Kritik an Algerien :
Macrons späte Einsicht

Ein Kommentar von Rainer Hermann
Lesezeit: 1 Min.
Macron spricht am 20. September 2021 im Elysee-Palast zu Algeriern, die an der Seite der französischen Kolonialmacht gekämpft hatten.
Macron wirft Algerien eine unehrliche Erinnerungskultur vor, aber auch, dass es seine Probleme nicht in den Griff bekommt. Das Regime in Algier reagiert gereizt.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat zu Algerien die richtigen Worte gesagt. Er beschrieb das Regime als müde, durch die Protestbewegung des Hirak geschwächt. In der vergangenen Woche hatte Frankreich bereits unter Verweis auf die illegale Migration aus den Maghrebstaaten und deren Weigerung, Migranten zurückzunehmen, angekündigt, deutlich weniger Visa für Bürger aus Marokko, Algerien und Tunesien auszustellen.

Zusammen kommt das einer Aufforderung an die Maghrebstaaten gleich, ihre Probleme endlich in den Griff zu bekommen. Die Maghrebstaaten kontern und sehen die Wurzeln für diese Probleme in der langen – aber auch lange zurückliegenden! – französischen Kolonialzeit.

Kritik am „politisch-militärischen System“

Gegenseitige Schuldzuweisungen also. Macron hat bereits die Präsidentenwahl im Blick, und in Algerien herrscht nach mehreren Wahlen und Referenden Stillstand. Die Führung, Macron nennt sie „ein politisch-militärisches System“, weiß immer noch nicht, ob und welche Zugeständnisse sie machen soll, die der jungen Bevölkerung eine Perspektive geben würden.

Denn die akzeptiert nicht länger die Legitimation der politisch-militärischen Führung durch den Unabhängigkeitskrieg. Sie will Arbeit und ein besseres Leben. Algerien ist für die Stabilität Nordafrikas unentbehrlich. Es ist gut, dass Macron erkannt hat, dass die mit dem jetzigen Regime nicht garantiert ist. Noch besser wäre gewesen, die Einsicht wäre schon früher gekommen.