deutlich spürbar.<br />
Durch Klimaveränderungen und Umweltbelastungen<br />
gerät die Ressource „Trinkwasser“<br />
zunehmend unter Druck. Daher ist heute die<br />
Planung klimaresilienter Trinkwasserinstallationen<br />
entscheidend für die Versorgungssicherheit<br />
von morgen. Zwei Aspekte kennzeichnen<br />
eine solche Resilienz: die Schonung<br />
der Ressourcen ohne Einschränkungen beim<br />
Gesundheitsschutz.<br />
Wenngleich das Thema „Resilienz“ einen<br />
neuen, hohen Stellenwert in der Planung von<br />
Trinkwasserinstallationen einnimmt, bleibt<br />
über allem der Erhalt der Trinkwasser güte<br />
zum Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen<br />
Beeinträchtigungen bestehen: Sowohl<br />
die Trinkwasserverordnung (TrinkwV)<br />
als auch das Infektionsschutzgesetz weisen<br />
der Gewährleistung genusstauglichen<br />
Trinkwassers die höchste Priorität zu. Dem<br />
müssen auch die Planungsansätze der Resilienz<br />
Rechnung tragen. Doch richtig geplant,<br />
kann eine resiliente Trinkwasserinstallation<br />
sogar zum Gesundheitsschutz beitragen.<br />
Folgende Planungsziele sind dabei<br />
kennzeichnend:<br />
Alle Abbildungen: Viega<br />
Abbildung 1: Der Klimawandel verändert zunehmend die Planungsgrundlagen der TGA – zum Beispiel die Verfügbarkeit genusstauglichen Trinkwassers,<br />
besonders in urbanen Räumen.<br />
52 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
Abbildung 2: Am Hausanschluss kommt Trinkwasser mit immer höheren Temperaturen an. Eine klimaresiliente<br />
Planung der Trinkwasserinstallation nimmt die negativen Folgen dieser Entwicklung vorweg und begrenzt<br />
beispielsweise auf dem Weg zu den Entnahmestellen zusätzliche Wärmelasten für Trinkwasser kalt.<br />
• Ressourcenschutz – Trinkwasser wird<br />
nicht unnötig verschwendet und<br />
• Energieeffizienz – Trinkwasser warm<br />
wird bedarfsgerecht sowie nachhaltig erzeugt,<br />
ohne das Temperaturregime von<br />
60/55 °C zu verlassen. Gleichzeitig sind<br />
die Energie- und Temperaturverluste gering<br />
zu halten.<br />
Gesundheitsrisiken im<br />
Kontext des Klimawandels<br />
Mehr Hitzetage im Jahr, sinkende Pegel in<br />
Flüssen und Trinkwassertalsperren, urbane<br />
Wärmeinseln – das sind nur einige der bereits<br />
auch hierzulande spürbaren Auswirkungen<br />
des Klimawandels. Diese haben gravierende<br />
Konsequenzen für die Planung von Trinkwasserinstallationen.<br />
So steigt zum Beispiel die<br />
Eingangstemperatur am Hausanschluss gerade<br />
im Sommer weit über die zumeist angenommenen<br />
10 °C an. Denn nicht selten kommt<br />
das Trinkwasser vom Versorger – auch klimabedingt<br />
– bereits im Jahresdurchschnitt mit<br />
14,2 °C und mehr ins Haus. Hygienisch notwendig<br />
ist aber zugleich, dass die Temperatur<br />
von Trinkwasser kalt (PWC) auf dem Weg bis<br />
zur entferntesten Entnahmestelle nicht über<br />
20 °C ansteigt, damit es zu keinem Bakterienwachstum<br />
kommt. Normativ darf die Zielmarke<br />
von 25 °C nicht dauerhaft überschritten<br />
werden. Gerade in Geschossbauten und<br />
öffentlichen Objekten mit langen Leitungsstrecken<br />
und hohen Wärmelasten ist es bei<br />
hohen Hauseingangs temperaturen eine große<br />
Herausforderung, die Temperaturgrenze für<br />
Trinkwasser kalt einzuhalten.<br />
häufiger auch in PWC nachgewiesen. Deshalb<br />
weist das Umweltbundesamt in einer<br />
Empfehlung zur systematischen Untersuchung<br />
von Trinkwasserinstallationen darauf<br />
hin, bei erhöhter Legionellenkonzentration<br />
im Trinkwasser warm (PWH) auch Kaltwasser<br />
auf Legionellen zu untersuchen. 2 Das gilt<br />
insbesondere, wenn an den Entnahmestellen<br />
die Kaltwassertemperatur mehr als 30 Sekunden<br />
nach dem Öffnen noch über 25 °C<br />
liegt.<br />
Wird eine dauerhafte Temperaturüberschreitung<br />
von PWC festgestellt, ist es eine<br />
gängige Gegenmaßnahme, Leitungsstrecken<br />
mit hohen Wärmelasten häufig zu spülen. So<br />
lassen sich die Verweildauer und damit die<br />
Wärmeaufnahme des Trinkwassers reduzieren.<br />
Im Bestand ist das oft sinnvoll, bei Neuinstallationen<br />
steht diese Maßnahme allerdings<br />
im Widerspruch zum ressourcenschonenden<br />
Umgang mit diesem kostbaren Gut.<br />
Eine alternative Möglichkeit ist, Trinkwasser<br />
aktiv zu kühlen. Das geht jedoch zulasten<br />
der geforderten Energieeffizienz von Gebäuden.<br />
Eine resilient geplante Trinkwasserinstallation<br />
macht ein Spülen und Kühlen von<br />
Trinkwasser in der Regel wesentlicher seltener<br />
erforderlich.<br />
In der Folge werden Legionellen immer<br />
TGA-Planer müssen sich jedoch darauf<br />
einstellen, dass die Eingangstemperatur<br />
für Trinkwasser kalt nicht nur im Sommer<br />
weiter steigt. Selbst bei Grundwasser<br />
ist ein Temperaturanstieg zu verzeichnen:<br />
Langzeitmessungen des Deutschen Wetterdienstes<br />
stellten in unterschiedlichen Bo-<br />
Gesundheitsschutz und Energieeffizienz<br />
Gesundheit versus Energieeffizienz<br />
dentiefen in den vergangenen 30 Jahren scheinen zumindest vordergründig ohnehin<br />
in einem gewissen Zielkonflikt zu ste-<br />
einen klimabedingten Anstieg um bis zu<br />
3 K fest. 1 hen: Ohne wissenschaftlich abgesicherte<br />
Abbildung 3: Die Wachstumskurve vom Legionella pneumophila nach Exner 2009 beweist: Die alleinige<br />
Absenkung des Temperaturregimes zum Energieeinsparen ist keine geeignete – und unter Hygieneaspekten<br />
vertretbare – Maßnahme, um die Energieeffizienz zu steigern.<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 53
Technische Trends und Normung<br />
Kompensationsmaßnahmen ist bekanntlich<br />
ein Unterschreiten der Temperaturspreizung<br />
von 60/55 °C für Trinkwasser warm nicht tolerabel.<br />
Dieses hohe Temperaturniveau ist allerdings<br />
beispielsweise mit einer regenerativen,<br />
also ressourcenschonenden Wärmeerzeugung<br />
kaum effizient erreichbar. Denn<br />
Luft-/Wasser-Wärmepumpen arbeiten besonders<br />
wirtschaftlich bei einer Vorlauftemperatur<br />
von 35 °C. Nicht anders ist es bei kalten<br />
Nahwärmenetzen, die in der politischen<br />
Diskussion kommunaler Wärmeplanungen<br />
einen immer größeren Stellenwert erhalten.<br />
Um die Energieeffizienz der Trinkwassererwärmung<br />
zu erhöhen, sind daher<br />
• Heizsysteme zu planen, die einen möglichst<br />
geringen Einsatz von Primärenergie<br />
erfordern,<br />
• Wärmeverluste der Trinkwasserinstallation<br />
zu reduzieren und<br />
• das Anlagenvolumen von Trinkwasser<br />
warm dem tatsächlichen Bedarf anzupassen.<br />
Die Planungsaufgabe, Energieeffizienz und<br />
Ressourcenschonung zu einer resilienten<br />
Trinkwasserinstallation unter dem obersten<br />
Gebot des Gesundheitsschutzes zusammenzuführen,<br />
wird also lösbar.<br />
Resilienz durch Energieeffizienz<br />
Eine Grundvoraussetzung, um den Einsatz<br />
von Primärenergie bei der Trinkwassererwärmung<br />
deutlich zu reduzieren, besteht<br />
zum Beispiel in dem Paradigmenwechsel,<br />
nicht wie bisher Trinkwasser warm zu puffern,<br />
sondern die Energie als solche. Statt<br />
also einen Trinkwasserspeicher vorzusehen,<br />
der auf den maximalen gleichzeitigen Bedarf<br />
von PWH ausgelegt ist, werden in einem Pufferspeicher<br />
die Energiegewinne aus unterschiedlichen<br />
Quellen zusammengeführt. Die<br />
Warmwasserbereitung selbst erfolgt dann<br />
über einen Wärmetauscher bedarfsgerecht<br />
im Durchlaufprinzip. So entfällt die energieintensive<br />
Temperaturhaltung eines Trinkwasserspeichers<br />
von 60 °C, selbst wenn kein<br />
Trinkwasser entnommen wird. Außerdem<br />
lässt sich die gepufferte Energie sowohl für<br />
die Trinkwasserbereitung als auch die Raumwärme<br />
nutzen. Abhängig vom Gesamtenergiebedarf<br />
des Gebäudes können ausschließlich<br />
regenerative Energiequellen aufgeschaltet<br />
werden – Wärmepumpen, Solarthermie,<br />
Pelletkessel und Nahwärme. Aber auch anteilig<br />
Fernwärme oder Gasbrennwertgeräte<br />
sind möglich. Das elektrische Nachheizen<br />
über PV-Strom ist ebenfalls machbar.<br />
Einer Trinkwasserzirkulation mit zentraler<br />
Erwärmung nach dem Durchflussprinzip<br />
über einen Pufferspeicher ist aus Sicht einer<br />
resilienten und hygienischen Trinkwasserinstallation<br />
in diesem Zusammenhang<br />
der Vorzug zu geben vor einer dezentralen<br />
Erwärmung mit Durchlauferhitzern. In<br />
puncto Trinkwasserhygiene zeigt die Praxis<br />
nämlich: Elektrische Durchlauferhitzer werden<br />
von den Benutzern häufig auf Wunschtemperaturen<br />
eingestellt, die weit unter den<br />
erforderlichen 55 °C liegen, manchmal bis<br />
zu 38 °C. Das könnte ein Grund sein, warum<br />
im Durchflusstrinkwassererwärmer und in<br />
Abbildung 4: Blick in den Haustechnikraum eines modernen Mehrfamilienhauses: In den Pufferspeichern<br />
werden die Energiegewinne einer Wärmepumpe und weiterer Wärmequellen bevorratet, die dann sowohl für<br />
die Trinkwassererwärmung nach dem Durchflussprinzip als auch für Raumwärme genutzt werden können.<br />
den Rohrleitungen dahinter erhöhte Legionellenkonzentrationen<br />
festgestellt werden,<br />
wie das Umweltbundesamt in einer Mitteilung<br />
vom 18. Dezember 2018 schreibt. 3 Der<br />
Gesundheitsschutz ist also nicht mehr gegeben.<br />
In Bezug auf die Energieeffizienz gilt<br />
gleichzeitig, dass Durchlauferhitzer Strom<br />
1 : 1 für die Trinkwassererwärmung einsetzen<br />
– bei einer Temperaturdifferenz von 50 K<br />
etwa 17 kWh. 4 Bei einer Wärmepumpe, deren<br />
Energiegewinne einem Pufferspeicher<br />
zugeführt werden, ist das Verhältnis von Antriebsstrom<br />
zu Wärme in kWh hingegen 1 : 3<br />
bis 1 : 4. Aus einem Anteil Strom wird also<br />
hocheffizient das Drei- oder sogar Vierfache<br />
an Energie erzielt – ohne Leitungsverluste<br />
vor Ort.<br />
Wärmeverluste und<br />
Wärmelasten reduzieren<br />
Ein weiterer Aspekt der Energieeffizienz mit<br />
gleichzeitiger Stützung des Gesundheitsschutzes<br />
ist der thermisch-hydraulische Abgleich<br />
der Trinkwasserzirkulation. Diese<br />
Forderung findet sich mittlerweile sogar im<br />
Gebäudeenergiegesetz (§ 29 GEG), um Energie<br />
zu sparen.<br />
Idealerweise werden für den thermischhydraulischen<br />
Abgleich elektronische Zirkulationsregulierventile<br />
verwendet. Mittels<br />
Temperaturfühler und intelligentem Regelalgorithmus<br />
stellen sie dynamisch die vorgegebene<br />
Soll-Temperatur her und sind damit<br />
deutlich präziser als voreingestellte statische<br />
oder thermostatische Ventile. Während das<br />
Einpegeln unnötig hoher Temperaturen in<br />
den Zirkulationsleitungen die Energieeffizienz<br />
verbessert, schützt die Temperaturbegrenzung<br />
auf > 55 °C vor einer Verkeimung<br />
durch Legionellen.<br />
Zudem lassen sich Einspareffekte bei<br />
der Trinkwassererwärmung erzielen, wenn<br />
Inliner- Zirkulationsleitungen geplant werden.<br />
Bei diesem Rohrleitungssystem wird<br />
für den Zirkulationsrücklauf eine Kunststoffrohrleitung<br />
in der Steigrohrleitung geführt.<br />
Das reduziert die Rohrleitungsoberfläche<br />
und damit die Verluste durch Wärmeabstrahlung.<br />
Wie eingangs erwähnt, ist aber nicht nur<br />
die effiziente Temperaturhaltung für Trinkwasser<br />
warm entscheidend für eine klimaresiliente<br />
Trinkwasserinstallation. Eine unzulässige<br />
Erwärmung von Trinkwasser kalt<br />
ist ebenfalls zu verhindern – möglichst ohne<br />
Spülen und Kühlen. Bei steigenden Eingangstemperaturen<br />
am Hausanschluss sind Wärmelasten<br />
für PWC gezielt zu reduzieren. Optimal<br />
ist es daher, für kalt- und warmgehende<br />
Rohrleitungen getrennte Steigeschächte vorzusehen.<br />
Die thermisch vorbildliche Rohrlei-<br />
54 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
tungsführung auf der Etage – PWC in Bodennähe<br />
und PWH in Deckennähe – ist dabei<br />
eigentlich eine Selbstverständlichkeit, sollte<br />
aber vom Planer explizit vorgegeben werden.<br />
Anlagevolumen begrenzen<br />
Insgesamt profitiert eine Trinkwasserinstallation,<br />
wenn das Volumen möglichst klein gehalten<br />
wird. So wird das Trinkwasser im bestimmungsgemäßen<br />
Betrieb schneller ausgetauscht.<br />
Kaltwasser bleibt weniger Zeit,<br />
sich zu erwärmen. Und Warmwasser verliert<br />
nicht in weitverzweigten Zirkulationskreisen<br />
an Energie, die permanent nachgeführt werden<br />
muss.<br />
Um das Anlagenvolumen zu reduzieren,<br />
sind Rohrleitungen mit einem niedrigen Widerstandsbeiwert<br />
zu bevorzugen. Sind die<br />
Druckverluste des Rohrleitungssystems gering<br />
und die Leitungsstrecken möglichst<br />
kurz, können oftmals kleinere Dimensionen<br />
geplant werden. Hinzu sollte anstelle<br />
eines großvolumigen Speichers, mit entsprechenden<br />
Verlusten bei Vorhalt des Warmwassers,<br />
aus energetischer und hygienischer<br />
Sicht die Warmwasserbereitung über einen<br />
Durchflusstrinkwassererwärmer (DTE) erfolgen.<br />
Die notwendige Energie dafür stellt<br />
ein Pufferspeicher bereit, um PWH bedarfsgerecht<br />
nur in den Mengen zur Verfügung zu<br />
stellen, die auch tatsächlich benötigt werden.<br />
Fazit<br />
Eine konsequent auf Klimaresilienz geplante<br />
Trinkwasserinstallation trägt zur Trinkwasserhygiene<br />
bei, schont die Ressourcen und<br />
reduziert den Einsatz von Primärenergie und<br />
damit den CO 2 -Ausstoß – den vorrangigen<br />
Abbildung 6: Die Installation einer Spülstation kann im Bestand erforderlich sein, um Stagnation zu vermeiden<br />
oder Trinkwasser mit Dauertemperaturen > 25 °C und < 55 °C abzuleiten. Bei einer Neuinstallation wird<br />
die Spülstation hingegen eingesetzt, um eventuellen Stagnationsrisiken zu begegnen.<br />
Treiber des Klimawandels. Dafür gelten neue<br />
Planungsgrundsätze:<br />
• Kaltwasser vor Erwärmung schützen,<br />
Spülen oder Kühlen nur zum Schutz vor<br />
Stagnationsrisiken,<br />
• Energie speichern, nicht Warmwasser,<br />
• Energieeffizienz erhöhen, statt Systemtemperaturen<br />
zu gefährden und<br />
• Trinkwasserinstallationen mit möglichst<br />
kleinem Anlagenvolumen planen, anstelle<br />
weitverzweigter Zirkulationssysteme<br />
und dadurch wenig beherrschbaren, komplexen<br />
Netzen im Gebäude.<br />
Die Auswirkungen des Klimawandels werden<br />
weiter Einfluss auf die Planungsrealitäten,<br />
aber auch auf Gesetze, Verordnungen<br />
und Richtlinien nehmen. Eine heute resilient<br />
geplante Trinkwasserinstallation entspricht<br />
auch morgen noch den hohen Anforderungen<br />
der Trinkwassergüte und des<br />
Ressourcen schutzes.<br />
Mehr Informationen finden Sie unter<br />
www.viega.de/Trinkwasser. Dort stehen<br />
auch verschiedene Whitepaper zum kostenlosen<br />
Download bereit, die sich sowohl mit<br />
dem Erhalt der Trinkwassergüte im Allgemeinen<br />
