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- Queers & Refugees - Studie "LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin -Auf dem Weg zur Teilhabe. Eine qualitative Studie im Rahmen der Weiterentwicklung des Fachmonitorings des Gesamtkonzepts zur Integration und Partizipation Geflüchteter"

2024, Studie "LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin -Auf dem Weg zur Teilhabe. Eine qualitative Studie im Rahmen der Weiterentwicklung des Fachmonitorings des Gesamtkonzepts zur Integration und Partizipation Geflüchteter"

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Çetin, Zülfukar. “- Queers & Refugees - Studie ‘LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin -Auf Dem Weg Zur Teilhabe. Eine Qualitative Studie Im Rahmen Der Weiterentwicklung Des Fachmonitorings Des Gesamtkonzepts Zur Integration Und Partizipation Geflüchteter.’” Studie "LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin -Auf Dem Weg Zur Teilhabe. Eine Qualitative Studie Im Rahmen Der Weiterentwicklung Des Fachmonitorings Des Gesamtkonzepts Zur Integration Und Partizipation Geflüchteter", 2024.

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Çetin, Z. (2024). - Queers & Refugees - Studie "LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin -Auf dem Weg zur Teilhabe. Eine qualitative Studie im Rahmen der Weiterentwicklung des Fachmonitorings des Gesamtkonzepts zur Integration und Partizipation Geflüchteter". Studie "LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin -Auf Dem Weg Zur Teilhabe. Eine Qualitative Studie Im Rahmen Der Weiterentwicklung Des Fachmonitorings Des Gesamtkonzepts Zur Integration Und Partizipation Geflüchteter".

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Çetin, Zülfukar. “- Queers & Refugees - Studie ‘LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin -Auf Dem Weg Zur Teilhabe. Eine Qualitative Studie Im Rahmen Der Weiterentwicklung Des Fachmonitorings Des Gesamtkonzepts Zur Integration Und Partizipation Geflüchteter.’” Studie "LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin -Auf Dem Weg Zur Teilhabe. Eine Qualitative Studie Im Rahmen Der Weiterentwicklung Des Fachmonitorings Des Gesamtkonzepts Zur Integration Und Partizipation Geflüchteter", 2024.

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Çetin Z. - Queers & Refugees - Studie "LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin -Auf dem Weg zur Teilhabe. Eine qualitative Studie im Rahmen der Weiterentwicklung des Fachmonitorings des Gesamtkonzepts zur Integration und Partizipation Geflüchteter". Studie "LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin -Auf dem Weg zur Teilhabe Eine qualitative Studie im Rahmen der Weiterentwicklung des Fachmonitorings des Gesamtkonzepts zur Integration und Partizipation Geflüchteter". 2024;

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Çetin, Z. (2024) “- Queers & Refugees - Studie ‘LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin -Auf dem Weg zur Teilhabe. Eine qualitative Studie im Rahmen der Weiterentwicklung des Fachmonitorings des Gesamtkonzepts zur Integration und Partizipation Geflüchteter,’” Studie "LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin -Auf dem Weg zur Teilhabe. Eine qualitative Studie im Rahmen der Weiterentwicklung des Fachmonitorings des Gesamtkonzepts zur Integration und Partizipation Geflüchteter".

Abstract

Das Unterstützungssystem für queere beziehungsweise LSBTIQ*-Geflüchtete in Berlin ist von Ambivalenzen geprägt. Einerseits erfährt es im Vergleich zu anderen Bundesländern Anerkennung, da in Berlin eine vergleichsweise starke Zivilgesellschaft existiert, die sich allgemein für queere Menschen einsetzt, insbesondere für diejenigen, die eigene Fluchterfahrungen gemacht haben, um politischen Einfluss zu nehmen. Daher existiert eine starke Unterstützungslandschaft für LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin. Andererseits wird das staatliche Hilfesystem für Geflüchtete generell kritisiert, da es für viele Betroffene, und somit auch für LSBTIQ+ Geflüchtete, als überbürokratisiert und unflexibel erscheint. In diesem Kontext gestaltet sich der Zugang zu materiellen und immateriellen Ressourcen als erschwert, was die Teilhabechancen in verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens beeinträchtigt. Die Ursachen für diese Zugangserschwernisse und eingeschränkten Teilhabechancen sind institutionell bedingt und gelten für alle geflüchteten Personen. Für LSBTIQ+ Geflüchtete kommt jedoch hinzu, dass Behörden und andere (nicht-)staatliche Institutionen nicht nur über unzureichend queersensible und rassismuskritische Ansätze verfügen, sondern es ihnen auch an spezifischem Wissen über die Lebenslagen von Queers mit Fluchterfahrung mangelt. Das erschwert den Zugang zu Teilhabe für diese Personengruppe weiterhin. Der vorliegende Forschungsbericht widmet sich sowohl diesen Wissenslücken als auch dem Stand der Teilhabe queerer Geflüchteter in bestimmten Lebensbereichen. Zu diesem Zweck wurde im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung der Weiterentwicklung des Fachmonitorings zum Gesamtkonzept zur Integration und Partizipation Geflüchteter, Querschnittsthema LSBTIQ+ Geflüchtete, die qualitative Studie durchgeführt, um Informationen über Teilhabechancen der queeren Geflüchteten zu sammeln und diese weiter zuvermitteln.

Studie „LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin – Auf dem Weg zur Teilhabe. Eine qualitative Studie im Rahmen der Weiterentwicklung des Fachmonitorings des Gesamtkonzepts zur Integration und Partizipation Geflüchteter“ Verfasst von Prof. Dr. Zülfukar Çetin Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung..........................................................................................................................3 2. Erhebungs- und Auswertungsmethode ...................................................................................4 2.1. Narrative Interviews mit queeren Geflüchteten..................................................................4 2.2. Expert*inneninterviews mit zivilgesellschaftlichen Akteur*innen im Handlungsfeld...............5 2.3. Qualitative Inhaltsanalyse ..............................................................................................5 3. Teilhabe von LSBTIQ+ Geflüchteten in Berlin .......................................................................6 3.1 Zugang zu sicherer Unterbringung.................................................................................8 3.2 Zugang zu Wohnraum ................................................................................................ 10 3.3. Zugang zur Gesundheitsversorgung............................................................................... 11 3.4 Zugang zu Arbeit/Bildung ............................................................................................ 12 4. Weitere Faktoren, die Teilhabemöglichkeiten beeinflussen ..................................................... 14 4.1 Sicherheit................................................................................................................... 14 4.2 Diskriminierung und Antidiskriminierung ....................................................................... 16 4.3 Communitystrukturen .................................................................................................. 17 5. Fazit und Handlungsempfehlungen (Ausblick) ...................................................................... 19 5.1. Handlungsempfehlungen für sichere Unterbringung......................................................... 20 5.2. Handlungsempfehlungen für sicheren Wohnraum ............................................................ 21 5.3. Handlungsempfehlungen für Bildung und Arbeit ............................................................. 21 5.4. Handlungsempfehlungen für den Zugang zur Gesundheitsversorgung................................. 22 Literatur ............................................................................................................................. 