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Olaf Scholz: Flüchtlinge aus Ukraine erhalten ab 1. Juni Grundsicherung


Ukraine-Flüchtlinge erhalten ab Juni Grundsicherung

Von t-online, dpa, afp
Aktualisiert am 08.04.2022Lesedauer: 4 Min.
Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte) nach dem Bund-Länder-Treffen: "Wir haben sehr gut, sehr lange und sehr gut vorbereitet beraten."Vergrößern des BildesBundeskanzler Olaf Scholz (Mitte) nach dem Bund-Länder-Treffen: "Wir haben sehr gut, sehr lange und sehr gut vorbereitet beraten." (Quelle: Reuters-bilder)
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Die Kosten für die Versorgung ukrainischer Flüchtlinge werden zwischen den Ländern und dem Bund aufgeteilt. Ab 1. Juni sollen Geflüchtete die staatliche Grundsicherung in Anspruch nehmen können.

Nach zähen Verhandlungen über viele Stunden haben sich Bund und Länder bei der Verteilung der Kosten für die Versorgung ukrainischer Kriegsflüchtlinge auf einen Kompromiss geeinigt. Dies teilten die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey, und der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst am späten Donnerstagabend bei einer Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin mit.

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Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollen ab Juni staatliche Grundsicherung erhalten, also die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger. Sie würden damit anerkannten Flüchtlingen gleichgestellt, "das ist auch folgerichtig", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Bund beteiligt sich an Kosten für Unterkunft

Für die Kriegsflüchtlinge haben die Beschlüsse große Vorteile: Sie erhalten höhere Leistungen und eine bessere Gesundheitsversorgung. Außerdem bekommen sie früher Unterstützung bei der Integration in den Arbeitsmarkt und haben mit den Jobcentern eine zentrale Anlaufstelle für ihre Belange. Für diese Lösung hatten sich unter anderem die Kommunen auch starkgemacht, weil der Bund die Ausgaben für die Grundsicherung trägt. Der Bund wird sich auch maßgeblich an den Kosten für die Unterkunft beteiligen.

Das sind die wichtigsten Beschlüsse:

  • Grundsicherung
    Ab dem 1. Juni sollen Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland Grundsicherung beziehen können. Die Kosten dafür trägt der Bund. Damit werden die Kriegsflüchtlinge bei den Leistungen für ihre Lebenshaltungskosten behandelt wie anerkannte Asylbewerber.
    Mit dem Bund-Länder-Beschluss zur Aufnahme in die Grundsicherung nach Sozialgesetzbuch (SGB) II erhalten sie höhere Bezüge. Damit verbunden sind weitere Vorteile – etwa bei der gesundheitlichen Versorgung und beim Zugang zu Deutschkursen.
  • Leistungen vom Bund an die Länder
    Der Bund zahlt Ländern und Kommunen in diesem Jahr pauschal zwei Milliarden Euro für die Mehraufwendungen für die Versorgung und Unterbringung der Geflüchteten. Davon entfallen 500 Millionen Euro auf die Kosten der Kommunen für die Unterbringung der Menschen aus der Ukraine sowie 500 Millionen Euro auf die bereits bisher aufgelaufenen Ausgaben der Gemeinden für die Lebenshaltungskosten. Mit einer Milliarde Euro werden weitere Kosten abgegolten, etwa für die Kinderbetreuung und die Integration in Schulen sowie Gesundheits- und Pflegekosten. Die Gesamtsumme wird den Ländern über einen erhöhten Anteil an der Umsatzsteuer zur Verfügung gestellt.
  • Arbeitsaufnahme
    Die Geflüchteten aus der Ukraine können unmittelbar eine Arbeit in Deutschland aufnehmen, die Ausländerbehörden erlauben bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ausdrücklich die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ist nicht nötig.
  • Verteilung
    Bund und Länder bekräftigen, dass die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel verteilt werden sollen, der sich vor allem nach der Wirtschaftskraft der Länder richtet. Darauf hatten sie sich bereits im März geeinigt. Der Bund ist für die Koordinierung zuständig und informiert die betreffenden Länder jeweils über die anstehenden Verteilungen.

In dem Beschluss heißt es außerdem, Bund und Länder wollten die Registrierung derjenigen, die in Deutschland blieben, beschleunigen und "optimieren". Dazu gehöre auch, technische Probleme der IT schnellstmöglich zu beheben. Der Bund will die Länder bei der Registrierung mit Personal und Ausstattung unterstützen. Bei der Erfassung gehe es neben Ukrainern auch um Angehörige anderer Staaten, heißt es in dem Papier. "Eine Registrierung ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Gewährleistung nationaler Sicherheitsinteressen geboten."