als auch mit der qualifizierten Auslegung<br />
klimaresilienter Trinkwasserinstallationen<br />
befassen.<br />
<br />
1<br />
Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge, Henning<br />
/ Limberg; 01.2012.<br />
2<br />
UBA-Empfehlung: Systemische Untersuchungen von<br />
Trinkwasser-Installationen auf Legionellen nach Trinkwasserverordnung,<br />
12/2018.<br />
3<br />
Mitteilung des Umweltbundesamtes (UBA): Vorkommen<br />
von Legionellen in dezentralen Trinkwassererwärmern,<br />
12/2018.<br />
4<br />
energie-lexikon.info/warmwasser.html.<br />
Abbildung 5: Bei einer<br />
Inliner-Zirkulation verläuft<br />
der Rücklauf im Steigrohr.<br />
Das verringert die Verluste<br />
durch Wärmeabstrahlung und<br />
ist ein weiterer Mosaikstein<br />
für eine energieeffizientere<br />
Warmwasserbereitung.<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 55
Technische Trends und Normung<br />
Abbildung: Penzkofer Bau GmbH<br />
Die vier Mehrfamilienhäuser des Neubauprojekts in Landau an der Isar werden durch begrünte Gärten und Innenhöfe miteinander verbunden sein.<br />
Nachhaltigkeit im Wohnungsbau<br />
Zukunftsweisender Neubau in Landau an der Isar<br />
mit QNG-Standard und neuen Wegen bei der Nahwärme<br />
Viele kleine Teile bilden ein perfektes, großes Ganzes: Das gilt bei einem Puzzle genauso wie auf<br />
der Baustelle. In Landau an der Isar entsteht im Herzen Niederbayerns ein zukunftsweisendes<br />
Wohnungsbauprojekt mit 34 Eigentumswohnungen, errichtet als klimafreundlicher Neubau im<br />
KFN-QNG-Standard. Alle Partner setzen hier auf Nachhaltigkeit – bei der Planung und beim Bau.<br />
Ein weltweit einzigartiges System für vorisolierte Rohre bei der Nahwärmeversorgung gehört<br />
ebenso dazu wie ein umfangreiches Energiepaket bei der Haustechnik und einiges mehr.<br />
Gerald Obernosterer,<br />
Leiter Key Account<br />
für Wärmenetze,<br />
Thermaflex<br />
Isolierprodukte<br />
GmbH,<br />
Herford<br />
Franz Rebl,<br />
Geschäftsführer<br />
Rebl & Penzkofer<br />
Immobilien GmbH &<br />
Geschäftsführer<br />
Franz Rebl<br />
Malereibetrieb<br />
GmbH,<br />
Landau an der Isar<br />
Alexander<br />
Penzkofer,<br />
Geschäftsführer<br />
Rebl & Penzkofer<br />
Immobilien GmbH<br />
& Geschäftsführer<br />
Penzkofer Bau<br />
GmbH,<br />
Regen an der Isar<br />
56 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
Foto: Penzkofer Bau GmbH<br />
Die Multifunktionsrohre werden samt Mediumrohr und Schutzschlauch in der Erde verlegt.<br />
Eines der größten Wohnungsbauprojekte, das<br />
aktuell in der 14.500 Einwohner zählenden,<br />
niederbayerischen Kleinstadt Landau an der<br />
Isar verwirklicht wird, ist der Neubau in der<br />
Platanenstraße. Hier entstehen 34 Eigentumswohnungen<br />
mit zwei und drei Zimmern, verteilt<br />
auf vier Mehrfamilienhäuser. Diese werden<br />
durch begrünte Gärten und Innenhöfe miteinander<br />
verbunden sein. Im November 2023<br />
starteten die Bauarbeiten, Ende 2025 sollen<br />
die ersten Eigentümer und Mieter einziehen<br />
können. Es soll hier aber nicht nur dringend<br />
benötigter Wohnraum im Grünen geschaffen<br />
werden – mit kurzen Wegen für Pendler zur<br />
Autobahn und zur B20 als Hauptverkehrsanbindungen<br />
in die Ballungsräume: Es soll gezeigt<br />
werden, dass auch bezahlbare Wohnungen<br />
besonders nachhaltig sein können.<br />
Die Rebl & Penzkofer Immobilien GmbH<br />
aus Landau an der Isar ist der Bauträger<br />
der Wohnanlage. Die Penzkofer Bau GmbH<br />
aus Regenhat als Generalunternehmer den<br />
schlüsselfertigen Bau übernommen.<br />
Nachhaltige Hausund<br />
Gebäudetechnik<br />
Die Haus- und Gebäudetechnik bildet einen<br />
Schwerpunkt beim Thema „Nachhaltigkeit“:<br />
Bei der Nahwärmeversorgung des Neubauprojekts<br />
werden Rohre mit einem Cradle to<br />
Cradle-Zertifikat verwendet. Sie wurden von<br />
der Thermaflex Isolierprodukte GmbH entwickelt<br />
und werden in einem weltweit einzigartigen<br />
Verfahren gefertigt. Für die Herstellung<br />
werden auch die Abfallstoffe und Reststücke<br />
von Rohren geschreddert und wieder für die<br />
Produktion genutzt. Nachhaltigkeit auf dem<br />
Bau fängt nicht erst auf der Baustelle an, sondern<br />
schon bei der Fertigung der Baustoffe.<br />
Die Multifunktionsrohre, die samt Mediumrohr<br />
und Schutzschlauch in der Erde verlegt<br />
werden, werden in der Produktion vorisoliert<br />
und homogen elektroverschweißt.<br />
Das sorgt später für nachhaltiges Heizen<br />
in den Wohnungen, eine lange Lebensdauer<br />
der Rohre ohne Korrosion und für zuverlässige<br />
Leistungsnetze. Außerdem wird das<br />
Verlegen erleichtert, gerade bei begrenztem<br />
Platz oder engen Terminplänen. Kurze In -<br />
s tallationszeiten, hohe Flexibilität, besondere<br />
Nachhaltigkeit und Vorteile wie Schlagfestigkeit,<br />
Druck-, Feuchtigkeits- und Temperaturbeständigkeit<br />
werden so miteinander verbunden.<br />
Klimafreundlicher Neubau<br />
im QNG-Standard<br />
Auch viele andere Details tragen zur Nachhaltigkeit<br />
des Neubauprojekts bei: Gebaut<br />
wird in Ziegelmassivbauweise, klimafreundlich<br />
im KFN-QNG-Standard. Die Ziegel entstehen<br />
in der Region, aus nachhaltig verfügbaren<br />
Rohstoffen. Sie sorgen unter anderem<br />
für hohen Wärme- und Schallschutz, werden<br />
energieeffizient und klimaschonend produziert<br />
und sind mit Umweltsiegeln zertifiziert.<br />
Photovoltaikanlagen liefern den Strom<br />
für die Wohnungen. Durch den Anschluss an<br />
die Nahwärmeversorgung gibt es eine zentrale<br />
Wärmequelle für alle 34 Wohnungen.<br />
Drei Luftwärmepumpen mit natürlichem<br />
Kältemittel sorgen für warme Räume. Auch<br />
eine dezentrale Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung<br />
für den natürlichen Luftaustausch<br />
und Details wie extra-wassersparende<br />
Duscharmaturen, Waschbeckenarmaturen<br />
und Toilettenspülungen oder stufenlose,<br />
barrierefreie Zugänge gehören zum umfangreichen<br />
Nachhaltigkeitskonzept. <br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 57
Technische Trends und Normung<br />
Standardisierte oder<br />
spezialisierte Befestigungslösungen?<br />
Welche Optionen kann ein Hersteller bieten?<br />
Häufig ist ausführenden Firmen die Vielzahl an Unterstützungsmöglichkeiten durch Befestigungshersteller<br />
nicht bekannt. Dabei können dadurch sehr wohl positive Effekte für die Sicherheit der<br />
Anwendung und zur Steigerung von Effizienz erreicht werden. Im Folgenden soll dargestellt<br />
werden, welche Optionen ein Hersteller für standardisierte Befestigungslösungen bieten kann.<br />
Alle Abbildungen: Hilti<br />
Wolfgang Schwugier,<br />
Software & Service<br />
Manager Fastening<br />
and Protection,<br />
Hilti Deutschland AG,<br />
Kaufering<br />
Abbildung 1: Klassischer Versand von ungeschnittenen Montageschienen<br />
Auf modernen Baustellen sieht der zugrundeliegende<br />
Arbeitsablauf seit Jahrzehnten<br />
relativ gleich aus: angefangen von einer<br />
groben Materialkalkulation über die Auslieferung<br />
von bekannten Standardmaterialien<br />
(Abbildung 1) in den vom Lieferanten<br />
zur Verfügung gestellten Längen bis hin<br />
zu individueller, exakter Konstruktionsplanung,<br />
Ausführung vor Ort und schließlich<br />
Nachlieferung. Eine genaue Betrachtung<br />
der statischen Tragfähigkeit bleibt oft<br />
genug außen vor. Auch wird die Dokumentation<br />
oft nur mit griffbereiten Unterlagen<br />
geführt – hin und wieder lückenhaft. Nachträgliche<br />
Anforderungen können nur sehr<br />
mühsam beantwortet werden, beispielsweise<br />
Nachbelegungen oder Fragen zur<br />
Nachhaltigkeit.<br />
Vor allem bei schweren Anwendungen<br />
birgt die Auswahl von Standardbefestigungsmitteln<br />
die Gefahr, dass eine statische Unterdimensionierung<br />
stattfindet. Das fällt<br />
meist erst durch übermäßiges Durchbiegen<br />
auf, wenn die Anlage in den Betriebszustand<br />
übergeht. Nachträgliches Instandsetzen bzw.<br />
Nachrüsten treibt die Kosten in die Höhe und<br />
verzögert den Bauablauf.<br />
Bei der Sanierung von Altbauten mag diese<br />
Vorgehensweise noch legitim sein, spätestens<br />
bei Neubauten stellt sich allerdings<br />
die Frage, wie der Arbeitsablauf produktiver<br />
und somit schneller gestaltet werden kann.<br />
Davon können auch Sanierungsmaßnahmen<br />
in Bestandsbauten profitieren.<br />
Hersteller von Befestigungstechnik können<br />
verschiedene Optionen anbieten, um die<br />
Produktivität beim Finden von Lösungen zu<br />
steigern. Nähere Betrachtung verdienen:<br />
• Beratung und Unterstützung,<br />
• vorgefertigte Befestigungssysteme,<br />
• Speziallösungen und<br />
• Qualitäts und Sicherheitsstandards.<br />
Idealerweise werden diese Optionen kombiniert<br />
eingesetzt, um effizientere Lösungen<br />
zu finden.<br />
I. Beratung und Unterstützung<br />
Hersteller von flexiblen Schienensystemen<br />
können ihren Auftraggebern neben dem<br />
klassischen Produktwissen und der Unterstützung<br />
zur Auswahl der richtigen Produkte<br />
auch technische Dienstleistungen anbieten,<br />
um anwendungsspezifische Lösungen zu finden.<br />
Dabei wird meist auf die herstellerspezifische<br />
Software zurückgegriffen.<br />
Mit dem Bereitstellen der herstellerspezifischen<br />
Software wird der Errichter befähigt,<br />
seine Planung selbst voranzutreiben – ein so<br />
genanntes Customer Enablement findet statt.<br />
Der Fokus des Herstellers verlagert sich von<br />
der Hardware zur Softwareberatung. Damit<br />
verbunden sind auch Schulungen zum<br />
Umgang mit dem Programm und Hilfestellungen,<br />
um eigene Lösungen zu finden.<br />
Statt beispielsweise in zeitintensive Diskussionen<br />
mit internen oder externen Statikern<br />
zu gehen, wird beim Bereitstellen von<br />
StatikSoftware der Konstrukteur der ausführenden<br />
Firma befähigt, Konstruktionen<br />
bis zu einem gewissen Komplexitätsgrad eigenständig,<br />
statisch bemessen zu können.<br />
Durch automatisierte Produktvorschläge der<br />
Software werden die Kombinationsmöglichkeiten<br />
vorgegeben, die in der Realität umsetzbar<br />
sind. Dadurch wird sozusagen auto<br />
58 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
Abbildung 2: Vorgefertigte Befestigungskonstruktionen<br />
matisiert Sicherheit in der Anwendung geschaffen.<br />
Außerdem sind beispielsweise Widerstandswerte<br />
für die einzelnen Montageelemente<br />
hinterlegt, sodass ein manueller<br />
Vergleich mit softwarefremden Tabellen entfällt.<br />
Zusätzlich wird die Darstellung zur<br />
richtigen Montage angegeben.<br />
Ähnlich verhält es sich beim Einsatz von<br />
CADPlugIns. Dabei werden Online oder<br />
OfflineBibliotheken zur Verfügung gestellt.<br />
Im Idealfall wird mittels Schnittstelle in der<br />
CADSoftware die Bibliothek angesteuert. Im<br />
PlugIn können die Maße und Komponenten<br />
der benötigten Konstruktion bestimmt werden.<br />
Meist ist in der StatikSoftware bereits<br />
eine Funktion zum Export in ein CADModell<br />
inkludiert, sodass kein doppeltes Design der<br />
Konstruktion notwendig ist.<br />
Auch können Hersteller durch zielgerichtete<br />
theoretische Überlegungen und darauf<br />
ausgelegte praktische Versuche und resultierende<br />
Freigaben Komponenten aus ihrem<br />
Portfolio zusammenfügen, die in der StandardProduktanwendung<br />
nicht kombinierbar<br />
sind. Zusätzlich lassen sich einzelne Teile,<br />
so genannte Specials, vollständig auf die Anwendung<br />
hin entwickeln, in Kleinserie produzieren<br />
und einsetzen. Diese Vorgehensweise<br />
betrifft vor allem Lösungen rund um<br />
den Brandschutz, wobei sie auch bei Produkten<br />
der Befestigungstechnik immer weitere<br />
Anwendung findet. Über DokumentationsSoftware<br />
können diese Abweichungen<br />
zum einen für die Zukunft akkurat dokumentiert<br />
werden und zum anderen an den<br />
Positionen markiert werden, an denen sie<br />
zum Einsatz kommen.<br />
Idealerweise wird hier mit einer Software<br />
für das Baustellenmanagement zusammengearbeitet,<br />
sodass die Dokumentation direkt<br />
nach dem Errichten erfolgt.<br />
II. Vorgefertigte Befestigungssysteme<br />
Existiert eine fundierte Vorplanung der<br />
Trassenführung, bei der sich auch Gedanken<br />
zur Halterung der Medien gemacht<br />
wurden, stellt sich die folgende Frage: Warum<br />
sollen die einzelnen Befestigungslösungen<br />
auf der Baustelle zusammengefügt<br />
werden? Der Hersteller von Befestigungssystemen<br />
kann anbieten, eine Vormontage<br />
der einzelnen Konstruktionen zu übernehmen<br />
und bereits fertig aufgebaute Halterungen<br />
auf die Baustelle zu liefern (Abbildung<br />
2). Das bauseitige Montagepersonal<br />
stellt nur noch die Verankerungspunkte im<br />
tragenden Bauwerk her und montiert die<br />
fertigen Konstruktionen an der richtigen<br />
Position.<br />
Bereits vormontiere Konstruktionen beschleunigen<br />
nicht nur den Bauablauf, sie<br />
steigern auch die Qualität beim Zusammenfügen<br />
der Bauteile: Der Befestigungshersteller<br />
verbaut seine Bauteile selbst und beherrscht<br />
alle dazu nötigen Details.<br />
Diese Option kann vor allem bei Einsatz<br />
von niedrig qualifiziertem Personal oder bei<br />
hohem Zeitdruck entscheidende Vorteile<br />
bringen. Wird bei der Auswahl der Verankerungsmittel<br />
noch zusätzlich Wert auf möglichst<br />
einfache Produkte gelegt, die ein nur<br />
geringes Potenzial für Fehlmontage haben,<br />
können weitere Beschleunigung und Qualitätssteigerung<br />
erzielen werden. Ein solches<br />
Verankerungsmittel können beispielsweise<br />
Betonschrauben sein.<br />
HalterungsKonstruktionen können auch<br />
nur teilmontiert auf die Baustelle geliefert<br />
werden. Das ist vor allem dann interessant,<br />
wenn sich die Dimensionen der Medien<br />
über die Baulänge verändern, beispielsweise<br />
Rohrdurchmesser verjüngen sich oder<br />
das Rohr benötigt ein Gefälle. In solchen Fällen<br />
sollte die Feinjustierung auf der Baustelle<br />
verbleiben.<br />
Einen positiven Beitrag zur Nachhaltigkeit<br />
liefert die Vorfertigung ebenfalls: Über<br />
Vorfertigungsansätze können Hersteller den<br />
Verschnitt von Montageschienen reduzieren<br />
und den realen Materialbedarf optimal bestimmen,<br />
unabhängig von Verpackungseinheiten.<br />
Leichtere Anwendungen senken auch<br />
den CO 2 Fußabdruck beim Ressourceneinsatz<br />
sowie beim Transport und tragen zum<br />
nachhaltigen Bauen bei.<br />
III. Speziallösungen<br />
Was sind klassische Speziallösungen? Es<br />
handelt sich dabei meist um Produkte und<br />
Konstruk tionen, die nicht im Standardportfolio<br />
eines Herstellers enthalten sind. Sie<br />
entstehen mit ingenieurtechnischer Herangehensweise.<br />
Diese Speziallösungen sind<br />
oft auf nur ein Bauvorhaben beschränkt und<br />
