Kürzlich in der FAZ: Zwei Monate Distanzunterricht – und noch immer fehlt an vielen Schulen ein Konzept für das Homeschooling. Warum gibt es eigentlich keine Mindeststandards für Fernunterricht? Die Unzufriedenheit aller Beteiligten nimmt ja zu – und der Fernunterricht kann noch weit ins nächste Schuljahr hineinreichen1. Diese Aussage wird auch von einer Lehrkraft im Twitterlehrerzimmer bestätigt:

Prof.’in Eickelmann rief dazu auf, erfolgversprechende Konzepte zur Bewältigung der Corona- Zeiten vorzustellen. Die geringe Resonanz ist letztlich eine weitere Bestätigung ihrer Befunde, wie weit wir in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Staaten zurückliegen, etwa Dänemark2.

Ich will das Thema aufgreifen und zwei Ideen zur Diskussion stellen. Sie sind in der vorgestellten Form im Sinne einer hybriden Umsetzung (noch) nicht erprobt. Gleichwohl basiert er in großen Teilen auf langjährige Erfahrungen im Einsatz digitaler Medien im (Präsenz)Unterricht. Um es vorneweg zu sagen: Für die Abwicklung benötigt es (Dienst)Laptops für Lehrkräfte, Leihgeräte für Schülerinnen und Schüler, datensichere Lernplattformen und Konferenzsysteme. Alles da, nichts muss erfunden werden. Und: Es braucht das Know-how der Lehrkräfte, die Ideen auch umsetzen zu können. Es ist effektiv, das in Teamarbeit zu entwickeln. Steigen wir also in eine Art Mini-Fortbildung für ein virtuell gebildetes Team ein …

Blended Learning: Definition

 
Blended Learning ist ein integriertes Lernkonzept, das die heute verfügbaren Möglichkeiten der Vernetzung über Internet oder Intranet in Verbindung mit ‚klassischen‘ Lernmethoden und -medien in einem sinnvollen Lernarrangement optimal nutzt. Es ermöglicht Lernen, Kommunizieren, Informieren und Wissensmanagement, losgelöst von Ort und Zeit in Kombination mit Erfahrungsaustausch, Rollenspiel und persönlichen Begegnungen im klassischen Präsenztraining. (Sauter, 2004) 3

Alternative Begriffe wie „hybride Lernarrangements“ oder „internetgestützte Lehre“ finden angesichts der Corona-Zeit deutlich breitere Verwendung. Die Grafik von Claudia Wiepcke (2006) verdeutlicht die Komplexität dieses didaktischen Modells. Die Qualität eines hochwertigen Blended- Learning– Angebotes zeichnet sich aus durch

  • ein durchgängiges, über alle Phasen des Lernprozesses gehendes Curriculum
  • eine Wahl des Mediums, welches die Stärken der jeweiligen Phase voll zur Geltung bringt
  • ein Programm, das den Lernenden möglichst viel Freiraum einräumt (Lerntempo, Lernstil, Eingangskanäle, soziale Bindung, Module usw.)
  • eine Didaktik, die dem Spaß am Lernen Priorität einräumt.

Direkt übersetzt heißt Blended Learning „vermischtes Lernen“. Beim Blended Learning werden zwei Lernformen (Präsenzschulung und E-Learning) kombiniert und zu einer Einheit zusammengeführt. Wie jede schulweit vereinbarte Didaktik ist auch diese Form hybriden Lernens, also die Mischung aus der traditionellen Lernform (Präsenzveranstaltung) und der Online-Lernform curricular zu verankern.

Michael Kerres hat sich bereits zu SaN Zeiten mit dieser Lehr- und Lernform beschäftigt: Hybride Lernarrangements: Personale Dienstleistungen
in multi- und telemedialen Lernumgebungen

Im Folgenden stelle ich eine in den Lehrplänen des hessischen Kultusministeriums veröffentlichte Blaupause vor. In den Leitfäden der kompetenzorientierten Kerncurricula wird für eine Umsetzung ein didaktisches Modell vorgeschlagen. Das hessische Schulgesetz ermöglicht eine aus diesen Kerncurricula weiter entwickeltes, schulinternes Curriculum. D. h. das Kultusministerium “lädt” Schulgemeinden geradezu dazu ein, eine die schulinternen Bedingungen und Erwartungen berücksichtigende Fassung zu erstellen.
 