25 1 Kontakt und Impressum Prof. Dr. Zülfukar Çetin Evangelische Hochschule Berlin (EHB) Teltower Damm 118-122, 14167 Berlin Telefonnummer: +49 (0) 30 845 82 221 E-Mail: zuelfukar.cetin@eh-berlin.de Autor*in: Prof. Dr. Zülfukar Çetin Das Projekt wurde gefördert von der Beauftragten des Senats für Integration und Migration aus Mitteln der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung. 2 1. Einleitung Das Unterstützungssystem für queere beziehungsweise LSBTIQ*-Geflüchtete in Berlin ist von Ambivalenzen geprägt. Einerseits erfährt es im Vergleich zu anderen Bundesländern Anerkennung, da in Berlin eine vergleichsweise starke Zivilgesellschaft existiert, die sich allgemein für queere Menschen einsetzt, insbesondere für diejenigen, die eigene Fluchterfahrungen gemacht haben, um politischen Einfluss zu nehmen. Daher existiert eine starke Unterstützungslandschaft für LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin. Andererseits wird das staatliche Hilfesystem für Geflüchtete generell kritisiert, da es für viele Betroffene, und somit auch für LSBTIQ+ Geflüchtete, als überbürokratisiert und unflexibel erscheint. In diesem Kontext gestaltet sich der Zugang zu materiellen und immateriellen Ressourcen als erschwert, was die Teilhabechancen in verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens beeinträchtigt. Die Ursachen für diese Zugangserschwernisse und eingeschränkten Teilhabechancen sind institutionell bedingt und gelten für alle geflüchteten Personen. Für LSBTIQ+ Geflüchtete kommt jedoch hinzu, dass Behörden und andere (nicht-)staatliche Institutionen nicht nur über unzureichend queersensible und rassismuskritische Ansätze verfügen, sondern es ihnen auch an spezifischem Wissen über die Lebenslagen von Queers mit Fluchterfahrung mangelt. Das erschwert den Zugang zu Teilhabe für diese Personengruppe weiterhin. Der vorliegende Forschungsbericht widmet sich sowohl diesen Wissenslücken als auch dem Stand der Teilhabe queerer Geflüchteter in bestimmten Lebensbereichen. Zu diesem Zweck wurde im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung der Weiterentwicklung des Fachmonitorings zum Gesamtkonzept zur Integration und Partizipation Geflüchteter, Querschnittsthema LSBTIQ+ Geflüchtete, die qualitative Studie durchgeführt, um Informationen über Teilhabechancen der queeren Geflüchteten zu sammeln und Antworten auf die folgenden Fragen zu finden: • Inwiefern erfahren LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin Teilhabe? • Welche Faktoren begünstigen oder erschweren dies? • Wie ist der Stand der Teilhabe von LSBTIQ+ Geflüchteten in Berlin? • Welche Erfolgsfaktoren und Barrieren lassen sich für die Teilhabe von LSBTIQ+ Geflüchteten identifizieren, und welche Handlungsbedarfe ergeben sich ggf. daraus? 3 2. Erhebungs- und Auswertungsmethode Die Interviews zu der vorliegenden Studie wurde im Oktober und November 2023 durchgeführt. Insgesamt fanden 13 Interviews statt, sieben narrative Interviews mit queeren Geflüchteten und sechs Expert*inneninterviews mit Akteur*innen aus queeren community-basierten Organisationen, die sich auch mit Flucht und Migration auseinandersetzen. Von den Organisationen haben zwei zugestimmt, namentlich genannt zu werden. Dies sind die Schwulenberatung Berlin und der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg. Weitere Organisationen werden auf eigenen Wunsch nicht namentlich genannt. 2.1. Narrative Interviews mit queeren Geflüchteten Narrative Interviews zielen darauf ab, detaillierte Erzählungen über spezifische, für die Forschung relevante Lebensabschnitte und/oder Lebensgeschichten der interviewten Personen zu erhalten. Die Interviewpartner*innen werden zunächst dazu aufgefordert, frei über ihr Leben oder einen bestimmten Lebensabschnitt zu berichten. In dieser Studie wurden die interviewten Personen gebeten, zunächst über ihre aktuelle Situation in Berlin zu erzählen. Nach der Haupterzählung bzw. in der Nachfragephase wurden forschungsspezifische Fragen gestellt, um die narrativen Interviews zielgerichtet aufrechtzuerhalten. Die Interviews mit LSBTIQ+ Geflüchteten verfolgten das Ziel, das Erfahrungswissen der Erzähler*innen an ein Fachpublikum in den Bereichen Soziale Arbeit, Verwaltung, Politik und Forschung zu vermitteln, um die Wissensgrundlage im Themenfeld LSBTIQ+ Geflüchtete in Berlin zu verbessern. Interviewpartner*innen und Zugang zu ihnen: Ati*: Zum Zeitpunkt des Interviews lebt Ati seit drei Monaten in Berlin. Sie ist eine 27-jährige Transfrau und stammt aus der Türkei. Ati* befindet sich noch in der ersten Phase ihres Asylverfahrens und ist derzeit in einer Unterkunft des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) untergebracht. Der Kontakt zu Ati* wurde durch den Türkischen Bund in Berlin Brandenburg e. V. (TBB) vermittelt. Ali* und Cem: Ali und Cem leben seit fünf Monaten in Deutschland und befinden sich noch im Asylverfahren und warten auf den Bescheid zu ihrem Asylantrag. Sie sind als schwules Paar aus der Türkei nach Berlin gekommen und haben bei ihrer Antragstellung auf ihre Partnerschaft hingewiesen. Anders als bei heteronormativ lebenden Paaren oder Familien wurden sie aber als ledig behandelt und ihr Antrag wurde individuell bearbeitet. Sie sind in derselben Unterkunft wie Ati untergebracht. Ali und Cem wurden gemeinsam interviewt. Shems: Shems lebt seit 20 Monaten in Berlin und hat zuvor zwei Jahre als Geflüchteter aus dem Iran in Griechenland verbracht. Aufgrund der Dublin-Regelung ist sein Asylverfahren noch nicht 4 abgeschlossen. Shems lebt in der landeseigenen LSBTIQ+-Unterkunft, die vom LAF betrieben wird, und bezeichnet sich als cis-schwul. Der Kontakt zu ihm wurde durch einen Verein, der nicht namentlich genannt wird, vermittelt. Harun*: Harun* lebt seit 2017 in Deutschland, ist zunächst aus Studienzwecken nach Deutschland gekommen und musste aufgrund der Jina-Revolution im Iran einen Asylantrag stellen. Sein*ihr Asylverfahren konnte innerhalb von zwei Monaten nach Antragstellung abgeschlossen werden. Harun* ist eine non-binäre Person ohne Pronomen und lebt in einer eigenen Wohnung. Der Kontakt zu Harun* wurde durch eine Organisation, die nicht namentlich genannt wird, hergestellt. Ahmed: Lebt seit 2015 in Deutschland und ist aufgrund des Krieges aus Syrien geflüchtet. Sein Asylverfahren wurde anfangs relativ schnell (in 2 Monaten) abgeschlossen. Seit 2016 lebt er in einer eigenen Wohnung in Berlin und arbeitet als Sozialarbeiter in einer queeren Organisation. Der Kontakt zu Ahmed wurde durch die Schwulenberatung Berlin gGmbH hergestellt. Mehmed: Mehmed* lebt seit 2015 in Deutschland, stammt aus Syrien und arbeitet derzeit als Sozialarbeiter in einer queeren Organisation mit queeren Geflüchteten und anderen queeren Menschen unterschiedlicher Altersgruppen. Zusätzlich ist Mehmed als Sprachmittler tätig. Bei seinem Asylantrag hat er sein Queerness nicht als Asylgrund angegeben. Mehmed lebt derzeit in einer eigenen Wohnung, und der Kontakt wurde durch die Schwulenberatung Berlin gGmbH hergestellt. 2.2. Expert*inneninterviews mit zivilgesellschaftlichen Akteur*innen im Handlungsfeld Parallel zu den narrativen Interviews wurden ebenfalls Expert*innen interviewt, um mögliche Problemfelder für die Zielgruppe zu identifizieren und um potenzielle Handlungsstrategien zu entwickeln. Die Interviewpartner*innen sind Expert*innen im Bereich queer- und fluchtbezogener Sozialarbeit und setzen sich für die Interessen der queeren Geflüchteten ein, indem sie politische Forderungen stellen und Advocacy-Arbeit leisten. Die Expert*innen verfügen über interdisziplinäres Fachwissen und bringen oft wertvolles Erfahrungswissen als queere Menschen mit oder ohne eigene Flucht- und Migrationsgeschichte ein. Der Zugang zu Expert*innen wurde durch die Weitervermittlung der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) und des Netzwerks des Interviewers erleichtert. 2.3. Qualitative Inhaltsanalyse Die Interviews wurden nach Philipp Mayring anhand eines Analyseprogramms von F4-Transcript und F4-Analyse inhaltsanalytisch ausgewertet. Qualitative Inhaltsanalyse erfolgt nach einem deduktiven und/oder induktiven Kategoriensystem, das der Auswertung zugrunde liegt. 5 Untersuchungskategorien haben sich auf Grundlage der Fragestellungen, Ziele und weiteren Erkenntnisinteressen der Studie deduktiv und induktiv herauskristallisiert. Zentrale Untersuchungskategorien sind demnach, Stand der Teilhabe, Zugang zu sicherer Unterbringung und zum Wohnraum, zur Bildung und Arbeit wie auch der Zugang zu gesundheitlicher Versorgung. Außerdem wurden weitere Faktoren wie Sicherheit, Diskriminierungserfahrungen und Communitystrukturen bei der Auswertung der Interviews berücksichtigt. 