werden eher selten in Standardprodukte<br />
überführt.<br />
Daneben gibt es Speziallösungen, die entweder<br />
eine hohe Komplexität besitzen, in<br />
Bezug auf kritische Einwirkungen Leib und<br />
Leben in Gefahr bringen können oder sehr<br />
kosten intensiv sind.<br />
Bei dynamischen Lasten oder häufigen<br />
Lastwechseln, wie sie beispielsweise bei Befestigungen<br />
von Robotern oder Erdbeben<br />
auftreten, sind die Anforderungen oft an die<br />
gesamte Befestigung deutlich höher. Auch<br />
für solche Spezialfälle können Befestigungshersteller<br />
geprüfte oder eigens erschaffene<br />
Lösungen anbieten. Für die Bemessung gibt<br />
es Normen. Eine herstellerseitige Bemessungssoftware<br />
kann helfen, wenn sie ein<br />
Modul für freie Konstruktionen und Werte<br />
in der Datenbank enthält, die angelehnt an<br />
gültige Normen und eigene Versuche sind.<br />
Durch die Menüführung gibt der Benutzer<br />
die Randparameter ein und die Software berücksichtigt<br />
die entsprechenden Passagen<br />
der Norm.<br />
Treten neue gesetzliche Anforderungen in<br />
Kraft, mangelt es meist noch an Normen oder<br />
anderen technischen Regelwerken, um diese<br />
zu erfüllen. Als Beispiel sollen hier die erhöhten<br />
Anforderungen an den Trinkwasserschutz<br />
von Anlagen dienen, die Trinkwasser<br />
gefährdende Stoffe lagern, verarbeiten oder<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 59
Technische Trends und Normung<br />
umschlagen, zum Beispiel in der chemischen<br />
Industrie (Wasserhaushaltsgesetz, Einzelgebinde<br />
> 200l). Der Eintritt dieser Stoffe ins<br />
Grundwasser muss verhindert werden. Dübel,<br />
die zur Befestigung der Anlage im Boden<br />
nötig sind, zerstören die schützende Bodenbeschichtung<br />
punktuell. Um diese Gefahrstellen<br />
nachträglich sicher zu verschließen,<br />
testen Hersteller bereits vor dem Inkrafttreten<br />
des Wasserhaushaltsgesetzes das Widerstandsverhalten<br />
der eigenen Produkte gegenüber<br />
unterschiedlichen Flüssigkeiten.<br />
Durch anerkannte Prüfinstitute und sich daraus<br />
entwickelnde Verfahren helfen Hersteller<br />
gegenüber Bauherren und Behörden mit,<br />
eine sichere Lösung zu finden (Abbildung 3).<br />
Abbildung 4: Nutzung von Baustellenmanagement-Software<br />
IV. Mitwirkung an Qualitätsund<br />
Sicherheitsstandards<br />
Hersteller überprüfen ihre Produkte regelmäßig<br />
auf Qualität und Sicherheit und stellen<br />
sicher, dass sie den geltenden Normen und<br />
Vorschriften entsprechen. Das kann durch interne<br />
Qualitätskontrollen und/oder externe<br />
Zertifizierungen erreicht werden.<br />
Außerdem sollten Hersteller eng mit Kunden<br />
und anderen Interessengruppen zusammenarbeiten,<br />
um deren Anforderungen<br />
und Bedenken zu verstehen. Durch den Austausch<br />
von Informationen und Feedback können<br />
Hersteller ihre Produkte kontinuierlich<br />
verbessern und den Marktanforderungen gerecht<br />
werden.<br />
Darüber hinaus können Hersteller von<br />
standardisierten Befestigungslösungen auch<br />
an der Entwicklung und Aktualisierung von<br />
branchenspezifischen Normen und Standards<br />
mitwirken. Indem sie ihr Fachwissen<br />
und ihre Erfahrungen einbringen, können<br />
sie dazu beitragen, dass die Standards<br />
den aktuellen Anforderungen gerecht werden<br />
und die Sicherheit der Produkte gewährleistet<br />
ist.<br />
Um entsprechende Zertifikate, Tests und<br />
andere Unterlagen mit einem spezifischen<br />
Bauvorhaben zu verknüpfen, kann über eine<br />
BaustellenmanagementSoftware die Brücke<br />
zur Dokumentation geschlagen werden (Abbildung<br />
4). Benötigte Dokumente können so<br />
für das ganze Projekt eingebracht werden<br />
oder einzelne Sonderlösungen werden digital<br />
am Ort des Einbaus dargestellt.<br />
V. Fazit<br />
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, das Finden<br />
von Lösungen für Befestigungen zu unterstützen.<br />
In der Praxis ist ausführenden Firmen<br />
oft nicht bewusst, welche Möglichkeiten<br />
durch die Hersteller von Befestigungen angeboten<br />
werden, um den Ablauf sicherer und<br />
effizienter zu gestalten. Je nach Art der gewählten<br />
Option kann von der Vorplanung<br />
über die Herstellung von Konstruktionen bis<br />
hin zur Dokumentation eine breite Unterstützung<br />
durch den Hersteller erfolgen.<br />
Es zeigt sich, dass das frühe Einbinden<br />
der Hersteller in die Planung des Bauvorhabens<br />
und in die Prozesse der ausführenden<br />
Firmen eindeutig mit gesteigerter Effizienz<br />
und Qualität belohnt wird. Der Einsatz<br />
von Softwareangeboten des Herstellers garantiert<br />
Vernetzung und maximale Ausnutzung<br />
der Produktgrenzen, wie sie vom Hersteller<br />
gedacht wurden. Kurz zusammengefasst:<br />
Arbeiten die Spezialisten des Herstellers<br />
zusammen mit Planern und Vertretern<br />
der ausführenden Firmen rechtzeitig an<br />
ganzheitlichen Lösungen, dann zeigen sich<br />
stets die größten Effizienzgewinne für alle<br />
Projekt beteiligten.<br />
<br />
Abbildung 3: Verankerungen in WHG-Dichtfläche als Speziallösung<br />
60 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
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Technische Trends und Normung<br />
Wirtschaftliche und umweltfreundliche<br />
Sicherheitsstromversorgung<br />
Lösungsansatz „Sichere Energieversorgung kritischer Infrastrukturen“<br />
für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen<br />
Viele bestehende Energiekonzepte müssen neu gedacht werden, wenn wir bis 2045 Klimaneutralität<br />
erreichen wollen. Nicht zuletzt gehört dazu die Sicherheitsstromversorgung von Krankenhäusern<br />
und Pflegeeinrichtungen. Bisher eingesetzte Lösungen mit Dieselaggregaten tragen nicht<br />
dazu bei, die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Außerdem stellen sie gebundenes Kapital dar. Ein<br />
möglicher Lösungsansatz kann das innovative Konzept „Sichere Energieversorgung kritischer Infrastrukturen“<br />
(SEKI) sein.<br />
Dipl.-Ing. (FH)<br />
Stephan Kleiner,<br />
Key Account<br />
Manager für das<br />
Gesundheitswesen<br />
bei Bosch Thermotechnik<br />
GmbH,<br />
Buderus<br />
Deutschland,<br />
Wetzlar<br />
Dipl.-Ing. (FH)<br />
Vitalij Klassen,<br />
Produktmanager für<br />
KWK-Systeme und<br />
Stromspeicher bei<br />
Bosch Thermo -<br />
technik GmbH,<br />
Buderus<br />
Deutschland,<br />
Wetzlar<br />
Das Konzept „Sichere Energieversorgung<br />
kritischer Infrastrukturen“ (SEKI) bündelt<br />
verschiedene Vorteile: Beispielsweise kann<br />
es dank der hohen Effizienz der zum Einsatz<br />
kommenden Systemkomponenten den<br />
Primärenergiebedarf senken und laufende<br />
Kosten für die Energiebeschaffung optimieren.<br />
Gleichzeitig sind die Elemente der Sicherheitsstromversorgung<br />
bereits mit Installation<br />
der Anlage vorhanden. Darüber hinaus<br />
können mit dem System der CO 2 -Ausstoß re-<br />
Foto: Buderus<br />
Abbildung 1: Für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen ist die Sicherheitsstromversorgung von höchster Bedeutung.<br />
62 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
duziert und zukunftsweisend CO 2 -Neutralität<br />
erreicht werden.<br />
Was passiert bei einem Blackout?<br />
Was passiert im Falle eines Blackouts bei<br />
bisher eingesetzten Systemen? Vordefinierte<br />
Verbraucher werden für mindestens 24 Stunden<br />
mit Strom versorgt. Nach bisherigem<br />
Stand der Technik erfolgt das meist mit Diesel-<br />
oder Heizölaggregaten. Diese sind weniger<br />
effizient und tragen auch nicht zur allgemeinen<br />
Energieversorgung bei. Ferner besteht<br />
das Risiko eines Ausfalls aufgrund länger<br />
gelagerten Brennstoffs.<br />
Diese Nachteile hat das Konzept SEKI<br />
nicht. Zur sicheren Überbrückung bei einem<br />
Stromausfall werden in den ersten Minuten<br />
vorrangig Stromspeicher verwendet.<br />
Dank dieser Speicher ist das System in der<br />
Lage, Verbraucher unterbrechungsfrei mit<br />
Strom zu beliefern. Die Speicher übernehmen<br />
die Versorgung, bis die geforderte Leistung<br />
durch hocheffiziente Blockheizkraftwerke<br />
(BHKW) sichergestellt ist. Auf diese<br />
Weise kann das System sicherheitsrelevante<br />
Bereiche über 72 Stunden hinaus autark mit<br />
Strom versorgen. Zusätzlich wird die Grundversorgung<br />
mit Wärme übernommen. Die<br />
Wahrscheinlichkeit, dass sowohl das öffentliche<br />
Strom- als auch das Gasnetz zur gleichen<br />
Zeit ausfallen, ist äußerst gering.<br />
Was passiert im Normalbetrieb?<br />
Im Normalbetrieb sorgt der Stromspeicher<br />
durch Eigenverbrauchsoptimierung und Lastspitzenkappung<br />
für wirtschaftliche Vorteile.<br />
Bei der Eigenverbrauchsoptimierung geht es<br />
darum, den tagsüber erzeugten und nicht direkt<br />
verbrauchten Strom aus Photovoltaikanlagen<br />
(PV) für die Abend- und Nachtstunden<br />
zu speichern. Der Strom aus der Kraft-Wärme-Kopplung<br />
(KWK) lässt sich für die Zeiten<br />
erhöhten Bedarfs ebenfalls speichern. Entstehende<br />
Lastspitzen können dank des Speichers<br />
gekappt werden. Das macht sich durch<br />
geringere Ausgaben beim Netznutzungsentgelt<br />
positiv bemerkbar.<br />
Abbildung 2: Ein Blockheizkraftwerk ist zentraler Bestandteil des Konzepts<br />
„Sichere Energieversorgung kritischer Infrastrukturen“ (SEKI).<br />
Fazit<br />
Im Vergleich zu bisherigen Systemen der<br />
Sicherheitsstromversorgung sind die wirtschaftlichen<br />
Vorteile der BHKW mit den<br />
Stromspeichern auf Anhieb erkennbar: Ein<br />
herkömmliches Notstromaggregat kommt<br />
nach seiner Inbetriebnahme nur bei monatlichen<br />
Testläufen (eine Stunde pro Monat) und<br />
bei einem Stromausfall zum Einsatz. Amortisation<br />
und Cashflow sind daher hier Fremdwörter.<br />
Das Konzept SEKI sorgt hingegen<br />
dank des laufenden Betriebs dauerhaft für<br />
die Senkung der Energiekosten und amortisiert<br />
auf diese Weise eingesetztes Kapital.<br />
Tritt darüber hinaus eine Unregelmäßigkeit<br />
auf, wird diese umgehend durch die laufende<br />
Überwachung der Anlage im Normalbetrieb<br />
erkannt und zeitnah beseitigt. Bei der Brennstoffversorgung<br />
ist das Konzept durch die<br />
kontinuierliche Gasbereitstellung im Vorteil.<br />
Mittelfristig ist abzusehen, dass CO 2 -neutrale<br />
Energiesysteme immer mehr in den<br />
Fokus rücken. Die KWK-Technik ist bereits<br />
heute für die Verwendung von grünem Erdgas<br />
geeignet. Dafür benötigter „Grüner Wasserstoff“<br />
kann aus überschüssigem regenerativem<br />
Strom dezentral aus PV und/oder<br />
Windkraft in Verbindung mit aufbereitetem<br />
Wasser erzeugt werden. Im nächsten Schritt<br />
wird der Wasserstoff karbonisiert und auf<br />
diese Weise veredelt. Das Ergebnis ist CO 2 -<br />
neutrales, umweltfreundliches grünes Erdgas.<br />
Es ist weniger flüchtig, hat eine höhere<br />
Energiedichte als Wasserstoff und lässt sich<br />
in die vorhandene Erdgas-Infrastruktur einspeisen.<br />
Das Konzept SEKI bietet die Möglichkeit,<br />
benötigte Energie für kritische Infrastruktureinrichtungen<br />
effizient und kostenoptimiert<br />
bereitzustellen und dabei dennoch sicher zu<br />
sein.<br />
<br />
Foto: Buderus<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 63
Technische Trends und Normung<br />
Innovatives Ermitteln der Innenraumqualität<br />
mittels Simulationsmethoden<br />
und Virtual Reality<br />
Bewertung der Gebäude-Energie-Effizienz im IEQ Lab<br />
34 Prozent der jährlich verbrauchten Gesamtendenergiemenge wurden in Deutschland im Jahr<br />
2019 zum Betreiben von Gebäuden benötigt [1]. Das Gelingen der Energiewende erzeugt somit<br />
weiterhin Handlungsdruck im Gebäudesektor. Neue Regularien im Bauwesen führen bereits zu<br />
Energieeinsparlösungen – bei der Bewertung der Energieeffizienz wird jedoch immer noch regelmäßig<br />
der ursprüngliche Sinn eines Gebäudes vernachlässigt: Gebäude sollen die Nutzenden<br />
vor unbehaglichen Außenbedingungen schützen und ihnen ein angenehmes und gesundes Umfeld<br />
bieten. Eine sinnvolle Klassifikation von Energiesparlösungen muss deshalb auf Basis eines<br />
Nutzen-Aufwand-Verhältnisses stattfinden. Der Nutzen eines Gebäudes ist dabei unwiderruflich<br />
die Innenraumqualität (IEQ – Indoor Environmental Quality) und der Aufwand ist die vom Gebäude<br />
benötigte Energie zum Realisieren der IEQ. Aufgrund eines fehlenden Bewertungsmaßstabs<br />
für die IEQ existiert immer noch keine Bewertungsgröße, die die tatsächliche Energieeffizienz von<br />
Gebäuden wiedergibt. Eine solche, vollumfängliche IEQ-Bewertungskennzahl wird aktuell im Forschungsprojekt<br />
„EnOB: GEnEff – Neuartige Bewertung der Gebäude-Energie-Effizienz und innovative<br />
Demonstration mittels Simulationsmethoden und Virtual Reality“ (BMWK-Förderkennzeichen:<br />
03EN1017A) entwickelt.<br />
Lukas Schmitt M.Sc.,<br />
Wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter,<br />
Hermann-<br />
Rietschel-Institut,<br />
Technische<br />
Universität Berlin<br />
In industrialisierten Ländern hält sich der<br />
Mensch etwa 90 Prozent seiner Lebenszeit<br />
in Innenräumen auf [2]. Die Indoor Environmental<br />
Quality (IEQ) beschreibt die Qualität<br />
dieser Räume hinsichtlich des empfundenen<br />
Komforts und der gesundheitlichen Auswirkungen.<br />
Dabei wird die IEQ durch akustische,<br />
visuelle, thermodynamische, olfaktorische,<br />
hygienische und psychologische Faktoren<br />
beeinflusst. Es existieren bereits individuelle<br />
Bewertungsgrößen, mit denen das<br />
Empfinden der jeweiligen Sinnesanregungen<br />
isoliert bewertet werden kann. Jedoch liegt<br />
noch kein einheitlicher Maßstab vor, um<br />
die IEQ unter Berücksichtigung aller Interdependenzen<br />
zu bestimmen. Deshalb ist es<br />
derzeit unmöglich, vorauszusagen, ob sich<br />
der Raumnutzende in einem angenehmen<br />
und gesunden Umfeld aufhält oder aufhalten<br />
wird. Gleichzeitig wird die Energieeffizienz<br />
von Gebäuden häufig ausschließlich an<br />
den Energiebedarf bzw. verbrauch von Heizung,<br />
Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser<br />
und Beleuchtung in Gebäuden gekoppelt. Dabei<br />
wird der Bedarf angesetzt, der ganzjährig<br />
zur Aufrechterhaltung definierter Solltemperaturen,<br />
der Beleuchtungsstärke und<br />
der Luft hygiene notwendig ist.<br />
Es existieren bereits diverse Zertifizierungssysteme<br />
zur Auszeichnung nachhaltiger<br />
Gebäude, die ebenfalls weitreichende<br />
Aspekte der IEQ und des Energiebedarfs inkludieren.<br />
Die in Deutschland bekannten<br />
Zertifizierungen des Bewertungssystems<br />
„Nachhaltiges Bauen“ (BNB) und der Deutschen<br />
Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen<br />
(DGNB) berücksichtigen diverse Parameter<br />
