Die Zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg prüft, ob Soldaten der Wehrmacht in Verbrechen gegen sowjetische Kriegsgefangene verwickelt sind. Die Behörde ermittelt gegen sieben Wehrmachtsangehörige wegen des Verdachts der Beihilfe zum Mord. Die Soldaten sollen Kriegsgefangenenlager bewacht haben, in denen Angehörige der Roten Armee massenhaft zu Tode gekommen sind.
Von etwa 5,7 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen starben bis zu 3,3 Millionen in deutschen Lagern – etwa die Hälfte aller der im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion internierten Soldaten. Dieser Massenmord hat nun, mehr als 70 Jahre nach Kriegsende, ein juristisches Nachspiel.
„In unserer Zentralkartei befinden sich etwa 250 Lager mit Informationen zu den dort eingesetzt gewesenen Wachleuten“, sagt der Leiter der Zentralen Stelle, Thomas Will, zu WELT AM SONNTAG.
„Aus diesem Pool konnten wir etwa 2000 Personen aus möglicherweise heute noch lebenden Geburtsjahrgängen identifizieren“, so der Staatsanwalt. Die bislang sieben „Prüffälle“ dienten sowohl in Lagern im Osten als auch im damaligen Reichsgebiet.
Die erstaunlich späten Ermittlungen lassen sich auf eine geänderte Rechtsprechung zurückführen, die sich seit 2011 bei NS-Verfahren durchgesetzt hat. Damals verurteilte das Landgericht München den früheren KZ-Wachmann John Demjanjuk zu einer lebenslangen Haftstrafe, weil er im Vernichtungslager Sobibor eingesetzt war.
Die Richter folgten der Anklage, nach der sich jeder, der in einem Vernichtungslager Dienst versah, der Beihilfe zum Mord schuldig gemacht hatte – beim arbeitsteilig organisierten Holocaust waren auch vermeintlich harmlose Tätigkeiten wichtig, um die Maschinerie am Laufen zu halten.
Insgesamt laufen nach Recherchen von WELT AM SONNTAG noch zehn Verfahren gegen Männer und Frauen, die Wachdienste oder andere Arbeiten in Konzentrationslagern verrichtet haben. In zwei Fällen wurde bereits Anklage erhoben, acht weitere Verfahren sind an Staatsanwaltschaften abgegeben worden.
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