3. Teilhabe von LSBTIQ+ Geflüchteten in Berlin Im Rahmen dieser Studie wird nicht ausführlich auf die theoretischen Aspekte der Begriffe "Teilhabe" oder "Partizipation" eingegangen. Es ist jedoch von essenzieller Bedeutung, eine wissenschaftlich und gesellschaftspolitisch fundierte Definition beziehungsweise Konzeption von Teilhabe und Partizipation zu bestimmen, um die durchgeführten Interviews auf dieser Basis angemessen auswerten zu können. In der Literatur wird zwischen den beiden Begriffen kaum differenziert; sie werden häufig als Synonyme betrachtet (vgl. Rudolf, 2017, S. 13). Trotz dieses vorherrschenden Synonymverständnisses von Partizipation und Teilhabe liegt diesem Bericht eine grundlegende Differenzierung zugrunde. Unter Berücksichtigung des Lexikons der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) werden Teilhabe und Partizipation wie folgt gegenübergestellt: Während Teilhabe nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) das "Einbezogensein in eine Lebenssituation" bedeutet, geht Partizipation darüber hinaus. Partizipation umfasst die Beteiligung von Individuen an Entscheidungsprozessen und die Beeinflussung ihrer Ergebnisse (EUTB, o. D.). Es wird deutlich, dass der Begriff der Partizipation aufgrund von unsicherem Aufenthaltsstatus, sexueller Orientierung und/oder Identität sowie fehlendem sozioökonomischem Kapital der Zielgruppe nicht als Analysekategorie herangezogen werden kann, da die Zielgruppe – nach aktuellem Stand ihrer Teilhabe – nur sehr bedingt Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse nehmen kann. Dennoch ist es von erheblicher Relevanz zu erforschen, inwieweit die Zielgruppe in verschiedenen Lebensbereichen einbezogen wird und Möglichkeiten zur Teilhabe am gesamtgesellschaftlichen Leben hat. Auf diese Weise kann der Grad der Teilhabe von queeren Geflüchteten anhand unterschiedlicher Kriterien ermittelt werden, beispielsweise Zugangsmöglichkeiten zu Lebensbereichen wie Wohnen, Bildung, Arbeit und Gesundheitsversorgung, das Führen eines selbstbestimmten Lebens, die Teilhabe an Chancenund Verteilungsgerechtigkeit, die Zufriedenheit mit dem Leben als queere Geflüchtete sowie die Anerkennung und Wertschätzung als Individuen unabhängig ihrer Differenzkategorien (vgl. EUTB, o. D.). 6 Die Interviewpartner*innen geben vorrangig an, dass sie das Stadtleben in Berlin überwiegend positiv erleben. Unabhängig von strukturellen und institutionellen Herausforderungen im Umgang mit Behörden und anderen Einrichtungen können sie ihren Alltag erfolgreich bewältigen. Die Studie hat deutlich gemacht, dass die gesellschaftliche Teilhabe oder Nicht-Teilhabe durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird, darunter durch die Aufenthaltsdauer der Interviewpartner*innen in Berlin bzw. Deutschland, die Phase ihres laufenden Asylantrags, der Abschluss des Asylverfahrens sowie die Erlangung eines anerkannten Asyl- und Schutzstatus. Auch der Zugang zu sicherer Unterbringung, Wohnraum, Arbeit, Bildung und Gesundheitsversorgung spielt eine entscheidende Rolle. Queere Geflüchtete, die sich in den frühen Phasen des Asylverfahrens befinden, kämpfen vor allem um den Zugang zu grundlegenden Menschenrechten wie sichere Unterbringung, mentale und physische Gesundheit sowie Ernährung. Der Zugang zu diesen Menschenrechten ist eng mit der Teilhabe verbunden. Alle Interviews zeigen, dass in diesem Bereich institutionelle Probleme vorherrschen und angemessene Teilhabe daher für die interviewten Personen kaum möglich ist. Die Interviews mit Expert*innen verdeutlichen, dass das Hilfesystem in Berlin bzw. Deutschland verbesserungsbedürftig ist, da es keinen angemessenen Zugang zu den genannten Menschenrechten gewährleistet. Dies zeigt sich sowohl im Anhörungsprozess, bei dem die Anhörer*innen für queer-spezifische und rassismuskritische Themen kaum sensibel sind, als auch in Erstaufnahmeeinrichtungen und anderen Unterkünften, in denen Sicherheitspersonal, Leitungspersonal und Sozialarbeiter*innen oftmals keine ausreichende Sensibilität für queere Lebensrealitäten aufweisen, es sei denn, es kommt in der Unterkunft zu Gewalt, was zwangsläufiges Eingreifen erfordert. Die befragten queeren Geflüchteten berichten zudem häufig von Sprachproblemen während der Anhörung oder in den Unterkünften. Da in fast allen (Handlungs-)Bereichen westliche Sprachen dominieren und diese noch nicht vollständig queersensibel sind, erreicht die beabsichtigte Unterstützung die queeren Geflüchteten oft nicht. Da die Mehrheit der queeren Geflüchteten die westlichen Sprachen nicht beherrscht, werden in der Regel Dolmetscher*innen eingesetzt, die tendenziell nicht mit einer queersensiblen und diskriminierungsarmen Sprache vertraut sind, was sich negativ auf das Asylverfahren und somit auf die Möglichkeit Teilhabe zu erfahren auswirkt. Die im Asylverfahren involvierten Einrichtungen und ihre Mitarbeiter*innen verfügen nicht im erforderlichen Maß über spezifisches Wissen über die Situation queerer Menschen in Herkunftsländern, sodass das Asylverfahren nicht im Einklang mit dem Prinzip der "besonderen Schutzbedürftigkeit" durchgeführt wird, was wiederum zu Ungunsten der queeren Asylsuchenden sein kann, wie aus den Interviews mit Expert*innen hervorgeht. 7 3.1 Zugang zu sicherer Unterbringung Nicht nur auf individueller Ebene, sondern auch im Kontext der umgebenden gesellschaftlichen und strukturellen Rahmenbedingungen ist es essenziell, dass Menschen sich als integrale Bestandteile der Gesellschaft empfinden. Unsichere Unterkünfte für geflüchtete bzw. schutzsuchende Trans*Personen, schwule Paare und andere Mitglieder der queeren Community stellen erhebliche Hindernisse für eine angemessene gesellschaftliche Teilhabe dar. Diese Unsicherheiten und Ängste führen oft zu psychischen Belastungen, einschließlich posttraumatischer Störungen, Suizidgedanken und Isolation. Die Mehrheit der queeren Geflüchteten, die interviewt wurden, beklagt Zugangsbarrieren, insbesondere in Bezug auf sichere Unterkünfte. Sie berichten zudem häufig von Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen, die sie sowohl im Umgang mit anderen Bewohner*innen als auch mit Mitarbeiter*innen der zuständigen Behörden sowie dem Personal der Unterkünfte, einschließlich Sozialarbeiter*innen, erlebt haben. Die befragten Expert*innen betonen die Notwendigkeit, dass queere Geflüchtete als besonders schutzbedürftige Gruppe Zugang zu sicheren und stabilen Unterbringungsstrukturen haben sollten. Dort könnten ihre Teilhabechancen und Zukunftsperspektiven verbessert, während Sicherheits- und Diskriminierungsrisiken minimiert werden. Fall Beispiel I: Schwule Paare gelten nicht als Familie Ali* und Cem*, ein schwules Paar aus der Türkei, flohen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und wurden zunächst in einer LAF-Unterkunft untergebracht, mit einem besonderen Bereich für besonders schutzbedürftige Gruppen wie Familien. Obwohl diese Unterkunft für kürzere Aufenthalte vorgesehen ist, wurde ihnen zugesagt, dort bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens bleiben zu können. Dieses Versprechen konnte aufgrund eines Gewaltereignisses mit dem Sicherheitspersonal nicht eingehalten werden. Ein gewalttätiger Konflikt entstand, als die Sicherheitskraft das Paar nicht als Familie anerkennen wollte. Innerhalb kurzer Zeit wurden Ali und Cem gezwungen, die Unterkunft zu verlassen, mit der Begründung, dass neue Geflüchtete untergebracht werden. Ein Partner konnte die Gewaltmomente aufzeichnen. Nach diesem traumatischen Vorfall wurden sie ins Ankunftszentrum-Tegel verlegt, das sich als unsicher für das queere Paar erwies. Trotz wiederholter Bitten erhielten sie keinen sichereren Raum. Diese Situation führte zu fortwährender Furcht um ihre körperliche Sicherheit und erheblichem Stres s. Ali und Cem wurden bereits bei der Asylantragstellung nicht als Paar und/oder Familie anerkannt, da sie einen offiziellen Nachweis ihrer Partnerschaft nicht vorlegen können. Die heteronormative und diversitätsignorierende Praxis des BAMF und des LAF wirkte sich negativ auf das 8 interviewte Paar aus, da es von speziellen Asylleistungen für Familien ausgeschlossen wurde. Aufgrund der Tatsache, dass Familienmitglieder nicht getrennt werden dürfen, besteht die Gefahr, dass die beiden Partner an unterschiedliche Orte in Deutschland verteilt werden, da sie nicht als Familie gelten. Die ähnliche Erfahrung mit der Nicht-Anerkennung haben sie, wie in der Falldarstellung ersichtlich, auch in der Unterkunft gemacht. Die heteronormative Praxis des Unterkunftspersonals manifestierte sich in Form von Gewalt, Nicht-Anerkennung der Partnerschaft und führte schließlich zum Rauswurf aus der Unterkunft. Eine weitere Erkenntnis, die bei der sicheren Unterbringung eine wichtige Rolle spielt, ist die (Nicht-)Berücksichtigung unterschiedlicher queerer Identitäten. LSBTIQ+-Communities sind nicht homogen, und verschiedene geschlechtliche und sexuelle Identitäten sind unterschiedlich stark von Sicherheitsrisiken bedroht. Fallbeispiel II: Transfrauen* gelten nicht als „echte“ Frauen* Ati, eine 27-jährige geflüchtete Transfrau aus der Türkei, erlebte in den ersten beiden Unterkünften Transfeindlichkeit und Gewalt. Trotz Verlegung in eine für LSBTIQ+Personen geeignet geltende Unterkunft musste sie ein Zimmer mit fünf CisMännern teilen, da sie