Altkanzler Helmut Kohl hat wichtige Dokumente seiner Regierungszeit widerrechtlich in seinem Haus in Oggersheim aufbewahrt. Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte sind bei Besuchen in den Jahren 2012 und 2014 auf entsprechende Papiere gestoßen, das berichtet der „Spiegel“.
Die Wissenschaftler hatten für eine Aktenedition, die das Institut im Auftrag des Auswärtigen Amts herausgibt, bei Kohl angefragt. Ihnen wurde daraufhin eine Auswahl von Leitz-Ordnern in Kohls Haus vorgelegt.
Die Ordner enthielten überwiegend CDU-Korrespondenz, dazwischen fanden sich allerdings auch Briefwechsel von Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher und Protokolle von Gesprächen Kohls mit DDR-Staatschef Erich Honecker, Frankreichs Präsident François Mitterrand oder Südafrikas Präsident Pieter Willem Botha. Es handelt sich durchweg um Originale.
Dokumente gehören ins Staatsarchiv
Staatliche Dokumente gehören allerdings in staatliche Archive. Die Wissenschaftler haben rund 70 Dokumente kopiert und einige davon bereits in dickleibigen Aktenbänden veröffentlicht.
Das Bundesarchiv verlangt von Kohls Witwe Maike Kohl-Richter seit Monaten die Herausgabe aller staatlichen Dokumente.
Es ist unbekannt, wie groß der Nachlass Kohls insgesamt ist und was er enthält. Bislang soll Maike Kohl-Richter nicht reagiert haben. Bei Akten des Kanzleramts kann nur dieses die Witwe juristisch zwingen, die Papiere herauszugeben.
Aus dem Erbschein des Nachlassgerichts Ludwigshafen vom 10. August geht laut früheren „Spiegel“-Berichten hervor, dass die zweite Ehefrau Kohls die Alleinerbin des Nachlasses ist.
Zum historischen Nachlass des Altkanzlers gehören auch Akten und Unterlagen, die Kohl 1998 zunächst dem Archiv der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung überlassen hatte. 2010 ließ er die Unterlagen wieder abholen, weil er sie zum Schreiben seiner Memoiren nutzen wollte. Seitdem lagen die Akten in seinem Privathaus in Oggersheim.