des thermischen, visuellen und akustischen<br />
Komforts sowie die Innenraumlufthygiene,<br />
um die soziokulturelle und funktionale<br />
Qualität von Gebäuden zu bewerten<br />
[3, 4]. Eine Bewertung der IEQ erfolgt dabei<br />
jedoch ohne Berücksichtigung von InterdependenzEffekten<br />
und ohne wissenschaftliche<br />
Grundlage zur Gewichtung der einzelnen<br />
Parameter.<br />
Ganzheitliche Bewertung der IEQ<br />
und der Gebäudeenergieeffizienz<br />
Der Begriff „Effizienz“ definiert das Verhältnis<br />
von Nutzen zu Aufwand. Im Kontext<br />
von Gebäuden werden Nutzen und Aufwand<br />
durch die IEQ und den Energiebedarf bemessen.<br />
Die Gebäudeenergieeffizienz wird durch<br />
folgende Kennzahl definiert.<br />
Gebäudeenergieeffizienz (GEnEff) =<br />
Nutzen =<br />
IEQ<br />
Aufwand Energiebedarf<br />
Während geeignete, normierte Verfahren<br />
zur einheitlichen Berechnung des Endenergiebedarfs<br />
vorliegen, beispielsweise DIN V<br />
18599 [5], fehlt ein vergleichbarer Ansatz,<br />
um die IEQ zu bestimmen. Eine Grundlage<br />
zur Bewertung des Raumklimas bietet bereits<br />
die DIN EN 15251 [6]. Darin werden Gebäude<br />
jedoch lediglich nach Einhaltung vorgegebener<br />
Anforderungsniveaus verschiedenen<br />
Behaglichkeitskategorien zugeordnet.<br />
Interdependenzen und die Substituierbarkeit<br />
64 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
Alle Abbildungen: Hermann-Rietschel-Institut der TU Berlin<br />
Abbildung 1: Akzeptanz des Raumklimas θ in Abhängigkeit der operativen Temperatur ζ 1 , der CO 2 -Konzentration ζ 2 , des Schalldruckpegels ζ 3 und der Beleuchtungsstärke<br />
ζ 4 aus Wong et al. [8]<br />
einzelner Aspekte zum Erreichen der gleichen<br />
Zufriedenheit mit der IEQ wurden noch<br />
nicht vollumfänglich mittels wissenschaftlicher<br />
Methoden ermittelt.<br />
Die IEQ kann als funktionaler Zusammenhang<br />
der Zufriedenheit (PS – Percentage<br />
Satisfied) mit der Innenraumqualität<br />
PS IEQ ∈[0,…,1] definiert werden – vergleichbar<br />
zum PPD (Predicted Percentage Dissatisfied,<br />
DIN EN 7730 [7]).<br />
PS IEQ =f(ζ 1 , ζ 2 ,…,ζ n )<br />
Ein theoretischer Wert 1 bedeutet: Alle<br />
Raumnutzenden sind mit der vorliegenden<br />
IEQ zufrieden. Im Umkehrschluss signalisiert<br />
der Wert 0 vollständige Unzufriedenheit.<br />
Die Parameter ζ i beschreiben dabei<br />
• thermische (z. B. Operative Temperatur,<br />
Luftfeuchte…),<br />
• visuelle (z. B. Beleuchtungsstärke, Kunstlichtanteil…),<br />
• akustische (z. B. Schalldruckpegel, Nachhallzeit…)<br />
und<br />
• lufthygienische (z. B. CO 2 Konzentration,<br />
Konzentration bestimmter VOC…) Einflussgrößen<br />
der IEQ.<br />
In der Wissenschaft existieren bereits Ansätze<br />
für eine solche IEQBewertungsfunktion,<br />
die ebenfalls InterdependenzEffekte berücksichtigen.<br />
Einen funktionalen Zusammenhang<br />
zur Akzeptanz der Innenraumqualität<br />
in Abhängigkeit der operativen Temperatur,<br />
der CO 2 Konzentration, des Schalldruckpegels<br />
und der Beleuchtungsstärke zeigen<br />
beispielsweise Wong et al. [8]. Grundlage<br />
der IEQBewertungsfunktion (Logistische Regressionsfunktion)<br />
ist hier ein Feldtest, bei<br />
dem 293 Studienteilnehmende in mehreren<br />
Bürogebäuden in Hongkong zur Akzeptanz<br />
des Raumklimas befragt wurden. Zugleich<br />
wurden die operative Temperatur, der Schalldruckpegel,<br />
die Beleuchtungsstärke und die<br />
CO 2 Konzentration als erklärende Variablen<br />
messtechnisch erfasst. Bewertungen zur Akzeptanz<br />
erfolgten in Büros mit unterschiedlicher<br />
Größe und Ausstattung.<br />
Abbildung 1 zeigt die ermittelte Akzeptanzfunktion<br />
für unterschiedliche Zusammensetzungen<br />
der Parameter. Dabei wird<br />
deutlich, dass einzelne Akzeptanzniveaus<br />
durch mehrere Kombinationen der einzelnen<br />
Parameter ermöglicht werden können.<br />
Bei einem Schalldruckpegel von 57,5 dBA<br />
und einer Beleuchtungsstärke von 500 lx<br />
kann eine Akzeptanz der Innenraumqualität<br />
von 60 Prozent durch eine operative Temperatur<br />
von 21 °C und eine CO 2 Konzenration<br />
von 500 ppm realisiert werden. Das gleiche<br />
Abbildung 2: Konzept zur simultanen Darstellung visueller und thermischer Aspekte der IEQ durch das Koppeln einer Virtual-Reality-Umgebung (Unity)<br />
und eines Klimaraums durch ein Modelica-Simulationsmodell und Bestimmung der Gebäudeenergieeffizienz-Kennzahl (GEnEff-Kennzahl)<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 65
Technische Trends und Normung<br />
Akzeptanzniveau wird auch bei einer operativen<br />
Temperatur von 24 °C einer Beleuchtungsstärke<br />
von 200 lx, einer CO 2 Konzenration<br />
von 1.000 ppm und einem Schalldruckpegel<br />
von 57,5 dBA erreicht. Ein Erhöhen der<br />
CO 2 Konzentration mit gleichzeitiger Reduktion<br />
der Beleuchtungsstärke kann also durch<br />
ein Erhöhen der operativen Temperatur um<br />
3 K kompensiert werden.<br />
Während die Studie als Beleg für vorherrschende<br />
Interdependenzeffekte und die<br />
Substituierbarkeit der erklärenden Parameter<br />
angeführt werden kann, ist aufgrund der<br />
geringen Auswahl von nur vier erklärenden<br />
Parametern noch kein wissenschaftlich haltbarer<br />
Rückschluss auf die gesamte IEQ möglich.<br />
In der Bestimmung des thermischen<br />
Komforts wurden beispielsweise weder die<br />
relative Luftfeuchte noch lokale Behaglichkeitsaspekte<br />
(z. B. Zuglufterscheinungen)<br />
betrachtet und somit gegenüber den berücksichtigten<br />
Parametern als minder erklärend<br />
für die IEQ eingestuft. Die Bewertung der<br />
Luftqualität geschieht ausschließlich auf Basis<br />
der CO 2 Konzentration und berücksichtigt<br />
keine nichtanthropogenen Schadstoffe.<br />
Dabei ist es notwendig, alle bereits wissenschaftlich<br />
belegten Einflussgrößen auf die<br />
IEQ zu erfassen, um die gesamte Bandbreite<br />
an typischen Raumklimazuständen sinnvoll<br />
bewerten zu können.<br />
Eine vollumfängliche Untersuchung aller<br />
die IEQ beeinflussenden Parameter gestaltet<br />
sich im Feldtest aufwendig und kostspielig,<br />
da umfangreiche Messtechnik an jeder<br />
zu bewertenden Position in jedem Raum<br />
installiert werden muss. Eine sinnvollere Alternative<br />
stellt ein Versuchslabor dar, in dem<br />
Probanden die visuelle und thermische Behaglichkeit<br />
sowie die Luftqualität für beliebige<br />
Räume mit beliebigen Geometrien bewerten<br />
können.<br />
Das IEQ Lab<br />
Ein derartiges Versuchslabor wird zurzeit<br />
am HermannRietschelInstitut im Rahmen<br />
des IEQ Labs (Indoor Environmental Quality<br />
Laboratory) errichtet. Die simultane Darstellung<br />
verschiedener thermischer und visueller<br />
Aspekte der IEQ, wird im IEQ Lab<br />
durch das Koppeln einer VirtualReality<br />
Umgebung (VRUmgebung) mit einem Klimaraum<br />
realisiert (Abbildung 2). Der visuelle<br />
Eindruck des Raumes wird dem Probanden<br />
über ein HeadMounted Display (HMD)<br />
durch eine VRUmgebung vermittelt. Das optische<br />
Raummodell (UnityEngine) ermöglicht<br />
dabei EchtzeitInteraktionen, beispielsweise<br />
das Öffnen eines Fensters durch einen<br />
VRController. Akustische Randbedingungen<br />
werden durch NoiseCancellingKopfhörer<br />
emuliert.<br />
Der thermische Eindruck wird durch einen<br />
Klimaraum auf die Position des Probanden<br />
im Raum projiziert. Das Strahlungs und<br />
Strömungsfeld des VRRaumes im Nahfeld<br />
des Probanden wird dazu parallel und in<br />
Echtzeit durch ein Simulationsmodell (Abbildung<br />
3) berechnet. Aus der Simulation ergeben<br />
sich Sollwerte für die HardwareAnsteuerung<br />
des Klimaraums. Die Darstellung von<br />
Räumen mit abweichender Geometrie wird<br />
durch eine Projektion der thermischen Randbedingungen<br />
auf die KlimaraumHüllfläche<br />
ermöglicht. Eine konstruktive Herausforderung<br />
entsteht dabei im Besonderen durch<br />
eine Flächenkonkurrenz, da die Klimaraum<br />
Oberfläche sowohl Luft ein und ausströmen<br />
als auch Oberflächentemperaturen darstellen<br />
muss. Die gewählte Aufteilung der KlimaraumHüllfläche<br />
in Luftdurchlässe und<br />
Strahlungsflächen zeigt Abbildung 3.<br />
Die kubusförmige Umschließungsfläche<br />
des Klimaraums erlaubt ein Anpassen der<br />
Strahlungstemperatur aus 54 verschiedenen<br />
Raumrichtungen und die Projektion komplexer<br />
Strahlungsfelder. Alle typischen Raumluftströmungen<br />
im Nahfeld eines in der Mitte<br />
des Raumes positionierten Probanden können<br />
durch ein Raster aus einem Dralldurchlass<br />
sowie mehreren Schlitz und Quellluftdurchlässen<br />
in allen Raumrichtungen dargestellt<br />
werden. Die Regelgrößen zur Projektion<br />
des Strömungsfelds sind dabei mittlere<br />
Geschwindigkeiten und Temperaturen der<br />
Raumluft in verschiedenen Höhen im Nahfeld<br />
des Probanden.<br />
Die Echtzeitfähigkeit des Gesamtkonzepts,<br />
beispielsweise bei einem Positionswechsel<br />
im Raum (Abbildung 3) oder dem<br />
Öffnen eines Fensters, stellt hohe DynamikAnforderungen<br />
an die Temperierung<br />
Abbildung 3: Änderung der thermischen Randbedingungen bei einem Positionswechsel im Raum und Design des Klimaraums zur thermischen Projektion<br />
beliebiger, gebäudetypischer Strahlungs- und Strömungsfelder im IEQ Lab<br />
66 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Technische Trends und Normung<br />
des Klimaraums. Alle temperierbaren Oberflächen<br />
werden deshalb durch eine Kombination<br />
aus niedrigkapazitiven Heiztextilen<br />
und rückliegenden, wassergekühlten Metallkassetten<br />
ausgeführt. Ausgehend von<br />
einem stationären Zustand mit einer Oberflächen<br />
und Lufttemperatur von 20 °C im<br />
Klimaraum konnte in experimentellen Voruntersuchungen<br />
eine OberflächenTemperaturänderung<br />
von 5 K innerhalb von 30 s realisiert<br />
werden. Eine Vollklimaanlage ermöglicht<br />
einen 13fachen Luftwechsel und die<br />
Vorkonditionierung der Raumluft (Temperatur,<br />
Feuchte, CO 2 Konzenration…). Die finale<br />
Entwurfsplanung des Klimaraums zeigt Abbildung<br />
4.<br />
Ermitteln der GEnEff-Kennzahl<br />
im IEQ Lab<br />
Das Ermitteln der gewünschten GebäudeenergieeffizienzKennzahl<br />
(GEnEff Kennzahl)<br />
erfordert neben einer IEQBewertungsfunktion<br />
außerdem die Berechnung des Energiebedarfs<br />
zum Herstellen der entsprechenden<br />
IEQ. Gemäß Abbildung 2 wird dafür ein Simulationsmodell<br />
genutzt, das den notwendigen<br />
Energieeinsatz für verschiedene Anlagenkonfigurationen<br />
und bauphysikalische Eigenschaften<br />
des Raumes oder Gebäudes bestimmt.<br />
Damit soll die GEnEffKennzahl die<br />
Energiesparmaßnahmen identifizieren, die<br />
gemäß des tatsächlichen NutzenAufwand<br />
Verhältnisses vorteilhaft sind. Sie kann zusätzlich<br />
darstellen, welche Änderungen des<br />
Versorgungskonzepts und der bauphysikalischen<br />
Raum und Gebäudeausführung die<br />
IEQ signifikant beeinflussen. Neben einer stationären<br />
Bewertung ermöglicht das IEQ Lab<br />
außerdem eine Effizienzbewertung für instationäre<br />
Versorgungs, Steuerungs und Regelungskonzepte<br />
von Gebäuden.<br />
Abbildung 4: Planungsentwurf des IEQ Labs am Hermann-Rietschel-Institut der TU Berlin<br />
Fazit<br />
Eine Bewertungsgröße zur tatsächlich wahrnehmbaren<br />
IEQ liegt derzeit noch nicht vor.<br />
Es fehlt ein einheitliches Verfahren, das eine<br />
dynamische und ganzheitliche Bewertung<br />
ermöglicht und zusätzlich Interdependenzund<br />
Substitutionseffekte der Einzelaspekte<br />
berücksichtigt. Deshalb wird am Hermann<br />
RietschelInstitut ein neuartiges Versuchslabor<br />
(IEQ Lab) entwickelt, das eine simultane<br />
Bewertung aller Aspekte der IEQ für beliebige<br />
Räume ermöglicht. Mit dem IEQ Lab soll<br />
innerhalb von umfangreichen Probandenstudien<br />
eine Datengrundlage geschaffen werden,<br />
aus der ein funktionaler Zusammenhang für<br />
die Zufriedenheit mit der IEQ ermittelt wird.<br />
Die IEQBewertungsfunktion soll anschließend<br />
genutzt werden, um Energiesparmaßnahmen<br />
zu identifizieren, die eine tatsächliche<br />
Verbesserung der Gebäudeenergieeffizienz<br />
im Sinne des NutzenAufwandVerhältnisses<br />
ermöglichen. Die Inbetriebnahme des<br />
neuen Versuchslabors ist im dritten Quartal<br />
<strong>2024</strong> geplant.<br />
Danksagung<br />
Das Forschungsprojekt „GEnEff“ wird mit<br />
Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft<br />
und Klimaschutz gefördert und in Zusammenarbeit<br />
mit der Universität der Künste<br />
Berlin sowie den assoziierten Partnern Fachverband<br />
Gebäudeklima e. V. (Ludwigsburg),<br />
Dr. Adalbert KleinStiftung (Stuttgart) und<br />
der Heinz Trox Wissenschafts gGmbH (Aachen)<br />
durchgeführt.`<br />
<br />
Literatur:<br />
[1] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie<br />
(Hrsg.): Die Energie der Zukunft. 8. Monitoring-Bericht<br />
zur Energiewende – Berichtsjahre<br />
2018 und 2019, Berlin 2021.<br />
[2] N. Klepeis, W. Nelson, W. Ott, J. Robinson, A.<br />
Tsang, P. Switzer, J. Behar, S. Hern und W. Engelmann:<br />
The National Human Activity Pattern<br />
Survey (NHAPS): a resource for assessing exposure<br />
to environmental pollutants, in: Journal<br />
of Exposure Science & Environmental Epidemiology,<br />
Bd. 11, p. 231–252, July 2001.<br />
[3] Bundesministerium des Innern, für Bau und<br />
Heimat (Hrsg.): Leitfaden Nachhaltiges Bauen.<br />
Zukunftsfähiges Planen, Bauen und Betreiben<br />
von Gebäuden, Berlin 2019.<br />
[4] Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen<br />
(Hrsg.): DGNB System – Kriterienkatalog Gebäude<br />
Neubau, Stuttgart 2023.<br />
[5] DIN 18599-1 „Energetische Bewertung von Gebäuden<br />
– Berechnung des Nutz-, End- und<br />
Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung,<br />
Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung –<br />
Teil 1: Allgemeine Bilanzierungsverfahren, Begriffe,<br />
Zonierung und Bewertung der Energieträger“,<br />
2018.<br />
[6] DIN EN 15251 „Eingangsparameter für das<br />
Raumklima zur Auslegung und Bewertung der<br />
Energieeffizienz von Gebäuden: Raumluftqualität,<br />
Temperatur, Licht und Akustik“, 2012.<br />
[7] DIN EN ISO 7730 „Ergonomie der thermischen<br />
Umgebung – Analytische Bestimmung und<br />
Interpretation der thermischen Behaglichkeit<br />
durch Berechnung des PMV- und des PPD-Indexes<br />
und Kriterien der lokalen thermischen<br />
Behaglichkeit“, Bd. 13.040.20, Berlin, 2006.<br />
[8] L. T. Wong, K. W. Mui und P. S. Hui: A multivariate-logistic<br />
model for acceptance of indoor<br />
environmental quality (IEQ) in offices,<br />
in: Building and Environment, Bd. 43, p. 1–6,<br />
January 2008.<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 67
Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />
