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Panorama Sturm aufs Kapitol

Der Q-Schamane – Wer ist der Mann mit den Büffelhörnern?

Neues Video zeigt, mit welcher Gewalt der Mob im Kapitol randalierte

Noch immer stehen die USA unter Schock. Ein neues Video zeigt die brachiale und menschenverachtende Gewalt des Mobs gegenüber der Polizei im Inneren des Kapitols. Unterdessen wird die Sorge größer, dass dieser Ansturm noch nicht der Tiefpunkt war.

Quelle: WELT / Dagmar Boehning

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Nazi-Tattoos, nackter Oberkörper, Pelzmütze mit Hörnern: Jake Angeli war eine der auffälligsten Figuren beim Sturm auf den Senat in Washington. Der 32-Jährige verkörpert beispielhaft die wirre Weltsicht einiger Trump-Unterstützer.

Er hat es auf die Titelseiten von Zeitungen weltweit gebracht, aber Interviews, nein, die gibt Jake Angeli etablierten Medien wie etwa „The Republic“ eigentlich aus Prinzip nicht – mit den Verbreitern von Fake News rede er nicht, ließ er dem US-Magazin auf dessen Anfrage hin ausrichten.

Wer also wissen will, was den 32-Jährigen antreibt, der mit seinem auffälligen Aussehen – nackter Oberkörper, Fellmütze mit Hörnern – eine der ungewöhnlichsten Figuren unter den Menschen war, die am Mittwoch das Kapitol in Washington stürmten, der muss vor allem in den sozialen Medien recherchieren.

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Dort finden sich vereinzelt Porträts, Videoschnipsel, aber auch Wortbeiträge des durchtrainierten Tattoo-Fans, die zumindest auf seine Beweggründe schließen lassen.

Im Mai 2020 etwa erklärte er einer Reporterin der „Arizona Republic“, die ihn am Rande eines Pro-Trump-Events – offenbar undercover – ansprach, dass er seinen Präsidenten unterstützen und gegen die Kritik der Medien in Schutz nehmen wolle.

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Sinngemäß sagt Angeli, er sehe all die Kritik in den Medien an Trump und an dem, was er tue. Aber es gebe auch eine andere Sichtweise. Er (Trump) soll sehen, dass es auch Menschen gebe, die ihn unterstützen, gute Leute, echte Patrioten.

Klar also, dass Angeli als „echter Patriot“ auch bei der Pro-Trump-Demo am Mittwoch in Washington vor Ort war und dass er es, gemeinsam mit Dutzenden anderen Demonstranten, sogar ins Kapitol geschafft hat.

Jake Angeli ist Schauspieler, manchmal jedenfalls

Die Fotos des stark tätowierten Mannes mit der auffallenden Kopfbedeckung (eine sogenannte Buffalo Cap aus Fell und mit Tierhörnern), der seinen Triumph herausschrie, gingen um die Welt – und erfüllten definitiv ein Bedürfnis des Protagonisten, nämlich dem nach Aufmerksamkeit.

Angeli sehe sich selbst als Figur aus dem Showbusiness, er träume von einer Karriere als Schauspieler oder Sänger und arbeite gelegentlich als Synchronsprecher, berichten US-Medien. Die Kopfbedeckung, die Gesichtsbemalung, der nackte Oberkörper – all das diene dazu, Aufmerksamkeit zu erringen, schrieb die Zeitung „Arizona Republic“, mit der Angeli dann doch offenbar ein paar Sätze mehr gewechselt hat.

Hitziger Wortwechsel mit den Sicherheitskräften
Hitziger Wortwechsel mit den Sicherheitskräften
Quelle: AP

Doch neben Narzissmus und Sehnsucht nach dem Showeffekt treibt Angeli offenbar auch eine Ideologie an, die in den USA weitverbreitet ist.

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Angeli ist „Qanon“-Anhänger, er glaubt also an eine Verschwörung in höchsten Regierungskreisen, an geheime Kinderschänderringe und die ominöse, längst widerlegte „Pizza Connection“, die immer wieder Schlagzeilen macht.

Bei Qanon machte es dann klick

Es ist diese so typische, toxische Kombination aus übersteigertem Individualismus, einem zugespitzten Freiheitsbegriff und Verschwörungstheorien, die so viele Anhänger des (noch amtierenden) US-Präsidenten Trump teilen. Quell all dieser Theorien ist – und auch das bestätigte Angeli in seinen letztlich doch recht zahlreichen Wortmeldungen – das Internet. „Ab einem bestimmten Punkt hat alles irgendwie geklickt“, wird er in einem Porträt von „Arizona Republic“ zitiert. Dann habe er gedacht: „Ach du lieber Gott. Ich sehe jetzt die Realität dessen, was los ist.“

Die Gruppe, mit der Angeli das Capitol betreten hat
Die Gruppe, mit der Angeli das Capitol betreten hat
Quelle: AP

Es folgen diverse Stichworte in seinen Ausführungen, die auch in einschlägigen deutschen Telegram-Gruppen populär sind – über den angeblichen Einfluss der Illuminaten, der Freimaurer und der Bilderberg-Gruppe, sprich, den Akteuren, die heimlich die Welt kontrollieren würden.

Klar, dass dazu wohl auch noch eine gehörige Portion Antisemitismus kommt. Auf seiner Brust trägt der selbst ernannte „Q-Schamane“ - den man im Internet auch als „schamanischen Praktiker und energetischer Heiler“ buchen kann - ein Runensymbol, wie es auch in der Neonazi-Szene und insbesondere bei White Supremacists als Tattoo durchaus beliebt ist.

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Dass ein Mann wie Angeli mit nackter Brust und eben dieser Tätowierung im Senat posierte, dürfte denn auch eine Schande sein, die die USA so schnell nicht werden vergessen können – zumal er nicht der Einzige mit einer fragwürdigen Weltsicht war: Auch ein Demonstrant mit einem mit „Camp Auschwitz“-bedruckten Kapuzenpullover wurde gesichtet.

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Ob Angeli von seinem fragwürdigen Ruhm auf Dauer profitieren kann, ist offen. Finanziell jedenfalls sieht es (noch) eher düster aus: Als er Wochen vor dem sogenannten „Million Maga March“ am 12. Dezember ein Crowdfunding startete, das ihm zwecks Teilnahme die Fahrtkosten nach Washington in Höhe von 800 Dollar ersetzen sollte, kamen gerade mal 50 Dollar zusammen. Zur Demo hat es der Q-Schamane natürlich trotzdem geschafft – wie auch immer.

krott

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