Sie sind das zentrale Accessoire des Pandemiejahres, wahrhaftig nicht heiß geliebt, aber ständig genutzt: die Masken. Inzwischen ist klar, dass sie einen zentralen Beitrag zur Prävention leisten – und so noch Schlimmeres verhindern. Die Ära der selbst genähten Stoffmasken geht zu Ende. Es sind genug FFP2-Masken für alle da – und die schützen deutlich besser. Risikogruppen und alle über 60 bekommen einen Satz davon vor den Feiertagen umsonst. Zeit für eine Zwischenbilanz und neue Antworten auf die drängendsten Fragen.

Muss ich jetzt drinnen dauernd eine Maske tragen?

Alles spricht dafür, dass Masken drinnen zum vernünftigen Schutz gehören, und zwar nicht nur im Supermarkt oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Nach jetzigem Stand der Wissenschaft bedeutet das: am besten immer Masken tragen in geschlossenen Räumen mit Menschen, die nicht zum eigenen Haushalt gehören, erst recht, wenn man dort länger als ein paar Minuten zusammenkommt. Zusätzlich nötig: Abstand und Frischluft. Das klingt radikal. Aber sollte jemand im Raum infiziert sein, ist das Risiko so erheblich niedriger (toll visualisiert in diesem Stück von El País). 

Das ist umso wichtiger, weil die gefürchteten Superspreader-Ereignisse, bei denen sich ganz viele Menschen auf einen Schlag anstecken, vor allem in Innenräumen stattfinden. 

In einer Analyse mit Handymobilitätsdaten aus zehn US-Metropolen untersuchten Forscherinnen jüngst, wann sich die Menschen in Bars, Kirchen, Coffeeshops, Supermärkten und Fitnessstudios aufgehalten hatten und wo es die meisten Ansteckungen gab. Die Berechnungen legen nahe, dass acht von zehn neuen Infektionen in solchen Räumen stattfanden, offenbar vor allem in Restaurants (Nature: Chang et al., 2020). 

Die Hygienekonzepte vor dem aktuellen Lockdown bis Januar in Deutschland sahen vor, dass Gäste im Restaurant nur eine Maske tragen müssen, wenn sie nicht am Tisch sitzen. Aber: Es ist physikalisch nicht überzeugend, wenn ein Wirtshaus-Wiesn-Wirt Maske trägt und wütend in die Kamera spricht, er habe perfekt alle Hygieneregeln seines Verbandes eingehalten, und sich hinter ihm die Gästegruppen an den Tischen bierselig in den Armen liegen.

Coronavirus - So schützen Sie sich vor in der Luft schwebenden Viren Für die Übertragung von Sars-CoV-2 sind häufig Partikel in der Luft verantwortlich – sogenannte Aerosole. Im Video erfahren Sie, worauf Sie zurzeit achten sollten

Die Hygieneregeln in Restaurants – wenn sie wieder geöffnet werden – können bei der Nachverfolgung von Fällen helfen, aber sie schützen nicht ausreichend vor einer Infektion am eigenen Tisch oder durch Aerosole in der Luft. Das Problem: Die Verordnungen hinken dem internationalen Forschungsstand mitunter hinterher. Das ist kein böser Wille von Politikerinnen und Behörden, das ist normal; in dynamischen Situationen erst recht. Nach allem was Forscherinnen inzwischen wissen, ist es sinnvoll, das Nicht-Tragen-Müssen besser nicht auszureizen, sondern Masken drinnen beherzt aufzusetzen. Das gilt dann nach dem Lockdown auch in der Schule, in der Werkshalle, an der Uni, im Meeting, auch am Platz im Restaurant, solange man gerade nicht isst. 

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Wann wäre es sinnvoll, draußen eine Maske aufzusetzen?

An der frischen Luft ist die Ansteckungsgefahr geringer, weil sich dort die Aerosole, die wir ausatmen, schneller verflüchtigen. Es gibt bisher keine Belege, dass Menschen sich im Freien im bloßen Vorübergehen Covid-19 eingefangen hätten, was aber nicht bedeutet, dass es nicht geschehen kann. Denn auch im Freien kommt man sich mitunter sehr nah. Jogger etwa, die einem feucht ins Gesicht keuchen, laufen definitiv zu dicht vorbei. 

Die Frage, wann man draußen eine Maske tragen sollte, ist zwar noch nicht abschließend beantwortet. Ein Gruppe aus US-amerikanischen Aerosolforschern und Covid-19-Expertinnen der WHO empfiehlt aber derzeit in einem ständig aktualisierten Papier, Masken zu tragen, wenn es draußen eng wird

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Welche Rolle spielen sie im Kampf gegen die Pandemie?