Entwicklung der Flüchtlingszahlen große Unbekannte

Die Zahl der noch nach Deutschland kommenden Flüchtlinge aus der Ukraine ist nach Darstellung von Bundeskanzler Olaf Scholz derzeit nicht kalkulierbar. "Wir können über die Entwicklung der Flüchtlingszahlen keine realistische Abschätzung abgeben", sagte der SPD-Politiker am Donnerstagabend nach der Bund-Länder-Runde in Berlin. Mit der Regelung über die Finanzierung der Kosten habe der Bund "einen erheblichen Teil des Dynamisierungsrisikos übernommen".

Spätestens im November werde man sich wieder zusammensetzen und schauen, was für 2023 finanziell erforderlich sei. Dann werde man auch eine Rückschau auf das laufende Jahr machen.

Es könne sein, dass der "heiße Krieg" nicht lange weitergehe und viele Menschen, die Schutz in Deutschland und Europa gefunden hätten, zurückkehrten, sagte Scholz. "Es kann aber auch ganz anders kommen. Und niemand von uns, überhaupt niemand, ist gegenwärtig in der Lage, darüber eine realistische Vorhersage zu machen. Deshalb müssen wir uns für alle Fälle wappnen. Und das haben wir heute gemacht."

Wüst: Vertretbarer Kompromiss

Die Kostenverteilung zur Versorgung ukrainischer Kriegsflüchtlinge ist aus Sicht des Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, Hendrik Wüst (CDU), "insgesamt ein vertretbarer Kompromiss". Auch, wenn manche Länder sich mehr Unterstützung vom Bund gewünscht hätten, habe im Vordergrund gestanden, dass es zu einer schnellen, fairen Lösung zur Entlastung der Kommunen komme, sagte der nordrhein-westfälische Regierungschef am Donnerstag in Berlin nach einer Bund-Länder-Runde.

Giffey: Senden klares Signal aus

"Heute sind die Weichen gestellt worden dafür, dass viele hunderttausend Menschen die individuellen Hilfen aus dem SGB II bekommen, dass Talente genutzt werden können und Kinder und Jugendliche eine Perspektive haben", so Giffey. "Viele Betriebe suchen Fachkräfte und sind bereit, schon jetzt Ukrainerinnen und Ukrainer aufzunehmen", sagte Giffey weiter. Die neue Bundesregierung sende ein klares Signal aus.

In der Vergangenheit hätten Menschen oftmals nicht die Möglichkeit gehabt, von Anfang an integriert zu werden, in Arbeit zu kommen und eine Perspektive zu haben. "Das Lernen auch aus den Fehlern der Vergangenheit bei der Integration hat heute die Beratungen geprägt."

Geflüchtete müssen in EU keinen Asylantrag stellen

Das Treffen mit Scholz hatte am Nachmittag bereits mit einstündiger Verspätung begonnen, da die Länderchefs untereinander deutlich mehr Gesprächsbedarf hatten als zunächst eingeplant. Bereits bei ihrer Konferenz am 17. März hatten sich Bund und Länder grundsätzlich verständigt, die Aufnahme der Kriegsflüchtlinge als Gemeinschaftsaufgabe anzugehen. Für die Kostenfrage sollte eine Arbeitsgruppe bis zum 7. April einen Beschluss vorbereiten. Zu entscheiden ist, ob Ukraine-Flüchtlinge Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder Grundsicherung erhalten sollten.

Die Europäische Union hat entschieden, für die Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine erstmals die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie zu aktivieren. Diese sieht vor, dass die Schutzsuchenden keinen Asylantrag stellen müssen, sondern erst einmal einen Aufenthaltstitel für ein Jahr erhalten und arbeiten dürfen. Eine Verlängerung auf bis zu drei Jahre ist möglich.

Die Zahl der Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland liegt deutlich über 300.000. Allein die Bundespolizei hat nach Angaben des Bundesinnenministeriums bisher 316.453 erfasst. Allerdings können Ukrainer visumfrei einreisen, sodass die tatsächliche Zahl der Schutzsuchenden höher liegen dürfte. Derzeit stellt die Bundespolizei täglich die Einreise von rund 3.000 Menschen aus der Ukraine fest. Im März hatte die Zahl der Neuankömmlinge bei über 15.000 pro Tag gelegen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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