Hybrides Lehr- Lernarrangement: Blaupause

Viele Fachschaften denken mit Blick auf temporäre Schulschließungen darüber nach, wie ein Unterricht auch zu Hause stattfinden kann. Tools werden ausprobiert. Videokonferenzen werden abgehalten, Kultusministerien denken über die Einführung von Clouds und Learningmanagementsystemen (LMS) nach. Nur: Wie kann digital gestützter Unterricht und damit hybrides Lernen gelingen? Wie gestaltet sich ein didaktischer Plan, der niederschwellig genug ist, um alle Lehrkräfte mit ins Boot zu nehmen, auch und gerade diejenigen, die beginnen, sich die digitalen Wege zu erschließen?

Das in allen hessischen Kerncurricula verankerte Prozessmodell wurde mit seiner Einführung durch eine Fortbildungsinitiative begleitet. Auch wenn Werkzeuge aus Digitalien eine eher untergeordnete Rolle spielten, haben sich einige medienaffine Lehrkräfte überlegt, wie diese (analoge) Unterrichtsfolie mit Hilfe digitaler Elemente zu einem kompetenzorientierten und um digitale Elemente erweiterten Lernarrangement genutzt werden kann. Der Lehr-Lernzyklus besteht aus einer mit fünf Handlungsfeldern ausgewiesenen Spirale und zielt darauf ab, Lehrenden und Lernenden bezogen auf einen an Kompetenzen orientierten Unterricht ein Handlungsgerüst zur Verfügung zu stellen. Neue Medien werden Lerngruppen abhängig hinzugezogen, wenn sie dem individuellen Lernprozess dienlich sind.

Das Schaubild stellt, wie die Spirale andeutet, einen Lehr-Lernzyklus dar, der in eine Folge von Lehr-Lernzyklen eingebunden ist, die insgesamt einen langfristigen Kompetenzerwerb ermöglichen sollen. Lehr-Lernzyklen können eine unterschiedliche Dauer haben. Es kann sich zum Beispiel um die Bearbeitung einer Lernaufgabe, um eine fachbezogene Unterrichtseinheit, um ein fächerübergreifendes Projekt oder um die langfristige Entwicklung von Kompetenzen mit wechselndem Inhaltsbezug (etwa beim Aufbau von Argumentationskompetenz) handeln. Im Zentrum des Prozessmodells stehen Lernende und Lehrende, die in fünf Handlungsfeldern aktiv sind und Verantwortung übernehmen. Lernende erwerben Kompetenzen dadurch, dass sie selbst aktiv sind.

 

1. Phase: Lernen vorbereiten und initiieren

Aus Lehrerinnen- und Lehrersicht ist

  • ein Bezug zu Kern- und Schulcurriculum bzw. Lehrplänen herzustellen,
  • die Lernausgangslage zu bestimmen,
  • eine Transparenz der Kompetenzerwartungen herzustellen und
  • eine kognitive Aktivierung sicherzustellen.

Dabei stehen folgende Fragen im Mittelpunkt:

  • Warum ist es wichtig, den Kenntnisstand vor dem Unterricht zu erfassen?
  • Wie können wir Schülerinnen und Schüler mit anregenden Unterrichtseinstiegen besser auf das Lernen vorbereiten?
  • Wie lassen sich Kontrastierungen nutzen, um Unterrichtsinhalte lernwirksamer zu vermitteln?
  • Wie kann mit geistigen Werkzeugen die Übertragung des Gelernten auf neue Situationen unterstützt werden?
  • Welche Aufträge eignen sich zur Vertiefung des Wissens?
  • Wie können wir die Lernenden darin unterstützen, Fehlvorstellungen zu bemerken und zu ersetzen?

Aus Schülerinnen- und Schülersicht: Ich weiß und kann schon etwas. Ich habe eine Vorstellung davon, was wir vorhaben. Ich stelle Fragen und entwickle Ideen.

