Sage mir, wie du heizen willst – und ich sage dir, wen du wählst: Technik wird immer öfter zu einer Frage von Identität und Emotion, leider. Wärmepumpe? Hätte jemand vor, sagen wir, einem halben Jahr behauptet: "Die Wärmepumpe wird in Deutschland zum nächsten identitätspolitischen Thema!" – mein Wetteinsatz dagegen wäre ziemlich hoch gewesen. Mir wären kaum noch weniger geeignete Themen dafür jedenfalls eingefallen. Wärmepumpen sind technische, auf den ersten Blick wenig emotionalisierbare Gegenstände. Und Deutschland gilt als das Land der Tüftler und Bastler. Hier diskutieren wir allenfalls hart über die Frage, welche Heizung besser ist, welche billiger und vielleicht noch, welche gut fürs Klima. Aber niemals wird diese Frage mit einer Weltanschauung verknüpft.

Doch das ist inzwischen der Fall: Mit Wärmepumpen kann man mittlerweile die politischen Präferenzen der Menschen ändern. Denn seit das grün geführte Bundeswirtschaftsministerium versucht, die Energiewende wirklich umzusetzen, mit Fehlern und Stolperern zwar, aber immerhin, wird der technologische Wandel immer mehr zum Futter für identitätspolitische Debatten.

Windrad, Solarpanel, grüner Wasserstoff, grauer Wasserstoff, Gasheizung, Verbrenner, E-Fuels, Kernfusion: Je mehr die spontane Abneigung bei dieser Begriffsfolge steigt, desto wahrscheinlicher ist eine Stimme für die Grünen. Je mehr stattdessen die Begeisterung wächst, desto wahrscheinlicher neigt man CDU, CSU, FDP und auch der AfD zu.

Woher ich das weiß? Nein, ich kann keine Umfrageergebnisse anführen. Aber es reichen in diesem Fall auch die Aussagen führender Politikerinnen und Politiker, also die Sätze, mit denen die Parteichefs um uns, die Wählenden buhlen. Die Grünen überzeugen ihre Wählenden leichter mit dem Werben für mehr Windräder. Doch die aktuellen Parteivorsitzenden von bürgerlichen, liberalen und rechtspopulistischen Parteien fremdeln immer noch mit den Techniken, die sie kulturell bei den Grünen verorten, namentlich der Windenergie.

Der Verwendung von Wasserstoff hingegen stimmen im Moment fast alle Parteien zu, die Geister scheiden sich höchstens noch an der Frage, ob Wasserstoff gleich klimafreundlich produziert werden muss oder auch Gas zum Einsatz kommen darf. Zudem plädieren die bürgerlichen, liberalen und rechten Parteien gern für Lösungen, die bestenfalls in ein, zwei oder drei Jahrzehnten realisiert werden können, so wie beispielsweise die E-Fuels oder die Kernfusion. Beides klingt schön utopisch, beides suggeriert zudem, dass heute niemand etwas verändern muss. Aber beides hilft im aktuellen Kampf gegen die Klimakrise nicht.

Eine konstruktive Diskussion ist unmöglich geworden

Und dann kämpfen Konservative und Liberale gern auch noch für den Erhalt von Technik, die mit zur Klimakrise beiträgt – beispielsweise für die Gasheizung oder den Verbrennermotor. Sie wurden und werden tatkräftig von den jeweiligen Lobbys unterstützt, was denen dann irgendwann massiv um die Ohren fliegt – und der deutschen Volkswirtschaft auch. Der Vorsprung der Chinesen bei den E-Autos oder der Verkauf von Viessmanns Wärmepumpensparte zeigen das deutlich. 

Womit wir beim wahren Kern der Debatte wären: Zwar haben sich mit Ausnahme der Rechtspopulisten alle Parteien zum Kampf gegen die Klimakrise verpflichtet – durch Parteitagsbeschlüsse, die Verabschiedung des Klimagesetzes oder internationale Verträge. Dennoch gibt es immer noch keinen konstruktiven Streit, über die Frage, wie Deutschland seinen Beitrag leisten kann. Denn bei den konservativ-liberalen Parteien hat anscheinend die Überzeugung gewonnen, dass man bei den Wählenden am meisten punktet, wenn man Angst vor der Veränderung schürt. Das aber ist brandgefährlich.

