Union ist immer noch eisern, aber chronisch pleite

■ Der Ostberliner Fußballklub 1. FC Union – zu DDR-Zeiten Kult – gewinnt und gewinnt, trotz seiner nach wie vor ungeklärten finanziellen Zukunft

Dreizehnter Spieltag der Regionalliga Nordost, an der Tabellenspitze steht der 1. FC Union Berlin. Ein vertrautes Tabellenbild für den Ostberliner Verein. Vier Jahre hintereinander wurde Union Staffelsieger, nie aber gelang der Aufstieg in den bezahlten Fußball. War der Verein in den ersten beiden Anläufen in der Aufstiegsrunde an besseren Teams gescheitert, so scheiterte Union in den folgenden Jahren an sich selbst.

Unvergessen die Affäre 1993, als der Vorstand mittels einer gefälschten Bürgschaft versucht hatte, die Lizenzauflagen des DFB zu umgehen. Erst kürzlich wurde deswegen der damalige Union- Manager Pedro Brombacher wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 9.000 Mark verurteilt. Dieses Jahr fand sich niemand im Verein, der die Bürgschaft fälschen wollte, da die Banken auch nicht bereit waren – eine echte herauszurücken, war es wieder nichts mit dem Aufstieg.

Seit Jahren hat der Verein erhebliche Schwierigkeiten, seinen teuren Spielerkader zu finanzieren. 4,2 Millionen Mark Schulden wurden nach eigenen Angaben inzwischen angehäuft. Inoffiziell ist von über 6 Millionen die Rede. In dieser Saison ist der Etat von Union erneut der mit Abstand höchste in der Regionalliga.

Die Einnahmen sind dagegen eher bescheiden. Rechnungen bleiben dadurch unbezahlt, mit den Gehältern ist der Klub ständig im Verzug. Bis Ende September war unklar, ob der Verein die Winterpause überstehen würde oder Konkurs anmelden muß. Durch neue Geldgeber sei die laufende Saison abgesichert, versichern die Verantwortlichen des Sportvereins.

Wer aber die Verantwortung trägt, ist reichlich unklar. Union- Präsident Detlef Bracht trat im Juni zurück, von sieben Präsidiumsmitgliedern amtieren derzeit nur noch drei. Ein erster Termin zur Neuwahl am 28. September scheiterte, weil sich niemand bereit fand, auf dem heißen Präsidentenstuhl Platz zu nehmen. Neuer Termin sollte der 3. November sein. Auch dieser platzte, weil der Verein außerstande war, die Einladungen zur Mitgliederversammlung rechtzeitig abzusenden. Nun schieben sich die verbliebenen Vorstandsmitglieder gegenseitig die Schuld zu.

Verwundern kann da die Geduld der Spieler. Bisher verließ keiner das schwankende Boot. Ganz im Gegenteil, die Spieler siegen und siegen. Eventuell nur, um am Ende erneut um den Aufstieg gebracht zu werden.

Nach außen hin geben sich die Kicker gelassen. Daß die unklare Situation dennoch an ihnen zu nagen scheint, dafür treten sie Woche um Woche den Beweis auf dem Spielfeld an. Vier gelb-rote und sieben rote Karten sammelten die Unioner bereits in der laufenden Saison. Spektakulärster Fall der Spieler Mario Maek, der in einem Spiel der Reserve-Mannschaft den Schiedsrichter angegriffen haben soll. Sechs Jahre Sperre wurden gegen ihn verhängt. Am vergangenen Wochenende hielten sich die Spieler ausnahmsweise im Zaum. Daß dabei bloß ein Unentschieden beim Abstiegskandidaten Optik Rathenow heraussprang, erzürnte hingegen die Union-Fans. Am Spielfeldrand lieferten sie sich eine Schlägerei mit den Rathenower Ordnern, die durch einen Polizeieinsatz beendet werden mußte. Andreas Pfahlsberger