vom LAF als Mann registriert wurde. Die Zwangslage führte zu anhaltenden Ängsten und Retraumatisierungen. Beispielhaft lässt sich feststellen, dass die Sicherheitsrisiken für eine non-binäre Person oder eine Transfrau ohne geschlechtliche Anpassungsmaßnahmen anders zu bewerten sind als die eines cismännlichen schwulen Manns. Die Queerness des cis-männlichen schwulen Manns ist im alltäglichen Leben möglicherweise nicht auf den ersten Blick zu erkennen, er erfährt jedoch institutionelle Diskriminierungserfahrungen. Es ist daher wichtig, solche Unterschiede bei der Gestaltung von sicheren Unterkünften zu berücksichtigen. Laut einer*eines Expertin*en konnte in der queeren Unterkunft, als sie noch von der Schwulenberatung Berlin gGmbH betrieben wurde, Rücksicht auf verschiedene LSBTIQ+Identitäten genommen werden. Die Wohngemeinschaften wurden demnach entsprechend den spezifischen Identitätsmerkmalen oder Paarkonstellationen organisiert. Dadurch wurden Diskriminierung und Ausgrenzung vorgebeugt und befördert, dass die Bewohner*innen sich in mentaler Hinsicht sicherer fühlen konnten. Auch dort wurde ein intersektionales Diskriminierungs- und Gewaltschutzkonzept partizipativ, gemeinsam mit den Bewohner*innen, nach deren eigenen Bedürfnissen und Anforderungen entwickelt und eingesetzt. Dies stellt ein Paradebeispiel für Teilhabe auf der Mikroebene des gesellschaftlichen Lebens dar. 9 Auch wenn eine queere Unterkunft von vielen Akteur*innen und Adressat*innen als absolut notwendig betrachtet wird, gibt es einige interviewte Expert*innen, die auch auf mögliche Nachteile hinsichtlich der Sicherheit hinweisen. Der Zugang zu einer queeren Unterkunft ist mit einem Outing bei verschiedenen Behörden und Institutionen verknüpft, was nicht von allen queeren Schutzsuchenden* gewünscht ist. Dadurch fühlen sie sich nicht immer sicher. Dieses (Zwangs)Outing kann zu emotionalen und psychologischen Belastungen führen. Zusätzlich können auch queere Unterkünfte keine sicheren Räume für die Bewohner*innen bieten, da diese aus verschiedenen sexuellen Orientierungen, sexuellen/geschlechtlichen Identitäten und ethnischen/sozialen Hintergründen stammen. Das birgt die Gefahr von Diskriminierungs- und Gewaltereignissen innerhalb der queeren geflüchteten „Communities“. Einige der interviewten Expert*innen sprechen sich dafür aus, dass eine Durchmischung von queeren und nicht-queeren Personen zu einer besseren Teilhabe beitragen kann, wobei ein dezentrales Unterbringungskonzept von allen Beteiligten empfohlen wird. 3.2 Zugang zu Wohnraum Der Zugang zu Wohnraum gestaltet sich für queere Geflüchtete als äußerst herausfordernd. Während des Asylverfahrens ist der Umzug aus einer Aufnahmeeinrichtung bzw. einer Unterkunft in den privaten Wohnraum mit hohen Hürden verbunden. Zugangsbarrieren bleiben auch trotz eines positiven Asylbescheids bestehen. Der reguläre Wohnungsmarkt in Berlin ist bereits durch eine hohe Nachfrage überlastet, wobei Wohnungsgesellschaften ihre Wohnungen auf Grundlage intransparenter Kriterien vergeben. Hierbei spielen nicht nur Klassismus und Rassismus eine maßgebliche Rolle, sondern auch Heteronormativität und anti-queere Positionen erschweren den Zugang zu Wohnraum. Diese Barrieren rufen nicht nur verschiedene Angstzustände bei Betroffenen hervor, sondern verhindern auch ihre Teilhabe an der Gesellschaft, da ohne sicheren Wohnraum Zukunftspläne nur schwer realisierbar sind. Ein*e interviewte Expert*in unterstreicht, dass ein dauerhafter Wohnraum den Menschen nicht nur ein Gefühl der Sicherheit verleiht, sondern auch Existenzängste mindert. Daher bedarf es auch für (queere) Geflüchtete sicherer und stabiler Wohnverhältnisse, um ein Gefühl der Sicherheit zu entwickeln, sich entfalten zu können und Zukunftsperspektiven zu eröffnen. Solange dieser Zugang zu sicherem Wohnraum verwehrt bleibt, bleibt auch die Chance auf gesellschaftliche Teilhabe gering bis nahezu unmöglich. Eine weitere Fachperson bestätigt, dass der erfolgreiche Zugang zu Wohnraum stark vom sozialen Status und vorhandenen Privilegien abhängig ist. Ein cis-schwuler Mann mit guten Englischkenntnissen sowie abgeschlossenem Studium oder einer Ausbildung hat größere Chancen im Vergleich zu anderen queeren Personen, die nicht über diese Ressourcen verfügen. Die 10 ungleiche Verteilung von Ressourcen zeigt sich bei queeren Geflüchteten besonders gravierend und beeinträchtigt den Zugang zu Wohnraum erheblich. Trotz dieser Herausforderungen gelingt es einigen interviewten queeren Geflüchteten, Zugang zu Wohnraum über ihre eigenen Communities oder private Netzwerke zu erlangen. Personen mit akademischem Hintergrund oder Erfahrung im Aktivismus und Netzwerken haben dabei bessere Chancen im Vergleich zu queeren Geflüchteten mit Verfolgungsgeschichte, fehlenden sozialen und kulturellen Kapitalen sowie bestehenden Zugangsbarrieren. 3.3. Zugang zur Gesundheitsversorgung Der Zugang zur medizinischen Versorgung gestaltet sich für queere Geflüchtete im Asylverfahren als äußerst problematisch. Oftmals werden sie nicht ausreichend über verfügbare medizinische Versorgungsmöglichkeiten bei Krankheiten oder gesundheitlichen Problemen informiert. Die langwierige Dauer des Asylverfahrens erschwert den Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu Krankenkassen. Die Betroffenen plädieren dafür, das Asylverfahren für besonders schutzbedürftige Gruppen wie LSBTIQ+ zu verkürzen oder zu vereinfachen, da diese durch verschiedene Faktoren existenziell bedroht sind. Die Interviewten berichten vor allem von psychischen Problemen während des Asylverfahrens, die auf Fluchtgeschichten, gesellschaftliche Zugangsbarrieren sowie Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen zurückzuführen sind. Strukturelle Probleme beim Zugang zur Gesundheitsversorgung verschärfen diese Schwierigkeiten. Personen, die die deutsche Sprache noch nicht beherrschen, haben geringere Chancen, psychotherapeutische Angebote zu erhalten, da die psychiatrischen Dienste nicht nur monolingual, sondern auch unzureichend queersensibel und diversitätsbewusst sind. Monolinguale Psychotherapeut*innen, die ihre Dienste in einer binären Geschlechterordnung anbieten, können dazu beitragen, dass die Weiterführung angefangener Hormontherapien erschwert wird und können zusätzliche psychologische Belastungen und psychische Störungen bei geflüchteten TIN-Personen (Trans*Inter*Non-Binär), die vor der Flucht mit Hormontherapie begonnen hatten, begünstigen. Vertreter*innen eines queeren Vereins sind der Meinung, dass die Situation von TIN-Personen in diesem Bereich verbessert werden muss. Trans-Geflüchtete wissen oft nicht, ob sie gleich nach ihrer Ankunft oder Aufnahme in der Unterkunft Hormontherapien in Anspruch nehmen können. Personen im Transitionprozess geben an, dass sie eigentlich unmittelbar nach ihrer Ankunft ihre Hormontherapie fortsetzen müssen. Das Fehlen dieser Therapie führt nicht nur zu körperlichen Komplikationen, sondern auch zu Problemen im Nervensystem. Trans*Personen benötigen verstärkte medizinische und psychosoziale Versorgung, die ihren Alltag maßgeblich beeinflusst. Die Interviewpartner*innen bestätigen, dass der Zugang 11 zur gesundheitlichen, psychotherapeutischen und medizinischen Versorgung aufgrund der neuen Reformen im Gesundheitssystem zusätzlich erschwert ist. Bürokratische Hürden, wie die Personenstandsänderung, werden für geflüchtete Interpersonen nach einer Gesetzesänderung verunmöglicht (vgl. Personenstandsgesetz § 45b Erklärung zur Geschlechtsangabe und Vornamensführung bei Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung). TIN-Geflüchtete müssen durch eine ärztliche Bescheinigung oder Begutachtung nachweisen (vgl. ebd.), dass sie TIN-Personen sind. Allerdings wird der Begutachtungsprozess von den Interviewten als demütigend empfunden, da Ärzt*innen oft über falsche Informationen zu TIN-Realitäten verfügen und die Klient*innen falsch behandeln. Dies führt zu grenzüberschreitendem Verhalten und Begutachtung nach binärer Geschlechterordnung, was zusätzliche psychologische Belastungen für die Betroffenen bedeutet. Eine angemessene Hilfestellung erfordert, so die Interviewten, auch eine queere und TIN-sensible Sprachmittlung sowie Psychotherapie, die ohnehin nicht sofort in Anspruch genommen werden kann. Es mangelt an Sensibilisierung der Psychotherapeut*innen und Mediziner*innen, die beispielsweise die Notwendigkeit einer (Weiterführung) der Hormontherapie bescheinigen müssen (vgl. Interview mit einer Organisation, die nicht namentlich genannt wird). 