Grafik: „Fit für Trinkwasser“<br />
Abbildung 1: Die Schulungsinitiative<br />
„Fit für Trinkwasser“ wurde von <strong>BTGA</strong>,<br />
figawa und ZVSHK gemeinsam<br />
entwickelt.<br />
Mit praxisnahen Schulungen<br />
„Fit für Trinkwasser“<br />
Das Trinkwasser in Deutschland zählt zu den saubersten und reinsten der Welt und ist das hierzulande<br />
am strengsten kontrollierte Lebensmittel. Grenzwerte für bestimmte Inhaltsstoffe wurden<br />
in der Trinkwasserverordnung (TrinwV) festgelegt und sind uneingeschränkt an allen Entnahmestellen<br />
einer TrinkwasserInstallation einzuhalten. Nur in sehr seltenen Fällen kommt es bereits im<br />
Verantwortungsbereich der Wasserversorger zu einer Grenzwertverletzung. Sobald das Trinkwasser<br />
den Wasserzähler passiert und in die Trinkwasser-Installation fließt, geht die Verantwortung<br />
für die Qualität des Trinkwassers auf den Betreiber über.<br />
Dipl.-Ing. M.Eng.<br />
Stefan Tuschy,<br />
Referent<br />
Berufsbildung,<br />
<strong>BTGA</strong> e.V.<br />
In Trinkwasser-Installationen kann es durch<br />
mangelhafte Anlagentechnik oder falsche Betriebsweise<br />
zu einem Eintrag oder zu einer<br />
Vermehrung von Mikroorganismen kommen,<br />
die sich negativ auf die Qualität des Trinkwassers<br />
auswirken. Damit die Trinkwasserqualität<br />
auch in Trinkwasser-Installationen<br />
langfristig sichergestellt werden kann, müssen<br />
strenge technische und hygienische Anforderungen<br />
an die Planung, den Bau und<br />
den Betrieb gestellt und umgesetzt werden.<br />
Rechtliche Vorgaben für Trinkwasser<br />
Schutzmaßstab ist, dass Trinkwasser unter<br />
allen Bedingungen und von allen Personen<br />
lebenslang für die unterschiedlichen Zwecke<br />
des menschlichen Gebrauchs verwendet werden<br />
kann, ohne dass gesundheitliche Beeinträchtigungen<br />
zu erwarten sind. Entspricht<br />
Trinkwasser der Anforderung nicht, darf es<br />
nicht abgegeben werden. In der Regel wird<br />
die Anforderung erfüllt, wenn die allgemein<br />
anerkannten Regeln der Technik eingehalten<br />
werden und wenn sich Betreiber und Nutzer<br />
fehlerfrei verhalten.<br />
Die allgemein anerkannten Regeln der<br />
Technik stellen die Summe der wissenschaftlichen,<br />
technischen und handwerklichen Erfahrungen<br />
im Bauwesen dar, die durchweg<br />
bekannt sowie als richtig und notwendig anerkannt<br />
sind. Sie werden in diversen technischen<br />
Normen und Regelwerken konkretisiert<br />
(vgl. Tabelle).<br />
Seit Juni 2023 gilt in Deutschland die neue<br />
Trinkwasserverordnung. In ihr werden unter<br />
anderem präventive Maßnahmen für eine hygienisch<br />
sichere Trinkwasserversorgung in<br />
Trinkwasser-Installationen gefordert. Planer,<br />
ausführende Unternehmen und Betreiber benötigen<br />
viel fachliche Expertise, um die zunehmend<br />
komplexer werdenden technischen<br />
Regeln im Bereich „Trink wasser- Installa tion“<br />
ordnungsgemäß anzuwenden und umzusetzen.<br />
Die zentralen Branchenverbände für die<br />
Planung, Errichtung und Wartung von Trinkwasser-Installationen<br />
<strong>BTGA</strong>, figawa und<br />
ZVSHK haben deshalb die Schulungsinitiative<br />
„Fit für Trinkwasser“ entwickelt.<br />
Bundesweiter, ganzheitlicher<br />
Weiterbildungsplan<br />
Die Schulungsinitiative „Fit für Trinkwasser“<br />
ist nicht nur ein Weiterbildungsprogramm<br />
zum Thema „Trinkwasserhygiene“, sondern<br />
ein bundesweiter, ganzheitlicher Weiterbildungsplan<br />
speziell für Experten der Trinkwasser-Installation.<br />
Die wesentlichen Anforderungen<br />
für eine sichere Trink wasser-<br />
Installa tion wurden dafür in entsprechenden<br />
Schulungsmodulen zusammengefasst. Die<br />
drei Verbände haben sich dafür auf eine einheitliche<br />
Vorgehensweise verständigt und<br />
ein Konzept erarbeitet: Alle Schulungspartner<br />
werden mit den identischen Lehrinhalten<br />
in Form einheitlicher Foliensätze ausgestattet.<br />
Diese Folien wurden von entsprechenden<br />
Fachleuten getreu dem Motto „von<br />
der Praxis für die Praxis“ erstellt und können<br />
bei Bedarf zügig aktualisiert werden.<br />
Neue Erkenntnisse oder normative Änderungen<br />
können so schnell in die Schulungs-<br />
68 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />
inhalte aufgenommen werden. Um die Qualität<br />
der Schulungen zu sichern, werden die<br />
Referenten in den jeweiligen Schulungsthemen<br />
unterwiesen.<br />
Alle Schulungspartner haben sich vertraglich<br />
verpflichtet, die Angebote verbindlich<br />
zu nutzen. Abgeschlossen werden die<br />
Module mit einer Wissensabfrage in Form<br />
eines Tests, den Schulungsteilnehmende am<br />
Ende der Veranstaltungen absolvieren müssen.<br />
Damit wird ein einheitliches Qualitätsniveau<br />
sichergestellt.<br />
Das Schulungsangebot ist modular aufgebaut.<br />
Der Inhalt der einzelnen Module bildet<br />
die Basis für eine Kommunikation auf Augenhöhe<br />
zwischen allen Beteiligten. Dabei<br />
sind die Schulungen grundsätzlich als Präsenzveranstaltung<br />
geplant, können aber bei<br />
Bedarf in eine Online-Schulung umgewandelt<br />
werden.<br />
Tabelle: Auszug aus den aktuellen Normen, Richtlinien und Regeln im Bereich der Trinkwasser-Installation<br />
Europäische<br />
Grundsatznormen<br />
DIN EN 1717 „Schutz<br />
des Trinkwassers vor<br />
Verunreinigungen…“<br />
EN 806 Teil 1<br />
„Allgemeines“<br />
EN 806 Teil 2<br />
„Planung“<br />
EN 806<br />
EN 806 Teil 4<br />
„Installation“<br />
EN 806 Teil 5 „Betrieb<br />
und Wartung“<br />
Nationale<br />
Ergänzungen<br />
DIN 1988-100 „Schutz des Trinkwassers,<br />
Erhaltung der Trinkwassergüte“<br />
—<br />
DIN 1988-200 „Installation Typ A,<br />
Planung, Bauteile, Apparate,<br />
Werkstoffe“<br />
Teil 3 „Berechnung der<br />
Rohrinnendurchmesser<br />
—<br />
—<br />
DIN 1988-500 „Druckerhöhungsanlagen<br />
mit drehzahlgeregelten<br />
Pumpen“<br />
DIN 1988-600 „Trinkwasser-Installation<br />
in Verbindung mit Feuerlösch-<br />
und Brandschutzanlagen“<br />
Zusätzliche Richtlinien<br />
und Regeln<br />
UBA-Empfehlungen,<br />
<strong>BTGA</strong>-Regeln,<br />
ZVSHK-Merkblätter,<br />
DVGW-Arbeitsblätter<br />
„Fachkraft für Hygiene<br />
in der Trinkwasserinstallation“<br />
Im Juni 2022 startete die Schulungsinitiative<br />
„Fit für Trinkwasser“ mit dem Modul „Fachkraft<br />
für Hygiene in der Trinkwasserinstallation“.<br />
Die breit angelegte Schulung soll es<br />
Planern, Ausführenden und Betreibern ermöglichen,<br />
sich auf einem gemeinsamen<br />
Wissensstand, qualifiziert über Trinkwasserhygiene<br />
auszutauschen (Abbildung 2).<br />
Der Begriff „Hygiene“ umfasst dabei alle<br />
Bestrebungen und Maßnahmen, die mittelbare<br />
oder unmittelbare gesundheitliche Beeinträchtigungen<br />
beim einzelnen Nutzer verhindern.<br />
Ziel ist es, die einwandfreie Beschaffenheit<br />
des Trinkwassers in der Trinkwasser-Installation<br />
zu erhalten. Mögliche Beeinträchtigungen<br />
können durch mikrobiologische,<br />
chemische und/oder physikalischchemische<br />
Veränderungen verursacht werden.<br />
Auch nachträgliche Änderungen der<br />
Abbildung 2: Ziel gruppen gerechte Kurs auf teilung für das Modul „Fachkraft für Hygiene in der Trink wasser installa tion“<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 69
Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />
Abbildung 3: Übersicht der aktuellen und der geplanten Module der Schulungs initiative<br />
Betriebsbedingungen können die Qualität<br />
des Trinkwassers beeinflussen. Die wesentlichen<br />
und zusammenwirkenden Einflussgrößen<br />
der Trinkwasserhygiene sind Durchströmung,<br />
Wasseraustausch, Temperatur<br />
und Nährstoffe.<br />
Weitere Schulungsmodule<br />
In den nächsten Jahren soll die Schulungsinitiative<br />
„Fit für Trinkwasser“ sukzessiv<br />
ausgebaut werden (Abbildung 3), da auch<br />
für andere relevante Themen rund um das<br />
Trinkwasser bislang keine einheitlichen und<br />
unabhängigen Schulungskonzepte existieren<br />
– beispielsweise zu „Sicherungseinrichtungen“<br />
oder „Druckerhöhungs- und Brandschutzanlagen“.<br />
Bereits im ersten Quartal<br />
<strong>2024</strong> soll das Thema „Wie halte ich Kaltwasser<br />
kalt?“ im Fokus stehen.<br />
Die normativ geforderte Temperatur für<br />
Trinkwasser kalt liegt bei maximal 25 °C (für<br />
zentrale Anlagenteile und Schachtinstallationen).<br />
In kaltgehenden Trinkwasser-Installationen<br />
stellen Temperaturen über 25 °C eine<br />
hygienisch kritische Grenze dar. Werden die<br />
Temperaturen dauerhaft überschritten, ist<br />
mit Beeinträchtigungen aufgrund erhöhten<br />
Wachstums von Mikroorganismen in den Leitungen<br />
zu rechnen.<br />
Gründe für steigende Umgebungstemperaturen<br />
sind nicht nur in der dichten Gebäudehülle<br />
zu finden, sondern auch in der Art<br />
der durch die Gebäudearchitektur vorgegebenen<br />
Installationsbereiche für die Gewerke<br />
„Heizung“, „Sanitär“, „Elektro“, „Raumluft“<br />
usw. Aus wirtschaftlichen Gründen werden<br />
oft Flächen für Schächte und sonstige<br />
Installationsbereiche ausgewiesen, die nicht<br />
ausreichen. Dadurch, dass die Installationsbereiche<br />
in einem Gebäude vorgegeben sind,<br />
werden der Planer und der Ausführende alternativlos<br />
dazu gezwungen, die warm- und<br />
kaltgehenden Leitungen in einen gemeinsamen<br />
Verlege- oder Installationsbereich einzubringen.<br />
Die Installation in einem gemeinsamen<br />
Schacht führt dazu, dass Wärmeübergänge<br />
stattfinden und in abgeschlossenen<br />
Installationsbereichen Umgebungstemperaturen<br />
deutlich auf über 25 °C steigen können.<br />
Stagnierendes Trinkwasser kalt wird dabei<br />
unzulässig hoch erwärmt.<br />
Als aktive Maßnahmen zur Temperaturhaltung<br />
werden insbesondere Spülmaßnahmen<br />
in der Kaltwasser-Installation genutzt –<br />
mehrere pro Tag oder pro Woche. Nachströmendes<br />
kaltes Trinkwasser trägt die aufgenommene<br />
Wärme aus dem Kaltwassersystem<br />
aus. Dieses Vorgehen führt allerdings<br />
zu erhöhten Betriebskosten, beispielsweise<br />
beim Trink- und Abwasser.<br />
Werden kalt- und warmgehende Medienleitungen<br />
räumlich getrennt angeordnet,<br />
wird der Wärmeübergang auf kaltgehende<br />
Leitungen minimiert. Teilweise sind diese<br />
passiven Maßnahmen aber nicht ausreichend<br />
und müssen durch aktive Maßnahmen ergänzt<br />
werden. Die vielseitigen Möglichkeiten<br />
der Temperaturhaltung im Trinkwasser kalt<br />
sollen im neuen Modul der Schulungsinitiative<br />
vorgestellt werden, ebenso wie eine Berechnungsgrundlage<br />
für eine Kaltwasser-Zirkulation<br />
im ungünstigsten Fall.<br />
Jeder Teilnehmer der Schulung erhält ein<br />
Handout mit den verwendeten Schulungsfolien.<br />
Zusätzlich bieten die Verbände ihre<br />
Arbeitshilfen an, beispielsweise Praxisleitfäden,<br />
Kommentare, Merkblätter oder Betriebs<br />
anleitungen.<br />
Das Berufsförderungswerk der Gebäudeund<br />
Energietechnikhandwerke (BFW e.V.) unterstützt<br />
die Schulungsanbieter bei der Vorbereitung<br />
und Organisation der Schulungen.<br />
Informationen zu Schulungsinhalten, Terminen<br />
und zur Anmeldung sind unter www.<br />
berufsfoerderungswerk.org/schulungen<br />
und www.fit-fuer-trinkwasser.de zu finden.<br />
70 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
ALLE DACHTEN, DASS FRISCHWASSER-<br />
STATIONEN AUFWÄNDIG KONFIGURIERT<br />
WERDEN MÜSSEN.<br />
BIS DIE NEUE KTS-GENERATION ALS<br />
„ONE-FOR-ALL-LÖSUNG“ EINE AUSWAHL<br />
IN NUR 2 MINUTEN MÖGLICH MACHTE.
Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />
Künstliche Intelligenz im Gerichtssaal –<br />
Möglichkeiten und Grenzen<br />
Rechtsanwältin<br />
Britta Brass,<br />
Justiziarin<br />
des <strong>BTGA</strong> e.V.<br />
Technologischer Fortschritt und Digitalisierung<br />
schreiten unaufhaltsam voran. In vielen<br />
Bereichen führen sie zu einer kaum noch<br />
wegzudenkenden Unterstützung beim Lösen<br />
komplexer Aufgaben. Spätestens seit<br />
„ChatGPT“ ist Künstliche Intelligenz (KI) ein<br />
Gesprächsthema und hält branchenübergreifend<br />
Einzug in den Unternehmensalltag, beispielsweise<br />
in Unternehmenssoftware und<br />
Enterprise Resource Planning-Systeme (ERP-<br />
Systeme).<br />
Auch wenn KI aktuell noch in den sprichwörtlichen<br />
Kinderschuhen steckt, wird ihr<br />
Einsatz bereits jetzt von vielen Menschen<br />
nicht nur als Segen, sondern zunehmend<br />
auch als Fluch wahrgenommen. So wird der<br />
Einsatz von KI zur Übernahme ungeliebter<br />
Aufgaben oder zur Beschleunigung komplexer<br />
und langwieriger Abläufe zur Erleichterung<br />
des Alltags einerseits gern angenommen.<br />
Andererseits nimmt aber die Angst vor<br />
einem möglichen Kontrollverlust zu – umso<br />
mehr, je sensibler der Einsatzbereich der<br />
KI ist.<br />
Die Vorstellung, dass Gerichtsentscheidungen,<br />
die auch unser Leben und unsere<br />
Freiheit betreffen können, durch eine KI getroffen<br />
werden könnten, beschwört Assoziationen<br />
zu düsteren Science Fiction-Szenarien<br />
herauf. Wie unrealistisch und wie düster ist<br />
diese Vorstellung wirklich? Ist die KI in der<br />
Justiz überhaupt (noch) Zukunftsmusik oder<br />
hat sie längst Einzug gehalten?<br />
Was ist überhaupt KI?<br />
Nicht zuletzt wird KI oft deshalb als bedrohlich<br />
empfunden, weil mangels offizieller und<br />
greifbarer Definition unklar ist, was der Begriff<br />
tatsächlich umfasst. Wo sich die elektronische<br />
Akte auf das digitale Erstellen, Bearbeiten<br />
und Verschicken von Schriftsätzen<br />
beschränkt, geht KI weit darüber hinaus<br />
und übernimmt einen Teil der Denkarbeit<br />
der Anwendenden: Gemäß KI-Verordnung<br />
der Euro päischen Union vom 21. April<br />
2021 bringt eine KI im Hinblick auf vom<br />
Menschen festgelegte Ziele durch Datenauswertung<br />
Ergebnisse hervor, beispielsweise<br />
Vorhersagen, Empfehlungen oder<br />
Entscheidungen.<br />
Laut einem Grundlagenpapier der Justiz<br />
zum Einsatz von KI und algorithmischen Systemen<br />
in der Justiz [1] lässt sich KI im Wesentlichen<br />
in drei Kategorien einteilen:<br />
• Systeme, die auf einer Wissensbasis aufbauen<br />
und in der Lage sind, diese auszuwerten,<br />
• Systeme, die auf der Mustererkennung als<br />
Form des (klassischen) maschinellen Lernens<br />
basieren (relevante Merkmale werden<br />
manuell von einem Menschen vorgegeben),<br />
• Systeme des so genannten Deep Learnings<br />
(auf der Grundlage eines künstlichen neuronalen<br />
Netzwerks, das an die Funktionsweise<br />
des menschlichen Gehirns angelehnt<br />
ist, erkennen und verarbeiten die<br />
Algorithmen die relevanten Merkmale<br />
allein).<br />
Grundlage einer jeden KI-Anwendung ist das<br />
so genannte Machine Learning, bei dem zunächst<br />
