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Amtsgericht Meißen

Ist die Bezeichnung „Neonazi“ eine Beleidigung?

Symbolbild

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Klipphausen/Meißen. Ist es eine Beleidigung, jemanden als „Neonazi“ zu bezeichnen, oder eine Meinungsäußerung, die durch Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes geschützt ist? Diese Frage war das zentrale Thema einer Verhandlung im Amtsgericht in Meißen.

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Auf der Anklagebank im Saal von Richterin Ute Wehner hatte am Dienstag der Klipphausener Andreas Vorrath Platz genommen. Dem 56-jährigen Ex-Grünen-Politiker legte die Staatsanwaltschaft zur Last, in zwei Kurzmitteilungen über das Netzwerk „Twitter“ den Pegida-Vize Siegfried Däbritz als „Neonazi“ tituliert zu haben. Die Tweets erschienen am 17. September 2017 und am 2. Februar 2018 im weltweiten Netz. Däbritz hatte jeweils Anzeige wegen Beleidigung gestellt.

Vorrath leugnete nicht, dass er die beiden Tweets abgesetzt hat. „In sie ist meine politische Einschätzung über Däbritz eingeflossen“, sagte er. Seit November 2014 beobachtet er die Pegida-Demonstrationen in Dresden. So sei Däbritz wiederholt auf Fotos mit bekannten NPD-Kadern zu sehen gewesen. Er verkehre in rechtsextremistischen Kreisen. So habe er im März dieses Jahres in Chemnitz am Trauermarsch für die Hooligan-Größe Thomas Haller teilgenommen. Däbritz organisiere nicht nur, sondern spreche auch auf den Pegida-Demos. Und von wessen Geist die Demonstrationsteilnehmer seien, hätten laut Vorrath deren Äußerungen zum Mordfall Lübcke gezeigt.

Die Argumentation des Angeklagten überzeugte die Amtsrichterin nicht. In den beiden Tweets gehe es nicht um eine Auseinandersetzung in der Sache, sondern um die Diffamierung einer Person, so Wehner. Das sei nicht durch die verfassungsrechtlich verankerte Meinungsfreiheit geschützt. Die Tweets wurden ohne Kontext in den Raum gestellt. Was Däbritz politisch danach gemacht habe war für diesen Fall nicht von Belang. Wehner verurteilte Vorrath wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 225 Euro.

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Gegen das Urteil will Verteidiger Jürgen Kasek Rechtsmittel einlegen. Denn vor dem Landgericht Dresden kam ein anderer Tweet seines Mandanten, in dem Vorrath den AfD-Landeschef Jörg Urban einen „Neonazi“ nannte, als von der Meinungsfreiheit geschützt durch.

PS: Däbritz muss 200 Euro Ordnungsgeld zahlen, weil er nicht zur Verhandlung erschienen war.

Von Silvio Kuhnert

DNN

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