3.4 Zugang zu Arbeit/Bildung Der Zugang zur Arbeit oder (Weiter-)Bildung verschiedenen Faktoren beeinflusst stellt ein komplexes Problem dar, das von wird. Einerseits spielen die Aufenthaltsdauer, das Asylverfahren und der Asylstatus eine entscheidende Rolle. Andererseits beeinträchtigen u.a. psychische Gesundheit, Wohnsituation, Sprachkenntnisse den Zugang zu Arbeit und Bildung. Es gibt bereits positive Beispiele von interviewten geflüchteten queeren Personen, die in kurzer Zeit Zugang zur Hochschulbildung und anschließend zum Arbeitsmarkt erlangt haben. Diese Erfolge werden auf bestehende Netzwerke zurückgeführt, die während des Asylverfahrens aufgebaut wurden und Unterstützung boten. Einige Interviewte berichteten von Bewerbungen bei queeren Organisationen nach einem positiven Asylbescheid, wodurch sie Zugang zu einem (dualen) Studium und Arbeitsmöglichkeiten erhielten. Dies verdeutlicht, dass ein schnelles und positives Asylverfahren positive Auswirkungen auf die Teilhabechancen und Zukunftsperspektiven haben kann (vgl. Interviews mit Ahmed und Mehmed). Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass solche Erfolgsgeschichten Ausnahmen sind, da sie oft auf zufällige Bewerbungen bei communitybasierten Organisationen zurückzuführen sind, die speziell auf Erfahrungswissen und Expertise von Geflüchteten abzielen. 12 Der Zugang zu Arbeit und Bildung ist für geflüchtete Personen generell oft mit bürokratischen Hürden verbunden, die durch asylrechtliche Bestimmungen bedingt sind. Der Zugang zu Integrationskursen des BAMF wurde Anfang des Jahres 2023 zwar geöffnet; jedoch besteht je nach Aufenthaltsstatus nicht zwangsläufig ein Rechtsanspruch auf Teilnahme am Integrationskurs 1 . Das Erlernen der deutschen Sprache wird jedoch als entscheidend für eine ganzheitliche Teilhabe im Bildungs- und Arbeitsbereich betrachtet. Das Land Berlin fördert seit mehreren Jahren kostenlose Volkshochschul-Deutschkurse für Geflüchtete, die keinen Zugang zu den BAMF Integrationskursen haben. Einige queere Geflüchtete, die keinen eigenen Wohnraum haben und sich in laufenden Asylverfahren befinden sowie durch unzureichende Asylleistungen leben müssen, sind gezwungen, eine Form von Survivor-Sex2 oder Sexarbeit zu betreiben. Dies wird sowohl von Schems als auch von der Schwulenberatung Berlin in den Interviews bestätigt. Die damit verbundenen Risiken, insbesondere die Kriminalis ierung aufgrund fehlender Asylbescheide und Arbeitserlaubnis s e, sowie Gewaltrisiken während der Sexarbeit, werden von Schems anhand eigener Erfahrungen beleuchtet. Selbst bei einem positiven Asylbescheid bleibt der Zugang zu bestimmten Arbeitsfeldern für queere Geflüchtete aufgrund struktureller und institutioneller Hürden problematisch. Einige könnten in qualifizierten Bereichen tätig gewesen sein, können jedoch ihre Qualifikation nicht nachweisen oder diese wird nicht anerkannt. Während die Anerkennung von Berufsabschlüssen für alle geflüchteten Personen ein Problemfeld ist, ein Umstand der mit Rass ismus und Klassismus in Zusammenhang gebracht werden kann, verflicht sich dies bei LSBTIQ+ Geflüchteten noch zusätzlich mit Heteronormativität bzw. mit Homophobie und Transphobie, was den Zugang zum Arbeitsmarkt für diese Personengruppe weiterhin erschwert. Die Zugangsprobleme zum Studium ähneln dieser Situation. Es existieren unterschiedlic he Zulassungsbedingungen, die für queere Geflüchtete, bzw. geflüchtete Personen generell, nicht sofort erfüllbar sind. Selbst wenn sie einen Studienplatz erhalten, stellen das Studium in deutscher Sprache als Fremdsprache sowie fehlender Nachteilausgleich bei Prüfungsleistungen eine Herausforderung dar. Hinzu kommt, dass Hochschulen oft nicht ausreichend auf besonders schutzbedürftige Gruppen wie LSBTIQ-Geflüchtete eingestellt sind, was zu besonderen 1 siehe BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Ausländer mit Aufenthaltstitel ab 2005; Merkblatt zum Integrationskurs für Asylbewerberinnen und Asylbewerber (bamf.de) 2 Mit dem Terminus "Survivor-Sex" wird die Situation beschrieben, in der eine Person sexuelle Dienstleistungen anbietet, um ihr Überleben zu sichern oder ihren Lebensunterhalt durch die Ausübung von Sexarbeit mehr oder weniger eigenständig zu finanzieren. (Erläuterung des Autors) 13 Schwierigkeiten an Hochschulen und Universitäten führt, wie in einem Interview mit der Schwulenberatung herausgestellt wurde. Die zu überwindenden Zugangsprobleme sind zwar erheblich, haben jedoch für queere Asylsuchende eine geringere Priorität, solange sie mit existenzielleren Fragen beschäftigt sind, z. B. weil sie sich noch im Asylverfahren befinden, keinen sicheren Wohnraum haben, mit Disability leben und/oder unter Verarmung durch unzureichende Asylleistungen leiden, wie in den Interviews mit Ali, Cem, Ati und Harun verdeutlicht wurde. 4. Weitere Faktoren, die Teilhabemöglichkeiten beeinflussen Teilhabemöglichkeiten sind auch von weiteren Faktoren wie Sicherheit, Diskriminierung sowie vorhandenen Communities als mögliche Schutzräume oder Hilfestrukturen abhängig. Diese Themen wurden in den Interviews fast von allen Befragten angesprochen. Daher können sie im Rahmen der qualitativen Analyse nicht ignoriert werden. 4.1 Sicherheit Die Untersuchung verdeutlicht, dass das Sicherheitsverständnis präziser gefasst werden muss, indem nicht nur die körperliche Unversehrtheit, sondern auch die Würde der Menschen in den Fokus rückt, die durch symbolische Gewalt beeinträchtigt wird. 3 Derartige Verletzungen können erhebliche psychische und mentale Belastungen für die Betroffenen nach sich ziehen. Häufig berichten queere Geflüchtete von Existenzängsten aufgrund von unsicheren Unterbringungsstrukturen oder der drohenden Wohnungslosigkeit. Die Sicherheitsproblematik ist stark mit erlebten Gewaltvorfällen verknüpft, die nicht nur von Mitbewohner*innen, wie im Ankunftszentrum Tegel ausgehen (vgl. Interview mit Ati), sondern auch vom Sicherheitspersonal anderer Unterkünfte ausgehen können (vgl. Interview mit Ali und Cem). Trotz in Aussicht gestellter Sicherheit konnte diesen Versprechen nicht nachgekommen werden (vgl. Interview mit Ati). Ein Beispiel für Unsicherheit und Diskriminierung erfährt Ati bei der Anmeldung im LAFAnkunftszentrum für Asylsuchende. Hier wurde sie nachts von Mitbewohner*innen verfolgt, fühlte sich unsicher und meldete dies den entsprechenden Stellen. Trotz dieser Erfahrung blieb sie 3 Die Theorie der symbolischen Gewalt bzw. symbolischen Macht wurde vom französischen Philosophen Pierre Bourdieu geprägt. Mit dem Begriff der symbolischen Gewalt wird eine Art von verdeckter Machtstruktur beschrieben, die sich nicht durch physische Gewalt manifestiert, sondern sich auf verschiedenen Ebenen des Alltags der Betroffenen legitimiert und normalisiert, ohne dass diese die Art der Macht erkennen und sich ihr folglich unterwerfen. Bourdieus Konzept der symbolischen Gewalt beschreibt genau solche Mechanismen der Macht, die subtil und unbemerkt in sozialen Strukturen wirken und zur Unterdrückung oder Dominanz bestimmter Gruppen führen können (vgl. Moebius, S. und Wetterer 2011). 14 eine Weile in der Einrichtung. Ati betont, dass ihre psychische und mentale Sicherheit durch die fehlerhafte Registrierung ihrer geschlechtlichen Identität während der Anhörung bedroht wurde. Obwohl sie sich als Transfrau bzw. Frau* identifiziert, wurde sie als Mann eingetragen und war somit transfeindlichen Risiken ausgesetzt. Trans*Personen, wie Ati, sind besonders gefährdet, da sie sowohl von Mitbewohner*innen als auch von Mitarbeiter*innen in den Unterkünften diskriminiert oder missverstanden werden. Ati gibt an, dass sie in der Unterkunft nicht immer duschen kann, wenn andere Bewohner*, die als cis-männlich gelten, noch wach sind. Besonders schutzbedürftige Gruppen, wie queere Geflüchtete, benötigen speziellen Schutz. Es stellt sich die Frage, wer für die Sicherheit und den Schutz dieser Personengruppe verantwortlich ist und nach welchen Kriterien Menschen in den Unterkünften als Sicherheitspersonal oder Sozialarbeiter*innen eingesetzt werden. Diese Kriterien könnten beinhalten: - Ein queeres Familienverständnis, - Rassismuskritik und Queersensibilität, - Privilegienbewusstsein gegenüber besonders schutzbedürftigen Gruppen, - Fähigkeit zur gewaltfreien Kommunikation. Die Studie zeigt, dass die im Bereich der queer-spezifischen Asylpolitik Beteiligten diese Kriterien regelmäßig nicht angemessen erfüllen. Ein schwules Paar, Ali und Cem, berichtet von Gewalterfahrungen durch Sicherheitskräfte und davon, dass sie weder als Paar noch als Familie von den Sozialarbeiter*innen wahrgenommen oder anerkannt wurden, was dazu führte, dass sie gewaltsam aus dem für besonders schutzbedürftige Familien vorgesehenen Bereich der Unterkunft entfernt wurden. Ali und Cem geben an, dass sie das einzige schwule Paar im für Familien vorgesehenen separaten Bereich waren und dass