Nach den umstrittenen Abstimmungen zur Migrationspolitik im Bundestag haben mehrere Bündnisse auch für dieses Wochenende zu Protesten aufgerufen. An einer Demonstration in Hamburg nahmen nach Polizeiangaben 65.000 Menschen teil, wie der NDR berichtet. Die Veranstalter sprachen demnach sogar von 80.000 Teilnehmern. Zu der Großdemonstration unter dem Titel "Hamburg steht zusammen: Wer mit Faschisten paktiert, hat nichts kapiert!" aufgerufen hatte unter anderem Fridays for Future. Bereits am Vortag waren in Hamburg 25.000 Menschen auf die Straße gegangen.

Der Protest richtete sich vor allem gegen Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) und die von ihm initiierten Abstimmungen zur Migrationspolitik, bei denen Unionsabgeordnete in dieser Woche gemeinsam mit der AfD gestimmt hatten. Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer warf Merz in einer Rede einen "Dammbruch" vor. "Lasst uns in den nächsten Wochen zeigen: Nicht mit uns, nicht mit unserer Demokratie", sagte sie.

Auch in anderen Bundesländern gab es Großdemonstrationen. Tausende Menschen beteiligten sich an einer Demonstration in Leipzig unter dem Motto "Brandmauer statt Brandstifter". Die Polizei sprach von 9.000, die Veranstalter von 15.000 Teilnehmern. 

In München waren bereits am Vormittag die Omas gegen Rechts auf die Straße gegangen, in der Innenstadt von Karlsruhe zogen nach Polizeiangaben etwa 5.000 Menschen unter dem Motto "Wir sind die Brandmauer" durch die Innenstadt. Gerechnet worden war mit rund 500 Teilnehmern. An einer gleichnamigen Demonstration in Mannheim beteiligten sich nach Polizeiangaben ebenfalls mehrere Tausend Menschen. Auch dort waren weniger Teilnehmer erwartet worden. 

Proteste gegen Merz in NRW

In Köln wurde die angemeldete Teilnehmerzahl von 3.000 nach Polizeiangaben ebenfalls deutlich überschritten. Mehrere Teilnehmer hielten Banner in die Höhe, auf denen das C in CDU durchgestrichen war. Auch in anderen Städten in Nordrhein-Westfalen – dem Heimatbundesland von Merz – gab es Proteste, darunter in Essen, wo laut Polizei etwa 14.000 Menschen demonstrierten, und in Aachen.     

Zahlreiche Menschen versammeln sich bei einer Demonstration gegen die Migrationspolitik der CDU auf dem Marktplatz. Der Bundestag hatte am Mittwoch mit Unterstützung der AfD einem Antrag der Union zugestimmt, der Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen vorsieht. © Sebastian Willnow/​dpa

Deutlich mehr Menschen als angenommen gingen auch in Neu-Isenburg auf die Straße. Der Protest in der südhessischen Stadt richtete sich gegen eine Wahlkampfveranstaltung der AfD. Während dieser Demonstration kam es nach Polizeiangaben zu mehreren Vorfällen. So hätten Teilnehmer versucht, zwei Polizeifahrzeuge in Brand zu setzen, eines davon sei beschädigt worden. Zudem hätten sich etwa 30 bis 40 Personen an einer Sitzblockade vor einer Zufahrt zu der Veranstaltungshalle beteiligt. Bereits zuvor hätten mehrere Personen eine Absperrung durchbrochen und Einsatzkräfte angegriffen. Ein Polizist und ein Teilnehmer der Demonstration seien verletzt worden, sagte eine Sprecherin.

Proteste gab es auch gegen den Bundeskongress der inzwischen aufgelösten AfD-Jugendorganisation Junge Alternative im thüringischen Apolda.

"CDUAFD verhindern" steht auf einem Schild eines Demonstranten in Frankfrut am Main. © Salome Roessler/​dpa

Weitere Proteste sind am Sonntag geplant. In Berlin werden unter anderem die Musikerinnen Nina Chuba und Mine zu einer Demonstration erwartet. Angekündigt haben sich auch Klimaaktivistin Neubauer sowie der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. Als Redner bei der Demonstration auftreten soll zudem Michel Friedman. Der jüdische Publizist war bis vor Kurzem Mitglied der CDU, verließ die Partei aber aus Protest gegen die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD. 

Menschen demonstrieren gegen die Junge Alternative (JA) vor der Stadthalle im thüringischen Apolda, wo am Wochenende der Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation tagt. © Michael Reichel/​dpa