Gegen mindestens 407 Polizeibeamte der Länder werden aktuell Disziplinarverfahren oder Ermittlungen wegen Verdachts auf eine rechtsextremistische Gesinnung und/oder Verschwörungsideologie geführt. Das geht aus einer Abfrage hervor, die stern und RTL in den 16 Innenministerien der Bundesländer durchgeführt haben. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen, da mit Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen drei Bundesländer keine aktuellen Zahlen liefern konnten.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul sagte zu stern/RTL: "Polizistinnen und Polizisten, die nicht auf dem Boden der Verfassung stehen, sondern extremistische Ansichten verfolgen, sind eine große Gefahr für die Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. (…) Diese Menschen will ich nicht bei der Polizei haben."
Polizeibeauftragter des Bundes: "Die Gefahr ist so groß wie noch nie"
Auch der unlängst in Dienst getretene Polizeibeauftragte des Bundes beim Deutschen Bundestag, Uli Grötsch (SPD), sieht ein enormes Bedrohungspotenzial: "Wir leben in Zeiten, in denen von Rechtsextremen gezielt versucht wird, die Polizeien zu destabilisieren", sagt er. "Die Gefahr ist so groß wie noch nie. Für das ganze Land. Und deshalb auch für die Polizeien."
Berlin meldet 96 Disziplinarvorgänge gegen Polizeibeamte in Bearbeitung, kann aber keine Auswertung nach Phänomenbereichen wie etwa "rechts" oder "links" vornehmen. Mecklenburg-Vorpommern meldet aktuelle Zahlen erst im dritten Quartal dieses Jahres. Baden-Württemberg meldet lediglich den Stand zum 31. Dezember 2023. Andere Länder wie Bremen machen keine Angaben dazu, ob Verfahren und Ermittlungen gegen Polizisten bereits abgeschlossen sind oder noch laufen.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, dass mit Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Thüringen vier Bundesländer keine aktuellen Zahlen liefern konnten. Das Innenministerium in Thüringen meldete den aktuellen Stand am Freitag, 5. April, jedoch nach. Demnach laufen aktuell sieben Ermittlungs- und Disziplinarverfahren aus den Jahren 2020 bis 2023, wobei die Zahlen auch für den abgefragten Zeitraum "noch nicht vollständig valide" seien, da im Rahmen der Ermittlungen weitere Erkenntnisse erlangt werden könnten, die eine Tatmotivation (etwa Rechtsextremismus) veri- oder falsifizieren könnten. Wir haben die Gesamtzahl der aktuell laufenden Verfahren dementsprechend aktualisiert.