ihre Beschwerden über Gewalterfahrungen zu ihrem schnellen erzwungenen Auszug führten. Ali: Denn wir waren das einzige schwule Paar, das in der Familienabteilung wartete. Cem: Er sagte uns, wir sollen gehen, er warnte uns beim ersten Mal sehr streng. […] Cem: […] Plötzlich haben sie sich entschieden, uns fortzuschicken. Der*die Sozialarbeiter*in kam zu uns, […] und drückte uns zwei Blätter in die Hand, auf denen unsere Namen standen, und sagte uns, wir sollten innerhalb von 15 Minuten gehen, […] Cem: Wir gingen unter Begleitung des Sicherheitspersonals zu unserem Zimmer. Der Sicherheitsmensch öffnete die Tür, sagte, sammelt eure Sachen ein, schließt die Tür ab, geh weg, und bevor eine Stunde vergangen war, kamen sie zurück und sagten, dass wir gehen sollten […] diese Sicherheitsleute öffneten die Tür nach ihrer eigenen Willkür, schrien und 15 Ali: und in diesem Moment [haben wir] sie gebeten, okay, gebt uns noch fünf Minuten für die Koffer […] Sie haben uns nicht zugehört. Sie sind einfach hereingegangen. Gewaltsam, also sie haben uns so gepackt, dass wir uns nicht wehren konnten. Ich sagte mir selbst, dass das eine schreckliche Erfahrung ist, ich will einen Beweis haben. Ich habe ein Video gemacht. Als sie merkten, dass ich aufnehme, schlugen mir auf die Hand, damit ich das Video ausschalte. (Interview mit Ali und Cem) Die Unsicherheit ist ebenso mit der Existenzsicherheit verbunden, die angemessene Ernährung, gesundheitliche Versorgung und mentale Gesundheit einschließt. Da die Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes oft nicht ausreichend sind, fühlen sich einige Befragte existenziell bedroht. Dies kann dazu führen, dass queere Geflüchtete auf so genannte "Survivor-Sex" oder Sexarbeit zurückgreifen müssen, um bessere Ernährung und Annehmlichkeiten finanzieren zu können. Schems verfolgt diese Überlebensstrategie trotz der Risiken der Illegalisierung und Kriminalisierung, was negative Auswirkungen auf sein seit 20 Monaten andauerndes Asylverfahren haben könnte. 4.2 Diskriminierung und Antidiskriminierung Das Leben von queeren Personen im Allgemeinen, insbesondere von geflüchteten queeren Menschen, ist von Diskriminierungen auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens geprägt. Die Mehrheit der interviewten Personen berichtete, dass sie in der Anhörung und während des Asylverfahrens durch Behördenmitarbeitende, Sozialarbeiter*innen und Sicherheitskräfte diskriminiert wurden. Einige erzählten beispielsweise, dass ihr Geschlecht durch die Behördenmitarbeitenden konsequent falsch registriert wurde, was wiederum Konsequenzen in den nächsten Schritten des Asylverfahrens nach sich zieht (vgl. Interviews mit Ati, Harun*, Ali und Cem). Eine weitere interviewte Person berichtete, dass das Interview im Asylverfahren fast fünf Stunden dauerte, in denen sie den Anhörer*, der sonst freundlich wirkte, von ihrer Queerness überzeugen musste. Ein schwules Paar kämpft noch immer um die Anerkennung ihrer Partnerschaft, andernfalls würden sie an verschiedenen Orten verteilt (vgl. Interview mit Ali und Cem). Queere Geflüchtete aus sogenannten sicheren Herkunftsländern sind regelrecht von Abschiebung bedroht (vgl. Interview mit TBB). Der Zugang zur gesundheitlichen Versorgung, vor allem für TIN-Personen, ist äußerst problematisch. Ein weiteres Problem existiert beim Zugang zur Arbeit aufgrund der fehlenden Arbeitserlaubnis oder der Nicht-Nachweisbarkeit der vorhandenen Qualifikationen oder mangelnden Sprachkenntnisse. Wenn Studieninteressierte die zahlreichen und anspruchsvollen Zulassungsbedingungen erfüllen können, können sie einen Studienplatz wahrnehmen, wobei die meisten Hochschulen noch nicht auf die komplexen Lebensrealitäten von queeren geflüchteten Studierenden eingestellt sind 16 (Interview mit Schwulenberatung). Insgesamt lässt sich schlussfolgern, dass viele Diskriminierungen gegenüber queeren Geflüchteten auf der institutionellen Ebene stattfinden. Die Studie hat gezeigt, dass Diskriminierungen in allen bisher untersuchten Bereichen sehr präsent sind. Man kann bereits erkennen, dass diese Bereiche – Wohnraum, Gesundheit, Bildung und Arbeit – durch das Asylsystem miteinander verwoben sind. Zudem erfahren die Interviewten Diskriminierungen innerhalb der queeren Communities sowie inner- und außerhalb der Unterkünfte. Auch die Diskriminierung durch die eigene ethnische Community kommt vor, weshalb sie sich oft in einer Situation der Schutzlosigkeit und Angstzustände befinden. Beispiele für die Diskriminierung4 in der queeren Community können die Fetischisierung oder sexualisierte Gewalt gegenüber geflüchteten queeren Männern sein (vgl. Interview mit Schems). Ati erfährt transphobe Gewalt durch Mitbewohner*innen in einem Ankunftszentrum. Da das Sicherheitspersonal verspätet zu Hilfe kam, unterlag Ati Retraumatisierungen. Durch Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen in Deutschland wird die betroffene Person in die alten Zeiten zurückversetzt und ihre Traumata werden reaktiviert (Interview mit Ati). Vor allem TINPersonen haben ein großes Bedürfnis nach Sicherheit und Schutz vor Gewalt und Diskriminierung jeglicher Art (vgl. Ati und Harun*). 4.3 Communitystrukturen Der Begriff "Community" erscheint einigen Befragten als unklar oder irreführend, da sie sich gleichzeitig als Teil der (allgemeinen) Geflüchteten zählen, aber auch als Mitglieder der LSBTIQ+-Communities. Die Verbindung von Flucht und Queersein wird von vielen als wichtig und essentiell betrachtet, wobei der Kontakt zu verschiedenen Communities unterschiedlich erlebt wird. Einige interviewte Personen berichten, dass sie sich sicherer fühlen, wenn sie auf Menschen treffen, die ähnliche (Flucht oder Migrations-)Erfahrungen gemacht haben oder noch machen. Mit ihnen können sie sich über verschiedene Angelegenheiten im Zusammenhang mit ihrem Asylprozess austauschen. Es wird oft betont, dass das Gefühl von Sicherheit und Vertrautheit in der "eigenen" (geflüchteten) Community stärker ausgeprägt ist, auch wenn der Begriff der Community für manche Interviewten unklar ist. Daher empfehlen einige, Menschen an Orte zu bringen, an denen sie ähnliche Erfahrungen teilen können, sich austauschen und gelegentlich entspannen können. Es gibt bereits Projekte für geflüchtete queere Personen, die solche sicheren Räume anbieten und den Zugang zu Unterstützungsgruppen ermöglichen. Interviewte 4 Aufgrund des begrenzten Rahmens dieses Berichtes werden einige Beispiele für Diskriminierungserfahrungen ab dieser Stelle nur skizzenhaft dargestellt. 17 Expert*innen unterstreichen die Relevanz dieser Projekte, die dauerhaft gefördert werden sollten, da sie auch die Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen. Da Behörden in festen, vorgeschriebenen Strukturen agieren sind und dort die Sensibilisierung für komplexe Lebensrealitäten nicht verankert ist, handeln ihre Beschäftigten zum großen Teil nach binärer Geschlechterordnung. Weil auch die zuständigen Institutionen von Machstrukturen wie Heteronormativität und Rassismus durchdrungen sind, fühlen sich queere Geflüchtete nicht aufgehoben und suchen Unterstützung durch community-basierte Organisationen. Diese Organisationen erreichen sie durch eigene Recherchen oder Netzwerke nach einem besonderen Anlass, wie z.B. aufgrund einer Gewalterfahrung, Bedarf nach medizinischer Versorgung oder auch drohender Abschiebung. Community-basierte Organisationen und Projekte sind in vielerlei Hinsicht wichtige Anlaufstellen für queere Geflüchtete, um Zugänge zu ihren Communities zu finden oder zu schaffen, wo auch Themen wie Coming-out, Selbstakzeptanz oder Diskriminierungen besprochen werden. Auch Themen wie Familie, Religion und sexuelle Identität können in geschützten Räumen der Communities diskutiert werden. Solche Schutzräume sind vor allem für queere Personen mit Fluchterfahrung essentiell, wo sie sich sicher, verstanden oder nicht in Frage gestellt fühlen. Weil community-basierte Organisationen oder Projekte meist einen parteilichen Ansatz verfolgen und sich an der Seite der Hilfesuchenden positionieren, tragen sie auch in einem vertraulichen Klima zum Empowerment der queeren Geflüchteten bei. Community-basierte Organisationen und Projekte ermöglichen durch Verweisberatung auch Zugänge zu geeigneten Beratungsstellen, die die Hilfesuchenden u.a. zu rechtlichen, medizinischen oder antidiskriminierungsspezifischen Fragen beraten und unterstützen. Auch die Peer-to-Peer-Beratung ist ein wesentlicher Beitrag der community-basierten Organisationen zum Empowerment und gewisser Teilhabe der queeren Geflüchteten. Beispielsweise erlebt Ati die Unterstützung der community-basierten Organisationen, wie TBB positiv. Im Gegensatz zu der Erfahrung mit dem LAF