Allen Zweiflern, Skeptikerinnen und Maskenmuffeln zum Trotz ist wissenschaftlich inzwischen klar: Masken sind zentral. Ohne den ständigen Maskengebrauch wird es nichts mit der Eindämmung von Covid-19 und dem Schutz vor der Seuche. Und zwar so lange, bis große Bevölkerungsgruppen geimpft sind. Dazu gibt es mittlerweile eine große Fülle von Studien und Aufsätzen (Health Affairs: Lyu & Wehby, 2020Cochrane: Jefferson et al., 2011Lancet: Chu et al., 2020Proceedings: Stutt et al., 2020The American Journal of Tropical Medicine and Hygiene: Leffler et al., 2020Science: Prather et al., 2020).

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Sind Masken der wichtigste Schutz?

Ihre größte Stärke entfalten Masken in Kombination mit weiteren Maßnahmen. Ein gutes Bild dafür ist das Prinzip von Schweizer-Käse-Scheiben, das der australische Virologe Ian Mackay für das Coronavirus ersonnen hat:

© Ian M. Mackay

Die Löcher symbolisieren die Schlupflöcher für die Viren in den Schutzmaßnahmen – denn jede Maßnahme für sich allein genommen wirkt nicht perfekt. Aber: Stehen die verschiedenen Käsescheiben hintereinander, so sitzen die Löcher jeweils an anderen Stellen. Dann passieren die heranflitzenden Viren vielleicht die erste und zweite Barriere, aber irgendwo weiter hinten in der Serie der Käsescheiben prallen sie dann doch auf Widerstand. Die Virologin Melanie Brinkmann hat dieses Käsescheiben-Modell jüngst sehr verständlich in einem Video für Schüler erklärt. 

Abstand und Masken wurden bislang oft gegeneinander ausgespielt, mit dem Satz: "Masken tragen, wenn man nicht genug Abstand halten kann". Das suggeriert jedoch eine Austauschbarkeit der Maßnahmen. Aber: Masken ersetzen nichts, nicht das Lüften und auch nicht den Abstand. 

Wer sich die Bedeutung und die Notwendigkeit der einzelnen Maßnahmen im Kontext der anderen deutlich machen will, ist mit einem anschaulichen Risiko-Score gut bedient, den britische Forscherinnen im Sommer entwickelt haben (BMJ: Jones et al., 2020).

© bmj.com
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Geschneiderte Stoffmaske oder OP-Maske?

Grundsätzlich gilt: Die richtige Maske ist die, die gut sitzt, gut abschließt und mit der man trotzdem vernünftig Luft bekommt. 

Als Mini-Checkliste für eine brauchbare Maske eignen sich daneben folgende Kriterien:

• Sie hat mindestens zwei Lagen.

• Man kann damit keine Kerze auspusten.

Wichtig ist zudem das Material. Zu Beginn der Pandemie wurden Stoffmasken empfohlen, auch, weil es nichts anderes gab. Über deren Nutzen gehen die Meinungen inzwischen jedoch etwas auseinander. In den vergangenen Monaten ist deutlich geworden, dass Aerosole, mikroskopisch kleine Partikel aus der Ausatemluft, eine Rolle bei der Übertragung der Sars-CoV-2-Erreger spielen. 

Manche Forscher glauben sogar, dass die schwebenden Aerosole das wichtigste Vehikel sein könnten, mit dem die Sars-Cov-2-Viren von Mensch zu Mensch gelangen. Selbstgebastelte Stoffmasken sind da als Standard für den Pandemiemarathon nicht in allen Lebenslagen optimal. "Wenn ich eine Stoffmaske trage, schützt die mich nicht vor den Aerosolen, die andere Menschen ausgeatmet haben; mit meiner Stoffmaske schütze ich mein Gegenüber vor allem vor den groben Teilchen, die ich selbst aushuste oder -niese", sagt Franz Daschner, emeritierter Professor für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene aus Freiburg. "Wer sich selbst wirklich schützen will, sollte die chirurgischen Masken nehmen, die filtern wesentlich besser als die Stoffmasken." Die OP-Masken seien zudem so billig, dass man sie häufig wechseln könne. 

© ZEIT ONLINE

Er verweist dabei auf das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in seinen Empfehlungen zum Tragen von Masken über selbst geschneiderte Do-it-yourself-Modelle: "Träger der beschriebenen Mund-Nasen-Bedeckungen können sich nicht darauf verlassen, dass diese sie oder andere vor einer Übertragung von Sars-CoV-2 schützen, da für diese Masken keine entsprechende Schutzwirkung nachgewiesen wurde." 

