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Sonnenobservatorium Goseck Neue Steinzeitsiedlung entdeckt

Offenbar muss man in Goseck nur mit der Schaufel in die Erde stechen, um zur menschlichen Frühgeschichte vorzudringen. Neben dem ältesten Sonnenobservatorium der Welt fanden Forscher nun die Überreste eines 7000 Jahre alten Dorfes.

Rund einen Kilometer entfernt vom ältesten Sonnenobservatorium der Welt haben Forscher jetzt eine neue Steinzeitsiedlung entdeckt. Eine Erkundungsgruppe der Universität Halle ist in der Ortschaft Goseck beim Ausheben eines etwa 50 Meter langen und einen Meter tiefen Suchgrabens auf die Überreste eines 7000 Jahre alten Linienband-Dorfes gestoßen. "Für uns alle eine sensationelle Überraschung", sagt Grabungsleiter und Archäologe Hans-Georg Stephan. "Langsam bekommen wir immer deutlichere Einblicke in die versunkene Welt der Menschen von Goseck."

Beim Sonnenobservatorium handelt es sich um eine Kreisgrabenanlage mit einem Durchmesser von 75 Metern. Die Anlage, umgeben von zwei Meter hohen Holz-Palisadenzäunen, hatte drei Tore. Über spezielle Visiere konnten die prähistorischen Menschen aus dem Inneren des Observatoriums exakt die Wintersonnenwende am 21. Dezember und die Sommersonnenwende am 21. Juni bestimmen.

Die Linienband-Kultur wurde nach den Verzierungen der Keramikgefäße dieser Menschen mit typischen, immer wiederkehrenden Linienmustern benannt. "Allein im Suchgraben kamen bislang 20 Pfosten für mehrere Häuser und unzählige Keramikscherben mit Linienband- Mustern sowie Tierknochen zum Vorschein", sagt Grabungsleiter Stephan. "Das war eine große Siedlung und beweist, dass das Sonnenobservatorium als riesiger, weit sichtbarer besonderer Ort von vielen Steinzeitmenschen genutzt wurde." Bislang hatten die Archäologen nur neben der Kreisanlage Siedlungsreste von verschiedenen Steinzeit-Gruppen entdeckt.

Nur 25 Kilometer weiter fand man die Himmelsscheibe

"Die Kreisanlage Goseck hat mehrere Blütezeiten erlebt", sagt Francois Bertemes, Leiter des Instituts für prähistorische Archäologie der Martin- Luther-Universität Halle-Wittenberg. "Scherbenfunde beweisen, dass die letzten Nutzer Menschen vor 6300 Jahren aus der Trichterbecherkultur waren." Diese Steinzeitgruppe fertigte keramische Gefäße stets trichterförmig an. "Die Trichterbecherleute zelebrierten einen Totenkult. Im Mittelpunkt stand für sie der Glaube an die Ahnen. Damit verbunden waren Bauten für die Ewigkeit", sagt Bertemes.

Bereits seit Juni wird neben der Siedlung das Observatorium originalgetreu rekonstruiert. Der Komplex in Goseck liegt nur 25 Kilometer vom Fundort der Himmelsscheibe von Nebra entfernt, die als archäologischer Sensationsfund gilt und die älteste konkrete Sternenabbildung der Welt zeigt.

Am 21. Dezember 2005 soll die rekonstruierte Kreisanlage fertig sein. Besucher können dann zum ersten Mal seit 7000 Jahren die Sonne über den Visiereinrichtungen in Goseck aufsteigen sehen

Thomas Schöne/DPA DPA

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