fühlte sie sich durch Migrant*innen- und Transorganisationen angemessen unterstützt (vgl. Ati). Sowohl die Support-Groups des TBB als auch die Unterstützung von einer queeren Organisation bei der Möglichkeit der Hormontherapie empfindet sie als eine große Hilfe, die sie nicht durch die staatlichen Strukturen genießen konnte. Insgesamt lässt sich resümieren, dass die Communities, die durch die Interviewten als solche betrachtet werden, betroffenen Personen sowohl ein physisches als auch ein mentales Sicherheitsgefühl vermitteln, das in der Anfangsphase des Asylverfahrens dringend notwendig ist, um sich im Ankunftsland und in der Mehrheitsgesellschaft angemessen orientieren zu können. Da fast alle (Handlungs-)Bereiche monolingual und noch nicht ganz queersensibel sind, übernehmen 18 die community-basierten Organisationen die Verantwortung, unterschiedliche Bedarfe der queeren Menschen und queeren Geflüchteten zu bedienen. Community-basierte Organisationen sind zusätzlich bemüht, diesen Bedarfen der Klient*innen nachzugehen, um die Teilhabechancen zu verbessern und einen gewissen Nachteilausgleich zu ermöglichen. In Berlin existieren diverse community-basierte Organisationen, die miteinander vernetzt sind und gemeinsam gegen verschiedenste Formen von Diskriminierung vorgehen, darunter rassistische, queer- und transfeindliche Diskriminierungen. Durch dieses Netzwerk der Communities können communityspezifische Angebote, Beratungen und Anlaufstellen relativ leicht gefunden werden. 5. Fazit und Handlungsempfehlungen (Ausblick) Die vorliegende Studie, durchgeführt in Zusammenarbeit mit Expert*innen und queeren Geflüchteten, verdeutlicht, dass die Teilhabechancen der untersuchten Zielgruppe in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen erheblich eingeschränkt sind. Es zeigt sich ein dringender Handlungsbedarf in allen Lebensbereichen, die in der Studie angesprochen werden. Die Gründe für diese Ungleichheiten in den Teilhabechancen sind vielfältig, doch primär institutionalisiert und strukturell begründet. Im Folgenden werden zunächst allgemeine und daraufhin spezifische Handlungsempfehlungen aus der Perspektive der Interviewten formuliert. Die Realisierbarkeit dieser Empfehlungen kann aufgrund der begrenzten Rahmenbedingungen dieses Forschungsberichts jedoch nicht vertieft erörtert werden. Für sämtliche Handlungsfelder wird die Diversifizierung des Personals in Einrichtungen, Institutionen, Behörden und auch communitybasierten queeren Organisationen als wesentliche Voraussetzung für die Erhöhung der Teilhabechancen betont. Eine zentrale Problematik besteht darin, dass neu ankommende queere Geflüchtete sowie Asylsuchende unzureichend über ihre Rechte und Möglichkeiten im Asylprozess informiert werden. Die Mehrheit von ihnen kennt ihre Rechte nicht, da keine staatlichen Stellen existieren, die sie unmittelbar über ihre Rechte als besonders schutzbedürftige Gruppe informieren. Daher wird empfohlen, verschiedene Zugänge zu Informationen über allgemeine Rechte, Möglichkeiten, Beratungs- und Hilfsangebote etc. mehrsprachig sowohl online als auch in ausgedruckter Form bereitzustellen. In diesem Kontext ist es erforderlich, die in Berlin gesprochenen Sprachen systematisch zu erfassen. Zusätzlich zu mehrsprachigen Informationsmaterialien (Flyer, Broschüren, etc.) könnten auch mehrsprachige LSBTIQ+ und fluchtbezogene Beratungen angeboten werden. Dabei sollten Mehrsprachigkeit und Interdisziplinarität als Qualitätsmaßnahmen für insbesondere 19 communitybasierte Organisationen gefördert werden. Positive Maßnahmen im Sinne von affirmative action könnten in der Personalpolitik von Ämtern, Institutionen, Organisationen und Projekten verstärkt implementiert werden. Die queeren Geflüchteten beklagen mehrheitlich das überbürokratisierte Asylverfahren, in dem häufig Othering, Pathologisierung, Psychiatrisierung und andere Diskriminierungspraktiken vorkommen. Der Status als besonders schutzbedürftige Gruppe wird nicht ausreichend berücksichtigt, was zu Unklarheit, Perspektivlosigkeit, Desorientierung und Retraumatisierung bei queeren Geflüchteten führt. Daher spricht sich die Mehrzahl der Interviewten für eine Ausnahmeregelung für queere Geflüchtete aus, um den Asylprozess zu vereinfachen, ähnlich den Geflüchteten aus der Ukraine, die seit Beginn des Krieges in der Ukraine 2022 einen zügigen und vereinfachten Zugang zu einer Aufenthaltserlaubnis, zu Arbeit, Bildung und Gesundheit haben. 5.1. Handlungsempfehlungen für sichere Unterbringung Die Interviewten* sind sich einig, dass es von höchster Relevanz ist, von Anfang an sichere Räume zu etablieren, insbesondere sichere Unterkünfte für queere Geflüchtete, da diese Gruppe besonders vulnerabel ist und kontinuierlich einem erhöhten Risiko von Gewalt, Diskriminierung und Schutzlosigkeit ausgesetzt ist. Eine Möglichkeit besteht darin, spezielle Ankunftszentren oder Erstaufnahmeeinrichtungen für LSBTIQ+Personen einzurichten oder bereits existierende Unterkünfte besser auf die Bedürfnisse queerer Geflüchteter auszurichten. Dies erweist sich insbesondere für Trans*Personen als von existenzieller Relevanz. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten Mitarbeiter*innen, einschließlich Sicherheitspersonal, Hausmeister*innen, Sozialarbeiter*innen und Sprachmittler*innen der zuständigen oder involvierten Ämter sowie der Unterkünfte und Erstaufnahmeeinrichtungen regelmäßig intensiven Sensibilisierungstrainings unterzogen werden. Die interviewten queeren Geflüchteten, die zum Zeitpunkt der Interviews in Unterkünften leben, berichten häufig von Situationen, in denen ihnen weder Rückzugsmöglichkeiten noch eigene Erholungsräume oder Privatsphäre zur Verfügung stehen. Auch das Zusammenleben mit unterschiedlichen Personen, seien es queere oder nicht-queere, gestaltet sich oft als äußerst schwierig, da es aufgrund der Enge und unzumutbaren Bedingungen in den Unterkünften regelmäßig zu Konflikten zwischen den Geflüchteten kommt. Um die Sicherheitsrisiken für besonders schutzbedürftige Gruppen zu minimieren, sollten die Unterbringungskonzepte stärker auf die Bedürfnisse dieser Gruppen ausgerichtet sein. Da in den Unterkünften verschiedene Formen von Gewalt und Diskriminierung vorkommen, ist es ratsam, die Sozialarbeiter*innen dazu zu ermutigen, sich intensiv mit Themen wie 20 Fluchtbezogene Soziale Arbeit, Rassismus, Heteronormativität sowie Diversitäts - und Privilegienbewusstsein auseinanderzusetzen. In dieser Hinsicht könnten mit community-basierten Organisationen Kooperationen für Fortbildungen oder Schulungen initiiert werden. 5.2. Handlungsempfehlungen für sicheren Wohnraum Der Berliner Wohnungsmarkt ist seit mehreren Jahren als nicht belastbar einzustufen. In einer Ära verstärkter Gentrifizierung sowie Ausschlussmechanismen erweisen sich die Chancen für queere Geflüchtete im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen als erheblich geringer, adäquaten Wohnraum zu finden. Auch jene Geflüchteten, die einen positiven Asylbescheid erhalten haben, stehen in dieser Thematik verschiedenen strukturellen Barrieren gegenüber. Diese Barrieren sind mit Segregationspraktiken verknüpft, die wiederum Rassismus, Heteronormativität und Klassismus einschließen. Zudem sehen sich die Betroffenen mit weiteren strukturellen Problemen konfrontiert, dar unter mangelnde Vertrautheit mit dem Wohnungsmarkt, noch unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache sowie Schwierigkeiten bei der eigenständigen Bewältigung bürokratischer Angelegenheiten. Angesichts dieser Herausforderungen sprechen einige befragte queere Geflüchtete die Empfehlung aus, ein Mentor*innenprogramm zu etablieren, in dem wohnungssuchende queere Geflüchtete durch erfahrene Mentor*innen unterstützt werden. Sollten queere Geflüchtete trotz positivem Asylbescheid weiterhin keinen angemessenen Wohnraum finden, könnte als Übergangslösung die Schaffung spezieller Wohnhäuser in Berlin ausgebaut bzw. auf besonders schutzbedürftige Gruppen ausgerichtet werden. Diese Wohnhäuser könnten kleine Apartments mit eigenem WC/Dusche und Küchenzeile beinhalten. Eine weitere Handlungsempfehlung besteht darin, Kooperationen oder Verträge mit Wohnungsgesellschaften LSBTIQ+ sensibel auszubauen. Diese Kooperationen können sicherstellen, dass aus dem Bestand der Wohnungsgesellschaften Wohnräume für diese besonders schutzbedürftige Gruppe zur Verfügung gestellt werden. 