Der Mann, der Japans Ex-Premier Shinzo Abe erschoss: Ex-Militär feuerte mit selbst gebauter Waffe

Quelle: AP / Reuters
Von: Julian Röpcke

Gegen 11.30 Uhr Ortszeit fallen in der japanischen Stadt Nara Schüsse, sie treffen den früheren Regierungschef Shinzo Abe. Einige Stunden folgt die Meldung: Der 67-Jährige ist tot.

Japan steht unter Schock.

Tatverdächtig ist ein 41 Jahre alter Japaner, der noch am Tatort festgenommen wurde. Medienberichten zufolge feuerte der Mann zweimal mit einer selbstgebauten Schusswaffe auf den früheren Regierungschef. Der konservative Politiker brach daraufhin zusammen, blutete in der linken Brust und am Hals.

Auffällig ist die Waffe, die der mutmaßliche Täter nutzte. Aufnahmen zeigen, wie der 41-jährige Japaner die Waffe wegwirft, nachdem er von Sicherheitsbeamten gestellt wird – dann liegt sie auf dem Boden.

DER TÄTER

Laut dem japanischen Fernsehsender NHK soll es sich beim Festgenommenen um einen Ex-Militär handeln, der bis 2005 drei Jahre lang den Seestreitkräften des Landes angehörte.

DAS MOTIV

Sein Motiv: offenbar Unzufriedenheit! Wie der japanische Fernsehsender NHK am Freitag berichtete, soll der 41-Jährige nach seiner Festnahme gesagt haben, er sei „unzufrieden“ mit Abe und habe ihn „töten“ wollen.

Mit seiner Waffe gab der Täter zwei Schüsse ab

Mit seiner Waffe gab der Täter zwei Schüsse ab

Foto: The Asahi Shimbun via Getty Images

DIE WAFFE

Auf den Aufnahmen ist zu sehen, dass es sich um eine selbst gebaute zweiläufige Pistole handelt.

Sie besteht ganz offensichtlich aus zwei Rohren, die die Läufe der Schusswaffe darstellen. Befestigt sind sie mit einem Brett und Gaffa-Tape, um der Waffe Stabilität zu geben.

Sie erinnert damit an historische Waffen, die bereits vor 500 Jahren eingesetzt wurden. Mit ihr konnte der Täter zwei Schüsse abgeben.

Klar ist, dass er die Waffe etwa zehn Meter hinter Abe abfeuerte. Es folgte ein lauter Knall und starke Rauchentwicklung.

Auch das ist typisch für selbst gebaute Waffen, bei denen die Sprengladung zur Beschleunigung des Projektils nach dem Abfeuern verpufft, beziehungsweise der Rauch der stattgefundenen Explosion in verschiedene Richtungen entweicht. Solche selbst gebauten Waffen haben eine vergleichsweise geringe Durchschlagskraft, Reichweite und Präzision. Aus geringer Entfernung abgefeuert – wie im Video aus Nara zu sehen – entfachen sie dennoch eine oft tödliche Wirkung.

Anscheinend hat einer der Personenschützer den herannahenden Täter zwei Sekunden vor der Tat gesehen. Er schaut zu ihm hin, bewegt sich jedoch nicht, was darauf hindeutet, dass er die Gefahr nicht erkennt.

Die selbst gebaute Waffe, die erst bei genauerem Hinsehen als solche zu erkennen ist, gab dem Täter damit einen weiteren Vorteil: Der Attentäter konnte bis zuletzt unerkannt bleiben.

Japan hat extrem scharfe Waffengesetze, der Verkauf von konventionellen Feuerwaffen an Zivilisten ist nahezu unmöglich. Gleichzeitig existieren im Internet zahlreiche Bauanleitungen für selbst gebaute Pistolen. Nicht nur im Darknet, sondern auch auf kommerziellen Videoportalen.

Sicherheitskräfte konnten den Täter überwältigen

Sicherheitskräfte konnten den mutmaßlichen Täter überwältigen

Foto: The Asahi Shimbun via Getty Imag

DAS OPFER

Abe war zunächst von 2006 bis 2007 und dann von 2012 bis 2020 Regierungschef Japans. Er ist damit der Ministerpräsident in Japan, der am längsten regierte.

Am Sonntag finden in dem Land Wahlen zum Oberhaus des Parlaments statt. Es wird erwartet, dass die Partei von Abe LPD einen haushohen Sieg erringen wird. Damit könnte die Debatte um eine Verfassungsänderung an Fahrt gewinnen.

Shinzo Abe während seiner Wahlkampfrede in der Kaiserstadt Nara. Wenige Minuten später wurde auf Japans Ex-Premier geschossen

Shinzo Abe während seiner Wahlkampfrede in der Kaiserstadt Nara. Wenige Minuten später wurde auf Japans Ex-Premier geschossen

Foto: The Asahi Shimbun via Getty Images
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