Unmengen von Daten zur Auswertung<br />
„eingefüttert“ werden müssen. Im Bereich<br />
„Legal Tech“ lernt die KI aus gefällten<br />
Urteilen quer durch alle Instanzen – nicht<br />
nur vom Bundesgerichtshof und von den<br />
Oberlandesgerichten. Von diesen Entscheidungen<br />
gibt es in Deutschland zwar Unmengen,<br />
doch sind nur die wenigsten öffentlich<br />
zugänglich, da sie aus Gründen des Datenschutzes<br />
vor der Veröffentlichung anonymisiert<br />
bzw. pseudonymisiert werden müssen.<br />
Auch wenn der 2021 von SPD, Bündnis 90/<br />
Die Grünen und FDP vereinbarte Koalitionsvertrag<br />
vorsieht, dass mehr Urteile verfügbar<br />
gemacht werden sollen, ist es bis dahin noch<br />
ein weiter Weg.<br />
Einsatz von KI<br />
an ausländischen Gerichten<br />
Im US-Strafrechtssystem sind Vorhersage-<br />
Tools, die durch den Einsatz von Algorithmen<br />
die Risiken eines Rückfalls abschätzen,<br />
bereits häufig anzutreffen. Diese Beurteilungssysteme<br />
überwiegend kommerzieller<br />
Anbieter versprechen ihren Kunden<br />
(Gerichte und Gefängnisverwaltungen) eine<br />
preisgünstigere, effizientere und gerechtere<br />
Verbrechensbekämpfung. Das am weitesten<br />
verbreitete System „COMPAS“ (Correctional<br />
Offender Management Profiling for Alternative<br />
Sanctions) ist eine speziell für Gerichte<br />
entwickelte Risikobewertungssoftware, die<br />
Straftäter nach umfangreichen Tests und<br />
Auswertungen in unterschiedliche Kategorien<br />
hinsichtlich der Rückfall-Wahrscheinlichkeit<br />
einstuft. [2] Im Jahr 2016 geriet<br />
das System jedoch in Verruf, insbesondere<br />
weil sich bei Fehlerprognosen ein deutliches<br />
„Schwarz-Weiß-Gefälle“ abzeichnete: Der Anteil<br />
„schwarzer“ Menschen mit hoher Rückfallprognose,<br />
aber ohne tatsächlichen Rückfall,<br />
fiel etwa doppelt so hoch aus, wie bei<br />
„weißen“ Menschen. [3]<br />
In Frankreich wurde bereits im Jahr 2017<br />
an zwei Berufungsgerichten die Software<br />
„Predictice“ getestet, um die Justiz effizienter<br />
zu machen. Heute ist „Predictice“ eine Suchund<br />
Analysemaschine für juristische Informationen,<br />
die auf einer neuartigen Technologie<br />
zur automatischen Verarbeitung natürlicher<br />
Sprache beruht. Sie kann Gerichtsentscheidungen<br />
mit einer Geschwindigkeit von<br />
zwei Millionen Dokumenten pro Sekunde<br />
analysieren. [4]<br />
In Estland, dem europäischen Vorreiter<br />
im Bereich „Digitalisierung“, übernimmt<br />
eine KI bereits verschiedenste Verwaltungsaufgaben.<br />
Nun soll eine KI entwickelt werden,<br />
die über gerichtliche Fälle entscheidet,<br />
deren Streitsumme unter 7.000 Euro<br />
liegt. Dafür müssen beide Parteien alle relevanten<br />
Informationen in die Datenbank<br />
der Software einstellen, damit die KI diese<br />
analysieren und anschließend auf Grundlage<br />
der bestehenden Gesetze ein Urteil fällen<br />
kann. Die Entscheidungen sollen zwar<br />
rechtlich bindend sein, können aber bei<br />
einem menschlichen Richter angefochten<br />
werden. Derzeit arbeitet die Regierung daran,<br />
die erforderliche Rechtsgrundlage zu<br />
schaffen. [5]<br />
In den Niederlanden wurde bereits<br />
2016 das erste private Online-Gericht<br />
„Rechtswijzer“ (übersetzt: Wegweiser im<br />
Recht) eingerichtet. Es stellt einen komplett<br />
automatisierten Streitschlichtungsservice<br />
in Scheidungsangelegenheiten und zu<br />
Beschwerden bei Online-Käufen bereit und<br />
unterbreitet nach Auswertung sämtlicher<br />
zuvor von den Parteien zur Verfügung ge-<br />
72 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />
Abbildung: Phonlamai Photo / Shutterstock.com<br />
Werden zukünftig „Robo-Richter“ an Gerichten Recht sprechen?<br />
stellter Fakten einen Lösungsvorschlag.<br />
Das System ist bisher nur zur Schlichtung<br />
von Streitigkeiten zwischen zwei Parteien<br />
mit klar kalkulierbaren Variablen in der<br />
Lage. [6]<br />
Auch die chinesische Regierung will zukünftig<br />
vermehrt auf den Einsatz von KI setzen,<br />
um das Justizsystem zu entlasten. So<br />
sichtet „Intelligent Trial 1.0“ bereits Fallmaterial<br />
und erstellt selbstständig elektronische<br />
Gerichtsakten. Außerdem berät eine<br />
KI-Richterin in einem Internetgericht online,<br />
wenn auch ohne Entscheidungsgewalt. Bereits<br />
jetzt helfen mehr als 100 in Gerichten<br />
im ganzen Land verteilte Roboter mit ihrer<br />
Fähigkeit, frühere Urteile abzurufen, bei der<br />
Rechtsberatung. [7]<br />
Einsatz von KI in Deutschland<br />
Bevor ein Verfahren vor Gericht beginnen<br />
kann, müssen oft große Datenmengen gesammelt<br />
und bearbeitet werden. Das nimmt<br />
viel Zeit in Anspruch und ist mitverantwortlich<br />
für die zum Teil sehr lange Dauer von<br />
Prozessen. Es liegt auf der Hand, dass der<br />
Einsatz von KI beim Erfassen, Verarbeiten<br />
und Aufbereiten der Daten die Justizmitarbeiter<br />
signifikant entlasten und Verfahrensabläufe<br />
deutlich beschleunigen könnte. An<br />
deutschen Gerichten gibt es bereits verschiedene<br />
Pilotprojekte:<br />
„OLGA“ (Oberlandesgerichtsassistent)<br />
unterstützt seit November 2022 die Richter<br />
und Richterinnen der vier „Dieselsenate“<br />
des Oberlandesgerichts (OLG) Stutt gart bei<br />
der Bewältigung der Aktenflut in Berufungsverfahren.<br />
„OLGA“ übernimmt die<br />
Sachverhaltsprüfung und teilt die oft ähnlich<br />
oder gleich gelagerten Fälle nach richterlich<br />
vorgegebenen Parametern in Fallgruppen<br />
ein, ohne selbst Entscheidungen<br />
zu treffen. [8]<br />
Einen Schritt weiter geht ein KI-Tool, das<br />
am Landgericht Kiel in Versicherungsverfahren<br />
bei Klagen wegen Beitragserhöhungen<br />
der privaten Krankenversicherung getestet<br />
wird: Es fertigt bei wiederkehrenden Fallkonstellationen<br />
nach vorheriger Eingabe<br />
von Falldaten sogar einen Entscheidungsvorschlag<br />
an. [9]<br />
Am Amtsgericht Frankfurt am Main<br />
wurde bereits im Jahr 2021 „FRAUKE“<br />
(FRAnkfurter Urteils-Konfigurator Elektronisch)<br />
in Verfahren zu Fluggastrechten erprobt.<br />
„FRAUKE“ extrahiert anhand abgeschlossener<br />
Vorgänge aus dem Vorbringen<br />
der Parteien im Prozess wesentliche Kernele<br />
men te. Diese werden von der KI aufgearbeitet,<br />
Entscheidungen zu vergleichbaren<br />
Sachverhalten werden herangezogen<br />
und Formulierungsvorschläge für eine<br />
richterliche Entscheidung werden unterbreitet.<br />
[10]<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 73
Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />
Eine KI kann unglaubliche Datenmengen<br />
in kürzester Zeit erfassen und verarbeiten.<br />
Der Nutzen von Legal Tech liegt damit auf der<br />
Hand und selbstverständlich sind sich alle<br />
damit befassten Personen einig: Am Ende<br />
muss immer die Entscheidung einer Richterin<br />
oder eines Richters stehen. Aber es müssen<br />
auch einige Fragen gestellt werden: Wie<br />
groß mag die Versuchung sein, die von der<br />
KI vorgeschlagenen Ergebnisse oder Bausteine<br />
mehr oder weniger ungeprüft zu übernehmen?<br />
Würden Richterinnen und Richter<br />
durch die Auswahl der in die KI eingespeisten<br />
Daten und darauf beruhenden Ergebnisse<br />
beeinflusst? Würde faktisch dann eine<br />
KI die Entscheidungen treffen oder zumindest<br />
wesentlich beeinflussen und nicht mehr<br />
der Mensch? Wie könnte einer solchen Versuchung<br />
oder Beeinflussung wirksam entgegengewirkt<br />
werden?<br />
Kann es „Robo-Richter“<br />
in Deutschland geben?<br />
Der Alltag an deutschen Gerichten lässt zunächst<br />
aufatmen – zumindest bei der Frage<br />
nach dem Einsatz von „Robo-Richtern“.<br />
Die Grundlage eines jeden Einsatzes von KI<br />
sind Daten, jedoch hat die Digitalisierung an<br />
deutschen Gerichten bislang nicht flächendeckend<br />
Einzug gehalten. Aufgrund unterschiedlicher,<br />
oft nicht kompatibler Systeme<br />
müssen digital eingehende Dokumente häufig<br />
noch ausgedruckt, bearbeitet und wieder<br />
eingescannt werden. Auch verläuft die<br />
Umsetzung des besonderen elektronischen<br />
Anwaltspostfachs (beA) bisher alles andere<br />
als problemlos. Vor diesem Hintergrund ist<br />
ein über bloße Assistenzaufgaben hinausgehender<br />
Einsatz von KI an deutschen Gerichten<br />
bislang Zukunftsmusik.<br />
Auch wenn alle technischen und personellen<br />
Voraussetzungen irgendwann geschaffen<br />
werden (sollten), würde der Einsatz<br />
von „Robo-Richtern“ an deutschen Gerichten<br />
an der derzeitigen Gesetzeslage scheitern:<br />
Im Grundgesetz ist das Prinzip der Gewaltenteilung<br />
unabänderlich verankert. Die rechtsprechende<br />
Gewalt ist der Richterin oder<br />
dem Richter vorbehalten [11] – einer natürlichen<br />
Person. Diese muss zudem Deutsche/r<br />
im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes<br />
sein (§ 9 DRiG), also die deutsche Staatsbürgerschaft<br />
haben. Diese Kriterien kann eine<br />
KI nicht erfüllen. Die insoweit erforderlichen<br />
Gesetzesänderungen sind zumindest derzeit<br />
mehr als unwahrscheinlich.<br />
KI im Gerichtssaal – Fluch oder Segen?<br />
Neben dem unbestreitbaren Vorteil, aktuell<br />
überlastete Justizsysteme durch die effizientere<br />
Nutzung von Ressourcen zu entlasten,<br />
könnte der Einsatz von KI mehr Menschen<br />
den Zugang zu Rechtshilfe ermöglichen, indem<br />
nicht nur Anwaltskosten gesenkt, sondern<br />
auch kostenlose Rechtsberatungen oder<br />
Vorhersagen zu Erfolgsaussichten ermöglicht<br />
werden könnten.<br />
Wo Menschen entscheiden, spielen bei<br />
allem Streben nach Objektivität auch immer<br />
subjektive Wahrnehmungen und Empfindungen<br />
eine Rolle, denn Richterinnen und<br />
Richter „sind auch nur Menschen“ – mal besser<br />
gelaunt, mal schlechter, mal strenger, mal<br />
milder. Eine KI sollte frei von Sympathien<br />
oder Anitpathien sein und damit wertneutral<br />
und unbestechlich. Sie könnte dann für mehr<br />
Objektivität bei Gerichtsurteilen sorgen.<br />
Eine KI greift aber auf im Vorfeld eingegebene<br />
Daten und Parameter zurück und wertet<br />
diese mit Hilfe von Algorithmen aus. Jede<br />
Entscheidung einer KI kann daher immer<br />
nur so gut und so objektiv sein, wie die zugrundeliegenden<br />
Daten und Parameter – und<br />
genau das kann ein Problem sein:<br />
• Wer bestimmt, welche Daten eingespeist<br />
werden und wie die Programmierung erfolgt?<br />
• Wie funktionieren die der Entscheidungsfindung<br />
zugrundeliegenden Algorithmen?<br />
• Wie fließen die konkreten Umstände des<br />
Einzelfalls in die Entscheidung ein?<br />
Fazit<br />
Richterliche Entscheidungen betreffen immer<br />
konkrete Individuen und konkrete Einzelfälle<br />
mit individuellen Besonderheiten,<br />
also meistens gerade keine Regelfälle. Es<br />
kann deshalb nur ein Ergebnis geben: Gerichtsurteile<br />
müssen (auch zukünftig) durch<br />
Menschen gefällt werden!<br />
Diesen „Menschenvorbehalt“ fordert auch<br />
der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts<br />
Professor Dr. Ferdinand<br />
Kirchhof. Er bekräftigt, dass überall da,<br />
wo voluntative Wertungen getroffen werden,<br />
menschliches Urteil eingesetzt werden<br />
muss, statt „undurchsichtiger, binärer<br />
Fremd steuerung, sonst wird unsere Rechtsordnung<br />
im wahrsten Sinne des Wortes unmenschlich“.<br />
[11]<br />
Solange zumindest eine vollkommen<br />
wertneutrale Dateneinspeisung nicht gesichert<br />
ist, es für den Menschen nicht nachvollziehbar<br />
ist, wie eine KI zu ihrem Ergebnis<br />
gelangt und der Mensch die Eingaben, Verknüpfungen<br />
und die Ausgaben der KI weder<br />
verstehen noch hinterfragen oder gar beeinflussen<br />
kann, ist für den Einsatz der KI in<br />
sensiblen Bereichen wie der Rechtsfindung<br />
und Rechtsprechung kein Platz – selbst als<br />
bloße Unterstützung. Wird das beachtet,<br />
kann Legal Tech aber trotzdem ein Hilfsmittel<br />
sein, das komplexe Abläufe in den Rechtssystemen<br />
beschleunigt und Juristen die Arbeit<br />
erleichtert.<br />
Grundlage eines jeden Einsatzes von KI<br />
muss immer das Wohl des Menschen sein –<br />
die KI muss im Dienst des Menschen stehen<br />
und niemals umgekehrt.<br />
<br />
Literatur:<br />
[1] Einsatz von KI und algorithmischen Systemen<br />
in der Justiz; Grundlagenpapier zur<br />
74. Jahrestagung der Präsidentinnen und<br />
Präsidenten der Oberlandesgerichte, des<br />
Kammergerichts, des Bayerischen Obersten<br />
Landesgerichts und des Bundesgerichtshofs<br />
vom 23. bis 25. Mai 2022 in Rostock.<br />
[2] Correctional Offender Management Profiling<br />
for Alternative Sanctions (COMPAS) ist ein Algorithmus,<br />
der auf Basis von 137 Merkmalen<br />
eine Wahrscheinlichkeit dafür errechnet, ob<br />
Straftäter rückfällig werden oder nicht. Das<br />
Programm wurde von der Fa. Northpointe<br />
(umfirmiert in die Fa. Equivant) entwickelt<br />
und gehört der Firma. Es ist also nicht öffentlich<br />
zugänglich.<br />
[3] „Machine Bias – There’s software used across<br />
the country to predict future criminals. And<br />
it‘s biased against blacks“, by Julia Angwin,<br />
Jeff Larson, Surya Mattu and Lauren Kirchner,<br />
ProPublica May 23, 2016.<br />
[4] Hyperlex by DiliTrust, Portrait Eloise- Haddad<br />
Mimoun, Content Managerin Predictice,<br />
20.12.2021 Interview.<br />
[5] MDR: Nachrichten und Themen, Interview<br />
mit Ott Velsberg (28, IT-Experte, seit Sommer<br />
2018 soll er herausfinden, wie Künstliche Intelligenz<br />
(KI) und maschinelles Lernen in der<br />
Regierungsarbeit eingesetzt werden können),<br />
26.04.2019.<br />
[6] politik-digital: „Der Algorithmus als Richter,<br />
Katharina Schuchmann, 26.02.2020.<br />
[7] Scientific Research, an academic publisher:<br />
„Erfolge und Perspektiven der Künstlichen<br />
Intelligenz in China“, Caixia Zou, Shanghai<br />
University of Political Science and Law,<br />
04.11.2022.<br />
[8] Justizministerium Baden-Württemberg:<br />
„Künstliche Intelligenz zur Bewältigung der<br />
‚Diesel-Verfahren‘ am Oberlandesgericht<br />
Stuttgart“, 24.10.2022.<br />
[9] Landesportal Schleswig-Holstein: Künstliche<br />
Intelligenz, „KI made in Schlewig-Holstein“,<br />
02.06.2022.<br />
[10] Hessenschau: Pilotprojekt am Amtsgericht<br />
Frankfurt „Künstliche Intelligenz hilft bei<br />
Massen-Urteilen“, 09.05.2022, Heike Borufka,<br />
hessenschau.de/Anna Lisa Lüft.<br />
[11] Art. 92 GG iVm. Art. 97 GG.<br />
[12] Legal Tribune Online: Interview mit<br />
Ferdinand Kirchhof „Wir brauchen einen<br />
Menschenvorbehalt“, 31.12.2019.<br />
74 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
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Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />
Die neue Trinkwasserverordnung 2023<br />
