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Kidnapper dreier Frauen verurteilt

1000 Jahre Haft für Cleveland-Entführer

Der Cleveland-Entführer Castro ist zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Er hatte drei Frauen über Jahre festgehalten und sexuell missbraucht. Durch ein Schuldbekenntnis entging er der möglichen Todesstrafe.

Von Silke Hasselmann, MDR-Büro Washington

Haus des mutmaßlichen Entführers von drei Frauen in Cleveland
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In diesem Haus hielt der Beschuldigte die Frauen zehn Jahre lang gefangen.

Dass Ariel Castro nie wieder das Licht der Freiheit sehen wird, ist keine Überraschung. Denn vorige Woche hatte er sich zu einem Deal mit der Anklagebehörde bereit erklärt und sich in allen 937 Anklagepunkten schuldig bekannt - von Entführung über Vergewaltigung bis Mord an ungeborenem Leben. Dafür verzichtete die Staatsanwaltschaft auf einen Prozess und die Möglichkeit, dort die Todesstrafe zu fordern. Vielmehr war die Abmachung, dass der 53-Jährige den Rest seines Lebens hinter Gefängnismauern verbringen würde. 

Nun lautete die Frage nur noch, welches Strafmaß genau der zuständige Richter verhängen würde. Anders als in Deutschland ist es im US-Rechtssystem möglich, die Einzelstrafen für verschiedene Verbrechen zusammenzuzählen. So kam es, dass die Staatsanwaltschaft lebenslange Haft plus 1000 Jahre Freiheitsentzug forderte.

Lebenslange Haft für Ariel Castro
S. Hasselmann, ARD Washington
02.08.2013 03:11 Uhr

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Richter weist Entschuldigungen zurück

Nach der gestrigen Anhörung folgte der Richter diesem Antrag, obwohl man, wie er sagte, "nur einmal im Gefängnis sterben" könne. Zuvor hatte er entschuldigende Einlassungen des Angeklagten zurückgewiesen, etwa, dass er früher selbst vergewaltigt worden sei. "Sie hatten Hilfsmöglichkeiten, das Krisenzentrum für Vergewaltigungsopfer steht zum Beispiel allen offen", so der Richter: "Eine Option, die niemals hätte möglich sein sollen, ist, jemanden zu entführen, sexuell anzugreifen und zu foltern."

Doch genau das hatte der ehemalige Busfahrer, Familienvater und Hobbymusiker Castro auch mit Michelle Knight getan. Die war erst 20 und die Mutter eines anderthalbjährigen Sohnes, als er sie 2002 von Clevelands Straßen weg entführt hatte. Knight war als einziges der Entführungsopfer in den Gerichtssaal gekommen - wissend, dass sie ihren Peiniger dort noch einmal sehen und vielleicht sogar hören müsste.

Entführungsopfer sagte aus

Michelle Knight sagt gegen ihren Entführer Castro aus
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Michelle Knight, eines der Entführungsopfer, beschrieb vor Gericht ihr Martyrium.

Unter Tränen und dennoch standhaft gab sie eine persönliche Erklärung ab: "Ariel Castro, ich erinnere mich daran, wie du immer nach Hause gekommen bist und darüber gesprochen hast, was andere andauernd falsch machen, und wie du so getan hast, als wäre das bei dir nicht der Fall. Du hast gesagt: Wenigstens habe ich dich nicht umgebracht. Du hast elf Jahre meines Lebens gestohlen, doch ich habe es wiederbekommen. Ich lebte elf Jahre lang in der Hölle. Doch ich werde darüber hinwegkommen, während du in Ewigkeit in der Hölle schmoren wirst."

Knight berichtete von der Folter, die Castro jeden Sonntag seinem Kirchgang folgen ließ und erklärte, dass die Todesstrafe dafür "zu einfach gewesen" wäre. Nun werde er im Gefängnis "jeden Tag ein wenig sterben". Auch der im orangefarbenen Häftlingsoverall erschienene Castro gab eine Erklärung ab. Er entschuldigte sich mehrmals bei seinen Opfern, behauptete jedoch zugleich, dass in seinem Haus Harmonie geherrscht habe und dass der Sex mit den drei entführten und festgehaltenen Frauen zumeist einvernehmlich geschehen sei.

Castro: Ich bin kein Monster

Ariel Castro
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Ariel Castro muss lebenslang ins Gefängnis.

Auch seine Tochter, die er vor sechs Jahren mit der 2003 entführten Amanda Berry gezeugt und bis auf wenige Spaziergänge ebenfalls eingekerkert hatte, habe "ein normales Leben" gehabt. Mit den Hinweisen auf seine Sex- und Pornografiesucht wolle er sich nicht herausreden, aber: "Ich bin kein gewalttätiges Raubtier, kein Monster. Ich bin ein normaler Mensch, lediglich krank."

Weil in Ohios Strafgerichten Kameras erlaubt sind, übertrugen mehrere Kabel-News-Sender die Anhörung live. So konnten nicht nur die Anwesenden im Gericht die von der Staatsanwaltschaft präsentierten Fotos aus Castros Horror-Haus sehen; unter anderem mit den Eisenketten, in denen die Mädchen bis zu ihrer Selbstbefreiung im Mai dieses Jahres gehalten wurden. 

Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 02. August 2013 um 09:00 Uhr.

Stand: 02.08.2013 03:29 Uhr

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