Schweiz: Rekordzubau und Kritik an geplanten Änderungen der Solarförderung

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Die Netzbetreiber in der Schweiz haben im letzten Jahr fast 27.000 Anlagen mit einer Leistung von 681,6 Megawatt ans das Netz angeschlossen. Außerdem wurden 0,2 Megawatt an Insel-Anlagen installiert. Die insgesamt installierten Anlagen mit 3.650 Megawatt Leistung trugen im Jahr 2021 4,73 Prozent zur Netto-Elektrizitätsproduktion bei.

Der Photovoltaik wird im Energiesystem der Schweiz eine wichtige Rolle spielen, stellt eine Studie fest, die das Bundesamt für Energie (BfE) kürzlich veröffentlichte. Gerade um die Versorgungssicherheit sicherzustellen und die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren, sei der Ausbau der Erneuerbaren essentiell, heißt es in dem Report zur Studie Firm PV Power Generation for Switzerland (FiPPS). Photovoltaik sei komplementär zu Wasserkraft und spiele eine zentrale Rolle.

Gesamte schweizerische Netto-Elektrizitätsproduktion 2021

Grafik: Bundesamt für Energie

Schweizer Energieförderungsverordnung sieht Auktionen ab 2023 vor

Wie die Photovoltaik am besten gestärkt werden kann, ist aber immer noch umstritten, wie die Fachgruppe Verband unabhängiger Energieerzeuger (VESE) der Schweizer Vereinigung für Sonnenenergie (SSES) auf einer eigenen Online-Veranstaltung am 29. Juni klarstellte. Die Regierung plant ein Revisionspaket, das Anfang 2023 inkrafttreten soll und mit dem die Förderinstrumente für die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien bis Ende 2030 ausgebaut werden sollen. Die Änderungen betreffen das Energiegesetzes (EnG) die Energieverordnung, die Energieeffizienzverordnung, die Energieförderungsverordnung und die Stromversorgungsverordnung.

SSES und VESE befürchten durch die vorliegenden Entwürfe eine schrittweise Bürokratisierung, welche zu höheren Kosten auf Seiten des Bundes sowie höherem Aufwand und größerer Unzufriedenheit bei heutigen und zukünftigen Eigentümern von Photovoltaik-Anlagen führt. Insbesondere bezüglich der geplanten Änderungen der Energieförderungsverordnung (EnFV) schließt sich Swissolar der Kritik an.

Im Detail: Der Rekordzubau im letzten Jahr wurde ohne Auktionen erreicht. Jetzt plant der Bundesrat, die Einmalzahlung für Volleinspeisungsanlagen ohne Eigenverbrauch ab 150 Kilowatt Leistung über Auktionen festzulegen („hohe Einmalvergütung (EIV)“). Die ausgezahlte Summe soll  sich hierbei auf das  Kilowatt installierte Leistung beziehen und bis zu 50 Prozent der Investitionskosten decken, die bei Referenzanlagen festgestellt werden. Für Anlagen von weniger als 150 Kilowatt wurde ein Betrag von 450 Franken pro Kilowatt festgelegt, was laut Swissolar basierend auf den Preisen von 2020 knapp 40 Prozent der Investitionskosten entspricht.

Kritik an den neuen Richtlinien zur Förderung

Ein Kriterium für die Teilnahme an Auktionen ist, dass bis zum Zuschlag noch nicht mit dem Bau der Anlage begonnen wurde. Die Auktionsteilnehmer müssen weiterhin eine Sicherheit in der Höhe von zehn Prozent dessen, was die Einmalvergütung für die gesamte gebotene Leistung betragen würde, hinterlegen, und die Anlage spätestens 18 Monate nach Zuschlagserteilung in Betrieb nehmen. Da in der Schweiz aktuell hauptsächlich auf Bestandsgebäuden gebaut wird, befürchtet der SSES, dass es nicht zielführend sei, wenn mit dem Bau der Photovoltaik-Anlage erst begonnen werden kann, nachdem eine definitive Zusage der Auktion vorliegt. Er hat zudem Bedenken, dass Projekte, welche bei einer Auktion keinen Zuschlag bekommen, letztlich nicht realisiert werden, was dem Bedarf nach mehr Photovoltaik-Anlagen entgegensteht. Eine Subventionierung von Photovoltaik-Anlagen mittels hoher Einmalvergütung könne naturgemäß nur eine beschränkte Menge fördern. Zuletzt würden die Auktionen in einer Ungleichbehandlung der Anlageneigentümer resultieren und kapitalstarke Grundversorger gegenüber Privaten bevorteilen.