Sicherstellung der Trinkwasserwasserqualität mit 42 zusätzlichen Paragrafen<br />
Es ist nicht lange her, dass ein Rechtsanwalt und eine Ingenieurin auf einem Parkplatz<br />
aufeinandertrafen.BeidewolltenihrFahrzeuggernanderletztenfreienLadesäuleaufladen.<br />
Was wie ein schlecht erzählter Witz begann, endete in einem fachlichen Gespräch über die 2023<br />
neu gefasste Trinkwasserverordnung. Aber lesen Sie selbst.<br />
Anke Klein: „Na, da bin ich jetzt aber gespannt.<br />
Ich habe mich zwar bereits eingelesen,<br />
würde aber gern erfahren, ob sich meine<br />
fachliche Einschätzung mit der Bewertung<br />
der Zunft der Paragrafenreiter deckt.“<br />
Rechtsanwalt<br />
Henning Wündisch,<br />
Partner,<br />
Rödl & Partner,<br />
Nürnberg<br />
„Guten Morgen Herr Rechtsanwalt Wündisch“,<br />
sprach die Ingenieurin und begann<br />
ihr Ladekabel aus den Tiefen des Kofferraumes<br />
nach oben zu befördern. „Gut, dass<br />
ich Sie treffe. Ich hatte ohnehin vor, Sie zu<br />
kontaktieren.“<br />
„Das ist aber eine nette Überraschung! Hallo<br />
Frau Klein. Haben Sie sich bereits mit der<br />
neuen Trinkwasserverordnung vertraut gemacht?<br />
Es gibt da einige bemerkenswerte<br />
Neuerungen.“<br />
„Oh ja, aber bereits bei der reinen Anzahl an<br />
Paragrafen wird einem ja schon fast schwindelig“,<br />
antworte Anke Klein, immer noch das<br />
Ladekabel suchend. „Waren da die Herren Juristen<br />
am Werk?“<br />
„Es ist nicht alles Gold was glänzt, meine<br />
Liebe“, sagte Henning Wündisch. „Es<br />
ist nur der äußere Schein, der Sie verwirren<br />
mag. Aus bislang 30 Paragrafen der alten<br />
Trinkwasserverordnung wurden in der<br />
am 24. Juni 2023 in Kraft getretenen, neu<br />
gefassten Trinkwasserverordnung 72 Paragrafen,<br />
plus zusätzlich sieben Anlagen. Also<br />
für Sie Anhänge, nicht zu verwechseln mit<br />
technischen Anlagen. Das heißt aber nicht,<br />
dass sich die Anforderungen etwa verdreifacht<br />
hätten. Bisherige fachliche Inhalte finden<br />
sich in der neuen Trinkwasserverordnung<br />
wieder. Sie sind jedoch neu aufgegliedert<br />
und nach unserer Auffassung dadurch<br />
Dipl.-Ing. (FH)<br />
Anke Klein,<br />
Geschäftsführende<br />
Gesellschafterin,<br />
SK+ TGM GmbH,<br />
Nürnberg<br />
besser zu verstehen. Es sind nur wenig essenzielle<br />
zusätzliche Anforderungen, die<br />
größere Anzahl ist im Wesentlichen der neuen<br />
Struktur geschuldet.“ Sprach er und verkabelte<br />
sein Auto in aller Seelenruhe mit der<br />
Ladebox, während Anke Klein gerade dabei<br />
war, die Knoten aus ihrem Kabel zu entwirren.<br />
Das anschließende Klacken zur Bestätigung<br />
des Ladevorgangs begleitete Henning<br />
Wündisch mit einem herausfordernden<br />
Lächeln.<br />
Anke Klein fragte: „Sagten Sie ‚nur‘ wenige<br />
essenzielle Zusatzanforderungen?“<br />
Henning Wündisch: „Sie wissen doch<br />
selbst am besten, dass Trinkwasser bei uns<br />
in Deutschland eines der kontrolliertesten<br />
Lebensmittel ist. Die Novelle der Trinkwasserverordnung<br />
setzt letztlich wichtige europäische<br />
Vorgaben für den Trinkwasserschutz<br />
in nationales Recht um, beispielsweise<br />
die EU-Trinkwasserrichtlinie 2020/2184.<br />
Sie sieht unter anderem vor, einen risikobasierten<br />
Trinkwasserschutz einzuführen und<br />
legt niedrigere Grenzwerte für Schadstoffe<br />
wie Chrom, Arsen und Blei fest. Das trifft allerdings<br />
in erster Linie unsere Wasserversorger.<br />
Aber die Richtlinie gibt durchaus auch<br />
höhere Anforderungen für Eigentümer und<br />
Gebäudebetreiber vor.“<br />
Henning Wündisch: „Die Herausforderung<br />
trete ich gern an. Zunächst begegnen uns in<br />
der neu gefassten Verordnung ein paar neue<br />
Begrifflichkeiten. Zum einen verändert die<br />
neue Verordnung den Begriff der Trinkwasseranlage<br />
als Teil der gebäudetechnischen<br />
Ausstattung – aus ‚Anlagen zur ständigen<br />
Wasserverteilung‘ gemäß § 3 Nr. 2 e der alten<br />
Fassung der Trinkwasserverordnung<br />
wurde in § 2 Nr. 2 e in der neuen Fassung<br />
der Verordnung die ‚Gebäudewasserversorgungsanlage‘.<br />
Eine Verbesserung der Lesbarkeit<br />
bringt aber insbesondere der Umstand,<br />
dass in den jeweiligen Paragrafen nicht mehr<br />
auf die Anlage nach § 3 Nr. 2 e verwiesen<br />
wird, sondern dass nun auch der Begriff der<br />
‚Gebäudewasserversorgungsanlage‘ bzw.<br />
‚Trinkwasserinstallation‘ in allen Paragrafen<br />
zu finden ist, die Trinkwasserinstallationen<br />
in Gebäuden betreffen.<br />
Zum anderen wurde der mehr als sperrige<br />
Begriff des UsI (Unternehmer und sonstiger<br />
Inhaber einer Wasserversorgungsanlage)<br />
ersetzt durch den Betreiber, der uns im<br />
Facility Management auch aus zahlreichen<br />
anderen Regelwerken hinreichend bekannt<br />
ist. Auch wenn der Betreiber in der Trinkwasserverordnung<br />
weiterhin als ‚Unternehmer<br />
oder sonstiger Inhaber einer Wasserversorgungsanlage‘<br />
definiert ist (§ 3 Nr. 3<br />
TrinkwV), dient diese Änderung der allgemeinen<br />
Klarstellung und Vereinfachung bei<br />
der Wahrnehmung und Organisation der Anforderungen<br />
aus der Verordnung.“<br />
Anke Klein: „Der Begriff des Betreibers<br />
kommt Ihnen als Richtlinienautoren des<br />
Facility Managements doch sehr gelegen.<br />
Dort ist dieser doch stets der Adressat.“<br />
Henning Wündisch: „Das ist in der Tat eine<br />
Änderung, die wir mehr als nur begrüßen,<br />
da sie in der Branche für mehr Klarheit und<br />
76 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />
Grafik: Dipl.-Ing. (FH) Ulrich Glauche<br />
Systemische Untersuchung von Trinkwasser auf Legionella spec. (§ 31 TrinkwV)<br />
Transparenz sorgen dürfte. Für Sie hingegen<br />
dürfte zur Bewertung der Beprobungsberichte<br />
von besonderem Interesse sein, dass im Gesetzgebungsverfahren<br />
erwogen wurde, den<br />
technischen Maßnahmenwert von ursprünglich<br />
100 KBE/100 ml auf 99 KBE/100 ml abzusenken.<br />
Zwar ist der technische Maßnahmenwert<br />
in der Neufassung am Ende unverändert<br />
bei 100 KBE/100 ml geblieben – faktisch<br />
wurde er aber dennoch herabgesetzt.<br />
Aus ‚Überschreiten‘ wurde ‚Erreichen‘, sodass<br />
gemäß § 51 Abs. 1 der neuen Fassung<br />
der Trinkwasserverordnung nun bereits bei<br />
Erreichen des technischen Maßnahmenwerts<br />
(Anlage 3, Teil II) Maßnahmen zu ergreifen<br />
sind. Diese bestehen nach wie vor aus der<br />
Klärung des Ursachengrundes, der Anzeige<br />
an das Gesundheitsamt, einer schriftliche Risikoabschätzung<br />
unter Beachtung der Empfehlungen<br />
des Umweltbundesamtes und aus<br />
Maßnahmen gemäß der Empfehlung des Umweltbundesamts.<br />
Damit wurde aus dem etablierten<br />
Begriff der Gefährdungsanalyse eine<br />
Risikoabschätzung. Ihren <strong>BTGA</strong>-Praxisleitfaden<br />
‚Gefährdungsanalyse in Trinkwasser-Installationen‘<br />
müssen Sie wohl jetzt auch umbenennen.“<br />
Anke Klein seufzte: „Und nicht nur diesen!<br />
Endlich ist es langsam in der Branche angekommen,<br />
dass es nicht eine Gefährdungsbeurteilung<br />
ist – wie vielen aus dem Arbeitsschutz<br />
geläufig, sondern eine Gefährdungsanalyse.<br />
Und nun gibt es wieder einen neuen<br />
Begriff, den es zu erklären und stringent<br />
zu verwenden gilt. Beim Risikomanagement<br />
wird der Wechsel allerdings gelingen, da wir<br />
uns bereits seit längerem damit auseinandersetzen.<br />
Was mir aus fachlicher Sicht aber gut<br />
gefällt: In § 6 wurde bezüglich der mikrobiologischen<br />
Anforderungen beim ursprünglichen<br />
Minimierungsgebot von ‚sollen‘ auf<br />
‚dürfen nur‘ geändert und damit als Muss-<br />
Forderung festgeschrieben. Das finde ich<br />
gut! So können manche Ausweichmanöver<br />
verhindert werden. Außerdem ist die Korrosionsbewertung<br />
unter § 8 Abs. 3 komplett<br />
neu aufgenommen worden. Im Bereich der<br />
Trinkwasserinstallation kannten wir das bisher<br />
nicht.“<br />
Henning Wündisch: „Wenn ich Sie kurz<br />
korrigieren dürfte. Sie beziehen sich jetzt<br />
auf die ‚Gebäudewasserversorgungsanlagen‘.<br />
Als Fachexpertin der Trinkwasserhygiene<br />
sollten Sie sich an die neuen Begrifflichkeiten<br />
gewöhnen.“<br />
Anke Klein: „Zu freundlich von Ihnen. Zum<br />
Thema ‚Korrosionsbetrachtung‘ fiel mir im<br />
Übrigen vor dem Hintergrund der Einschätzung<br />
der Wechselwirkung des Trinkwassers<br />
mit den eingesetzten Stoffen und Materialien<br />
auch auf, dass die Zwecke zur Aufbereitung<br />
in § 18 aufgenommen wurden. Dort wird explizit<br />
darauf verwiesen, dass diese erfolgen,<br />
um korrosionschemische Eigenschaften des<br />
Trinkwassers einzustellen. Das gab es bislang<br />
ebenfalls noch nicht.“<br />
Henning Wündisch: „Zugegeben, ich erkenne,<br />
dass Sie sich bereits intensiv mit dem<br />
Inhalt der zahlreichen Paragrafen auseinandergesetzt<br />
haben! Die wohl einschneidendste<br />
Änderung für Eigentümer und Betreiber von<br />
Gebäudewasserversorgungsanlagen ist mit<br />
Abstand die Änderung zum Umgang mit<br />
Bleileitungen. Gemäß § 17 hat der Betreiber<br />
einer Wasserversorgungsanlage die Trinkwasserleitungen<br />
oder Teilstücke von Trinkwasserleitungen<br />
aus dem Werkstoff Blei bis<br />
zum Ablauf des 12. Januar 2026 nach den<br />
allgemein anerkannten Regeln der Technik<br />
zu entfernen oder stillzulegen. Diese Anforderung<br />
trifft auch die Wasserversorger. Hintergrund<br />
ist die erhebliche Gesundheitsgefährdung<br />
bereits bei sehr niedrigen Aufnahmemengen<br />
von Blei und der Umstand, dass<br />
der niedrige Grenzwert von maximal 10 µg/L<br />
in der Regel nicht eingehalten werden kann,<br />
wenn das Trinkwasser durch Bleirohre fließt.<br />
Interessant ist allerdings, dass der deutsche<br />
Gesetzgeber bei dieser Anforderung<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 77
Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />
deutlich über die europäische Trinkwasserrichtlinie<br />
hinausgeht. In dieser wird lediglich<br />
ein Austausch unter Bedingungen gefordert,<br />
beispielsweise bei Austausch, bei Reparatur<br />
oder Sanierung. Den Mitgliedstaaten<br />
wird lediglich empfohlen, Maßnahmen zum<br />
Austausch zu erwägen und gegebenenfalls<br />
zu ergreifen, sofern das wirtschaftlich und<br />
technisch machbar ist.<br />
Da hat unser deutscher Gesetzgeber offenbar<br />
erwogen und danach die Maßnahme<br />
ergriffen, einen bedingungslosen Austausch<br />
der Leitungen zu fordern – unabhängig<br />
von einer wirtschaftlichen oder technischen<br />
Machbarkeit. Damit kommt auf Teile<br />
der Wohnungswirtschaft und auf andere Eigentümer<br />
von historischen, gegebenenfalls<br />
denkmalgeschützten Gebäuden eine enorme<br />
Kostenbelastung zu. Unabhängig davon<br />
ist auch fraglich, ob der Umfang von den<br />
Installa tionsunternehmen überhaupt bewerkstelligt<br />
werden kann. Aber auch dafür<br />
hat der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen:<br />
Vom Gesundheitsamt kann eine Ausnahme<br />
zur Fristverlängerung gewährt werden,<br />
wenn der Betreiber vor dem 12. Januar 2026<br />
einem in ein Installateur-Verzeichnis eines<br />
Wasserversorgungsunternehmens eingetragenen<br />
Installationsunternehmen einen Auftrag<br />
zur Entfernung oder zur Stilllegung der<br />
Trinkwasserleitungen oder Teilstücke erteilt<br />
hat und wenn das Installationsunternehmen<br />
bescheinigt, dass der Auftrag aus Kapazitätsgründen<br />
voraussichtlich erst bis zu einem<br />
bestimmten Zeitpunkt nach dem 12. Januar<br />
2026 abgeschlossen werden kann.“<br />
Anke Klein: „Das ist wirklich eine deutliche<br />
Verschärfung. Wobei ich das als regional<br />
tätiger Dienstleister durchaus anders bewerte.<br />
Bleileitungen sind mir in 25 Jahren<br />
Praxis zum Beispiel in Nürnberg nur selten<br />
begegnet.<br />
Sehr aufmerksam habe ich § 23 der Trinkwasserverordnung<br />
zur Pflicht der Aufbereitung<br />
gelesen. Darin wird unter Absatz 3 klar<br />
geregelt, was zu tun ist, wenn der Zustand<br />
einer Trinkwasserinstallation die Ursache<br />
dafür ist, dass im Trinkwasser mikrobiologische<br />
Anforderungen nicht eingehalten<br />
werden. Eine Desinfektion darf nur erfolgen,<br />
wenn das Gesundheitsamt dies anordnet –<br />
und nicht auf eine eigene Entscheidung des<br />
Betreibers hin. Außerdem hat der Betreiber<br />
eine Sanierung der Trinkwasserinstallation<br />
vorzunehmen. Für mich bedeutet das, dass<br />
es dem Betreiber nicht mehr gestattet ist, frei<br />
zu entscheiden, sondern eine konkrete Handlungsanforderung<br />
besteht. Gerade bei Eigentümergemeinschaften<br />
hatte eine Sanierung<br />
zur Risikominimierung oft zu kontroversen<br />
Diskussionen ohne Konsens geführt und damit<br />
eine Verbesserung der Ausgangslage verhindert.<br />
Durch den Bezug auf die Gebäudeinstal<br />
lation als Ursache könnte der Umstand<br />
des Nichthandelns der Vergangenheit angehören.<br />
Einen letzten Punkt habe ich allerdings<br />
noch: Wie sehen Sie als Jurist die hohe Anzahl<br />
der Ordnungswidrigkeitentatbestände?<br />
Insbesondere die in § 72 erwähnte Ordnungswidrigkeit<br />
bei fehlerhafter Planung,<br />
Ausführung und fehlerhaftem Betrieb? Sitzen<br />
jetzt alle Beteiligten am Schluss in einem<br />
Boot? Und wir sind, wie Sie es gern ausführen,<br />
auf hoher See und vor Gericht in Gottes<br />
Hand?“<br />
Henning Wündisch: „Die Ordnungswidrigkeiten<br />
waren bereits in der alten Verordnung<br />
nicht zu unterschätzen, auch wenn die neue<br />
Verordnung mit einer deutlich erweiterten<br />
Anzahl an Ordnungswidrigkeiten aufwartet.<br />
Hier unterstreicht der Gesetzgeber die hohe<br />
Bedeutung der Hygiene unseres Trinkwassers.<br />
Aber sollten Sie jemals aufgrund fehlerhafter<br />
Planung oder Ausführung einer Gebäudewasserversorgungsanlage<br />
einen Anhörungsbogen<br />
zugestellt bekommen, stehen<br />
wir Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung,<br />
um Sie vor Schlimmerem zu bewahren.<br />
Und als gutes Zeichen überlasse ich Ihnen<br />
jetzt die Ladesäule.“ Sprach es und gab die<br />
Ladesäule frei.<br />
Anke Klein schloss dankbar ihr Auto an<br />
und fügte mit einem Zwinkern hinzu: „Herr<br />
Wündisch, auch wenn wir beide mit unterschiedlichem<br />
Fokus auf die hohe Anzahl Paragrafen<br />
blicken, es gibt einen wesentlichen<br />
Inhaltspunkt, der uns beide gleichermaßen<br />
interessiert.“<br />
„Frau Klein, ich kann mir denken, was Sie im<br />
Sinn haben und wir haben bereits vorgearbeitet.“<br />
Amüsiert verstaute Henning Wündisch<br />
sein Ladekabel im Kofferraum, holte stattdessen<br />
eine Grafik heraus und legte sie auf die<br />
Kante des Stauraumes (Abbildung 1). <br />
78 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
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Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />
