Titanic, Ausgabe Nr. 11/November 1979.
Bildrechte: F.K. Waechter/Titanic/Valentin-Karlstadt-Musäum

Titanic, Ausgabe Nr. 11/November 1979.

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Münchner Valentin-Musäum ehrt Satire-Zeitschrift TITANIC

Im Jahr 1979 erschien die erste Ausgabe des selbsternannten "endgültigen Satiremagazins" TITANIC. Eine Ausstellung im Münchner Valentin-Karlstadt-Musäum schaut zurück auf 40 Jahre Titanic. Sie ist von 29. Mai bis 9. Juli zu sehen.

Über dieses Thema berichtet: LÖSCHEN Kultur am .

Böse, doppelbödige Texte und kunstvolle, vertrackte Zeichnungen machten die TITANIC berühmt. Zum ersten Mal sammelt in München jetzt die Ausstellung am Valentin-Karlstadt-Musäum Originale der hinterhältigen und komischen Blätter, die Titanic-Fans begeistern und ins Grübeln bringen.

Eine Landpartie ins Abseitige

So wie zum Beispiel das Blatt des Grafikers und Schriftstellers Eugen Egner mit dem Titel "Landpartie zu dritt". Voll Stolz präsentiert der Kurator der Ausstellung, Heiner Lünstedt, das Werk. Zu sehen sind drei groteske Gestalten, die gemeinsam durch den Wald laufen:

"Das Ding hat mich früher weggeblasen! Das sind drei völlig verrückte Typen, der eine rennt irgendwie in Schwarz rum und hat so ein Käppie mit zwei Spitzen auf, der andere sieht wie so ein halber Wolf mit Dreadlocks aus, ist viel größer, hat ein oranges Hemd an und Schnabelschuhe, und der dritte ist ein Häschen mit einer Trommel." Heiner Lünstedt, Kurator der Ausstellung

Darunter steht der Text: "Obwohl ich heute noch detailliert angeben kann, wie wir aussahen und was wir sprachen, vermag ich nicht mehr mit Bestimmtheit zu sagen, welcher von den dreien ich war."

Ein echtes Titanic-Bild: es stellt sicher geglaubte Wahrheiten in Frage und bringt den Betrachter ins Philosophieren:

"Das ist nicht alles immer ein Schenkelklopfer, das ist auch einfach ein Blick in eine völlig durchgeknallte Welt." Heiner Lünstedt, Kurator der Ausstellung

Rudi Hurzlmeiers Respektlosigkeiten

Die Bilder zeigen eine zweite Ebene, warnen vor dem falschen Glauben an ein Idyll, fordern den zweiten Blick heraus. Denn es sind eben nicht nur die Bilder "verrückt", sondern auch die Welt selbst, das machen die Satiriker deutlich, so etwa Rudi Hurzlmeier mit einem Bild, in dem er vor 25 Jahren die Eröffnung der Disney-Welt Paris parodiert hat: Gemalt hat Hurzlmeier Comic-Helden Walt Disneys, die in Paris Passanten verunsichern: Dagobert Duck grölt als Straßenmusikant in der Gosse unflätigste Lieder, Mickey-Maus kotzt in einen Kinderwagen, Goofy erschreckt als Exhibitionist, und die Panzerknacker zünden auf der Straße ein Ölfass an:

"Walt Disney war zweifellos ein großartiger Kollege, würde ich mal fast sagen, ein großer Urahn der ganzen Comic-Zeichnerei, aber was so draus entstanden ist an Disney-Industrie, das ist natürlich eine ganz andere Angelegenheit. Deswegen kann man da schon mal unbedingt draufhauen." Künstler Rudi Hurzlmeier

Werke aus 40 Jahren TITANIC

Frech, respektlos, anarchisch, übertrieben, oft genug sogar justitiabel, aber als Kunst doch immer frei und unzensiert: So präsentiert die Ausstellung Werke der großen Satiriker Robert Gernhardt, F.W. Bernstein, F.K. Waechter, Gunter Hansen und Hans Traxler.

Kurator Heiner Lünstedt hat die Exponate mit Entzücken zusammengetragen. Er hat Künstlerwitwen besucht, mit Museen verhandelt, in Archiven gekramt, hat Künstler getroffen und Sammler beschwatzt: Die Cartoonistin Hilke Raddatz hat aus hunderten Werken, die in 40 Jahren in der Titanic von ihr erschienen sind, die besten Bayern-Porträts ausgesucht: Markus Söder, Horst Seehofer, Franz Beckenbauer, Uschi Glas, Lisa Fitz, August Everding, Karl Valentin: Sie alle präsentiert die Ausstellung so, wie man sie sonst nicht sieht, aber vielleicht so ähnlich sich schon denken trauen wollte.