Krise?Die Gastronomie hat die Krise erwischt. So richtig heftig. Haleluja! Nun, man sagt ja, Krise sei immer gut, für die Weiterentwicklung. Wirtschaftlich ist sie allerdings ein Fiasko, zum Teil existenzbedrohend oder gar existenzzerstörend, man sieht es an zugeklebten Fensterscheiben und abmontierten Namen überall in der Stadt. Jeden Tag erreicht uns die Nachricht der Schließung einer weiteren Location. Zum Glück sind wir bisher verschont. Möge das Glück uns hold bleiben! Der erste Reflex in vielen Lokalen ist: die Gäste nicht überfordern, keine Experimente, einfache Antworten, Essen wie früher. In den Küchen klingt das dann so: kochen wie bei Muttern! Entspann dich! Hau dir die Pommes oder die Kartoffeln rein, schwelge in Kindheitserinnerungen mit Matjes oder Majo, mit gewohnter Kost bist du auf der sicheren Seite. Die zaghafte Frage des Gastes, woher die Produkte kommen, wird möglichst nicht beantwortet. Das ausgedünnte Personal hat eh keine Zeit dafür.
Das Essen bei Muttern früher war vor allem herzhaft und deftig. Sattwerden war die Devise, Butter und Mehl lagen breit gebettet im Magen. Sowas soll in der Krise helfen? Altbekanntes, wollen wir wirklich Restauration?? - Ein schönes Sprichwort hält dagegen: Wenn du möchtest, dass alles bleibt, musst du alles ändern. Man sieht es im Großen wie im Kleinen. Der ewige Frieden ist schnell vorbei, die Freiheit gibts nicht zum Nulltarif, der wohlstandsgeprägte Lebensstil muss sich ändern, damit die Erderwärmung ihn nicht vernichtet. Ja, und das Gasthaus? Das soll sich bitteschön nicht bei Muttern einkuscheln, okay, das ist ein netter Reflex, darf man sich zwischendurch mal erlauben, na klar, aber die Welt schaut nach vorne nicht nach hinten. Wie schön kann es doch sein, an der Veränderung der Esskultur und der Ernährung mitzuwirken! Den Menschen zu zeigen, wie wahnsinnig spannend das ist. Es ihnen sozusagen schmackhaft machen. Wie schön ist es, als Koch oder Köchin an Dingen zu arbeiten, die es vorher nicht gab, sie zu entdecken, die unmöglichsten Ideen auszuprobieren, und bei den Gästen die Freude am Unbekannten zu erleben. Die Gäste mitzunehmen auf eine Reise zu neuen anderen Qualitäten.
Deshalb gebt der Krise einen Sinn: Lasst euch inspirieren von einer veränderten Lebenseinstellung. Umarmt Mutter Erde. Das ist motivierend, ganz unverkrampft, macht Lust auf mehr und tut einfach gut. Krise? Zum Wohl!
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