Hilfreiche Werkzeuge aus Digitalien: Text- und Bildverarbeitungsprogramme, Mindmap, Padlet. Lernstände ermittlen (Tutory Arbeitsblatt).

2. Phase: Lernwege eröffnen und gestalten

Aus Lehrerinnen- und Lehrersicht:

  • Situierung
  • Anforderungssituationen (Lernaufgaben)
  • Anknüpfung und Vernetzung
  • Konstruktion und Instruktion
  • Dokumentation der Lernwege

Aus Schülerinnen- und Schülersicht:
Ich arbeite alleine und mit anderen. Ich habe Ziele und erhalte Unterstützung. Ich nutze mein Können und lerne Neues. Ich sammle und zeige Spuren meiner Arbeit.

Hilfreiche Werkzeuge aus Digitalien: Text- und Bildverarbeitungsprogramme, Mindmap, Padlet. Plus: flipped classroom, Lernpfade, Quizze

3. Phase: Orientierung geben und erhalten

Aus Lehrerinnen- und Lehrersicht:

  • Lernstandsfeststellung (formativ: beurteilend, orientierend, unbewertet)
  • Selbst- und Mitschülereinschätzung
  • Feedback: Lerngespräche
  • Stärkung und Ermutigung

Aus Schülerinnen- und Schülersicht:
Ich weiß, was ich schon kann und woran ich noch arbeiten muss. Ich bekomme Rückmeldung und Beratung. Ich setze mir neue Ziele.

Hilfreiche Werkzeuge aus Digitalien: Text- und Bildverarbeitungsprogramme, Feedbacktools

4. Phase: Kompetenzen stärken und erweitern

Aus Lehrerinnen- und Lehrersicht:

  • Differenzierte Anforderungssituationen: Übung, Vertiefung, Anwendung und Transfer

Aus Schülerinnen- und Schülersicht:
Ich arbeite auf meine Ziele hin und erhalte dabei Unterstützung. Ich nutze mein Wissen und Können – auch in für mich neuen Situationen. Ich erprobe und festige, was ich gelernt habe.

Hilfreiche Werkzeuge aus Digitalien: Digitale Plattform mit Aufgaben- und Lösungsmanagement, Blog, Wiki.

5. Phase: Lernen bilanzieren und reflektieren

Aus Lehrerinnen- und Lehrersicht:

  • Anforderungssituationen (Leistungsaufgaben)
  • Leistungsfeststellung (summativ: bezogen auf Kompetenzniveaus, i. d. R. bewertet)
  • Reflexion
  • Perspektiven

Aus Schülerinnen- und Schülersicht:
Ich weiß, welche Ziele ich erreicht habe und wo ich stehe. Ich halte fest, was ich mir vornehme. Ich bringe meine Vorschläge für die Weiterarbeit ein.

Hilfreiche Werkzeuge aus Digitalien: Blog, Digitale Plattform mit individuellen Förder- und Forderplänen

Hybrides Lehr- Lernarrangement: Praxis I

Der Vorschlag ist nun eine Unterrichtseinheit (UE) in einer Lernspirale darzustellen, d. h. in den Textboxen zu den Handlungsbereichen die Links (bzw. Auftragsbeschreibungen) unterzubringen, die dann den Unterricht abbilden helfen. Im Unterricht (Präsenzphase) wie zu Hause, z. B. bei einer Videokonferenz wird dann – mittels Screensharing – der entsprechende Link (bzw. Auftrag) “aufgerufen” und abgearbeitet. Alle Materialien liegen auf der digitalen Lernplattform (siehe meinen letzten Beitrag Digitale Plattform (LMS)).

In dem o. g. Beispiel (Mathematik, Klasse 8, UE Parabel) beginne ich mit der Mitteilung an die Schülerinnen und Schüler, was die UE voraussetzt (Kasten in orange ganz oben). Dazu setze ich eine Übersicht “Who is who” ein, um das Verständnis zur Terminologie zu erleichtern (erster Link in der rechten oberen Textbox, hier in Word erstellt). Mit einem Textverarbeitungsprogramm oder mit einem Padlet sammle ich die Rückmeldungen ein. So verschaffe ich mir einen Überblick darüber, was ich im Laufe der nächsten Unterrichtswochen nachsteuern muss, entweder individuell oder – wenn es viele Lernende betrifft – global, für alle.