5.3. Handlungsempfehlungen für Bildung und Arbeit Die interviewten queeren Geflüchteten betonen die fundamentale Bedeutung des Erwerbs der deutschen Sprache in sämtlichen Phasen ihres Asylverfahrens. Sie äußern den Wunsch, Sprachund Integrationskurse zu besuchen, was jedoch je nach Aufenthaltsstatus erschwert ist. Die Bildungsziele variieren entsprechend der Altersgruppe der Geflüchteten. Jüngere Geflüchtete streben häufig ein Studium an, wobei die Aufnahmebedingungen und finanziellen Voraussetzungen als herausfordernd betrachtet werden. Es existieren auch Personen, die bereits in ihrem Herkunftsland ein Studium begonnen hatten, dieses jedoch aufgrund ihrer Flucht abbrechen 21 mussten und nun in Deutschland die Absicht hegen, ihre akademische Laufbahn fortzusetzen. Für beide Gruppen bedarf es struktureller Maßnahmen, um einen Zugang zum Hochschulstudium zu ermöglichen. Bereits existierende Modellprojekte, welche durch die Zusammenarbeit von queeren Organisationen, Wohlfahrtsverbänden oder Stiftungen ins Leben gerufen wurden, ermöglichen Geflüchteten den (Wieder-)Einstieg ins Studium. Derartige Projekte könnten ebenfalls durch staatliche Fördermittel in Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen, Wohlfahrtsverbänden und Hochschulen etabliert werden. Stipendien könnten den Studieninteressierten beispielsweise den Zugang zu studienvorbereitenden Sprachkursen und im Anschluss ein Hochschulstudium mit der Perspektive auf eine anschließende Berufstätigkeit ermöglichen. In Anbetracht des unsicheren Aufenthaltsstatus der Mehrheit der befragten queeren Geflüchteten sind ihre beruflichen Perspektiven begrenzt. Auch hier stehen die Sicherung von angemessenem Wohnraum, Zugang zu Unterkünften sowie die Erlangung der deutschen Sprache im Fokus ihrer Prioritäten. Aufgrund dieser Unsicherheiten bezüglich des Aufenthaltsstatus kann in dieser Studie keine umfassende Handlungsempfehlung für den Zugang zum Arbeitsmarkt formuliert werden. 5.4. Handlungsempfehlungen für den Zugang zur Gesundheitsversorgung Die interviewten Personen äußern ihre Besorgnis über die erschwerten Zugänge zur medizinischen und psychiatrischen Versorgung für schutzsuchende queere Geflüchtete im Gesundheitssystem. Interviewte Expert*innen betonen, dass der Zugang zu queersensibler und diversitätsbewusster Psychotherapie für queere Menschen mit Fluchterfahrung nahezu unmöglich ist. Einige Organisationen, wie die Schwulenberatung Berlin, setzen sich aktiv dafür ein, Therapiemöglichkeiten für diese Zielgruppe zugänglich zu machen, wobei dies nur durch strukturelle Fördermittel weiter ermöglicht werden kann. Neben den bestehenden Zugangsbarrieren werden auch Probleme mit dem Gesundheitspersonal, insbesondere in psychiatrischen Kliniken, identifiziert. Einige Mitglieder des Personals sind ausschließlich monolingual geschult und verfügen entweder über unzureichende Kenntnisse über komplexe Lebensrealitäten von queeren Menschen mit Fluchterfahrung oder behandeln und begutachten die "Patient*innen" nach einer binären Geschlechterordnung und einem westlich geprägten, privilegienunbewussten Konzept. Expert*innen empfehlen daher Sensibilisierungstrainings für das Gesundheitspersonal, insbesondere im Umgang mit queeren Geflüchteten, die Erfahrungen im Bereich Psychiatrie und Trauma gemacht haben. 22 Wie im Bericht deutlich wird, sind geflüchtete TIN-Personen von diesem monolingualen, heteronormativ geprägten und westlichen Gesundheitssystem mehrfach betroffen. In den Interviews plädieren geflüchtete TIN-Personen sowie Expert*innen für die sofortige Fortsetzung einer begonnenen Hormontherapie, unabhängig von Aufenthaltsdauer und -status. Viele geflüchtete Transpersonen befinden sich z.B. im Transitionsprozess während ihres Asylverfahrens und sind auf die kontinuierliche Hormontherapie angewiesen. Ein weiteres Problem im Gesundheitsbereich besteht in queer-insensiblen Sprachmittlungen bzw. Sprachmittler*innen, die ebenfalls nicht mit den Lebensrealitäten queerer Geflüchteter vertraut sind und sich einer heteronormativen und queerfeindlichen, wahrscheinlich auch pathologisierenden Terminologie bedienen. Expert*innen und befragte queere Geflüchtete befürworten daher Fortbildungsangebote, Schulungen und Trainings für die Sprachmittler *innen, die in fluchtbezogenen Bereichen eingesetzt werden. Diese Schulungen und Trainings könnten in Kooperation mit communitybasierten Organisationen durchgeführt werden. Weitere Handlungsempfehlungen Im folgenden Abschnitt werden zusätzliche Handlungsempfehlungen von interviewten Expert*innen und queeren Geflüchteten ohne detaillierte Analyse präsentiert. Diese Empfehlungen konzentrieren sich insbesondere auf die Themen Sicherheit, Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen sowie Communitystrukturen. 1. Ankunftszentren für besonders Schutzbedürftige: Aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit von queeren Menschen mit Fluchterfahrung, wie in den EU-Aufnahmerichtlinien vorgesehen, wird vorgeschlagen, dass Personen, die sexuelle Orientierung oder Identität als Asylgrund angeben, nicht direkt in den Zuständigkeitsbereich der allgemeinen Ankunftszentren fallen sollten. Es wird empfohlen, spezielle Ankunftszentren für besonders schutzbedürftige Gruppen, wie geflüchtete LSBTIQ+, einzurichten. 2. Gewalt- und Diskriminierungsschutz in Unterkünften: Queere Geflüchtete sind nicht nur in Ankunftszentren, sondern auch in anderen Unterkünften einem erhöhten Risiko von Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt. Insbesondere das Sicherheitspersonal, das für die Sicherheit aller Bewohner*innen verantwortlich ist, sollte diversitätsbewusst, rassismuskritisch und queerfreundlich agieren. Regelmäßige Sensibilisierungstrainings für Sicherheitsdienste werden empfohlen. 3. Gewalt- und Diskriminierungsschutzkonzept: Rassistische und queerfeindliche Ereignisse unter den Bewohner*innen erfordern die Entwicklung und Umsetzung eines verbindlichen Gew alt- und Diskriminierungsschutzkonzepts für alle Beteiligten oder Angehörigen von Unterkünften. 23 Fachliche Kooperationen mit communitybasierten Organisationen können zur Entwicklung solcher Schutzkonzepte beitragen. 4. Rechtssicherer Schutz vor Diskriminierung: Queere Geflüchtete sind in allen Lebensbereichen Diskriminierung ausgesetzt. Es bedarf eines rechtssicheren Schutzes vor Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität und sexuellen Orientierung, da bestehende Gesetze nicht ausreichend vor Diskriminierung schützen bzw. ist der Zugang zu bestehendem Recht für LSBTIQ+ Geflüchtete aufgrund verschiedener auf sie zu treffender Diskriminierungsdimensionen, von denen z. B. Flucht bzw. Aufenthaltsstatus im AGG und LADG nicht explizit erfasst sind, erschwert, und bestehende Hürden wie Informationsbeschaffung und Sprachbarrieren kommen hinzu. 5. Verbesserung der Gesetze für TIN-Personen: Bestehende Gesetze, die TIN-Personen betreffen, sollten verbessert werden, da sie nicht nur pathologisierend wirken, sondern auch zu Misgendering führen können. Expert*innen plädieren für eine Überarbeitung dieser Gesetze. 6. Anerkennung queerer Paare im Asylverfahren: Mitarbeiter*innen des BAMF und des LAF sollten über umfassendes Wissen bezüglich der Situation geflüchteter queerer Paare in den Herkunftsländern verfügen. Informationsblätter könnten dazu beitragen, die involvierten Behördenmitarbeitenden zu sensibilisieren und im besten Fall queere Paare auch ohne Papiere, die ihre Beziehung formalisieren, als solche anzuerkennen. 7. Beschwerdestellen und Peer-to-Peer-Beratung: Unabhängige queersensible und rassismuskritische Beschwerdestellen können im Kontext von Diskriminierung und Gewalt eingerichtet werden. Peer-to-Peer-Beratungsangebote werden empfohlen, um queeren Geflüchteten in vertrauten bzw. sicheren Räumen Unterstützung zu bieten. 8. Förderung von Communitystrukturen: Communitystrukturen, einschließlich Organisationen, spielen eine essenzielle Rolle für queere Geflüchtete. Netzwerke zwischen communitybasierten Organisationen sollten verstärkt werden, um die Förderung dieser Strukturen zu ermöglichen. 24 Literatur BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Ausländer mit Aufenthaltstitel ab 2005; Merkblatt zum Integrationskurs für Asylbewerberinnen und Asylbewerber. URL: https://www.bamf.de/DE/Themen/Integration/ZugewanderteTeilnehmende/Integrationskurse/Teil nahmeKosten/Titelab2005/titelab2005-node.html (Letzter Zugriff am 21.04.2024). EUTB (Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung) (o. D.): Wörterbuch der selbstbestimmten Teilhabe. URL: https://www.teilhabeberatung.de/woerterbuch/partizipation (Letzer Zugriff am 30.11.2023). Moebius, S., Wetterer, A. Symbolische Gewalt. Österreich Z Soziol 36, 1–10 (2011). https://doi.org/10.1007/s11614-011-0006-2 Rudolf, Beate: Teilhabe als Menschenrecht - eine grundlegende Betrachtung, in: Diehl, Elke (Hrsg.): Teilhabe für alle?! Lebensrealitäten zwischen Diskriminierung und Partizipation. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2017, S. 13-37. 25