Traumsprünge

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Das ist ein Traum von der Zukunft. Als Leser und Autor von Science Fiction kenne ich die Ästhetik gut, sie prägt ja das Genre seit vielen Jahrzehnten. Hier gibt es Selbstironie: Auch die Schafe werden mit Jet-Packs rumfliegen, na klar. Man könnte das Bild auch als eine Satire auf Typen wie Elon Musk begreifen, die mit Zuckerwattephantasien auf Dummenfang gegangen sind. Oder man sieht die Spuren der Zukunftsbegeisterung, die in Bildern wie diesem einmal wirksam war, ganz ernst und ironiefrei. Dem Exoskelett der Magdeburger Jungfrau fehlt auf jeden Fall ein Gelenk am rechten Knie. Auf die Art wäre es kein Sprungverstärker, sondern ein Sprungverhinderer. Respekt für die Künstler: Wie immer man ihr Werk liest, es verblüfft und erfreut. Wandbilder gibt es einige in Magdeburg. Das finde ich gut, Murals sind öffentliche Träume.

Auch die Geschichte ist manchmal ein Traum, ein Gerücht, eine Erzählung. Man kann nicht alles berichten, das wäre ja verrückt. Manche leiten aus dieser Tatsache die Idee ab, dass alle Erzählungen über die Vergangenheit gleichwertig sind. "Als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt." Auch das eine große Verrücktheit.

Im Dommuseum Ottoanium Magdeburg konzentriert man sich auf das Wirken von Otto dem Großen, der Magdeburg geliebt haben muss. Klostergründung, Dombau, das Erzbistum Magdeburg: seine Ideen, oder zumindest Ideen, die er für wichtig hielt. Er liegt im Dom begraben, zusammen mit seiner ersten Frau Editha. Er, der kommende sächsische König, hatte ihr 929 zur Hochzeit Magdeburg geschenkt. Es ist wichtig, an all das zu erinnern. Faszinierend, was über die ottonische Renaissance zu erfahren war, als man Edithas Sarkophag und seinen Inhalt untersucht hat. Das Museum erzählt genau und anschaulich von diesem Teil der Geschichte.

Mich interessieren auch die Menschen, die Ottos Macht und Reichtum erst ermöglicht haben. Magdeburger, die zusammen mit der Stadt, in der sie lebten, von einem 17-Jährigen verschenkt werden konnten. Ohne die Otto und Editha heute nur irgendwer wären, und nicht Leute, die man tausend Jahre nach ihrem Tod noch kennt. Vielleicht sahen die Magdeburger Untertanen von Otto und Editha der Steinskulptur ähnlich, die auf einem kleinen Ablageplatz hinter dem Dom zu finden ist: ein junges Gesicht mit neugierigem Ausdruck – große Augen, geöffneter Mund. Allerdings ist die Steinskulptur dem Stil nach eine sehr moderne Erzählung über die Vergangenheit.

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