Nominales Bauvolumen sinkt <strong>2024</strong> –<br />
Wohnungsbau bricht ein<br />
Die deutsche Bauwirtschaft ist in einer Krise: Das nominale Bauvolumen stieg zwar 2023 um<br />
6,1 Prozent – preisbereinigt ging das gesamte Bauvolumen jedoch um 1,1 Prozent zurück. Für das<br />
Jahr <strong>2024</strong> wird erwartet, dass erstmals seit der Finanzkrise auch das nominale Bauvolumen<br />
schrumpfen wird. Die Baupreise stiegen im vergangenen Jahr um 7 Prozent. Im Wohnungsbau<br />
schrumpfte das reale Bauvolumen 2023 deutlich um 2,3 Prozent, <strong>2024</strong> wird sogar mit einem Minus<br />
von 3,4 Prozent gerechnet. Das reale Bauvolumen soll in diesem Jahr erneut schrumpfen. Erst im<br />
Jahr 2025 soll sich die Entwicklung verbessern, aber auch dann sind nur leichte Zuwächse zu erwarten.<br />
Rund 28 Prozent des gesamten Bauvolumens im Hochbaubestand können energetischen<br />
Sanierungen zugeschrieben werden.<br />
Jörn Adler,<br />
Referent<br />
für Wirtschaft und<br />
Öffentlichkeitsarbeit,<br />
<strong>BTGA</strong> e.V.<br />
Das nominale Bauvolumen (Hoch- und Tiefbau)<br />
stieg aufgrund der dynamischen Entwicklung<br />
der Baupreise im Jahr 2023 noch<br />
um insgesamt 6,1 Prozent gegenüber dem<br />
Vorjahr auf rund 565 Milliarden Euro an (Tabelle<br />
1). 1 Das geht aus Berechnungen des<br />
DIW Berlin – Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung<br />
e.V. hervor. Der Preisindex<br />
des Bauvolumens lag laut DIW im Jahr 2023<br />
bei 7,1 Prozent. 2<br />
Preisbereinigt sind aber bereits seit 2021<br />
Rückgänge in fast allen Bausparten zu beobachten<br />
3 ; die Bauwirtschaft insgesamt<br />
schrumpfte im Jahr 2023 um 1,1 Prozent. 4<br />
Vor allem die Situation im Wohnungsbau<br />
spitzt sich zu: Nach einem Minus von 2,6 Prozent<br />
im Jahr 2022 folgte 2023 ein Minus von<br />
2,3 Prozent. Der Wirtschaftsbau stagnierte<br />
im vergangenen Jahr (0,0 Prozent); lediglich<br />
der öffentliche Bau konnte Wachstum verzeichnen<br />
(1,9 Prozent). 5<br />
Die sehr unterschiedliche Bedeutung der<br />
einzelnen Baubereiche zeigt eine Aufschlüsselung<br />
des gesamten Bauvolumens: Nominal<br />
lag 2022 der Wohnungsbau bei 57,6 Prozent.<br />
Er weist weiterhin den mit deutlichem<br />
Abstand größten Anteil am Bauvolumen auf.<br />
Der Anteil des Wirtschaftsbaus (Hoch- und<br />
Tiefbau) lag bei 29,0 Prozent und der Anteil<br />
des öffentlichen Baus bei lediglich 13,4 Prozent<br />
(Diagramm 1). 6<br />
Ausblick auf die Jahre <strong>2024</strong> und 2025<br />
Das DIW prognostiziert, dass sich Investoren<br />
dieses und nächstes Jahr zurückhalten werden.<br />
Verantwortlich dafür seien das noch immer<br />
hohe Preis- und Zinsniveau und die Verunsicherung<br />
bei Förderprogrammen. 7 Für<br />
das Jahr <strong>2024</strong> wird erwartet, dass das nominale<br />
Bauvolumen erstmals seit der Finanzkrise<br />
2009 sinken wird: insgesamt um<br />
- 3,5 Prozent auf ca. 546 Milliarden Euro (Tabelle<br />
1). Preisbereinigt schrumpft das Bauvolumen<br />
insgesamt um 1,5 Prozent. Nach Baubereichen<br />
aufgeschlüsselt rechnet das DIW<br />
mit - 3,4 Prozent im Wohnungsbau, mit 0,3<br />
Prozent im Wirtschaftsbau und mit 2,5 Prozent<br />
im öffentlichen Bau. 8<br />
Für das Jahr 2025 erwartet das DIW eine<br />
leichte Verbesserung: Der Wohnungsbau soll<br />
real um 0,4 Prozent wachsen, der Wirtschaftsbau<br />
um 3,0 Prozent und der öffentliche Bau<br />
um 2,5 Prozent. Das nominale Bauvolumen<br />
insgesamt soll 2025 um 0,5 Prozent auf rund<br />
549 Milliarden Euro steigen. Preisbereinigt<br />
wäre das ein Anstieg um 1,5 Prozent. 9<br />
Nachdem die Baupreise 2021, 2022 und<br />
2023 enorm gestiegen waren, rechnet das<br />
DIW damit, dass sie dieses und nächstes<br />
Jahr sinken werden: <strong>2024</strong> voraussichtlich<br />
um - 2,0 Prozent und 2025 um -0,9 Prozent. 10<br />
Entwicklung des Ausbaugewerbes<br />
und des Bauhauptgewerbes<br />
Preisbereinigt schrumpfte 2023 das Bauvolumen<br />
des von der Bauinstallation bestimmten<br />
Ausbaugewerbes das dritte Jahr<br />
in Folge: Das DIW ermittelte ein Minus von<br />
Diagramm 2: Struktur des nominalen Bauvolumens in Deutschland nach Produzentengruppen im<br />
Jahr 2022 (Hoch- und Tiefbau) – in jeweiligen Preisen in Milliarden Euro; Anteile in Prozent<br />
Quelle: Bauvolumenrechnung des DIW Berlin, 2023<br />
Struk<br />
Bauhaup<br />
Ausbaug<br />
Verarbe<br />
Bauplan<br />
Sonstige<br />
in jeweil<br />
80 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>
Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />
Tabelle 1: Entwicklung des Bauvolumens in Deutschland<br />
in Milliarden Euro zu jeweiligen Preisen<br />
Öffentlicher Bau 3,1 0,5 3,7 -1,4 -1,0 1,9 2,5 2,5<br />
tur des nominalen Bauvolumens in Deutschland nach Produzentengruppen im Jahr<br />
Nach Produzentengruppen 2022 (Hoch- und Tiefbau)<br />
tgewerbe (Hoch- Bauhauptgewerbe und Tiefbau) 174,923,3 2,7 3,4 -1,5 32,8-0,8 -0,4 -0,5 1,9<br />
ewerbe, Bauinstallation 186,82 35,1<br />
itendes Gewerbe Ausbaugewerbe 49,491,5 0,7 2,2 -0,9 9,3 -2,7 -1,7 -2,5 0,9<br />
ung, öff. Gebühren 65,32 12,3<br />
Sonstige Bauleistungen 3,6 2,2 1,4 0,6 -1,8<br />
Bauleistungen 56,33 10,6<br />
-1,1 -1,5 1,6<br />
igen Preisen *Schätzungen in Milliarden Euro; Anteile in Prozent; Quellen: Quelle: Statistisches Bauvolumenrechnung Bundesamt; DIW des DIW Bauvolumenrechnung, Berlin, 2023 DIW Berlin, <strong>2024</strong><br />
Bauplanung,<br />
öff. Gebühren<br />
65,3<br />
12,3 %<br />
Verarbeitendes<br />
Baugewerbe<br />
49,5<br />
9,3 %<br />
2018 2019 2020 2021 2022 2023* <strong>2024</strong>* 2025*<br />
nominales Bauvolumen insgesamt 395,7 420,4 437,8 472,2 532,9 565,3 545,8 548,7<br />
real, Kettenindex 2015=100<br />
reales Bauvolumen insgesamt 107,0 109,1 111,6 111,2 108,8 107,6 106,0 107,6<br />
Nach Baubereichen<br />
Wohnungsbau 108,9 111,8 115,2 115,4 112,4 109,8 106,1 106,5<br />
Wirtschaftsbau 103,3 104,6 104,9 104,8 102,7 102,7 103,1 106,2<br />
Öffentlicher Bau 107,5 108,0 112,0 108,3 107,3 109,3 112,1 114,9<br />
Nach Produzentengruppen<br />
Bauhauptgewerbe 111,0 114,0 117,9 116,1 115,2 114,7 114,2 116,4<br />
Ausbaugewerbe 104,1 104,9 107,2 106,3 103,5 101,7 99,2 100,1<br />
Sonstige Bauleistungen 110,2 112,6 114,2 114,8 112,7 111,5 109,8 111,6<br />
Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in Prozent<br />
nominales Bauvolumen insgesamt 6,9 6,3 4,1 7,8 12,9 6,1 -3,5 0,5<br />
Preisentwicklung 4,9 4,3 1,8 8,2 15,1 7,1 -2,0 -0,9<br />
real, Kettenindex 2015=100<br />
reales Bauvolumen insgesamt 2,0 2,0 2,3 -0,3 -2,2 -1,1 -1,5 1,5<br />
Nach Baubereichen<br />
Wohnungsbau 2,3 2,7 3,1 0,8 -2,6 -2,3 -3,4 0,4<br />
Wirtschaftsbau 1,0 1,2 0,3 0,2 -2,0 0,0 0,3 3,0<br />
Sonstige Bauleistungen<br />
56,3<br />
10,6 %<br />
Ausbaugewerbe,<br />
Bauinstallation<br />
186,8<br />
35,1 %<br />
Bauhauptgewerbe<br />
(Hoch- und Tiefbau)<br />
174,9<br />
32,8 %<br />
Diagramm 1: Struktur des nominalen Bauvolumens in Deutschland nach Baubereichen im Jahr 2022<br />
(Hoch- und Tiefbau) – in jeweiligen Preisen in Milliarden Euro; Anteile in Prozent<br />
Quelle: Bauvolumenrechnung des DIW Berlin, 2023<br />
1,7 Prozent (2022: -2,7 Prozent). 11 Für das<br />
Jahr <strong>2024</strong> wird sogar ein Minus von 2,5 Prozent<br />
erwartet. Im Jahr 2025 soll das Ausbaugewerbe<br />
dann leicht um 0,9 Prozent<br />
wachsen. 12<br />
Das Bauhauptgewerbe schrumpfte 2023<br />
im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 Prozent<br />
(2022: - 0,8 Prozent). Für das Jahr <strong>2024</strong><br />
wird ein Minus von 0,5 Prozent erwartet.<br />
2025 soll das Bauhauptgewerbe mehr als<br />
das Ausbaugewerbe von der sich stabilisierenden<br />
Lage profitieren: Das DIW erwartet<br />
ein Plus von 1,9 Prozent. 13<br />
Investitionen in energetische<br />
Sanierungen steigen<br />
Das DIW hat für das Bauvolumen im Hochbau<br />
auch den Anteil der Maßnahmen für<br />
ener ge tische Sanierungen am Bestandsvolumen<br />
untersucht (Tabelle 2). 14 Das Gesamtvolumen<br />
der Investitionen in energetische<br />
Sanierungen stieg 2022 auf rund 81 Milliarden<br />
Euro (2021: 70,8 Milliarden Euro).<br />
Gut 28 Prozent des gesamten Bauvolumens<br />
im Hochbaubestand können laut DIW dem<br />
Baubereich „energetische Sanierung“ zugeschrieben<br />
werden 15 – damit ist die energetische<br />
Sanierung ein wichtiger Baubereich,<br />
der auch in den kommenden Jahren eine stabilisierende<br />
Wirkung auf die Bauwirtschaft<br />
haben wird.<br />
Im Wohnungsbau stiegen im Jahr 2022<br />
die Aufwendungen für energetische Sanierungen<br />
im Vergleich zum Vorjahr um<br />
15,4 Prozent auf 60,4 Milliarden Euro. 16<br />
Das Bauvolumen der energetischen Maßnahmen<br />
im Nichtwohnbau stieg 2022 auf<br />
20,6 Milliarden Euro (+11,7 Prozent im Vergleich<br />
zu 2021). 17<br />
Das DIW weist aber darauf hin, dass<br />
im Jahr 2022 „die Preise für Bestands leistungen<br />
massiv gestiegen sind.“ 18 Die realen<br />
Zuwächse würden im Wohnungsbau somit<br />
deutlich kleiner ausfallen bzw. 2022 sogar<br />
im negativen Bereich liegen. Im gewerblichen<br />
und öffentlichen Hochbau würde das<br />
reale Bestandsvolumen sogar schon seit Jahren<br />
schrumpfen. 19<br />
Die Entwicklung von Bauleistungen an<br />
bestehenden Gebäuden dürfte aus Sicht<br />
des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung<br />
durch Unsicherheiten und Unklarheiten<br />
bei der Förderung „ausgebremst oder<br />
zumindest verzögert werden.“ 20 <strong>2024</strong> wird<br />
nominal ein Minus von 4,1 Prozent im Wohnungsbau<br />
erwartet (2023: + 7,0 Prozent) und<br />
ein Minus von 2,0 Prozent im Nichtwohnbau<br />
(2023: + 6,1 Prozent). 21 Für 2025 rechnet das<br />
DIW nominal mit einem leichten Minus von<br />
0,3 Prozent im Wohnungsbau und einem<br />
Plus von 1,1 Prozent im Nichtwohnbau. 22<br />
<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 81
Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />
Tabelle 2: Energetische Sanierung bestehender Gebäude im Nichtwohnbau und Wohnbau<br />
2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022<br />
in Mrd.<br />
€*<br />
in Mrd.<br />
€*<br />
Veränderung<br />
zum<br />
Vorjahr<br />
in Mrd.<br />
€*<br />
Veränderung<br />
zum<br />
Vorjahr<br />
in Mrd.<br />
€*<br />
Veränderung<br />
zum<br />
Vorjahr<br />
in Mrd.<br />
€*<br />
Veränderung<br />
zum<br />
Vorjahr<br />
in Mrd.<br />
€*<br />
Veränderung<br />
zum<br />
Vorjahr<br />
in Mrd.<br />
€*<br />
Veränderung<br />
zum<br />
Vorjahr<br />
in Mrd.<br />
€*<br />
Veränderung<br />
zum<br />
Vorjahr<br />
Nichtwohnbau<br />
Bestandsvolumen<br />
Nichtwohnbau (Öffentlicher<br />
+ Wirtschaftsbau)<br />
Bauvolumen<br />
energetische Sanierung<br />
im Nichtwohnbau<br />
Anteil d. Bauvolumens<br />
energetische Sanierung<br />
am Bestandsvolumen<br />
Nichtwohnbau<br />
58,0 56,5 -2,6 % 57,8 2,4 % 59,7 3,3 % 60,8 1,9 % 61,4 0,9 % 65,3 6,4 % 72,7 11,3 %<br />
17,6 18,4 4,7 % 18,7 1,9 % 16,8 -10,5 % 17,0 1,4 % 17,0 -0,1 % 18,4 8,4 % 20,6 11,7 %<br />
30,3 % 32,6 % 32,4 % 28,1 % 28,0 % 27,7 % 28,2 % 28,3 %<br />
Wohnbau<br />
Bestandsvolumen<br />
Wohnbau<br />
Bauvolumen energetische<br />
Sanierung im Wohnbau<br />
Anteil d. Bauvolumens<br />
energetische Sanierung<br />
am Bestandsvolumen<br />
Wohnbau<br />
131,3 136,3 3,8 % 143,2 5,0 % 153,1 6,9 % 165,6 8,1 % 173,5 4,8 % 189,1 9,0 % 213,7 13,0 %<br />
33,5 37,6 12,1 % 41,0 9,1 % 40,2 -2,0 % 43,2 7,6 % 47,3 9,3 % 52,4 10,8 % 60,4 15,4 %<br />
25,5 % 27,5 % 28,6 % 26,2 % 26,1 % 27,2 % 27,7 % 28,3 %<br />
*Zu jeweiligen Preisen Quellen: Statistisches Bundesamt; Neubauvolumenrechnung des DIW Berlin; Modernisierungsvolumen Heinze GmbH; Modellrechnung des DIW Berlin 2023<br />
Tabelle 3: Branchenumsätze der Haus- und Gebäudetechnik<br />
2019 2020 2021 2022 2023*<br />
in Mrd. €<br />
Veränderung<br />
zum Vorjahr<br />
in Mrd. €<br />
Veränderung<br />
zum Vorjahr<br />
in Mrd. €<br />
Veränderung<br />
zum Vorjahr<br />
in Mrd. €<br />
Veränderung<br />
zum Vorjahr<br />
HKS-Branche gesamt 61,8 66,2 7,1 % 68,3 3,1 % 74,4 9,0 % 78,7 5,8 %<br />
Inland 50,4 55,2 9,5 % 56,4 2,2 % 61,3 8,7 % 64,9 5,9 %<br />
Ausland 11,4 11,0 -3,5 % 11,9 8,2 % 13,1 10,1 % 13,8 5,3 %<br />
* Schätzungen Quelle: Branchendaten Haus- und Gebäudetechnik 2022, B+L Marktdaten GmbH im Auftrag von Messe Frankfurt – ISH, VDS, VdZ, BDH, DGH, VDMA und ZVSHK, 2023<br />
Umsätze der TGA-Branche gestiegen<br />
Die Umsätze der gesamten deutschen Branche<br />
der Haus- und Gebäudetechnik (HKS-<br />
Branche) sind im Jahr 2022 gewachsen: Sie<br />
stiegen um 9,0 Prozent auf 74,4 Milliarden<br />
Euro (Tabelle 3). 23 Die HKS-Branche konnte<br />
damit ihre seit vierzehn Jahren andauernde,<br />
positive Entwicklung fortsetzen. Sie<br />
war 2022 allerdings stark von den Preissteigerungen<br />
bei Materialien und Rohstoffen bestimmt.<br />
Für das Jahr 2023 prognostiziert die<br />
B+L Marktdaten GmbH ein Wachstum der<br />
HKS-Branche um 5,8 Prozent auf 78,7 Milliarden<br />
Euro. 24<br />
Der Inlandsumsatz der gesamten HKS-<br />
Branche stieg 2023 auf 64,9 Milliarden Euro<br />
(2022: 61,3 Milliarden); der Auslandsumsatz<br />
auf 13,8 Milliarden Euro (+ 5,3 Prozent). 25<br />
Die gesamte Branche der Haus- und Gebäudetechnik<br />
umfasste im Jahr 2023 rund<br />
49.600 Unternehmen (- 0,4 Prozent im Vergleich<br />
zum Vorjahr) mit 545.000 Beschäftigten<br />
(+ 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr).<br />
26<br />
<br />
1<br />
DIW Wochenbericht 1+2 (<strong>2024</strong>), S. 13.<br />
2<br />
Ebenda.<br />
3<br />
Ebenda, S. 4.<br />
4<br />
Ebenda, S. 13.<br />
5<br />
Ebenda.<br />
6<br />
BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung<br />
im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung<br />
(BBR) (Hrsg.): Strukturdaten zur Produktion und<br />
Beschäftigung im Baugewerbe – Berechnungen für das<br />
Jahr 2022. BBSR-Online-Publikation 53 (2023), Bonn<br />
2023, S. 19.<br />
7<br />
Wie Anm. 1, S. 4.<br />
8<br />
Wie Anm. 1.<br />
9<br />
Ebenda.<br />
10<br />
Wie Anm. 1, S. 4 und S. 13.<br />
11<br />
Wie Anm. 1.<br />
12<br />
Ebenda.<br />
13<br />
Ebenda.<br />
14<br />
Wie Anm. 6, S. 32.<br />
15<br />
Ebenda, S. 33.<br />
16<br />
Wie Anm. 14.<br />
17<br />
Ebenda.<br />
18<br />
Wie Anm. 6, S. 31.<br />
19<br />
Ebenda.<br />
20<br />
Wie Anm. 1, S. 11.<br />
21<br />
Ebenda, S. 8.<br />
22<br />
Ebenda.<br />
23<br />
Gemeinsame Pressemitteilung „Heizungssparte bleibt<br />
Haupttreiber der Umsatzentwicklung der SHK-Branche“<br />
der VDS – Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft<br />
e.V. und VdZ – Wirtschaftsvereinigung Gebäude und<br />
Energie e.V. vom 5. Juli 2023.<br />
24<br />
Ebenda.<br />
25<br />
Ebenda.<br />
26<br />
Ebenda.<br />
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