Anschließend stelle ich das Thema vor (2. Link: L-Präsentation: Was erwartet uns?). Die Vorstellung des Themas habe ich mit einem Präsentationsprogramm erstellt (PPP). Erneut sammle ich mit Word und/ oder einem Padlet Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler ein, was sie mit dem Thema verbinden und welche Erwartungen sie bereits jetzt an das Thema haben.

Und so weiter, und so weiter.

Hybrides Lernen kann auch bedeuten, dass man mit einem Teil der Klasse in der Schule zusammenarbeitet, während der andere Teil zu Hause ist. Wie gelingt hier eine Zusammenarbeit? Mit einer Videokonferenz, mit classroom Screen und Screensharing. Voraussetzung: Die Lerngruppe ist in das Verfahren eingeführt und benötigt somit “nur noch” den Arbeitslink. Ich entscheide noch, mit welcher Sozialform ich das Ganze abgearbeitet bekommen will: Einzelarbeit, Gruppenarbeit (dann in Nutzung eines sogenannten Breakout- Room Verfahrens), Think-Pair- Share, u. v. m. Alles koordiniert durch die tollen kleinen Tools innerhalb der Anwendung classroomScreen:

 

 

In dem Screenshot habe ich nun zur Bearbeitung “Einstiegsaufgaben in Gruppenarbeit mit S-Präsentation” aufgerufen (letzte Option im ersten Handlungsfeld, noch zu verlinken mit einer Worddatei mit Aufgaben, passend zu den zuvor eingesammelten Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler, siehe oben). Im Klassenraum bilden sich Kleingruppen, zu Hause werden mittels der Videokonferenz Breakout Rooms gebildet. Hier muss die Lehrkraft unbedingt auf die Rollen Zeitwächter, Moderation und Präsentator/-in aufmerksam machen, da die oben abgebildete Uhr nicht “mitgenommen” wird. Ich kann natürlich als Lehrkraft in den Raum gehen und “nach dem Rechten” schauen. Jede Intervention will jedoch gut überlegt sein, sie schafft Unruhe. Daher habe ich bereits nach 20 Minuten eine Unterbrechung eingeplant, um sich im “Plenum” abzugleichen bzw. um sich über das weitere Vorgehen zu verständigen.

Ich habe den Ablauf der 1. Phase in einem “Quick & dirty Video” aufgezeichnet. Einfach anhalten, wenn es zu schnell wird …

 

 

Evaluation

Noch einmal, zu großen Teilen ist das bereits von mir ausprobierte und bewährte Praxis. Ich habe regelmäßig meinen Unterricht evaluiert. Die Rückmeldungen waren immer hilfreich, für beide Seiten. Sie haben mich darin bestärkt, in der Erarbeitungsphase (Phase 2) vor allem die Instruktionsmethode zu nutzen. Die Schülerinnen und Schüler haben mich, so deren Rückmeldung, dann als sehr authentisch wahrgenommen. Sie begrüßten, dass ich viel Zeit für die Phase 4 (“Selbstständige Übungsphase”) eingeräumt habe, zwischen 1,5 und drei Wochen, je nach Jahrgangsstufe. Hier waren die Rückmeldungen: “Sie gaben uns Zeit, uns auf die Klassenarbeit/ Klausur vorzubereiten, individuellen Interessen nachzugehen (z. B. individuelle Exkursionen in Betriebe, Universitäten, wenn es sich anbot), uns auch herausfordernden Aufgaben aus dem Anforderungsbereich III zu stellen (ich habe bei der Auswahl der Aufgaben im Übungsbereich wie bei Klassenarbeiten immer die Anforderungsbereiche I, II, und III ausgewiesen) u. v. m. Die Zeit dafür habe ich eben durch den hohen Instruktionsanteil in der Phase 2 gewonnen, die ich nun in dieser Konstruktionsphase 4 sinnvoll nutzen konnte.