Tatsächlich ist die Energiewende nämlich an einem Punkt angekommen, an dem es nicht mehr nur um das Abschalten von ein paar Kraftwerken oder den Umbau von Fabriken geht. Heute wird immer klarer, dass sich möglichst bald so gut wie alles ändern muss – Wohnen, Fahren, Heizen. Die Energiewende ist keine Sache mehr, die auf fernen Klimakonferenzen oder in Berliner Politikzirkeln verhandelt wird und vor der man sich wegdrücken kann. Sie ist im Alltag angekommen. Viele Menschen merken jetzt, dass sich auch in ihrem eigenen Heizungskeller etwas ändern muss. Sie lernen, dass CO₂ aus dem Auspuff ihres Autos kommt und aus dem Schornstein ihres Häuschens. Und dass das nicht mehr immer so weitergehen kann.

Klar machen vor allem die Kosten Angst, vielleicht auch eine andere Technik oder das Neue generell. Doch diese Angst kann man besänftigen und erklären, dass die Alternative, eine ungebremste Klimakrise, noch deutlich teurer und schlimmer würde. Oder man kann die Angst schüren, wie es zum Beispiel der CDU-Politiker Jens Spahn tut. Der spricht dann von der "Brechstange", wenn ein grüner Wirtschaftsminister mehr Klimaschutz beim Heizen durchsetzen will – wohl wissend, dass die eigene CDU viele Jahre die Energiewende im Gebäudesektor verpennt hat und damit für die jetzige Situation maßgeblich verantwortlich ist.

Ausbremsen als Parteiprogramm

Es gibt aber noch eine perfidere Art, Antiklimapolitik zu betreiben: Indem man das Ausbremsen in der Regierung zum eigenen Programm macht. Das übt die FDP gerade bis zur Perfektion und wird dabei auch von der Bild-Zeitung unterstützt. Kaum hatten die Liberalen beim letzten Koalitionsausschuss nach langem Hin und Her dem Aus für die Gasheizungen zugestimmt, machten sie wieder einen Rückzieher und verlangen Nachbesserung und längere Übergangszeiten. Die Liberalen also verschleppen den Wandel. Um allerdings nicht zu offen wie Destrukteure daherzukommen, verstecken sie sich hinter vermeintlicher "Technologieoffenheit". Dieses Wort stand einst für Modernität und Offenheit. Durch die aktive Mithilfe der FDP signalisiert es inzwischen aber: Du brauchst in deinem Heizungskeller oder unter der Motorhaube so bald doch nichts verändern, weil irgendwann neue Lösungen kommen, die ein Weiter-so erlauben. Mit E-Fuels könnten Verbrenner weitergefahren werden. Und im Keller heizten dann die Wasserstoffheizungen. Die Wahrheit aber ist, dass diese Technologien entweder viel zu spät kommen oder schlicht surreal sind.

Es wird immer weniger fair und lösungsorientiert über die Klimakrise diskutiert. Und der Blick in die USA zeigt, wie die Entwicklung weiter gehen könnte. Dort – und übrigens auch in einigen europäischen Ländern – schwächt das emotional-ideologische Ressentiment, das längst auch konservativ-liberale Politiker gegen eine ehrgeizige Klimapolitik pflegen, deren Abwehrkräfte gegen rechts außen. Schlimmer noch: Es entstehen immer mehr Narrative, die die extreme Rechte und die konservative Rechte zuverlässig zusammenbinden – und von der Linken unterscheiden. Wo Klimaschutz zu Freiheitseinschränkung und das Gasheizungsverbot zu Enteignung umgedeutet werden, steht die Rechte klar gegen die Linke. Die eine Seite will dann weniger und die andere mehr Klimaschutz.

Slippery Slope ist ein englischer Begriff, der mit "abschüssige Bahn" übersetzten kann. Er bedeutet in diesem Fall: Je mehr Liberale und Konservative der Versuchung erliegen, mithilfe des Boulevards beim Klimaschutz nur noch destruktiv zu argumentieren, desto schwieriger wird ein konstruktiver Streit über die beste Klimapolitik. Und das macht eine seriöse Auseinandersetzung über das Wie immer schwieriger. Und damit auch eine wirksame Klimapolitik.