Die Braunschweiger Professorin für Virologie Melanie Brinkmann hingegen sagt: "Man sollte die Stoffmasken nicht komplett schlechtreden." Wenn sie zwei- oder dreilagig seien, also nicht bloß einfache Stoffläppchen, und gut säßen, seien sie besser als vielfach angenommen. Sie setzt unterwegs und im Büro auf chirurgische Masken, schon aus Gewohnheit. Aber die Alltagsmasken trägt sie auch sehr gerne: "Am liebsten die, die vorne einen Luftraum haben, dann fällt das Atmen viel leichter."

© ZEIT ONLINE

US-amerikanische Forscherinnen haben kürzlich in einem kleinen, simplen Experiment mit Lichtquelle und Handykamera eine Reihe handelsüblicher Stoffmasken mit einer chirurgischen Maske sowie mit einer gut sitzenden FFP2-Maske verglichen (Science Advances: Fischer et al., 2020). In ihrem Experiment wollten sie zeigen, wie viele Atemtröpfchen die Masken durchlassen, wenn eine Person normal spricht. Gewinner war erwartungsgemäß die gut sitzende FFP2-Maske, danach kam die OP-Maske. Anschließend aber folgten ziemlich dicht zwei aus Stoff geschneiderte, zweilagige Masken, von denen die bessere aus einer Lage Polypropylen und einer Lage Baumwolle bestand und die andere aus zwei Lagen Polypropylen. Diese beiden Masken standen den chirurgischen nicht viel nach. Deutlich durchlässiger und damit schlechter waren hingegen die klassischen Do-it-yourself-Masken aus reiner Baumwolle, die hierzulande viel getragen werden, auch dann, wenn sie im Experiment aus zwei Lagen Stoff bestanden. Zu völlig indiskutablen Ergebnissen führten Halstücher wie Bandanas oder Schlauchtücher aus synthetischen Fasern: Die haben nur Symbolcharakter.

Immerhin: Auch mit einer Stoffmaske vor dem Mund geraten rechnerisch weniger Aerosole und Tröpfchen in den Raum: "Die Maske sitzt ja nah am Ausstoßort, so wie ein Filter ja auch im Schornstein sitzt und nicht irgendwo draußen, wo man viel mehr Luft filtern müsste, um dieselbe Menge Abgase zu entfernen", sagt die Aerosolforscherin und Physikerin Astrid Kiendler-Scharr vom Forschungszentrum Jülich. Doch gut abschließende chirurgische Masken halten mehr Aerosole aus den Atemwegen ihres Trägers zurück, und je weniger Partikel herumschweben, desto besser. Und sie schützen auch besser vor den Aerosolen, die sich bereits im Raum befinden. 

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Immer mehr Menschen tragen FFP2-Masken, ist das sinnvoll?

FFP-Atemschutzmasken schützen die Trägerin und ebenso sein Gegenüber zweifellos am besten. Doch sind sie im Alltag wirklich angebracht? "Wer als Normalbürger sicher sein will oder aus gesundheitlichen Gründen sichergehen muss, sollte eine gut sitzende FFP2-Maske nehmen", sagt Hygieniker Daschner. Vorausgesetzt stets, die FFP2-Maske hat kein Ventil. Denn durch das Ventil entkommt ungefilterte Atemluft: "Dann pustet der Träger seinen eigenen Dreck und auch seine Sars-CoV-2-Viren weiter in die Gegend", sagt Daschner. FFP2-Masken sind vor allem in heiklen Situationen wertvoll, denn die Ansteckungsgefahr steigt mit der Dauer des Zusammenseins. 

© ZEIT ONLINE

Daher sagt die Virologin Melanie Brinkmann: "In der vollen Bahn zum Beispiel, oder wenn man sich in einem Gebiet befindet, in dem gerade eine hohe Inzidenz vorherrscht, und zur Risikogruppe gehört, dann würde ich tatsächlich zu einer FFP2-Maske greifen." Allerdings: Es dürfe kein Mangel an diesen Masken im pflegerischen Bereich entstehen.

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Wann bringt die Maske gar nichts?