Das Prozessmodell funktioniert wie bereits oben ausgeführt in jedem Fach: In den hessischen Kerncurricula wird das Modell im sogenannten Leitfaden A eines jeden Faches vorangestellt. Gleichwohl gibt es – natürlich – unterschiedliche Praktiken. Mir wurde immer von fachfremden Kolleginnen und Kollegen gesagt, ein Backwards Planning System sei nur in MINT Fächern sinnvoll und meinen damit, dass es in den anderen Fächern nicht möglich sei, von der Klassenarbeit/ Klausur ausgehend, dort Kompetenzerwartungen ausweisend rückwärts den Unterricht zu entwickeln. Aus vielen Rückmeldungen der Fortbildnerinnen und Fortbildner aus dem Sprach- und geisteswissenschaftlichen Bereich weiß ich, dass das so nicht stimmt. Wie auch immer: Es gilt, einen eigenen Weg zu finden

Daher noch eine weitere Möglichkeit, das hessische Modell zu leben. Das folgende Video stellt eine Umsetzung einer Deutsch- und Englisch- Kollegin vor, die vor allem auf ein sogenanntes E-Portfolio setzt. Ich habe ihren Plan – Do – Check – Act – Ansatz4 per Videoscreen einmal aufgezeichnet:

Hybrides Lehr- Lernarrangement: Praxis II

Schlussbemerkungen

Die hier vorgestellten Ideen haben sich bereits in der Unterrichtspraxis bewährt. Bezüglich Videokonferenz müssen sich die Ansätze noch bestätigen … hier muss also ein Test her … durch Sie? Gerne arbeite ich in Updates Erfahrungen von Ihnen ein. Lassen Sie es mich ggfs. via Kontaktformular wissen …

In aktuellen Twitterbeiträgen ist immer wieder von einem “großen Wurf”, “Bildung 4.0” etc. die Rede. Ich bin da zugegebenermaßen zurückhaltender. So sehr ich meine Blaupausen einmal umgesetzt sehen möchte, akzeptiere ich die aktuellen Rahmenbedingungen. Mein Vorschlag ist niederschwellig gedacht, z. B. eine Steuergruppe/ die Schulleitung

  • stellt einen Plan B dafür auf, der nach den Sommerferien auch dann einen Unterricht ermöglicht, wenn es zu einer Zwei- und Mehrteilung einer Lerngruppe kommen sollte
    • Endgeräte für Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler
    • Bereitstellung einer datenschutzkonformen digitalen Plattform (LMS)
    • Bereitstellung eines datenschutzkonformen Videokonferenzsystems
  • ermöglicht Teams, hybride Modelle
    • zu testen und
    • dem Kollegium vorzustellen
  • wertet Erfahrungswerte anderer Schulen aus:
    • In einem ZEIT- Artikel5 wird das Gymnasium Neubeuern, eine Privatschule südlich von Rosenheim vorgestellt. Die Schule hat ein Modell aus New York adaptiert, das von der Bertelsmann-Stiftung in einem Videobeitrag näher vorgestellt wird: Die Schülerinnen und Schüler entscheiden selbst, mit welchen Lernmodulen sie sich beschäftigen wollen. Videobasierte Module sind über die schulinterne Lernplattform abrufbar. Jede Schülergruppe wird von zwei Lehrkräften begleitet, die bei Verständnisfragen helfen. Für die Erledigung der Module werden Termine gesetzt.  In den nachfolgenden Unterrichtsstunden wird das Erlernte vertieft, geübt und praxisnah angewandt.
    • Marc Albrecht hat ein Padlet entwickelt und lädt Schulleitungen ein, ihre Überlegungen, Ideen, Umsetzungen einzutragen. Eine tolle Idee, wie ich finde …

Auch organisatorisch ist vieles zu überdenken und auszuprobieren. Auch hierzu einige Ideen6:

