Forschungsprojekt „SecDER“ will virtuelle Kraftwerke angriffs- und ausfallsicher machen

Hybridkraftwerk von Enertrag

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Für eine verlässliche und wirtschaftliche Stromversorgung bedarf es künftig verstärkt virtuellen Kraftwerken bei denen Photovoltaik- und Windkraftanlagen zusammengeschlossen und auch mit Speichertechnologien kombiniert werden. Das virtuelle Kraftwerk ist dabei das Leitsystem, um die vielen kleinen dezentralen Anlagen zu steuern. Über ein Smart Grid kommunizieren die Einheiten dabei miteinander, was sie jedoch zu einem Ziel von Cyberangriffen machen kann und auch die technische Umsetzung von solchen Konzepten ist durchaus anspruchsvoll. Kleine Störungen in der IT oder der Anlagentechnik können weitreichende Konsequenzen für die Funktionsfähigkeit des virtuellen Kraftwerks haben. Daher ist die Resilienz virtueller Kraftwerke maßgeblich für die künftige Versorgungssicherheit. Darauf ausgerichtet ist das Forschungsprojekt „SecDER“, das im April gestartet ist und vom Bundeswirtschaftsministerium mit 2,7 Millionen Euro über die nächsten 18 Monate gefördert wird.

Neben dem Projektträger Jülich sind das die Fraunhofer-Institute für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) und für Sichere Informationstechnologie (SIT) sowie der Hochschule Hannover beteiligt. Die Forscher werden in ihren Arbeiten durch Feldtests von den Unternehmen Enertrag und ANE unterstützt, wie es vom Fraunhofer IEEE hieß. Resiliente Systeme zeichneten sich dadurch aus, dass sie auf Cyberangriffe, Bugs oder technische Störungen reagieren und automatisch wieder in den gewünschten Betriebszustand zurückkehren. Grundlegend sei ein sogenannter Resilience Cycle mit den fünf Phasen „Prepare – Prevent – Protect – Respond – Recover“. Alle Phase würden dazu beitragen, die Auswirkungen der Störungen zu minimieren und die Funktionsfähigkeit des virtuellen Kraftwerks wiederherzustellen.

Der Fraunhofer IEE und SIT bearbeiten das in dem Forschungsprojekt das Teilvorhaben „Ausfallerkennung und Resilienzstrategien für dezentrale Energieanlagen“. Die Hochschule Hannover forsche unterdessen an  einem KI-basierten Verfahren zur Erkennung von Angriffen. Decoit solle darauf aufbauend ein Störfallinformationssystem (SIS) entwickeln. Die Besonderheit an dem Forschungsprojekt sei, dass es den physikalischen Betrieb und die Datenverarbeitung gleichermaßen in den Blick nehme und in einer Anwendung bündele. „Unser Ziel ist ein Sicherheitssystem, das dezentral verteilte Angriffe und technische Störungen erkennen und beheben kann“, sagt Stefan Siegl, Gruppenleiter Angewandte Energieinformatik, Fraunhofer IEE. „Um ein ganzheitliches Bild der IT-Sicherheitslage bereit zu stellen, kommt es darauf an, Einzelmeldungen nach Relevanz und Dringlichkeit zu bewerten, übersichtlich zu aggregieren und Lösungsvorschläge zu machen.“ Es sollen umfassende Daten gesammelt werden, die dann in einem sogenannten Big Data Store zur Verfügung gestellt würden, um Anomalien bei virtuellen Kraftwerken umfassend zu erkennen.

Auf dieser Basis kann dann in einem Virtual Lab ein Erkennungssystem für Angriffe und technische Störungen aufgebaut werden, wie es vom Fraunhofer IEE weiter hieß. Mit dieser Simulationsumgebung lasse sich das reale Verhalten der Anlagen virtuell nachbilden und es könnten Strategien zur resilienten Abwehr von Cyber-Angriffen und technischen Störungen bei virtuellen Kraftwerken erprobt werden. In der Praxis sollen die Ergebnisse dann weiterentwickelt werden.

Eine besondere Herausforderung eines dezentralen Energiesystems sei die ständige Funktionsfähigkeit der technischen Anlagen. Das Fraunhofer SIS werde einen Überblick über den Zustand aller eingesetzten Komponenten ermöglichen und Handlungsempfehlungen geben. „Eine einfache Warnmeldung ist nur der erste Schritt. Wir möchten erreichen, dass das virtuelle Kraftwerk im Zusammenspiel mit dem SIS möglichst viele seiner Störungen eigenständig beheben kann“, erklärt Siegl. Zudem soll der Schutz vor Cyber-Angriffen zentraler Bestandteil der Forschungen sein, da die IT-Sicherheit bislang für jedes virtuelle Kraftwerk individuell entwickelt werden. Im Projekt „SecDER“ sollten gängige IT-Systeme auf die Bedürfnisse der Energiewirtschaft angepasst werden, inklusive Sicherheitsanforderungen und Standards für die eingesetzten Plattformen und Netzwerke. Aus anderen Anwendungen seien Systeme zur Anomalie-Erkennung bekannt, die außergewöhnliches Verhalten als Hinweis auf einen Angriff einordnen. Speziell für den Betrieb von virtuellen Kraftwerken soll nun untersucht werden, ob solche Systeme auch hier die Sicherheit erhöhen, wie das Fraunhofer IEE erklärte. Das Konzept des Maschinellen Lernens werde bisher zur Steuerung von Fahrzeugen und Drohnen und auch zur Spracherkennung eingesetzt, zeige jedoch in der Praxis eine hohe Anfälligkeit für Störungen. Ziel des Forschungsprojektes sei es daher, diese Verfahren robuster zu gestalten.

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