Auch im Vertrieb hat COVID die digitale Transformation stark vorangetrieben. Traditionelle Key Account Manager und Field Sales Truppen sind nicht mehr in der Lage, ihre Kunden vor Ort zu besuchen.

Darüber hinaus haben Logistikanbieter errechnet, dass persönliche Besuche von Vertriebsmitarbeitern schon vor COVID mit durchschnittlichen Kosten von 60-70 Euro pro Stunde zu Buche schlugen. In einer zukünftig voll digitalisierten Landschaft mit geringen Transportmargen ist dies kaum noch darstellbar.

In diesem Digital-First Umfeld werden sich somit auch Leadership Profile von Vertriebsvorständen verändern. Neue Mindsets sowie veränderte Organisationsstrukturen und Unternehmenskulturen sind die Folge.

Das Umfeld

Die sogenannten First Movers investieren bereits in hochaktive Social Media Accounts und verändern ihre KPIs von traditionellen Messkriterien wie Anzahl Besuchen pro Field Sales hin zu Engagement Raten bei Facebook, Twitter und Linkedin.

Derzeitige Logistik-Marktführer bei Facebook haben bereits eine Range von mehr als 50.000 Followern erreicht, während Unternehmen wie bspw. Convoy verstärkt auf LinkedIn setzen und etwa Fourkites, die derzeitige Logistiklandschaft bei Twitter anführt.

Das Chartered Institute of Procurement and Supply (CIPS) bringt es in seinem Beitrag zu Operation 4.0 (Company Website) auf den Punkt: “Any strategy must begin with an understanding of their current level of maturity in their specific content or supply network.”

Neue Marktteilnehmer im Bereich digitaler Logistik setzen daher bereits verstärkt auf Führungskräfte, die Social Media Kanäle pushen und parallel eigene Netzwerke und Glaubwürdigkeit vorantreiben.

Instafreight Gründer Philipp Ortwein veröffentlicht persönlich das Profil des neuen Vertriebsvorstands Adam Chassin: Dieser hat zuvor Uber in Europa aufgebaut, in Harvard studiert und verfügt über einschlägige Silicon Valley Erfahrung.

Das Beispiel zeigt, dass zukünftige CSO Profile in Transport und Logistik in eine komplett neue Richtung vorstoßen.

Gefragt sind zukünftig Fähigkeiten, wie beispielsweise die Marken-Durchdringung über SEM (Search Engine Marketing) zu pushen, SEO (Search Engine Optimisation) zu optimieren, SEA (Search Engine Advertising) richtig zu positionieren und somit in Suchen potenzieller Kunden, zum Beispiel über Video-Clips, Images und News ganz vorne zu landen.

Neue Vertriebskonzepte haben End-to-end Customer Touchpoints im Fokus, die Customer Journey im Blick und verfolgen Online Engagement Raten. Abgerundet werden die neuen Strategien durch Webinars, klare Markenidentität auf Social Media, dem Tracken von Kundenaktivitäten und voll digitalisierter Buchung von Logistikaktivitäten.

Die Bedeutung für zukünftige Vertriebsvorstände

Ein Wandel vom traditionellem Logistik-Vertrieb, der – gerade bei großen Logistikunternehmen – oft eine Armee von Key Account Managern, Field Sales und Indoor Sales umfasste, hin zur Generierung digitaler Wahrnehmung und Umsatz wird komplett neue Leadership Profile bedingen. Ein entsprechender Wandel der Unternehmenskultur ist damit gleichermaßen unabdingbar.

Vertriebsvorstände müssen zukünftig in der Lage sein, digitale Wahrnehmung für das Unternehmen zu generieren – zum Beispiel über neue Websites, SEO, Google PPC, Blogs, Landing Pages, virtuelle Events und Social Media Accounts.

Im nächsten Schritt müssen sie dann den Sprung in der Kundenwahrnehmung von

  • Awareness (Schritt 1) zu
  • in Erwägung gezogener Anbieter (Schritt 2) zu
  • final präferiertem Anbieter (Schritt 3)

schaffen. Zielkampagnen via Social Media – etwa Youtube, Google PPC oder LinkedIn, Kundendemos und App Marketing werden damit zu den Game Changern für zukünftige Vertriebsvorstände. Marketing und Vertriebsfunktionen fließen ineinander.

Die Boston Consutling Group (BCG) veröffentlicht auf ihrer Website eine Studie, dass Unternehmen, die hier bereits einen hohen Wirkungsgrad erzielt haben – BCG bezeichnet dies als „Multimoment Maturity“ – Kosteneinsparungen von bis zu 30% erzielen und Umsatzzuwächse in Höhe von mehr als 20% erreicht haben.

Was sind also zusammenfassend die Hauptfähigkeiten, die zukünftige Vertriebsvorstände in Transport und Logistik mitbringen sollten:

  1. Die Fähigkeit, Teams zu inspirieren und sowohl interne Kollegen, als auch externe Kunden maximal einzubinden.
  2. Erfahrung im Generieren von digitaler Reichweite: entweder durch frühere Erfahrung in einem digitalen Unternehmen oder als Change Agent in einer digitalen Rolle.
  3. Experte in digitalen Markttrends: z.B. wie generiert man Traffic durch Search Engines und Social Media Websites.
  4. Die Fähigkeit, einen Purpose getriebenen Ansatz an interne und externe Kunden zu vermitteln: Studien belegen, dass Inhalte, die einen klaren Purpose vermitteln, etwa über soziale Verantwortung, Umweltthemen oder persönliche Einblicke, Traffic beträchtlich steigern. Entscheidend ist es, in der Lage zu sein, das Gefühl zu vermitteln, angesprochen zu sein und Teil der Mitteilung zu sein.

Weitere Faktoren umfassen:

  1. Eine kompromisslose Kundenorientierung: Den Wandel zu verstehen, dass es bei der Customer Experience nicht mehr um das Präsentieren von Produkten (alte Sichtweise) geht, sondern das anzubieten, was der Kunde wünscht (zukünftige digitale Strategie)
  2. Die Fähigkeit multidisziplinäre Teams zu bilden: Teams aufzubauen, die sowohl digitale Erfahrung (Daten, AI etc.), als auch traditionelle Logistik-Erfahrung umfassen.
  3. Offenheit für Disruption: Empfänglichkeit für neue Ideen und das passende Abwägen zwischen Neuerfindung von Themen und Beibehaltung bestehender Konzepte.

Wichtig ist noch zu bedenken, dass Vertriebsvorstände mit beschriebenem Profil durchaus auch scheitern können.

Dies passiert insbesondere dann, wenn die Person alleine versuchen muss, den Wandel voranzutreiben. Die Organisation muss insgesamt die Notwendigkeit des Wandels verstehen, an diversen Schaltstellen neue Fähigkeiten einbringen, um den digitalen Wandel voranzutreiben. Eine hohe Diversität mit nicht-standardisierten Profilen und neuen Inspirationen auf verschiedenen Ebenen verspricht die besten Ergebnisse.

Erfolgsversprechend sind dabei vor allem auch Leadership Profile, die in ihrem individuellen Stil weniger auf Autorität setzen, sondern mehr auf Themen wie Learning, Neugier und Innovation.

Autorin: Dr. Martina Fohr.

Martina Fohr ist Mitglied von Spencer Stuart´s Industrial und Supply Chain Practice und verantwortlich für den Bereich Transport und Logistik sowie Chemie. Kontaktieren Sie sie via email oder folgen Sie ihr auf LinkedIn.