Wetter- und Klimalexikon

Das Wetter- und Klimalexikon des DWD erläutert die wichtigsten meteorologischen und klimatologischen Begriffe und wird ständig ausgebaut.

Corioliskraft

Erdkugel mit eingezeichneten Pfeilen zur Darstellung der Corioliskraft  (Quelle DWD)
Luftpartikel, die eine Bewegung relativ zur Erde durchführen, nehmen gleichzeitig auch an der Erdrotation teil. Betrachtet man die Partikelbewegung in einem mitrotierenden, also erdfesten Koordinatensystem, resultiert daraus eine seitliche Ablenkung der Teilchen und zwar auf der Nordhalbkugel nach rechts, auf der Südhalbkugel nach links aus der ursprünglichen Bewegungsrichtung heraus. Man kann diese Ablenkung auf das Wirken einer Kraft zurückführen, die nach ihrem Entdecker (Gaspard Gustave de Coriolis, 1835) Corioliskraft genannt wird. Allerdings handelt es sich dabei um eine Scheinkraft, die nur bei der Betrachtung im erdfesten Koordinatensystem in Erscheinung tritt, in einem fixsternorientierten Absolutsystem dagegen verschwindet.

Physikalisch lässt sich die ablenkende Wirkung der Corioliskraft auf zwei Effekte zurückführen. Betrachten wir zunächst eine Meridionalbewegung der Partikeln. Für eine solche Bewegung ist von Bedeutung, dass die Rotationsgeschwindigkeit für Erdpunkte breitenkreisabhängig ist und - analog zum anwachsenden Abstand der Längengrade - von den Polen zum Äquator zunimmt. Wie aus der Abbildung abzulesen ist, sind die Unterschiede recht groß. In 60 Grad Breite z.B. rotiert ein Erdpunkt mit 835 km/h, am Äquator dagegen mit der doppelten Geschwindigkeit von 1670 km/h.

Beschleunigt man nun ein Teilchen vom Äquator in meridionaler Richtung, so behält es seinen absoluten Bewegungsimpuls, behalt also neben der Meridionalbewegung auch die hohe Rotationsgeschwindigkeit bei. Da es aber bei seiner Bewegung Richtung Pol sofort in Bereiche mit geringerer Rotationsgeschwindigkeit gelangt, ist es schneller als die dort in Ruhe befindlichen Partikeln und eilt ihnen - im mitrotierenden System betrachtet - voraus. Umgekehrt gelangen Teilchen, die von hohen Breiten Richtung Äquator starten und eine relativ geringe Rotationsgeschwindigkeit mitbringen, in Bereiche, wo eine höhere Geschwindigkeit gefordert wird, so dass sie gegenüber den dort befindlichen Partikeln zurückbleiben müssen. Insgesamt resultiert daraus eine stetige Ablenkung der in meridionaler Richtung beschleunigten Teilchen auf der Nordhalbkugelnach rechts, auf der Südhalbkugel nach links.

Die Ablenkung bei einer zonalen Partikelbewegung ergibt sich aus der Kräftebilanz zwischen der durch die Erdrotation hervorgerufenen Zentrifugalkraft und der Komponente der Gravitationskraft senkrecht zur Rotationsachse. Für ruhende Teilchen kompensieren sich die beiden Kräfte.
Bewegen sich allerdings die Partikel in zonaler Richtung, so verändert sich die Größe der Zentrifugalkraft für sie. Bei einer Bewegung in Richtung der Erdrotation - also von West nach Ost - überwiegt die Zentrifugalkraft den Gravitationsanteil, so dass daraus eine Beschleunigung nach außen, weg von der Rotationsachse, erfolgt. Betrachtet man den in eine Tangentialebene an die Erdoberfläche projizierten horizontalen Anteil des resultierenden Beschleunigungsterms, so ergibt sich eine Beschleunigung Richtung Äquator und somit eine Rechtsablenkung der Teilchen (Corioliseffekt).
Bei einer entgegengesetzten Bewegung von Ost nach West verringert sich dagegen die Zentrifugalkraft für die Partikel, so dass der Anteil der senkrecht zur Rotationsachse stehenden Gravitationskraft die Zentrifugalkraft übertrifft. Es resultiert eine Beschleunigung zur Rotationsachse hin. Auch hier erfolgt wieder, wenn man den horizontalen Anteil des Beschleunigungsterms in einer Tangentialebene betrachtet, eine Rechtsablenkung auf der Nordhalbkugel.