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Archäologie Auf der Suche nach (Be)Funden

Bevor der Bau des Abfanggrabens in Schönebeck beginnen kann, muss die Fläche archäologisch betrachtet werden.

Von Heike Liensdorf 13.06.2019, 01:01

Schönebeck l Warum diese Untersuchungen? Im Zuge der nur wenige Meter weiter parallel verlaufenden Ortsumgehung B 246a hat es doch vor etwas mehr als zehn Jahren erst Grabungen gegeben? Genau deshalb müsse das jetzt sein, betont Sergey Sitnikov. Man wisse, dass es hier eine große linienbandkeramische Siedlung gegeben hat – die älteste bäuerliche Kultur der Jungsteinzeit (Neolithikums) in ganz Mitteleuropa. So sei beim Straßenbau unter dem Kreisverkehr Barbyer Straße ein Kastenbrunnen aus Holz aus dieser Zeit – 5000 vor Christus – gefunden worden.

„Jedes Bauvorhaben vernichtet Archäologie“, sagt der Grabungsleiter. Projekte sollen nicht blockiert, wohl aber Funde vorher gesichert werden. Denn Erkenntnisse aus Grabungen ermöglichen das Erstellen einer archäologischen Landschaft. „Wir wissen dann: Hier verlief die Geschichte so und so“, erklärt der 34-jährige Archäologe, der mit seinem Team im Auftrag des Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie voraussichtlich bis Ende August in Schönebeck im Einsatz sein wird.

Zwischen den Kreisverkehren Barbyer Straße und Calbesche Straße trägt ein Bagger parallel zur Straße auf einer Breite von fünf Metern Mutterboden bis auf archäologisch relevantem Niveau ab. Dort, wo später der Abfanggraben lang verlaufen soll. Seit Dienstag kommen die Grabungshelfer mit zum Einsatz. Erste Stücke sind bereits gesichert, sagt Sergey Sitnikov und holt eine nummerierte und beschriftete Plastetüte hervor, darin ein etwa zehn Zentimeter großer Fund: „Für den Laien ist das nichts Besonderes, aber für den Archäologen der Hinweis, dass hier Häuser standen – das ist Brandlehm.“

Er erwartet dort Siedlungs-Ausläufer von Pfostenreihen, Gräbchen, Wirtschafts-, Arbeits- und Abfallgruben, Bestattungen. Zeitlich einzuordnen in Frühneolithikum, Bronzezeit und Spätbronzezeit. Denn das bleibe erhalten, die Erde ist an den besagten Stellen dunkler. So habe er auf den ersten Blick schon Pfostenlöcher gesehen, die aufgrund ihrer Anordnung eventuell auf einen kleinen Kreisgraben hindeuten könnten.

Dokumentiert und fotografiert wird alles. Befunde seien das, was man nicht mitnehmen könne, erklärt der Experte: Gruben, Gräbchen, Pfostenlöcher. Knochen- oder Keramik-Stücke seien hingegen Funde, die mitgenommen und untersucht werden. Es sei gut möglich, dass komplette Gefäße gefunden werden oder viele Scherben, die sich zusammensetzen lassen. Derzeit wird jeder Zentimeter Boden von drei Grabungshelfern mit sorgfältigem Blick begutachtet. Später werden noch ein Vermesser und eine Drohne zum Einsatz kommen.

Und dann eilt Uwe Kohnert zu Sergey Sitnikov. Er habe etwas gefunden, sagt er und die Freude ist in seiner Stimme nicht zu überhören. Er zeigt ein geschliffenes Beil, ein abgebrochenes Werkzeug. „Das ist wirklich was Gutes, ein typischer Siedlungsfund“, sagt der Grabungsleiter.