Dies ist einer der Gründe, weshalb Swissolar Auktionen erst ab 500 Kilowatt befürwortet und eine frühzeitige Kommunikation von Seiten des Bundesamtes für Energie über die geplanten Auktionen für die kommenden drei Jahre fordert. Zudem seien hochalpine Großanlagen benachteiligt, da diese aufgrund kurzer Bauphasen im Sommer und der erhöhten Erschließungskosten teurer seien und längere Bauzeiten hätten. Außerdem wünscht sich Swissolar eine Deckelung der Vergütung gebunden an die in der Auktion angegebene Anlagenleistung, um zu verhindern, dass finale Angaben pauschal den ursprünglichen Betrag übersteigen.

Interessante Links zum Schweizer Photovoltaik-Markt:

BFE (2022): Schweizerische Statistik der erneuerbaren Energien. Ausgabe 2021. Vorabzug. S. 27. Online auf: https://pubdb.bfe.admin.ch/de/publication/download/10955

SFOE (2022): FiPPS (Firm PV power generation for Switzerland) S. 33. Online auf: https://www.aramis.admin.ch/Default?DocumentID=68985&Load=true

SSES (2022): Vernehmlassungsantwort der Schweizerischen Vereinigung für Sonnenenergie SSES zur Revision der Energieverordnung EnV, Energieförderverordnung EnFV, Stromversorgungsverordnung StromVV, Energieeffizienzverordnung EnEV und der Verordnung über Gebühren und Aufsichtsabgaben im Energiebereich GebV-En. Online auf: https://www.sses.ch/wp-content/uploads/SSES_div.Verordnungen_fin.pdf

VESE (2022): Stellungnahme des Verbandes unabhängiger Energieerzeuger VESE zur Revision der Energieverordnung EnV, Energieförderverordnung EnFV, Stromversorgungsverordnung StromVV, Energieeffizienzverordnung EnEV und der Verordnung über Gebühren und Aufsichtsabgaben im Energiebereich GebV-En. Online auf: https://www.vese.ch/wp-content/uploads/stellungnahmen/VESE_Vernehmlassungsantwort_zur_Anpassung_der_Foerderinstrumente_fuer_die_Stromproduktion_aus_erneuerbaren_Energien.pdf

Swissolar (2022): Stellungnahme zur Umsetzung der Änderung vom 1. Oktober 2021 des Energiegesetzes auf Verordnungsstufe und weitere Änderungen der Energieverordnung, der Energieeffizienzverordnung, der Energieförderungsverordnung und der Stromversorgungsverordnung. Online auf: https://www.swissolar.ch/fileadmin/user_upload/Medien/Stellungsnahmen/220624_Vernehmlassung_EnFV_div_Swissolar.pdf

Netzgekoppelte und Insel-Anlagen – Entwicklung über die letzten 20 Jahre

Grafik: Bundesamt Für Energie

Weniger Planungsrisiken für einen rascheren Ausbau

SSES und VESE gehen über diese Forderung hinaus und plädieren dafür, anstelle der Auktionen für die hohe Einmalvergütung das Investitionsrisiko über eine fixe, einheitliche und langfristig stabile Abnahmevergütung abzudecken und hierfür eine zentrale Abnahmestelle für Strom aus Photovoltaik-Anlagen einzurichten. Parallel zum Fix-Modell solle zudem ein Flex-Modell möglich sein, welches den Betreibern ermöglicht, den Strom nach aktuellen Marktpreisen vergütet zu bekommen.

Auch Anlagen mit anteiligem Eigenverbrauch seien nur unzureichend berücksichtigt. Bisher gilt zudem eine Frist von 15 Jahren für den Umstieg auf Eigenverbrauch, um die entsprechende Förderung zu erhalten. Swissolar plädiert für eine Verkürzung auf zehn Jahre sowie die Möglichkeit einer erhöhten Förderung, wenn der Bau einer Solaranlage mit einer energetischen Sanierung kombiniert wird, was ein wichtiger Beitrag zur Senkung des Winterstromverbrauchs sei. Diesen Aspekt betonen auch SSES und VESE in Bezug auf die Energieeffizienzverordnung: Sie vermissen die Aufnahme des Kriteriums der Suffizienz und betonen, dass jede gesparte Kilowattstunde ökologischer sei als eine erneuerbar produzierte.

Für kleine Anlagen bis fünf Kilowatt empfiehlt Swissolar, den Grundbeitrag  – welcher für kleine Anlagen fix pro Anlage zusätzlich zum Leistungsbeitrag gezahlt werden wird  – abzuschaffen, da dieser eine Vollbelegung von Dächern mit Photovoltaik-Modulen behindere, weil kleinere Anlagen aufgrund dieser Förderung bevorzugt gebaut würden. Positiv an den neuen Bedingungen sehen die Experten den geplanten Neigungswinkelbonus, den es für Anlagen mit einem Neigungswinkel von mindestens 75 Grad geben soll. (Hannah Bergler)

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