Comic Con beginntSpider-Man zu Besuch in Köln – Star-Auflauf in der Messe

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ComicCon

Köln – Als der Comic-Fan Shel Dorf im Jahr 1970 seine erste, dreitägige Comic Con, kurz für Convention, in San Diego veranstaltete, kamen 300 Besucher. Gaststars waren der Science-Fiction-Autor Ray Bradbury und der Zeichner Jack Kirby, der Miterfinder von Superhelden wie Captain America, Thor, Hulk, Iron Man, den Fantastischen Vier und den X-Men.

Inzwischen haben Kirbys Geschöpfe die kulturelle Weltherrschaft übernommen. Hollywood macht mit Superhelden große Kasse – und schickt seine größten Stars jeden Juli nach San Diego. Und die Besucherzahlen der verlässlich ausverkauften kalifornischen Comic-Con bewegen sich zwischen 130 000 und 160 000.

Die Comic Con in Köln

Drei Hallen, 80 Aussteller auf 65 000 Quadratmetern, 70.000 erwartete Besucher.

VIPs: Ben Barnes ( „Die Chroniken von Narnia“), Benedict Wong („Doctor Strange“), Mark Pellegrino („Dexter“, „Lost“), Nikolaj Coster-Waldau („Game of Thrones“). www.ccxp-cologne.de

Wenn ab diesen Donnerstag zum ersten Mal die „CCXP Comic Con Experience“ in der Kölner Messe ihre Tore öffnet, werden bis zum Sonntag immerhin 70 000 zumeist junge Besucher erwartet. Stars wie Nicolai Coster-Waldau („Game of Thrones“) und Idris Elba („Fast & Furious: Hobbs & Shaw“) haben sich angesagt. Cosplayer – das sind Menschen, die sich unter großem Aufwand wie ihre Lieblingscharaktere kostümieren – können sich hier in fiktionalen Welten verlieren. Und irgendwo findet man auch einige der Zeichner und Szenaristen, aus deren Ideen diese Fantasiewelten entstanden sind.

Susanne Flimm wird auf der CCXP mit einem Stand vertreten sein. Ihr Mann Thomas Schmitz-Lippert sammelt seit seinem fünften Lebensjahr Superhelden-Hefte und Memorabilien. Vor gut zehn Jahren hat Flimm eine Stiftung gegründet, um die Sammlung zu schützen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie begrüßt den Messe-Neuzugang: „Köln ist eine weltoffene, junge Stadt. Da ist es eine große Chance, dieses Feld zu besetzen.“

Ganz so exklusiv ist die Kölner Veranstaltung nicht

Junge Menschen würden heute nun mal in einer bebilderten Welt groß werden. „Wenn ich Kinder durch unsere Sammlung im Comic Haus Cöln führe, kennen die alle Figuren, von Thor bis Wonder Woman. Aber die Hefte kennen sie nicht und ebenso wenig die Geschichte des Mediums.“ Auch die Kölner Comic-Zeichnerin Sarah Burrini steht der CCXP höchst aufgeschlossen gegenüber: „Auf Comicbörsen begegne ich nur alten Männern, auf Comic Cons sehe ich endlich mal Familien und Jugendliche.“ Auftreten wird sie allerdings auf der fast zeitgleich stattfindenden „Comic Con Germany“ in Stuttgart. Ganz so exklusiv, wie die Kölner Veranstaltung zu sein vorgibt, ist sie nämlich nicht, tatsächlich hat man in San Diego die Namensrechte wohl mehrmals vergeben.

Burrini ist eine der ganz wenigen deutschen Comic-Künstler, die auch in Amerika Fuß gefasst haben. Was vor allem an ihrer Beharrlichkeit liege, schätzt Burrini. „Die haben da jedenfalls nicht auf mich gewartet.“ Ihr eigenes Comic-Alter Ego „Nerd Girl“ erlebt ihre Abenteuer jedenfalls nur „nebenberuflich“.

Gerade mal ein gutes Dutzend Zeichner, schätzt ihr Kölner Kollege Ferdinand Lutz, leben in Deutschland tatsächlich alleine von der Comic-Produktion. Obwohl es viele talentierte Zeichner gebe. „Vielleicht liegt es schlicht am Namen Comic, dass das Medium hierzulande oft nicht ernst genommen wird. In Frankreich spricht man vom bande dessinée, also vom gezeichneten Streifen. In Italien von fumetti, also von Rauchwölkchen, mit denen die Sprechblasen gemeint sind.“ Er selbst werde die CCXP nicht besuchen, „da zahlt man ja sogar für eine Signatur, die ist für mich aber eine Selbstverständlichkeit“. Lutz verweist lieber auf andere, kleinere Comic-Treffs, wie den Millionaires Club in Leipzig, oder Comic Invasion Berlin.

Leo Leowald, ebenfalls Comic-Zeichner, ebenfalls wohnhaft in Köln, überlegt noch, ob er mit seinem Sohn auf die Messe gehen wird. Obwohl der Kontrast zu dem, was er selbst zeichne, doch maximal groß sei. „Für mich waren Comics immer Underground, anarchisch, abseits des Mainstreams. Ich finde es gut, dass man im Grunde nur eine Idee und einen Stift braucht.“

Comics sind nur ein Teil des Ganzen

Klaus Schikowski dagegen wird die Kölner Comic Con am Donnerstag besuchen. Mit kritischem Blick. Der Programmleiter für Comics und Graphic Novels beim Carlsen Verlag („Tim und Struppi“, „Spirou“) freut sich zwar über die Aufmerksamkeit, die dem Medium hier entgegengebracht wird, wünscht sich aber, dass diese für alle Spielarten des Comics gelte. Also auch für die franko-belgische oder die japanische Tradition.

Als er vor ein paar Jahren die Comic-Con in San Diego besuchte, musste er feststellen, „dass die amerikanische Comic-Kultur eine komplett andere ist“. „Außerdem sind auf einer Comic Con Comics eben nur ein Teil des Ganzen, hier stehen Serien und Filme im Vordergrund. Für uns sind Comic-Festivals wie in Erlangen und München deshalb wichtiger.“ Ob der anhaltende Superhelden-Boom im Kino auch zu höheren Auflagen führt? „Nur punktuell. Als vor zwei Jahren Luc Bessons Comic-Verfilmung „Valerian“ im Kino lief, waren unsere „Valerian und Veronique“-Bände zeitweilig ausverkauft.“

Der Comic begann seine Karriere am Anfang des 20. Jahrhunderts als Massenkultur, die Verleger der auflagenstärksten US-Tageszeitungen versuchten sich die besten Zeichner gegenseitig abzuluchsen. Wenn Comics nun – und sei es in der Form von Blockbustern oder Comic-Cons – wieder zum Mainstream geworden sind, hat das zumindest ein Gutes: die Nerd-Girls und -Boys brauchen sich für ihre Vorlieben nicht mehr zu schämen. Früher, sagt Sarah Burrini, habe es in Deutschland ja fast so etwas wie eine Bilderfeindlichkeit gegeben. „Diese Vorurteile finden sie bei der jungen Generation nicht mehr.“

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