  • Einführung von A / B-Stundenplänen, bei denen einige Schülerinnen und Schüler an A-Tagen und andere an B-Tagen kommen. Diejenigen, die nicht in der Schule sind, werden zu Hause eingebunden (s.o.). Eine andere Variante: Halbe Tage, an denen die eine Hälfte der Lernenden morgens und die andere Hälfte nachmittags zur Schule kommt.
  • Kohorten: Die Lernenden werden in kleine Gruppen eingeteilt, die den ganzen Tag zusammen bleiben, z. B. lernschwach – lernstark. 
  • Auflösung der 45-90 Minuten RhythmenDie Lerngruppe/ Kurs wird über ein-zwei Wochen von derselben Lehrkraft unterrichtet und wechselt dann zu einer anderen Lehrkraft. Anstatt den Fachunterricht einmal pro (Doppel)Stunde zu wechseln, findet ein Wechsel etwa alle zwei Wochen statt.
  • Eine Lehrkraft unterrichtet mehrere Fächer. Damit das funktioniert, muss die Lehrkraft möglicherweise auf einen eher projektbasierten Lernansatz umsteigen, bei dem die Schülerinnen und Schüler an langfristigen Projekten beteiligt sind, mit einem vernetzten Lernen über mehrere Fächer.
  • Individuelle Lernpläne
    • Einige Schülerinnen und Schüler erhalten einen Vollzeitunterricht zu Hause ohne digitale Unterstützung. Diese Lernenden erhalten die Aufgaben in Papierform und werden regelmäßig von einer Lehrkraft (i. d. R. der/ die Klassenlehrer/-in) besucht (Prinzip Nachhilfe). Mag im ersten Moment unrealistisch klingen, ist aber m. E. ein Gedanke wert. Dieses Format ist vor allem dann einzuplanen, wenn Lernende wie Eltern einen digital gestützten Unterricht ablehnen.
    • Schülerinnen und Schüler erhalten einen Vollzeitunterricht zu Hause mit digitaler Unterstützung, z. B. via digitaler Plattform.
    • Es werden Kohorten (s.o.) gebildet, die einige Tage zur Schule kommen. Für diese Gruppen werden Wochenpläne erstellt, deren Bedürfnisse ähnlich sind. Das hilft den Aufwand zu reduzieren.
  • Fernunterricht im klassischen Sinne, mit videobasierten Angeboten der Lehrkräfte.
  • Prüfungsformate: Rechtliche Bewertung (Oliver Schmitz, Schulleiter der Kaiserin-Theophanu-Schule Köln-Kalk), Leistungsbewertung zu Hause (ehemals Oberstufenkoordinator bei Voltaireschule Potsdam)
  • Lernstand diagnostizieren, z. B. via Lernbrücken aus Baden-Württemberg

Und zum Abschluss eine, auch für Schulen nutzbare Sketchnote von Evelyn Kraft, eine eindrucksvolle Übersicht mit ergänzenden Ideen von Michael Graf sowie ein Wakelet mit Rückmeldungen nach einem Aufruf im Twitterlehrerzimmer.

Übrigens, Jennifer Gonzales (Pädagogin, USA) hat sich ebenfalls mit dem Blackwards Design auseinandergesetzt. Wie immer mit einem individuellen Blick auf ihre Unterrichtserfahrung: Backward Design: The Basics

 

Jetzt fehlt es eigentlich nur noch an einer professionellen Auswertung (Evaluation) dieser Konzepte. Vielleicht finden sich ja eine Didaktikerin, ein Didaktiker für diese wertvolle Arbeit? Den Schulen wäre es jedenfalls zu wünschen …

Bild: Luisella Planeta Leoni @pixabay

Footnotes

  1. https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/klassenzimmer/corona-schule-welche-standards-brauchen-wir-fuers-homeschooling-16769245.html
  2. https://www.ndr.de/nachrichten/info/Birgit-Eickelmann-im-Gespraech,audio684044.html
  3. https://de.wikipedia.org/wiki/Integriertes_Lernen
  4. http://slides.com/taifun/deck-3-5#/
  5. https://www.zeit.de/2019/05/digitale-schule-unterricht-hilfsmittel-internet-laptop-internat-schloss-neubeuern
  6. https://www.cultofpedagogy.com/reopening-school-what-it-might-look-like