Wenn sie herumschlabbert, dauernd von der Nase rutscht, wenn überall an den Seiten die Luft heraus- und hereinpfeift – dann ist es definitiv das falsche Maskenmodell. Damit eine Maske effizient ist, muss sie individuell gut sitzen. Das ist die eigentliche Herausforderung beim Kauf und beim Aufsetzen und Tragen. Eine gute Maske ist groß genug, und umschließt Kinn und Nase, sie hat einen Bügel auf der Nase. An den Seiten geht sie am besten recht weit Richtung Ohren. Eine Brille sitzt optimalerweise über der Maske, damit sie nicht beschlägt. Um sie so gut zu fixieren, nimmt man sie am besten hoch, bis die Maske aufgesetzt ist und platziert sie danach auf dem obersten Stück Stoff oder Vlies. 

Wer übrigens auf Menschen trifft, deren Maske erkennbar überhaupt nicht sitzt, sollte Nähe vermeiden und sich möglichst nicht hinter der Person aufhalten, weil dort besonders viel herausweht, sagen Aerosolforscher

Auch nicht gut für die Effektivität: dauernd die Maske von außen anfassen und daran herumziehen, damit sie besser sitzt oder sie sich einhändig aus dem Gesicht reißen. Und: Man sollte sie nicht draußen vom Regen vollnieseln lassen.

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Wie reinige ich meine Maske sicher?

Viren brauchen Flüssigkeit, um zu überleben. Eine sorgfältig getrocknete Maske enthält keine Erreger mehr. Im Laborexperiment überlebten die Viren auch unter optimalen Bedingungen nicht länger als drei Tage. Chirurgische Masken oder FFP2-Masken kann man daher kindersicher aufhängen oder hoch legen. Um nichts durcheinanderzubringen, kann man die Stelle mit Schildchen und dem Wochentag drauf markieren. 

Wer Stoffmasken benutzt, stopft sie am besten bei 60 Grad in die Waschmaschine. Eine 95-Grad-Wäsche ist nicht nötig, solange man irgendein Waschmittel benutzt. Die Masken können mit allen anderen Wäschestücken zusammen gewaschen werden, hinterher ist alles sauber und virenfrei. 

Gebrauchte, chirurgische Masken oder FFP2-Masken müsse man nicht gleich wegschmeißen, sagen Brinkmann und Daschner, solange diese nicht unansehnlich seien oder beschädigt, nicht unangenehm röchen oder richtig durchfeuchtet gewesen seien. 

Und was ist mit dem Desinfizieren im Backofen? Da kommt der Hygieniker Daschner in Rage: "Das ist eine echte Sauerei, da bleiben die ganzen Speichelreste und der Mundgeruch in der Maske und werden festgebacken." Von Kochprozeduren auf dem Herd, dem Übergießen mit heißem Wasser oder vom Maskengrillen in der Mikrowelle halten die beiden nicht so viel. Die chirurgischen und die FFP2-Masken sollte man gar nicht nass machen: "Dann geht die Filterleistung verloren", sagt Daschner.

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Haben Masken Nebenwirkungen?

Ärztinnen und Pfleger tragen OP-Masken weltweit über viele Stunden. Es ist nichts darüber bekannt, dass dies je mit gesundheitlichen oder psychischen Risiken einhergegangen ist. "Und es gibt auch keinerlei wissenschaftliche Begründung dafür. Da müssten schon ganze Chirurgengenerationen gestorben sein", sagt Daschner. Der Nutzen von Masken überwiegt die Komforteinbußen bei Weitem. 

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Sind Masken für Kinder sinnvoll, notwendig und sicher?

Auch wenn Eltern Kinderärzte inzwischen bedrängen, ihre Kinder zu befreien, aus kinderärztlicher Sicht spricht nichts gegen Masken. In der Schule sind Masken sinnvoll als Pandemieschutz in Kombination mit Lüftung und Abstand, so gut es eben geht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, Kinder ab 12 Jahren Masken genauso tragen zu lassen wie Erwachsene und bei Fünfjährigen und noch Jüngeren darauf zu verzichten; bei Kindern zwischen sechs und elf rät die WHO zu Masken, wenn das Infektionsgeschehen hoch ist, und wenn sie ältere Menschen treffen. Und die Erwachsenen sollten diese Kleinen beim Umgang mit den Masken gut unterstützen.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt, dass die Alltagsmaske bequem und trotzdem fest sitzen sollte, aber das Kind sie jederzeit selbstständig abziehen können müsse. Auf Spielgeräten wie Rutsche oder Schaukel rät sie, keine Maske zu tragen. Auch eine aktuelle gemeinsame Stellungnahme eines Berufsverbandes der Kinderärzte und zweier medizinischer Fachgesellschaften aus dem Bereich Kinder- und Jugendmedizin empfiehlt Maskentragen bei Kindern. 

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